08.01.2010
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 22.05.2002 – 101100K 5
Geschätzte Aufwendungen für die Reinigung typischer Berufskleidung (hier: Uniformen eines Zeitsoldaten) sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die angegebene Anzahl der Waschgänge nicht plausibel erscheint, in der unter Bezugnahme auf die Kostenaufstellung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände erstellten Berechnung der Aufwendungen die angegebenen Kosten pro Waschgang nicht die Leistungsbestandteile Waschen, Trocknen oder Bügeln dargelegt werden, und zudem auch der Kostenanteil der Privatwäsche nicht herausgerechnet worden ist.
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
wegen: Einkommensteuer 1998
hat das Finanzgericht Bremen, 1. Senat, durch Richter am Finanzgericht … als Berichterstatter gemäß § 79a Abs. 3 und 4 FGO am 22.05.2002 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht Werbungskosten für die Reinigung von Dienstkleidung mit einer privaten Waschmaschine geltend.
Der Kläger war vom 1.10.1997 bis 30.9.1999 als Soldat auf Zeit bei der Bundesmarine tätig. Er war im Jahre 1998 in Kasernen der Bundeswehr untergebracht, besaß keinen eigenen Hausstand und hatte Fahrten zu seinen Eltern unternommen, wo er in der privaten Waschmaschine Uniformteile gewaschen hat.
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung Kosten für die Reinigung von Dienstkleidung in Höhe von insgesamt 527,80 DM geltend. Er gab die Zahl der Waschgänge an und schätzte die Kosten pro Waschgang an Hand repräsentativer Daten der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbändee.V., Bonn. Auf die Aufstellung der Reinigungskosten mit Berechnungshinweisen der Arbeitsgemeinschaft (Bl. 26 R LoSt-Akten) wird Bezug genommen. In dem Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 2.6.1999 erkannte der Beklagte diesen Betrag nicht an, sondern lediglich eine Kostenpauschale von 200,00 DM (Bl.11), wobei in diesem Betrag eine Reinigungspauschale in Höhe von 120,00 DM berücksichtigt wurde (Bl.15).
Mit Schreiben vom 5.6.1999 beantragte der Kläger eine Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 23. Juli 1999 mit der Begründung abgelehnt, die pauschal aufgestellten Reinigungskosten mit der Vielzahl von Reinigungsvorgängen ließen es nicht glaubhaft erscheinen, dass Reinigungskosten in der geltend gemachten Höhe tatsächlich entstanden seien.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 3.8.1999, eingegangen am 4.8.1999, Einspruch ein (Bl. 33 der LoSt-Akten). Er führte aus, in dem er ausführte, es sei unverhältnismäßig, geeignete Nachweise zur Belegung der angeblichen Waschgänge zu fordern, da der erwartete Erstattungsbetrag gering sei (Bl. 33 LoSt-Akten).
Mit Einspruchsentscheidung vom 26.08.1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, die Aufwendungen seien nicht der Höhe nach dargelegt und nachgewiesen worden. Insbesondere habe der Kläger nicht nachgewiesen, welche Kosten ein Waschgang in seiner privaten Waschmaschine verursacht habe. Schließlich sie auch nicht hinreichend dargelegt worden, ob tatsächlich nur Uniformteile und nicht auch private Wäsche bei diesen Waschgängen gewaschen worden sei (Bl.16).
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.9.1999, eingegangen am 23.9.1999, Klage erhoben (Bl.2). Er trägt vor, in 66 Waschgängen 198 Diensthemden, in 20 Waschgängen 40 Mehrzweckanzüge und in 20 Waschgängen 40 Pullover gewaschen zu haben, wobei für 86 Waschgänge pro Waschgang DM 4,80 und bei den restlichen 20 Waschgängen jeweils DM 5,75 anzusetzen seien. Dazu beruft er sich auf durchschnittliche von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. Bonn ermittelte Kosten pro Waschgang (Bl.7).
Hinsichtlich der Anzahl der Waschgänge trägt der Kläger vor, nahezu an jedem Wochenende nach Hause gefahren zu sein und dort seine Dienstkleidung gewaschen zu haben (Bl.30 der LoSt-Akten).
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 2. Juni 1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26. Aug. 1999 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten von DM 407,80 bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung (Bl.19).
Ergänzend trägt er vor, bei 66 Waschgängen für 198 Diensthemden, seien pro Waschgang durchschnittlich nur drei Hemden gewaschen worden. Der Beklagte meint, nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei anzunehmen, dass bei einer derart geringen Trommelfüllung auch private Wäsche mitgewaschen worden sei (Bl.20). Schließlich sei eine Pauschalierung der Waschkosten nicht zulässig, da die Stromkosten örtlich verschieden seien, Waschmaschinentypen sich im Verbrauch unterschieden und auch je nach Art des benutzten Waschmittels unteschiedliche Kosten verursacht würden (Bl.21).
Ergänzend wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Die Lohnsteuerakten des Klägers haben dem Gericht vorgelegen.
Gründe
Die zulässige Klage, über die der Berichterstatter im Einvertsändnis der Beteiligten alleine und ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 79a Abs. 3 und 4, 90 Abs. 2 FGO), ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Denn der Beklagte hat zu Recht die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten für das private Waschen der Dienstwäsche des Klägers abgelehnt.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen aus der Einkunftsart, zu der sie gehören. Bei Arbeitnehmern sind alle Werbungskosten Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung setzt voraus, dass objektiv ein Zusammenhang mit dem Berufbesteht und dass die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs gemacht werden.
Nach diesen Kriterien können Aufwendungen für das Waschen von typischer Berufskleidung, zu der auch Uniformen gehören, grundsätzlich Werbungskosten sein (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Diese Aufwendungen können auf der Grundlage der Kosten einzelner Waschmaschinenläufe geschätzt werden, die z.B. an Hand repräsentativer Daten von Verbraucherverbänden oder Herstellern ermittelbar sind. Dabei ist eine Schätzung auch in der Form möglich, dass ausgehend von der jährlich anfallenden Menge der zu reinigenden typischen Berufskleidung die dafür insgesamt erforderliche Zahl zusätzlicher Waschmaschinenläufe bestimmt und mit den Kosten eines Waschmaschinenlaufs vervielfältigt wird. Ein eventuelles Mitwaschen privater Kleidungsstücke bei der Wäsche ist nicht schädlich, da in einem solchen Fall das Aufteilungs- und Abzugsverbot nicht anzuwenden ist und demzufolge nicht grundsätzlich zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs führt (vgl. BFH-Urteil 29. Juni 1993 VI R 53/92, BStBl II 1993, 838).
Auch wenn sich der Kläger für seine Kostenschätzung auf repräsentative Daten der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände stützt, hat er jedoch nicht seine über den ihm nach § 9a Satz 1 Nr. 1 a EStG gewährten Pauschbetrag hinausgehenden Aufwendungen für das Waschen seiner Dienstkleidung ausreichend dargelegt. So ist die von ihm angesetzte Anzahl der Waschvorgänge nicht nachvollziehbar. Bei 66 Waschgängen für insgesamt 198 Diensthemden sind durchschnittlich pro Waschgang drei Hemden gewaschen worden. Da es sich hier um Waschgänge mit der gleichen Wäschesorte handelt, ist es nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger mehrere solcher Waschgänge an einem Tage nacheinander durchführte. Der Kläger müsste somit 66 mal im Jahr nach Hause gefahren sein, um Hemden zu waschen. Da er nach eigenem Bekunden nur an Wochenenden und auch nur „nahezu an jedem Wochenende” nach Hause fuhr, folgt das Gericht insoweit seiner Schätzung nicht.
Das Gericht verwirft die Schätzung auch im übrigen. Denn der Kläger hat trotz seiner Bezugnahme auf die Kostenaufstellung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände für die Berechnung seiner Aufwendungen weder Angaben über die zu Grunde zu legende Haushaltsgröße gemacht noch hat er für die von ihm angegebenen Kosten pro Waschgang die Leistungsbestandteile Waschen, Trocknen oder Bügeln – wie in der Kostenaufstellung ausgewiesen – dargelegt.
Da für das Gericht aus der oben erwähnten Auslastung der angegebenen Anzahl von Waschgängen mit dienstlicher Wäsche sowie der Tatsache, dass eine übliche Waschmaschinen mit 5 kg Wäsche beladen wird, der Schluss zu ziehen ist, dass jeweils private Wäsche mitgewaschen wurde, haftet der Schätzung des Klägers auch deshalb eine nicht hinnehmbare Ungenauigkeit an, weil bei der Kostenermittlung der Kostenanteil für die Privatwäsche nicht herausgerechnet wurde. Das Gericht schließt deshalb aus, dass für jeden der 96 Waschvorgänge Kosten von DM 4,80 oder DM 5,75 auf die Reinigung dienstlicher Kleidung entfallen sind.
Da somit der Kläger die ausschließlich berufliche Veranlassung der von ihm für Reinigung seiner Berufskleidung geltend gemachten Aufwendungen nicht dargelegt hat, ist die Klage mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Die Voraussetzungen nach § 115 Abs. 2 FGO für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.