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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 11.02.2000 – 3 K 2679/96

    Ein Techniker ist weder Ingenieur noch übt er eine dem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit aus.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Jahr 1992 eine selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 des Einkommensteuergesetzes - EStG - oder eine gewerbliche Tätigkeit nach § 15 EStG ausgeübt hat.

    Der Kläger betreibt ein Planungsbüro für Energie- und Haustechnik.

    Der berufliche Werdegang des Klägers stellt sich wie folgt dar:

    Der Kläger ist gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer und hat in diesem Handwerk im Februar 1974 die Meisterprüfung mit Erfolg abgelegt.

    Vom 2. September 1974 bis 22. Dezember 1975 Besuch der Akademie für Sanitär- und Heizungstechnik (Fachschule) mit dem Abschluss als staatlich geprüfter technischer Fachwirt Fachrichtung Sanitär- und Heizungstechnik.

    Am 21. Februar 1981 Meisterprüfung im Gas- und Wasserinstallateurhandwerk.

    Vom 22. bis 24. September 1982 Besuch des Lehrgangs „Wirtschaftlichkeitsberechnung für Klima-, Heizungs- und Warmwasseranlagen” beim VDI-Bildungswerk.

    Am 19. und 20. September 1983 Fortbildungskurs „Heizungskostenabrechnungssysteme” an der Technischen Akademie E.

    Vom 3. bis 5. Oktober 1983 Fortbildungskurs „Lüftungstechnik” an der Technischen Akademie E.

    Vom 1. Oktober 1987 bis 30. September 1988 Teilnahme am Weiterbildungsprogramm „Energieberatung” der Technischen Akademie E.

    Am 10. und 11. November 1988 Fortbildungskurs „Heizung und Lüftung von Hallenbauten” der Technischen Akademie W.

    Am 14. und 15. Mai 1990 Besuch der Lehrveranstaltung „Neue Heizanlagen, Energieeinsparung und Wirtschaftlichkeit” der Technischen Akademie W.

    Am 4. und 5. März 1991 Besuch des Vertiefungslehrgangs „Energieberatung” (TAE).

    Vom 3. bis 5. Februar 1992 Lehrgang „Planung und Berechnung raumlufttechnischer Anlagen” der Technischen Akademie E.

    Am 21. März 1994 Fortbildungskurs „DFX-Datenschnittstelle für Cad- Anwender und Programmierer” der Technischen Akademie E.

    Am 22. und 23. Juni 1994 Besuch des Seminars „Wärmeschutzverordnung”.

    Am 21. und 22. November 1994 Fortbildungskurs „Die Berechnungsregeln für den Wärmebedarf von Gebäuden” der Technischen Akademie E.

    Am 9. Oktober 1996 Fortbildungskurs „Beleuchtungspraxis 1996” der Technischen Akademie E.

    Nach einer Außenprüfung im Jahr 1993 für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1990 stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, dass der Kläger keine selbständige, sondern eine gewerbliche Tätigkeit ausüben würde und erließ erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für den Prüfungszeitraum, die in Bestandskraft erwachsen sind.

    Für das Jahr 1992 gab der Kläger keine Gewerbesteuererklärung ab, da er nach wie vor der Auffassung war, er erziele Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG. Die Gewerbesteuermessbescheide für die Vorjahre habe er nur deshalb akzeptiert, weil in diesen Jahren mangels eingehender Planungsaufträge teilweise die Installation und Lieferung von Heizungsanlagen übernommen worden sei sowie Sanitärmaterialien geliefert worden seien. Ab dem Veranlagungszeitraum 1992 sei dies nicht mehr der Fall.

    Gleichwohl erließ der Beklagte für das Streitjahr 1992 am 20. Oktober 1994 einen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag. Mit dem Einspruch hiergegen machte der Kläger geltend, dass seine Tätigkeit der eines Ingenieurs vergleichbar sei und dass er daher Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erzielen würde.

    Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 1996) hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt im wesentlichen vor, dass seine Tätigkeit der eines Ingenieurs entspreche und dass daher seine Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren seien. Seine umfangreichen theoretischen Bildungsmassnahmen zusammen mit seiner praktischen Tätigkeit seien geeignet, seine Tätigkeit als ähnlich mit der eines Ingenieurs für Versorgungstechnik, mit dem Studienschwerpunkt „Technische Gebäudeausrüstung” anzusehen. Wenn man die Lerninhalte der Studienordnung des Fachbereichs Versorgungstechnik der Fachhochschule Rheinland-Pfalz mit dem Rahmenstoffplan der Akademie für Sanitär- und Heizungstechnik in Stuttgart aus dem Jahr 1974 - die er als Anlagen beigefügt habe - vergleiche, so würde sich weitgehend Kongruenz in den Lernplänen dokumentieren. Die weitgehende Übereinstimmung der Lerninhalte zeige, dass seine theoretische Ausbildung in ihrer Breite jedenfalls mit der eines Ingenieurs vergleichbar sei. In den nach der Studienordnung beschriebenen Fächern Mathematik, Physik, Chemie, konstruktive Gestaltung, Anlagentechnik, Elektrotechnik, Information usw. habe er sich ebenfalls theoretische Kenntnisse erworben. Hinzu kommen würden Kenntnisse aus den Bereichen Trinkwasserversorgung, Warmwasserversorgung, Entwässerung, Klempnerei, Grundlagen der Unternehmensführung und Betriebsorganisation, Finanzwesen, Rechnungswesen, Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung sowie Fachkalkulations- und Angebotswesen. Außerdem seien die von ihm belegten Fortbildungskurse zudem auch von Ingenieuren der Versorgungstechnik besucht worden

    Auch in der Tiefe der Ausbildung und der Kenntnisse bestehe Vergleichbarkeit. Das Studium der Versorgungstechnik habe eine Regelstudienzeit von sieben Semestern. Die theoretische Ausbildung zum Fachwirt habe 1 1/2 Jahre gedauert und entspreche etwa vier Semestern Fachhochschulstudium. Dieser Ausbildung vorausgegangen sei eine dreijährige Lehrlingstätigkeit sowie fünf Jahre Berufspraxis als Geselle. Bereits zu dieser Zeit sei er mit den einschlägigen Problemen in ihrer praktischen Ausprägung vertraut geworden. Insgesamt ergebe sich hieraus eine Lernzeit von 9 1/2 Jahren.

    Soweit das beklagte Finanzamt die vorgelegten praktischen Arbeiten als nicht ausreichend qualifiziert bewertet habe, handele es sich hierbei um Arbeiten, die auch bei den Ingenieurbüros für Versorgungstechnik den Schwerpunkt der täglichen Arbeit ausmachen würden. Dass in der heutigen Zeit EDV-Anlagen zur Berechnung verwendet werden, sei eine Selbstverständlichkeit. Er sei in der Lage, die angestellten Berechnungen nachzuvollziehen und zu prüfen. Das beklagte Finanzamt, das in seiner Einspruchsentscheidung seine Kenntnisse eher denjenigen eines Meisterberufs bzw. dem Techniker zuordnen möchte, verkenne, dass die Trennung zwischen diesen Berufen sowie dem Ingenieurberuf in der praktischen Arbeit nicht eindeutig gezogen werden könne. Seine Tätigkeit erschöpfe sich in der planerischen und betreuenden Dienstleistung. Keinesfalls stelle er selbst entsprechende Anlagen her oder baue diese ein.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid für 1992 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 20. Oktober 1994 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 1996 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Dem Kläger sei entgegenzuhalten, dass zwar die Lehrplanbeschreibung im Rahmenstoffplan der Technikerschule von der Terminologie an den Stoffplan eines Ingenieurstudiums an der Fachhochschule angelehnt sein mag und daher terminologisch die Unterschiede nicht so scharf seien. Von einer - bis auf die Marginalien - weitgehenden Kongruenz in den Lehrplänen könne jedoch augenscheinlich keine Rede sein. Denn die von dem Kläger in einem dreisemestrigen Vollzeitunterricht besuchte Fachschule zur spezifischen Weiterbildung in der Sanitär- und Heizungstechnik vermittelte nur eine der praktischen (handwerklichen) Ausbildung angepasste und auf praktische Anwendung ausgerichtete Technikerausbildung auf schulisch unter dem Fachhochschulbereich angesiedelter Fortbildungsstufe und ohne ingenieurmäßiges Niveau, während ein achtsemestriges Ingenieurstudium auf wissenschaftlicher Grundlage durch die Vermittlung breit angelegter theoretischer Kenntnisse geprägt sei, die es ermöglichen würden. auch schwierigste Aufgaben, im Bedarfsfall auch neue Probleme auf neuen Gebieten zu lösen, sowie die Probleme in einem größeren, komplexeren Gesamtzusammenhang zu sehen. Würde man der Ansicht des Klägers folgen, würde sich die Frage stellen, warum überhaupt ein Ingenieurstudium aufgenommen werden sollte, wenn diese Ausbildung in ihrer ganzen Bandbreite schon durch den Besuch der Technikerschule gewährleistet wäre. Die praxisbezogene Ausbildung werde auch durch die vom Kläger vorgetragene Teilnahme an Fort- und Weiterbildungskursen nicht mit dem Inhalt eines Ingenieurstudiums vergleichbar. Denn bei diesen berufsbegleitenden Maßnahmen habe es sich um zeitlich sehr begrenzte Veranstaltungen, in der Regel nur ein bis drei Tage, gehandelt. Ziel dieser Veranstaltungen sei es eben nicht gewesen, die fundierten Kenntnisse eines ausgebildeten Ingenieurs zu vermitteln.

    Soweit der Kläger die in der Einspruchsentscheidung durchgeführte Ähnlichkeitsprüfung anhand seiner tatsächlichen praktischen Berufstätigkeit angreife, könne zusammenfassend festgehalten werden, dass die Tätigkeit des Klägers nicht alle Bereiche (insbesondere nicht die aus dem Studienschwerpunkt „Energie- und Umwelttechnik”), in denen normalerweise die Ausbildung als Ingenieur auf dem Gebiet der Versorgungstechnik erfolge, widerspiegeln würde, sondern nur einen begrenzten Ausschnitt aus diesem Ingenieurberuf (nämlich aus dem Studienschwerpunkt „technische Gebäudeausrüstung”), und daher keinen Rückschluss auf ingenieurmäßige Kenntnisse zulassen würde. Dass der Kläger in diesem Teilbereich möglicherweise vergleichbare oder fast identische berufliche Tätigkeiten ausübe wie auf Teilbereiche spezialisierte Ingenieure, reiche für das Vorliegen eines ingenieurähnlichen Berufs nicht aus. Nach alledem komme für den Kläger eine Ähnlichkeit mit dem Ingenieurberuf nicht in Betracht. Geprägt durch seine Ausbildung als Meister und durch den Besuch einer praxisbezogenen Fachschule für Sanitär- und Heizungstechnik habe er zweifelsohne erhebliche handwerkliche und technische Fähigkeiten erworben, nicht aber die breite theoretische Basis eines Ingenieurs. Der Besuch von praxisbezogenen Fort- und Weiterbildungskursen könne dies nicht ersetzen.

    Dass sich die Sach- und Rechtslage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens anders darstellen könnte, sei aufgrund der vorliegenden Unterlagen über den Ausbildungsstand des Klägers und der Arbeitsproben aus seinem typischen Arbeitsbereich sowie deren Subsumtion unter die BFH-Rechtsprechung zu den Abgrenzungskriterien für die Feststellung des ingenieurähnlichen Berufs auszuschließen. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse bedürfe es deshalb für die Frage, ob der Kläger Freiberuflicher oder Gewerbetreibender sei, keines Sachverständigengutachtens. Vielmehr sei die Entscheidung, ob der Beruf des Klägers hinsichtlich der Ähnlichkeitsmerkmale „Ausbildung” und „Tätigkeit” mit den entsprechenden Anforderungen des Katalogberufs vergleichbar sei, durch das Gericht zu treffen und als Ergebnis rechtlicher Würdigung nicht einer Begutachtung durch Sachverständige zugänglich (BFH vom 29. Juni 1994 I B 146/93, BFH/NV 1995, 217).

    Gründe

    Die Klage hat keinen Erfolg.

    Das beklagte Finanzamt hat zu Recht angenommen, dass der Kläger einen Gewerbebetrieb im Streitjahr unterhalten hat (§ 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz - GewStG -).

    1. Der Kläger war im Streitjahr weder als Ingenieur tätig noch hat er eine diesem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit ausgeübt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kommt als Ingenieur nur derjenige in Betracht, der das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, einer Ingenieurschule oder den Betriebsführungslehrgang an einer Bergschule abgeschlossen hat (BFH-Urteile vom 18. Juni 1980 I R 109/77, BStBl II 1981, 118; vom 7. September 1989 IV R 156/86, BFH/NV 1991, 359). Der Kläger war im Streitjahr nicht als Ingenieur tätig, weil er keine Berufsausbildung in einem der beschriebenen Ausbildungsgänge erhalten hat.

    2. Der Kläger hat auch keinen dem Katalogberuf „Ingenieur” ähnlichen Beruf im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG im Streitjahr ausgeübt.

    Ein ähnlicher Beruf muss einem der Katalogberufe in seinen wesentlichen Punkten vergleichbar sein; dazu gehört die Vergleichbarkeit der Ausbildung und der beruflichen Tätigkeit. Setzt der Vergleichsberuf eine qualifizierte Ausbildung voraus, muss bei einem ähnlichen Beruf auch die Ausbildung vergleichbar sein. Da der Ingenieur auf wissenschaftlicher Grundlage tätig ist, setzt ein Beruf, der dem des Ingenieurs ähnlich sein soll, ebenfalls eine Ausbildung voraus, die mit der Berufsausbildung des Ingenieurs, wie sie die Ingenieurgesetze vorschreiben, verglichen werden kann. Eine Ausbildung mit vorwiegend praktischem Einschlag, vor allem eine handwerkliche Ausbildung genügt nicht. Ihr fehlt die theoretische Basis, die durch ein Ingenieurstudium vermittelt wird (BFH-Urteile vom 18. Juni 1980 I R 109/77 a. a. O.; vom 11. Juli 1991 IV R 73/90, a. a. O. und vom 16. Oktober 1997 IV R 19/97, BStBl II 1998, 139 und BFH-Beschluss vom 9. Dezember 1992 IV B 28/92, BFH/NV 1994, 629). Die Ausbildung des Klägers zum staatlich geprüften Fachwirt Fachrichtung „Sanitär- und Heizungstechnik” genügt nicht, um die Tätigkeit des Klägers als der eines Ingenieurs ähnlich zu qualifizieren (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86 a. a. O.).

    Entgegen der Auffassung des Klägers entspricht die Ausbildung zum Techniker nicht der Ausbildung zum Ingenieur. Bei der Technikerschule bzw. der Fachhochschule handelt es sich um Bildungseinrichtungen auf verschiedenem Niveau, so dass sich auch die Lerninhalte in den einzelnen Fächern wesentlich unterscheiden. Während der Kläger mit seiner Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker noch nicht einmal einen mittleren Bildungsabschluss, der dem Realschulabschluss gleichzusetzen ist, erreicht hat, ist Voraussetzung zur Zulassung zum Studium an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz, Fachbereich Versorgungstechnik, die Fachhochschulreife.

    3. Für die Zugehörigkeit zu einem „ähnlichen Beruf” reicht es allerdings auch aus, wenn der Steuerpflichtige Kenntnisse, die den aufgrund der für den Katalogberuf vorgesehenen Ausbildung erworbenen vergleichbar sind, durch die Teilnahme an Kursen oder durch Selbststudium erworben hat (BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 73/90 a. a. O.). Ein solches umfassendes wissenschaftlich- theoretisches Ingenieur-Grundwissen im Bereich der Versorgungstechnik hat der Kläger jedoch auch nicht durch seine Teilnahme an den verschiedenen Fortbildungsveranstaltungen belegt. Bei diesen Veranstaltungen handelte es sich fast ausschließlich um zwei- oder dreitägige Kurse, die jeweils ein Thema zum Gegenstand hatten. Eine systematische Erarbeitung der Grundlagen eines Ingenieurstudiums kann dadurch nicht verfolgt worden sein. Der Kläger kann somit durch den Verlauf seiner beruflichen Entwicklung nicht dartun, die erforderliche Breite und Tiefe von ingenieurmäßigen Kenntnissen im Bereich Versorgungstechnik erworben zu haben.

    4. Ist der Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse - wie beim Kläger - nicht möglich, kann sie der Steuerpflichtige ausnahmsweise auch durch seine eigene praktische Tätigkeit belegen (BFH-Urteile vom 18. Juni 1980 I R 109/77 a. a. O. und vom 11. Juli 1991 IV R 73/90 a. a. O.). Für diese Form des Nachweises ist es jedoch erforderlich, dass die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs besonders anspruchsvoll ist und sowohl der Tiefe als auch der Breite nach zumindest das Wissen eines Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt. Soll nämlich von der Art der ausgeübten Tätigkeit auf den Kenntnisstand und die Qualifikation des Berufsausübenden geschlossen werden, so muss sich diese Tätigkeit an der allgemeinen Aufgabenbeschreibung des Vergleichsberufs (hier des Ingenieurs) messen lassen. Die ingenieurmäßige qualifizierte Tätigkeit muss den Schwerpunkt der Arbeit des Steuerpflichtigen bilden, weil nur so gewährleistet ist, dass die notwendigen theoretischen Kenntnisse die Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Sinne des Ingenieurberufes prägen (BFH- Urteil vom 18. Juli 1992 IV R 116/90 a. a. O.). Aufgabe des Ingenieurs ist es, auf der Grundlage natur- und technisch- wissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen. Eine Tätigkeit, die mehr handwerklich ausgerichtet ist und keine oder nur ganz gelegentlich natur- und technisch-wissenschaftliche Erkenntnisse voraussetzt, scheidet aus. Eine solche Tätigkeit entspricht eher der eines Technikers im engeren Sinne als der eines Ingenieurs (BFH- Urteil vom 21. Februar 1986 III R 183/82 und III R 184/82, BFH/NV 1986, 603; vom 10. November 1988 IV R 63/86, BStBl II 1989, 1989 und vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BStBl II 1990, 73).

    Dass die Tätigkeit des Klägers den Anforderungen an den Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse eines Ingenieurs genügte, hat der Rechtsstreit aber nicht ergeben. Aufgrund des gesamten Akteninhalts, insbesondere der vorgelegten Arbeitsunterlagen, und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats nicht fest, dass die Tätigkeit des Klägers die Kenntnisse eines Ingenieurs auf mathematisch-technischem Gebiet vorausgesetzt hat. Die Tätigkeit des Klägers, die sich nach den vorgelegten Arbeitsunterlagen im Streitjahr im wesentlichen auf die Planung von Heizung, Sanitär und Elektro erstreckte, z. B. beim Neubau eines Dorfgemeinschaftshauses, eines Kindergartens, einer Kindertagesstätte, eines Geschäftshauses mit SB-Markt, eines Geschäfts- und Wohnhauses und eines Gemeindehauses, erforderte keine besonderen, umfassend wissenschaftlichen Kenntnisse, die über die eines Technikers bzw. Meisters hinausgingen. Nach den vorgelegten Arbeitsunterlagen umfasste die Tätigkeit des Klägers nämlich das Aufstellen von Leistungsverzeichnissen für die Ausschreibung, das Anfertigen von Schlitz- und Durchbruchsplänen, das Erstellen von Wärmebedarfs-, Rohrnetz- und Kaltwasserberechnungen sowie das Aufstellen von Preisspiegeln zum Vergleich der einzelnen Angebote. Damit bildete die Ausführungsplanung, die Vorbereitung der Vergabe und die Mitwirkung bei der Vergabe im Sinne der Ziffern 5, 6 und 7 des § 73 der Honorarforderung für Architekten und Ingenieure - HOAI - den Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Daneben wurde der Kläger nur noch in beschränktem Maße bei der Entwurfsplanung sowie bei der Objektüberwachung im Sinne der Ziffern 3 und 8 des § 73 HOAI hinzugezogen. Damit ist dem Kläger der Nachweis nicht gelungen, seine Tätigkeit setze sowohl der Tiefe als auch der Breite nach zumindest das Wissen des Kernbereichs des Ingenieurstudiums voraus. Denn die Leistungsphasen 5, 6 und 7 des § 73 HOAI stellen nur einen relativ kleinen Ausschnitt des Gesamtarbeitsbereichs dar, dem der Ingenieur mit seinem Wissen genügen muss; auf ihn entfallen lediglich 29 v. H. des für das Leistungsbild „technische Ausrüstung” vorgesehenen Gesamthonorars.

    Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Leistungen, die das Ermitteln der Mengen (z. B. Wärmebedarfsrechnung usw.) sowie das Aufstellen von Leistungsverzeichnissen und Preisspiegeln zum Inhalt haben, mittels Computerprogrammen und aufgrund seiner theoretischen Kenntnisse und seiner langjährigen praktischen Erfahrung als Heizungs- und Sanitärtechniker erbringen konnte. Eine Ingenieurtätigkeit kann darin nicht gesehen werden, weil dabei offenbar kein theoretisches Grundlagenwissen eines Ingenieurs anzuwenden war. Dies ergibt sich auch aus den auf der Grundlage von § 68 HOAI geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Auftraggebern und dem Kläger, wonach sich das Honorar des Klägers nach den gemäß §§ 71, 72, HOAI ermittelten Honorarzonen berechnet hat. Nach den vorliegenden Verträgen wurden die Leistungen des Klägers jeweils nach der Honorarzone I abgerechnet. Nach § 71 Abs. 1 HOAI werden der Honorarzone I Anlagen mit geringen Planungsanforderungen zugerechnet, wobei die Bewertungsmerkmale „Anzahl der Funktionsbereiche, Integrationsansprüche, technische Ausgestaltungen, Anforderungen an die Technik und konstruktive Anforderungen” für die Zuordnung zu den einzelnen Honorarzonen maßgebend sind. Zu der Honorarzone I werden z. B. Gasverbrauchs-, Wasserverbrauchs- und Abwasseranlagen mit kurzen einfachen Rohrnetzen oder Heizungsanlagen mit direkt befeuerten Einzelgeräten und einfache Gebäudeheizungsanlagen ohne besondere Anforderungen an die Regelung gerechnet (§ 72 Ziffern 1 Buchst. a und b HOAI). Dass Leistungen in den Honorarzonen II und III, d. h. Anlagen mit durchschnittlichen bzw. mit hohen Planungsanforderungen, von dem Kläger erbracht worden sind, hat dieser nicht dargetan und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich.

    Entscheidend ins Gewicht fällt der Umstand, dass die praktische Tätigkeit des Klägers nicht so breit angelegt war, dass dadurch der Nachweis von Kenntnissen, wie sie für den Ingenieur typisch sind, erbracht werden könnte. Nach der Studienordnung des Fachbereichs Versorgungstechnik der Fachhochschule Rheinland-Pfalz umfasst das Hauptstudium im Studienschwerpunkt „technische Gebäudeausrüstung” neben den Lehrgebieten Heiz- und Sanitärtechnik die Lehrgebiete „Feuerungstechnik, Klimatechnik, Wärme- und Kältetechnik, Baukonstruktion, Gastechnik, Schallschutz und elektrische Anlagen”. Nach den vorgelegten Arbeitsunterlagen ist der Kläger lediglich in den Bereichen Heiz- und Sanitärtechnik tätig geworden. Seine Tätigkeit erfasste daher nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Katalogberuf „Ingenieur für Versorgungstechnik”.

    5. Die Einwände des Klägers sind zwar verständlich, können jedoch nicht durchgreifen. Insbesondere kann der Kläger nicht damit gehört werden, dass Ingenieure dieselbe Tätigkeit wie er ausüben würden, ohne dadurch gewerblich tätig zu sein. Dabei verkennt der Kläger, dass es nicht genügt, wenn er eine Tätigkeit ausübt, die auch von Ingenieuren ausgeübt wird (BFH-Urteile vom 11. Juli 1991 IV R 73/90, BStBl II 1991, 878 und vom 9. Juli 1992 IV R 116/90, BStBl II 1993, 100).

    Es ist sachgerecht, bei der Beurteilung der Berufstätigkeit eines Steuerpflichtigen auch auf seine Ausbildung abzustellen. Wer über ein gründliches und umfassendes theoretisches Wissen in seinem Beruf verfügt, vermag auch relativ einfach erscheinende Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als jemand, der dies nur aufgrund einer vorwiegend praktischen Ausbildung sowie seiner praktischen Erfahrungen tut. Der Unterschied kann besonders deutlich bei solchen Aufgaben zutage treten, die in der Praxis selten sind. Im übrigen ist der Gesetzgeber befugt, Berufsbilder festzulegen und damit auch, wer Angehöriger dieses Berufes ist. Bei der Auslegung des § 18 EStG können diese Berufsbilder zugrunde gelegt werden. Das gilt sowohl für die Beurteilung der Berufstätigkeit eines der sog. Katalogberufe als auch für die Beurteilung der ähnlichen Berufe (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1988 III R 43 - 44/85, BStBl II 1988, 497).

    Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - abzuweisen.

    VorschriftenEStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, GewStG § 2 Abs. 1