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  • 06.09.2019 · IWW-Abrufnummer 211043

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 02.07.2019 – 4 U 447/19

    1. Streitigkeiten aus einem von einem Landwirt mit einem Dritten eingegangenen Bewirtschaftungsvertrag unterfallen dem Deckungsschutz der Rechtsschutzversicherung für Landwirte.

    2. Lehnt der Rechtsschutzversicherer seine Leistung ohne Hinweis auf ein Gutachterverfahren allein deswegen ab, weil nach seiner Einschätzung kein unter den Versicherungsschutz fallendes Ereignis vorliegt, ist er mit Einwendungen gegen die Höhe des Anspruchs aufgeschlossen.


    Oberlandesgericht Dresden

    Urt. v. 02.07.2019


    In dem Rechtsstreit

    U...... W...........
    - Kläger und Berufungskläger -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt M...... T......, ...
    gegen
    XXX Rechtsschutz-Versicherung AG, ...
    vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte B...... L...... D......, ...

    wegen Forderung und Feststellung

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S.,
    Richterin am Oberlandesgericht P. und
    Richterin am Oberlandesgericht R.

    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019 am 02.07.2019

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 05.02.2019 - Az.: 3 O 2322/18 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - wie folgt abgeändert:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Verbindlichkeit aus der Kostennote des Rechtsanwaltes M...... T...... vom 10.07.2018 i.H.v. 1513,44 € freizustellen.
    2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die klageweise Geltendmachung von Forderungen aus den Rechnungen 2015-1 bis 2015-6, 2016-1 bis 2016-5, 2017-1 bis 2017-5 und 2018-9 gegen Herrn H...... A........... E........... bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag - Versicherungsnummer: 63-08531-227160/00 - zu gewähren.
    3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte zu 7/10, der Kläger zu 3/10

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Beschluss:

    Der Streitwert für die I. Instanz wird auf bis zu 19.000,- Euro festgesetzt. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 9.000,- Euro festgesetzt.

    Gründe

    (abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2; 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

    I.

    Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger kann von der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag sowohl die Freistellung von der aus einer anwaltlichen Kostennote seines Prozessbevollmächtigten resultierenden Verbindlichkeit als auch Deckungsschutz für die unter Ziffer 2 seines Klage- und Berufungsantrages im Einzelnen bezeichneten Forderungen verlangen.

    1.

    Der ohne betragliche Festlegung allein auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung bestimmungsgemäßen Versicherungsschutzes gerichtete Antrag ist - anders als die Beklagte meint - genügend bestimmt. Ausreichend und notwendig ist insofern, dass das Rechtsverhältnis, aus dem der Versicherungsnehmer gegen einen Dritten vorgehen will, hinreichend genau bezeichnet ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 19.02.2003 IV ZR 318/02; Roland Wendt, "Die neuere Rechtsprechung des BGH zur Rechtsschutzversicherung" in MDR 2010, 786 f.; Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 20 ARB 2010 Rdz. 11, 12 m.w.N.; BGH Urteil vom 19.11.2008 - IV ZR 305/07 juris Leitsatz 2). Hierfür sind Antrag und Sachverhalt zur Bestimmung des Streitgegenstandes heranzuziehen. Im Rahmen des Deckungsverhältnisses zur Rechtsschutzversicherung genügt es, wenn der Rechtsschutzversicherte einen objektiven Tatsachenkern vorträgt, mit dem er dem Vertragspartner einen zu seiner Forderung führenden Verstoß anlastet, auf den er seine Interessenverfolgung stützt (Wendt, a.a.O. Seite 789 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Vorliegend lässt sich dem Klageantrag Ziff. 2 entnehmen, dass der Kläger gegen Herrn H...... E........... aus den im Einzelnen bezeichneten Rechnungen vorgehen will. Dem zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Parteivorbringen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass Grundlage des behaupteten Anspruchs der Bewirtschaftungsauftrag vom 8.10.2014 ist und dass der Kläger die in den Anlagen K 3 und K4 dokumentierten Leistungen und Mittel erbracht und eingesetzt haben will. Dies reicht zur Bestimmung des Rechtsverhältnisses, für das Deckungsschutz begehrt wird, aus.

    Das erforderliche Feststellungsinteresse für diesen Antrag ist nicht wegen Vorrangs der Leistungsklage ausgeschlossen. Eine auf Kostenbefreiung gerichtete Leistungsklage ist erst dann möglich und auch nötig, wenn der Versicherungsnehmer vor der Deckungsschutzklage bereits die Haftungsklage erhoben hatte. Es entfällt hingegen nicht, wenn eine solche Klage erst im Laufe des Deckungsprozesses erhoben wird und auf dieser Grundlage die Anspruchshöhe im Haftungsprozess genau bestimmt werden könnte. Eine Klageänderung zu einer Leistungsklage ist hier nicht geboten (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl., § 20 ARB, Rz. 12; BGH Urteil vom 30.01.1969 - X ZR 19/66; Urteil vom 20.10.1982 IVa ZR 48/81 m.w.N.; vgl. auch OLG Köln, B. v. 31.10.2018 - 9 U 87/18, jeweils nach juris).

    2.

    Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem o.a. Bewirtschaftungsvertrag stellt gem. § 27 der zwischen den Parteien vereinbarten ARB ein versichertes Risiko dar. Versicherungsschutz besteht hiernach "für den beruflichen Bereich des Versicherungsnehmers als Inhaber des im Versicherungsschein bezeichneten land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes ... und die Ausübung nicht selbstständiger Tätigkeiten (§ 27 Abs. 1 der vereinbarten ARB). Schon aus diesem Grund geht die Ansicht der Beklagten fehl, der Kläger sei mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb überhaupt nicht rechtsschutzversichert, weil der Betrieb als solcher im Versicherungsschein nicht bezeichnet sei. Nach dem Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist der Versicherungsschein vielmehr so auszulegen, dass die Zusage von Versicherungsschutz an den Versicherungsnehmer "U...... W..........., D......straße xx, xxxxx F.........../OT E..........." auch dessen landwirtschaftlichen Betrieb umfasst.

    Unstreitig nicht eingeschlossen ist demgegenüber die Absicherung gewerblicher, freiberuflicher oder sonstiger selbstständiger Tätigkeiten nach § 24 ARB. Hierzu zählt die Bewirtschaftung der in Ziff. 2 der Vereinbarung vom 8.10.2014 aufgeführten Flächen und die Abrechnung der in diesem Zusammenhang entstandenen Aufwendungen gegenüber dem passiven Landwirt E........... hingegen nicht.

    a) Bei der Auslegung und Abgrenzung des Anwendungsbereiches von § 24 (1) ARB einerseits und § 27 (1) ARB andererseits ist auf das Verständnis eines bemühten durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse vom Wortlaut der jeweiligen Klausel abzustellen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH Urteil vom 13.09.2017 - IV ZR 302/16 m.w.N.; Urteil vom 04.04.2018 - IV ZR 104/17, Rdz. 9 nach juris). Ausfluss des allgemeinen Transparenzgebotes ist es, dass dem Versicherungsnehmer bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen geführt werden muss, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht.

    Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass eine Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Da es bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen um die verständige Würdigung eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers geht, kommt es damit auch auf seine Interessen an (OLG Hamm, Urteil vom 17.05.2018 - 6 U 104/17 Rdz. 62 m.w.N.).

    b) Nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Versicherungsklausel muss der Versicherungsnehmer, um in den Genuss des Versicherungsschutzes zu kommen, "als Inhaber" seines landwirtschaftlichen Betriebes tätig geworden sein. Nach allgemeinem versicherungsrechtlichen Verständnis handelt es sich bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben um solche, die sich mit der sog. Urproduktion befassen, indem sie sich "überwiegend der Gewinnung von Naturerzeugnissen widmen" (Harbauer, a.a.O., § 27 Rdz. 3). Unter "Urproduktion" wird allgemein die Erzeugung von Rohstoffen für ein anderes Produkt verstanden. Sie umfasst den sog. Primärsektor, insbesondere auch den Anbau und die Ernte landwirtschaftlicher Erzeugnisse (www.wikipedia.de, Stichwort: "Wirtschaftssektor", abgerufen am 28.6.2019). Dass hiernach Rechtsschutz aus Streitigkeiten um die Gewinnung derartiger Naturerzeugnisse nur dann versichert sein soll, wenn sie auf dem eigenen Grund und Boden des Versicherungsnehmers stattfindet, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Wortlaut des § 27 (1) ARB nicht entnehmen.

    Bei aufmerksamer Durchsicht und verständiger Würdigung dieser Vorschrift wird er vielmehr einen Umkehrschluss aus § 27 Abs. 3 ARB, 3. Spiegelstrich ziehen. Dort ist der Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz auf selbstgenutzte Grundstücke und Nutzflächen begrenzt. Eine solche Begrenzung enthält der hier in Rede stehende Rechtsschutz im Vertragsrecht (§ 27 Abs. 3, 4. Spiegelstrich) hingegen nicht. Für den Versicherungsnehmer liegt es schon aufgrund dessen nahe anzunehmen, dass insofern eine Begrenzung auf eigene Grundstücke nicht vorgesehen ist. Angesichts des Umstandes, dass heute gerichtsbekannt industrielle Landwirtschaft in erheblichem Ausmaß auf gepachteten oder anderweit zur Nutzung überlassenen Grundstücken stattfindet, wäre ein solcher Ausschluss auch als überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB anzusehen.

    b) Die in § 27 (1) ARB enthaltene Beschränkung des landwirtschaftlichen Vertragsrechtsschutzes auf Streitigkeiten, die der Versicherungsnehmer "als Inhaber" für seinen "beruflichen Bereich" führt, schließt Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen Dritte aus Bewirtschaftungsverträgen ebenfalls nicht aus.

    aa) Bei einem Bewirtschaftungsvertrag verpflichtet sich ein Agrarunternehmen gegenüber dem Auftraggeber, sämtliche Feldarbeiten einer Anbauperiode, insbesondere die Bodenbearbeitung, Bestellung, Düngung, Pflanzenschutz und die Ernte auf bestimmten Flächen gegen Entgelt vorzunehmen. Ein solcher Vertrag kann im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet sein und dem Landwirt mehr oder weniger Freiheit beim Ankauf von Saatgrund, Pflanzung und Verkauf der Ernte einräumen. Wegen der Verpflichtung zur Ablieferung der Ernteerträge ist der Bewirtschaftungsvertrag allerdings weniger als ein Landpachtvertrag. Er ist jedoch mehr als ein reiner Lohnunternehmervertrag, weil der Auftragnehmer über die Art und Weise der Bewirtschaftung weitestgehend frei entscheiden kann. (vgl. Glas, in: Dombert/Witt, Agrarrecht, Teil C § 7 Rdn. 158). Im vorliegenden Fall war der Kläger nach dem Rahmenvertrag vom 8.10.2014 mit Herrn E........... nicht nur mit der Feldbewirtschaftung, sondern auch mit dem Einkauf des Saatgutes und der Pflanzenschutz- und Düngemittel beauftragt. Er durfte die Ernte frei verkaufen, einen konkreten Ernteertrag schuldete er nicht, auch wenn im Vertrag ein voraussichtlicher Saldo von 750,- €/ha angegeben wurde.

    Der Bewirtschaftungsvertrag stellt sich daher als Dienstvertrag nach § 611 BGB bzw. als Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des §§ 675 BGB dar (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09. Mai 2018 - 12 U 85/17 -, Rn. 18, juris; vgl. auch Glas, a.a.O., Teil C § 7 Rdn. 158).

    bb) Dass Tätigkeiten, die der Landwirt im Rahmen eines solchen Bewirtschaftungsauftrages ausführt, seinem "beruflichen Bereich" zuzuordnen sind, versteht sich hiernach von selbst. Sie werden von dem aktiven Landwirt aber auch "als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes" erbracht. Während die Beschränkung auf den Inhaber vorrangig darauf abzielt, den Versicherungsschutz auf das Unternehmen des Versicherungsnehmers zu begrenzen, dient die Herausnahme von Tätigkeiten, die nicht zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören, ersichtlich dazu, Aktivitäten des Versicherungsnehmers aus landwirtschaftsfremden Nebenbetrieben vom Versicherungsschutz auszunehmen.

    Landwirtschaftliche Tätigkeiten sind demgegenüber vom Versicherungsschutz umfasst, unabhängig davon, ob sie auf eigenen, gepachteten oder im Rahmen eines Bewirtschaftungsauftrages übernommenen Grundstücken stattfinden. Entscheidend ist vielmehr, ob der Schwerpunkt der Tätigkeit für die Versicherungsschutz begehrt wird, auf der landwirtschaftlichen Produktion liegt. Dies ist hier der Fall. Sinn und Zweck der Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Flächen war es vorliegend, landwirtschaftliche Erzeugnisse zu produzieren. Unabhängig davon, dass die Erträge an E........... abzuliefern waren, hatte der Kläger weitgehende Gestaltungsfreiheit, was, wann und zu welchen Zeitpunkten angebaut werden sollte, welche Dünge,- und Spritzmittel zum Einsatz kamen und wann geerntet wurde. Ob er - wie er in der mündlichen Anhörung vor dem Senat ausgesagt hat - die Ernteerträge in seinen übrigen Betriebsteilen selbst verwertet oder an Dritte veräußert hat, kann dahinstehen; jedenfalls unterschied sich diese Tätigkeit in nichts von derjenigen, die er auf gepachteten oder eigenen Betriebsflächen ausübte. Die aus dem Bewirtschaftungsvertrag resultierende Verpflichtung, die Erträge an den passiven Landwirt abzuliefern, unterscheidet sich nur graduell von der Verpflichtung eines Pächters, an den Verpächter eine an der Ertragskraft des Bodens ausgerichtete Pacht zu zahlen und ändert an dem Umstand, dass die Erzeugung von Feldfrüchten als landwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist, nichts. Auch dem Wortlaut des § 27 (1) ARB lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass eine Tätigkeit für einen landwirtschaftlichen Betrieb dann ausgeschlossen sein soll, wenn der Landwirt Einnahmen nicht unmittelbar, sondern über die Vergütung aus einem Bewirtschaftungsauftrag nur mittelbar erzielt. Dass für die Risikokalkulation der Rechtsschutzversicherung maßgebliche Risiko ändert sich ebenfalls nicht, wenn der Landwirt bei Ausübung derselben Tätigkeit in dem einen Fall die Erträge abliefert und hierfür eine Vergütung erhält und in dem anderen Fall die Erträge behält und hierfür an den Eigentümer des Bodens eine Vergütung entrichtet. Allenfalls wäre diese Unterscheidung für die Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer unselbständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit maßgebend. Hierauf kommt es indes nach § 21 (1) ARB, der ausdrücklich auch die unselbständige landwirtschaftliche Tätigkeit miteinbezieht, nicht an.

    cc) Ein anderes Verständnis ist auch nicht deswegen geboten, weil dadurch eine Überschneidung zwischen den Deckungsbereichen der Rechtsschutzversicherung für gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit einträte. Allerdings soll vom Anwendungsbereich des § 27 ARB als spezielles Risiko dasjenige Wagnis ausgeschlossen sein, das nach § 24 versichert werden kann, (BGH, Urteil vom 28.06.1978 - IV ZR 1/77). Soweit hiernach entscheidend sein soll, dass eine Person als "selbstständig" gilt (selbstständig sind nach allgemeinem Sprachgebrauch diejenigen Erwerbstätigen, die einen Betrieb insbesondere gewerblicher Art wirtschaftlich und organisatorisch als Eigentümer oder Pächter führen) und dem entsprechend als versichertes Wagnis nach § 24 ARB die besondere Rechtskostenbelastung, die mit selbstständigen Tätigkeiten dann insbesondere aus streitigen Verträgen einhergeht (Harbauer, a.a.O. § 27 Rdz. 1), so stellt dies allerdings für sich genommen kein taugliches Unterscheidungskriterium zu den Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe nach § 27 dar, weil auch diese selbstständig tätig werden. Sind sie nicht selbstständig im Rahmen der Landwirtschaft tätig, dann wiederum können sie Rechtsschutz nach § 27 aus unselbstständiger Tätigkeit erlangen.

    dd) Die Auffassung der Beklagten, die Tätigkeit des Klägers sei nicht als Landwirtschaft, sondern als Gewerbe anzusehen, weil nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte die Einnahmen aus überbetrieblichen Maschineneinsatz als Einkünfte aus Gewerbetrieb anzusehen seien, ändert an dieser Auslegung nichts. Zum einen sind in Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltene Rechtsbegriffe in der Regel autonom und nicht unter Rückgriff auf andere Rechtsgebiete auszulegen (Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. Einleitung I Rn 275), auch wenn in Einzelfällen die gewerberechtliche, handelsrechtliche, arbeitsrechtliche sozial, -steuer und sonstige rechtliche Qualifikation einer ausgeübten Tätigkeit im Rahmen der Auslegung herangezogen werden kann (BGH, Urteil vom 28.06.1978 IV ZR 1/77 - juris).

    Zum anderen ist auch steuerrechtlich eine an sich land- und forstwirtschaftliche Betätigung erst dann als sonstige gewerbliche Tätigkeit anzusehen, wenn der Land- und Forstwirt diese Tätigkeit ohne Beziehung zum eigenen Betrieb ausübt (BFH, Urteil vom 22.01.2004 - IV ZR 45/02; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.02.2012 - 1 K 850/07 Rdz. 24 m.w.N.). Auch hiernach würde vorliegend die Tätigkeit des Klägers seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuschlagen sein, weil er die Bewirtschaftung der Flächen in der Absicht vorgenommen hat, die Ernteerträge in seinem landwirtschaftlichen Betrieb zu verwerten, und dies auch so durchgeführt hat. Ohnehin hat er die Behauptung der Beklagten bestritten, die in den Jahren 2015 bis 2017 erzielten Erträge überschritten die von der Finanzverwaltung festgelegten Grenzen für überbetrieblichen Maschineneinsatz.

    Damit liegt vorliegend ein versichertes Wagnis nach § 27 ARB vor, für das die Beklagte grundsätzlich Deckungsschutz zu gewähren hat. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen E........... zu den Hintergründen des Vertragsschlusses bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht.

    3.

    Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Deckungsschutz scheitert nicht an der fehlenden Schlüssigkeit der im Valutaverhältnis behaupteten Ansprüche, für die er Deckungsschutz begehrt. Nach ständiger Rechtsprechung bemisst sich die für die Deckungszusage erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach den zu § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen (Prölss/Martin, VVG aaO. § 1 ARB 2010 m. zahlr. Nachw.; Harbauer, a.a.O. § 3 ARB Rdz. 16). Vorliegend ergibt sich jedenfalls keine Unschlüssigkeit aus den unterschiedlichen Berechnungen in erster und zweiter Instanz. Zum einen ergibt sich der Unterschied in den Ergebnissen ausschließlich daraus, dass bei der Berechnung in der ersten Instanz der klägerseits als gezahlt dargestellte monatliche Abschlag von 3.700,00 € (44.400,00 € jährlich) in der ersten Instanz zu der errechneten Forderung hinzuaddiert, in der zweiten Instanz hingegen von der errechneten Forderung abgezogen wurde. Dies ist also lediglich eine Frage der Richtigkeit des Berechnungsweges, nicht der Nachvollziehbarkeit der Berechnung. Da die Schlüssigkeit einer Forderung von deren Richtigkeit zu unterscheiden ist, kann ein Deckungsfall jedenfalls nicht unter Hinweis auf mangelnde Erfolgsaussicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Schlüssigkeit gestützt werden.

    4.

    Der Beklagten ist es obendrein verwehrt, sich auf die von ihr geäußerten Bedenken zum Vorliegen eines Deckungsfalles zu berufen, denn sie hat unter Verstoß gegen § 128 Satz 2 VVG den Kläger bei Verneinung ihrer Leistungspflicht nicht auf die Möglichkeit eines Gutachterverfahrens oder eines anderen Verfahrens mit vergleichbaren Garantien für die Unparteilichkeit hingewiesen. Ein solcher Hinweis ist weder bei Leistungsablehnung noch im Nachgang erfolgt, so dass nach § 128 Satz 3 VVG das Anerkenntnis der Leistungspflicht fingiert wird. Dieses Recht ist zwingend und nicht abdingbar. Die Rechtsfolge wird auch nicht dadurch gehindert, dass die Beklagte sich bei ihrer Leistungsablehnung nicht auf hinreichende Erfolgsaussicht wegen mangelnder Schlüssigkeit berufen hat, sondern darauf, dass bereits ein versicherbarer Sachverhalt nicht vorliege. Denn das Recht zur Ablehnung kann der Versicherer sich auch dann nicht wirksam vorbehalten, wenn er die Leistung aus anderen Gründen ablehnt (BGH, Urteil vom 19.03.2003 - IV ZR 139/01 - unter Aufgabe der älteren Rechtsprechung).

    II.

    1.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 2 ZPO. Die Freistellung von Anwaltskosten war nur in Höhe einer 1,3 Gebühr aus dem Streitwert zuzusprechen, der sich aus der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung angekündigten Klage ergibt (= 97.248,41 €). Mit Blick auf die zwischen den Instanzen erfolgte erhebliche Reduzierung der Klageforderung, für die er von der Beklagten Deckungsschutz begehrt, war dem Kläger auch eine Kostenquote für die erste Instanz aufzuerlegen.

    2.

    Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung fußt auf § 3 ZPO; bei der Bemessung des Streitwertes, die sich nach den voraussichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung bestimmt, waren auch die voraussichtlichen Gebühren der Gegenseite mit 2,5 Geschäftsgebühren in erster Instanz aus einer Forderungshöhe von 199.000 Euro und in zweiter Instanz aus 98.000 Euro in die Berechnung einzustellen.

    III.

    Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 nicht vorliegen. Es handelt sich bei der vorliegenden Vertragskonstellation um einen Einzelfall der keine grundsätzliche Bedeutung hat, die hierauf angewendeten Grundsätze sind bereits höchstrichterlich entschieden.

    RechtsgebietARBVorschriftenARB § 27 Abs. 1; ARB § 24