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  • 03.07.2017 · IWW-Abrufnummer 194845

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 09.05.2017 – 4 U 1491/16

    1.

    Vor der Implantation einer Radiuskopfprothese ist nicht darüber aufzuklären, dass die Prothesengröße erst intraoperativ exakt bestimmt werden kann. Auch müssen die Ärzte eines Klinikums nicht darauf hinweisen, dass der Patient eine Spezialklinik für Ellenbogenverletzungen aufsuchen kann.
    2.

    Allein mit dem handschriftlich ausgefüllten Aufklärungsbogen kann der Beweis für ein taugliches Aufklärungsgespräch nicht geführt werden.


    In dem Rechtsstreit
    M. S.
    - Kläger und Berufungskläger -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältin Bxxx
    gegen
    Kreiskrankenhaus S ...... gGmbH, ...
    vertreten durch den Geschäftsführer Andreas Stark
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte Jxxx
    wegen Arzthaftungssachen
    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S.,
    Richterin am Oberlandesgericht R. und
    Richterin am Oberlandesgericht P.
    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.04.2017
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. I.

      Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 28.09.2016 - 4 O 1735/14 - wird zurückgewiesen.

    2. II.

      Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    3. III.

      Das angefochtene Urteil und das Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    4. IV.

      Die Revision wird nicht zugelassen.

       

      Beschluss:

      Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 23.080,00 EUR festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger macht Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und eine monatliche Rente wegen behaupteter fehlerhafter ärztlicher Behandlung geltend.

    Der 1989 geborene Kläger erlitt in der Nacht zum 29.05.2011 auf der Insel N ...... einen Unfall und zog sich am rechten Arm eine Ellenbogenfraktur sowie einen Trümmerbruch des Radiuskopfes zu. Es erfolgte eine geschlossene Reposition und eine Ruhigstellung. Im Klinikum E ...... wurde durch eine CT-Untersuchung der Frakturbefund bestätigt. Der Kläger stellte sich am 31.05.2011 im Hause der Beklagten mit einer Oberarm-Castlonguette vor. Es wurde ein Aufklärungsgespräch geführt und er unterzeichnete einen Aufklärungsbogen. Der Kläger wurde stationär im Hause der Beklagten am 08.06.2011 aufgenommen und operiert. Die Fragmente des Radiuskopfes wurden entfernt und anschließend eine bipolare Radiuskopfprothese (22 mm) implantiert. Der Arm wurde mit einer Oberarmgipslonguette für 14 Tage ruhiggestellt und der Kläger suchte nach seiner Entlassung am 11.06.2011 einen niedergelassenen Arzt auf.

    Der Kläger behauptet, die implantierte Radiuskopfprothese sei zu groß gewählt worden. Aus diesem Grund sei eine Revisionsoperation im Krankenhaus L ...... notwendig geworden, bei der eine kleinere Prothese (18 mm) habe eingesetzt werden müssen. Im Rahmen der Aufklärung sei er nicht auf Risiken für den Arm und dessen Beweglichkeit hingewiesen worden. Der handschriftliche Vermerk auf dem Aufklärungsbogen sei ihm nicht erinnerlich. Ihm sei auch die Notwendigkeit physiotherapeutischer Behandlungen nicht erläutert worden. Eine Anleitung oder Rezepte für tägliche Bewegungen des rechten Armes habe er nicht erhalten. Die Ruhigstellung und die fehlende Bewegung habe zu einer Versteifung des rechten Armes geführt. Er leide bis heute unter irreversiblen erheblichen Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und einer Hebeuntauglichkeit. Er habe einen GdB von 30 %, könne seinen Beruf als Koch nicht mehr ausüben und müsse nun als Aushilfe in einer Spielhalle mit erheblichen finanziellen Einbußen arbeiten.

    Die Beklagte hat behauptet, intraoperativ habe sich herausgestellt, dass der Erhalt des Radiuskopfes wegen der Trümmerfraktur nicht möglich gewesen sei. Die Auswahl der Prothesengröße von 22 mm sei korrekt entsprechend den Fragmenten erfolgt. Schon während des stationären Aufenthaltes seien täglich passive Bewegungsübungen durchgeführt worden und im Entlassungsbrief sowie im Entlassungsgespräch sei auf die Notwendigkeit der physiotherapeutischen Übungen in der Gipsschiene hingewiesen worden. Auf Risiken und Komplikationen sei einschließlich der Möglichkeit der Bewegungseinschränkung im präoperativen Aufklärungsgespräch hingewiesen worden. Im Übrigen hätte sich der Kläger ohnehin mit der Operation einverstanden erklärt, denn wegen der Trümmerfraktur habe eine absolute Operationsindikation bestanden. Die Höhe der geltend gemachten Schäden hat sie bestritten.

    Das Landgericht Chemnitz hat mit Urteil vom 28.09.2016, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.

    Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er beanstandet, dass das Landgericht die Ansprüche an einem Sorgfaltsmaßstab orientiere, den es nicht benenne. Der Hinweis des Landgerichts auf den Aufklärungsbogen genüge nicht. Die in Betracht kommenden Operationsmaßnahmen hätten ihm in einer für ihn verständlichen Sprache erläutert werden müssen. Seine Mutter sei als Zeugin zum Inhalt des Aufklärungsgespräches benannt, aber rechtsfehlerhaft nicht gehört worden. Ihm sei verschwiegen worden, dass bei der Auswahl der Prothesengröße "eher geraten" werde und eine hohe Fehlerquote bestehe. Ebenfalls verschwiegen worden sei, dass im Hause der Beklagten keine Erfahrungen mit Operationen von Radiusköpfchenfrakturen vorhanden gewesen seien. Wäre ein solcher Hinweis erfolgt, hätte er die Operation im Krankenhaus in L ...... durchführen lassen. Dort sei im Übrigen festgestellt worden, dass ein zu großes Implantat eingesetzt worden war. Die zutreffende Größe für das Implantat hätte durch präoperative Untersuchungen, wie z.B. Röntgen, festgestellt werden können, die entgegen dem medizinischen Standard unterblieben sei. Des Weiteren sei der Kläger auch nicht über die Gefahr von Verwachsungen nach der Implantation infolge eines zu großen Implantates aufgeklärt worden. Er sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass die Bewegung des rechten Armes nach der Operation mit Physiotherapie von entscheidender Bedeutung sei. Hätte er dies gewusst, hätte er die dringend notwendigen Bewegungen mit Schmerzen oder Zuhilfenahme von Schmerzmitteln durchgeführt. Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, dass die Revisionsoperation allein wegen der Verwachsungen erforderlich geworden sei. Tatsächlich sei diese zur Korrektur der Implantatgröße erfolgt.

    Der Kläger beantragt,

    1. 1.

      an den Kläger ein Schmerzensgeld von mindestens 6.000,00 EUR nebst Verzugszinsen von 5 % über dem Basiszins in Höhe ab dem 19.11.2014 zu zahlen;

    2. 2.

      an den Kläger Schadensersatz für Kosten i.H.v. 180,00 EUR und weiteren 500,00 EUR zzgl. Verzugszinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszins ab dem 19.11.2014 zu zahlen;

    3. 3.

      an den Kläger eine monatliche Rente i.H.v. 200,00 EUR zu zahlen: diese zahlbarv rückwirkend ab Mitte 2011 mit 8.000,00 EUR zzgl. Verzugszinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit und zahlbar ab Rechtshängigkeit für die Zukunft bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres des Klägers am 23.05.2054 fortlaufend jeweils zum 1. eines laufenden Monats,

    4. 4.

      außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.085,004 EUR zzgl. Verzugszinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertritt die Auffassung, die Aufklärungsrüge greife auch deswegen nicht durch, weil der Kläger zu keiner Zeit einen Entscheidungskonflikt behauptet und erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erstmals dazu vorgetragen habe. Dieses Vorbringen sei verspätet und nicht zuzulassen. Im Übrigen sei eine sorgfältige Aufklärung erfolgt. Die Wahl der Prothese sei - wie der Sachverständige bestätigt habe - eine intraoperative Entscheidung und nicht behandlungsfehlerhaft gewesen. Der Vorwurf, die Beklagte habe für die in Rede stehende operative Versorgung nicht über die nötige Erfahrung verfügt, sei unzutreffend und im Berufungsverfahren nicht zuzulassen.

    Der Senat hat den Kläger, den Zeugen Dr. B ...... und die Zeugin H ...... gehört. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Behandlungsunterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

    A.

    Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß §§ 280, 249, 252, 823 Abs. 1, 831 BGB zu.

    1. Zutreffend hat das Landgericht einen Behandlungsfehler verneint.

    a) Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, dass das Landgericht den maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab verkannt habe. Dieser ist in § 630a Abs. 2 BGB dahingehend definiert, dass die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen hat, soweit nichts anderes vereinbart ist. Maßgeblich ist hier der Facharztstandard für Orthopädie und Unfallchirurgie. Gemessen daran hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. Si ...... keinen Behandlungsfehler festgestellt. Die Verletzung des Klägers begründete aus unfallchirurgischer Sicht eine absolute Operationsindikation, konservative Therapiealternativen bestanden nicht. Auch die Indikation zur Implantation einer Radiusköpfchenprothese hat der Sachverständige bejaht. Er konnte auch nicht feststellen, dass die Implantatgröße falsch und zu groß gewählt worden ist. Nach seinen Ausführungen ist die Auswahl der Köpfchengröße eine Ermessensentscheidung des Operateurs, ein absolut sicheres Messverfahren gibt es nicht. Intraoperativ werden sodann mittels einer Probeprothese der geschätzten Größe die Stabilität und Funktion des Ellenbogengelenkes kontrolliert, wie dies auch im vorliegenden Fall erfolgt sei. Diese Vorgehensweise bezeichnete der Sachverständige als fachgerecht und in der vorgegebenen Situation ohne Alternative. Die von dem Operateur im Hause der Beklagten vorgenommene Orientierung der Prothesengröße intraoperativ an den vorhandenen Trümmerfragmenten hat er gleichfalls für fachgerecht gehalten. Es sei nicht möglich, präoperativ die korrekte Prothesengröße zu bestimmen. Der Vorwurf des Klägers, es hätten vor der Operation entsprechende Röntgenaufnahmen zur Vorbereitung für die Größeneinschätzung vorgenommen werden müssen, verfängt nicht. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht auch für den Senat plausibel erläutert, dass eine Röntgenaufnahme vom gesunden linken Ellenbogen in medizinischer Sicht keinen weiteren Aufschluss gebe und daher auch nicht zum medizinischer Standard gehöre, weil bekannt sei, dass es durchaus auch Größenabweichungen zwischen dem linken und rechten Radiusköpfchen geben könne. Daher müsse der Operateur immer intraoperativ entscheiden, welche Größe gewählt wird. Eine präoperative Aufnahme des rechten Ellenbogengelenkes hätte ebenfalls nicht weitergeholfen. Der Sachverständige hat hierzu in seinem Ergänzungsgutachten (Bl. 67) ausgeführt, dass die vorhandenen Trümmer derart verrotiert, verkippt und disloziert lagen, dass eine einzelne Zuordnung der Fragmente zueinander nicht möglich gewesen sei und keine Querschnittsaddition passender Fragmente zueinander hätte erfolgen können. Auch unter Sichtung des CT sei eine präoperative Einschätzung der Prothesengröße nicht möglich gewesen. Dem setzt auch die Berufung nichts entgegen. Unabhängig davon lagen die in E ...... gefertigten Aufnahmen der Beklagten vor. Allein aus dem Umstand, dass im Krankenhaus in L ...... nachträglich eine kleinere Prothese eingesetzt wurde, lässt sich nicht schließen, dass die von den Behandlern der Beklagten eingesetzte Prothese bei der gebotenen ex ante Betrachtung zu groß gewählt wurden (Bl. 91 dA).

    b) Auch die postoperative Behandlung ist mit dem Sachverständigen nicht zu beanstanden. Seine fachliche Einschätzung, dass relativ frühzeitig mit Bewegungsübungen begonnen werden soll, teils passiv, teils aktiv, die Zeit der Ruhigstellung postoperativ einen Zeitraum von 14-21 Tagen nicht übersteigen solle und dass die postoperative Behandlung im Hause der Beklagten diesen Anforderungen gerecht werde, hält der Senat für nachvollziehbar. Der Kläger ist mit einer Castlonguette versorgt worden, und es wurde eine 14-tägige Ruhigstellung angeordnet. Des Weiteren wurde im Arztbrief auf die Notwendigkeit von Bewegungsübungen aus der Gipsschiene heraus ausdrücklich hingewiesen. Dass während seines Aufenthalts im Klinikum der Beklagten mit der notwendigen Physiotherapie begonnen wurde, diese aber schmerzbedingt abgebrochen werden musste, hat der hierzu mündlich angehörte Kläger eingeräumt.

    c) Soweit der Kläger beanstandet, ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass er Bewegungsübungen unbedingt durchführen müsse, um eine Versteifung zu vermeiden, hat er den ihm obliegenden Beweis nicht geführt. Es handelt sich hierbei um den Vorwurf einer Verletzung der therapeutischen Aufklärungspflicht i.S.d. § 630c Abs. 2 BGB. Hierunter versteht man die zur Sicherstellung des Behandlungserfolgs notwendige Erteilung von Schutz- und Warnhinweisen zur Mitwirkung an der Heilung und zur Vermeidung möglicher Selbstgefährdung (vgl. hierzu Geiß/Greiner in Arzthaftungsrecht, 7. Aufl., Kap. B Rn. 95). Insoweit handelt es sich um einen Behandlungsfehler, für den der Kläger darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15.03.2005 - VI ZR 289/03 - zitiert nach [...], wie alle im Urteil zitierten Entscheidungen). Der Kläger ist indessen auf die Notwendigkeit von Bewegungsübungen hingewiesen worden. Im Arztbrief vom 11.06.2011 wird ausdrücklich auf zweimal täglich geführte Bewegungsübungen zur Bewegungssteigerung und muskulären Kräftigung aus der Gipsschiene heraus hingewiesen. Der Kläger räumte bei seiner Anhörung vor dem Senat ein, dass ihm dieser Arztbrief mitgegeben worden sei, den er auch gelesen und anschließend bei dem Termin dem Nachbehandler Dr. T ...... übergeben habe. Welche weitere Information er in medizinischer Sicht für geboten hält, erschließe sich dem Senat nicht, zumal die Notwendigkeit von Bewegungsübungen nach einer Operation allgemein bekannt sein dürfte.

    2. Den Behandlern der Beklagten fällt auch kein Aufklärungsfehler zur Last.

    a) Ohne Erfolg beanstandet der Kläger zum einen, dass die Beklagte gehalten gewesen wäre, auf ihre fehlende Fachkompetenz zur Durchführung der Operation hinzuweisen.

    Hätten die Behandler der Beklagten eine Behandlung übernommen, für die ihnen die Fachkenntnis fehlt, so läge schon ein Behandlungsfehler i.S. eines Übernahmeverschuldens vor. Hierher gehört zunächst die grundsätzliche Pflicht des Arztes, eine ärztliche Behandlung nur aufgrund hinreichender, allgemeiner und spezieller Fachkenntnisse vorzunehmen und sich durch ständige Weiterbildung auf seinem Fachgebiet auf dem wissenschaftlich neuesten Stand zu halten (vgl. Geiß/Greiner in Arzthaftungsrecht, 7. Aufl., Kap. B, Rn. 11). Einer Aufklärung hierüber bedarf es nicht. Unabhängig davon sind Anhaltspunkte dafür, dass es den Behandlern der Beklagten an der ausreichenden Fachkompetenz gefehlt hätte, nicht vorhanden. Allein der Umstand, dass die Implantation einer Radiusköpfchenprothese selten durchgeführt wird, rechtfertigt diesen Schluss nicht. Der Sachverständige hat hierzu in seinem Ergänzungsgutachten (Bl. 85) ausgeführt, dass es in Deutschland keine Spezialkliniken für komplexe Ellenbogengelenksverletzungen gebe. Entsprechende Verletzungen, die eine Implantation notwendig machen, kämen auch an sehr großen Kliniken üblicherweise lediglich vier- bis fünfmal im Jahr vor und verteilten sich auch dort zudem auf mehrere Behandler. Im Übrigen ist ein Übernahmeverschulden auch schon deshalb nicht erkennbar, weil ein Behandlungsfehler bei der Indikationsstellung, der Durchführung der Operation und der postoperativen Behandlung nicht festgestellt werden kann.

    b) Zum anderen war auch eine Aufklärung des Klägers über die Auswahl der Größe der Prothese nicht erforderlich. Die Wahl der Behandlungsmethode ist primär Sache des Arztes (vgl. Geiß/Greiner in Arzthaftungsrecht, 7. Aufl., Kap. C, Rn. 22). Er muss den Patienten im Allgemeinen nicht ungefragt erläutern, welche Behandlungsmethoden theoretisch in Betracht kommen und was für und gegen die eine oder andere dieser Methoden spricht, solange er eine Therapie anwendet, die dem medizinischen Standard genügt (aaO.). Im Übrigen hat die Aufklärung nur im Großen und Ganzen zu erfolgen. Über die einzelnen Operationsschritte muss nicht aufgeklärt werden. Dies gilt auch für die beabsichtigte Größe einer Prothese. Wenn dem Arzt hier ein Fehler unterlaufen sollte, so läge ein Behandlungsfehler vor.

    c) Den Beklagten ist im Übrigen der Beweis für eine ausreichende präoperative Aufklärung über die hier in Rede stehenden Risiken gelungen. Grundsätzlich hat der aufklärungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2014 - VI ZR 143/13). Der vorliegende vom Kläger unterzeichnete Aufklärungsbogen erbringt - anders als das Landgericht insofern rechtsfehlerhaft annimmt - noch nicht den Vollbeweis für den Inhalt des Aufklärungsgespräches. Ein solches Formular ist - sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht - lediglich ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgespräches (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2014 - VI ZR 143/13). Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist regelmäßig eine Zeugenvernehmung des aufklärenden Arztes erforderlich. Der Beweis ist allerdings nicht erst dann geführt, wenn sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnert (vgl. BGH, aaO.). Angesichts der Vielzahl von Informations- und Aufklärungsgesprächen, die Ärzte täglich führen, kann dies nicht erwartet werden (so BGH, aaO.). Da an den Nachweis keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO vielmehr auf die Angaben des Arztes stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist (so BGH, aaO.).

    Die Aufklärung muss für den Patienten sprachlich und inhaltlich verständlich sein, wobei es auf die individuelle Verständnismöglichkeit und damit auch auf den Zustand des Patienten ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2016 - VI ZR 462/15). Ohne Erfolg nimmt der Kläger aber für sich in Anspruch, dass die Aufklärung für ihn nicht verständlich gewesen sei, weil er "erkennbar einfach strukturiert" sei. Der Senat konnte sich bei der Anhörung im Termin vom 11.04.2017 davon überzeugen, dass der Kläger durchaus in der Lage ist, einem Aufklärungsgespräch zu folgen. Erkennbar wurde dort, dass sich der Kläger mit seiner Erkrankung auseinandergesetzt hat und dem Senat strukturiert und nachvollziehbar den Hergang des Geschehens und des Aufklärungsgespräches nach seiner Erinnerung schildern konnte.

    Der vom Senat vernommene Zeuge Dr. B ...... hat auf Grundlage des von ihm handschriftlich ausgefüllten Aufklärungsbogens für den Senat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, wie er die Aufklärung durchgeführt hat. Im Hinblick auf die Schwere der Verletzung habe er drei Varianten der Versorgung des Speichenköpfchens geschildert, wobei die dritte Option die Versorgung mit einer Prothese gewesen sei. Angesichts der Schwere der Verletzung habe das Risiko einer Bewegungseinschränkung und einer Störung der Knochenbruchheilung bis hin zum Absterben des Knochens bestanden, worüber er aufgeklärt wurde. Des Weiteren habe er auch auf allgemeine Operationsrisiken hingewiesen. Über die Art der verwendeten Prothese und deren Größe spreche er mit den Patienten regelmäßig nicht, weil diese abhängig von den Verhältnissen im Einzelfall während der Operation sei. Er führe das Gespräch in der Regel mit dem Patienten selbst, wenn es gewünscht sei, könne auch ein Angehöriger teilnehmen. Weil der Kläger das Aufklärungsprotokoll selbst unterzeichnet habe, gehe er aber davon aus, dass er diesen auch persönlich aufgeklärt habe. Diese von dem Zeugen allgemein geschilderte Risikoaufklärung hält der Senat für ausreichend.

    Auf das Risiko, dass es infolge von Verwachsungen zu Bewegungseinschränkungen kommen kann, musste nicht hingewiesen werden. Die Aufklärung über Chancen und Risiken der Behandlung muss nur "im Großen und Ganzen" erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2016 - VI ZR 462/15). Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken (BGH, aaO.). Dies ist mit dem mündlich erteilten Hinweis auf mögliche Bewegungseinschränkungen in ausreichendem Umfang erfolgt.

    Soweit die Zeugin H ...... - die Mutter des Klägers - geschildert hat, dass im Wesentlichen sie das Gespräch mit dem Zeugen Dr. B ...... geführt habe und er ihr am Computer die Operationsvarianten gezeigt habe, während ihr Sohn im Hintergrund auf einer Pritsche gelegen habe und aufgrund der Schmerzmittel an dem Gespräch kaum habe teilnehmen können, hält der Senat dies nicht für glaubhaft. Zwar hat auch der Kläger bei seiner Anhörung geschildert, dass im Wesentlichen das Gespräch mit seiner Mutter stattgefunden habe und er wegen der Schmerzmittel benommen gewesen sei. Allerdings konnte sich die Zeugin H ...... weder an den Aufklärungsbogen noch an handschriftliche Eintragungen des Zeugen Dr. B ...... erinnern. Eine Erklärung für den vom Zeugen Dr. B ...... ausgefüllten Aufklärungsbogen, der mit der Unterschrift ihres Sohnes versehen ist, hatte sie nicht. Dies belegt, dass der Kläger und die Zeugin H ...... das Aufklärungsgespräch nur teilweise in Erinnerung behalten haben. Der Zeuge Dr. B ...... konnte sich demgegenüber zwar an das Aufklärungsgespräch und an die Person des Klägers nicht mehr im Einzelnen erinnern. Er hatte jedoch für eine eingeschränkte Auffassungsgabe des Klägers keine Anhaltspunkte. In dem Anamnesebogen ist zudem aufgeführt, dass der Allgemeinzustand des Klägers "gut" gewesen sei. Im Übrigen hat der Zeuge glaubhaft geschildert, dass er sich am Ende des Gespräches durch eine Rückfrage bei dem Patienten vergewissere, ob dieser sich ausreichend aufgeklärt fühle oder noch Fragen habe. Es habe ja im vorliegenden Fall keine Eile bestanden, denn die Operation sei nicht für den nächsten Tag geplant gewesen. Anhaltspunkte für eine schmerzmittelbedingt herabgesetzte Vigilanz lagen für den Zeugen nicht vor, auch die Behandlungsunterlagen deuten hierauf nicht hin.

    B.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

    Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO.

    Vorschriften§ 249 BGB § 252 BGB § 280 BGB § 630a Abs. 2 BGB § 630c Abs. 2 BGB § 823 Abs. 1 BGB § 831 BGB § 286 ZPO