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  • 29.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121976

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 01.03.2012 – 3 U 119/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    3 U 119/11
    Tenor
    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2011 – 2-24 O 163/10 – wird zurückgewiesen.
    2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
    3. Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewandt werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    4. Die Revision wird zugelassen.
    Gründe
    I.
    Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der satzungsgemäß Interessen von Verbrauchern wahrnimmt und zu den qualifizierten Einrichtungen gem. §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 4 UKlaG gehört. Die Beklagte Lebensversicherung verwendet allgemeine Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung (Bl. 16 ff).
    Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Unterlassung der Verwendung der das Verhalten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles betreffenden Klausel § 17 (5), c, cc, die folgenden Inhalt hat:
    "Der Versicherungsnehmer hat, soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte".
    In § 17 (6) wird im Einzelnen der Verlust des Versicherungsschutzes bei einer Verletzung der genannten Obliegenheit geregelt.
    Ein Abmahnschreiben des Klägers ist ohne Erfolg geblieben.
    Der Kläger, vertreten durch den gleichen Prozessbevollmächtigten wie im vorliegenden Rechtsstreit, hat gleichlautende Abmahnschreiben an weitere 20 deutsche Rechtsschutzversicherungen gerichtet, welche die genannte Klausel ebenfalls in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen verwenden; davon sind bisher weitere 17 Verfahren rechtshängig geworden; dazu gehören die ebenfalls beim Senat anhängigen Verfahren 3 U 127/ 11 und 3 U 136/11.
    Der Kläger verlangt mit seiner Klage außerdem Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1823,60,-- €.
    Der Kläger hat geltend gemacht, die streitgegenständliche Klausel sei unwirksam, weil sie sowohl intransparent als auch inhaltlich unangemessen benachteiligend sei. Die Klausel sei zu unbestimmt, da ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer aufgrund unbestimmter Begriffe wie „unnötig“ und „Erschwerung verursachen könnte“ nicht erkennen könne, welche Obliegenheit von ihm verlangt werde. Dem Versicherungsnehmer werde eine kostenrechtliche Prüfung und eine Prognoseentscheidung abverlangt, was mangels entsprechender Ausbildung zu weitgehend sei. Rechtskenntnisse seines Rechtsanwalts habe sich der Versicherungsnehmer nicht zurechnen zu lassen. Während nach § 28 VVG nur eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung sanktioniert werden dürfe, sei gegebenenfalls der kostenauslösende Versuch einer außergerichtlichen Einigung nicht schuldhaft, entspreche vielmehr nur der Beachtung der Schadensminderungspflicht aus § 82 VVG. Die Klausel relativiere das Leistungsversprechen gem. §§ 1-6 ARB. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung verliere der Versicherungsnehmer darüber hinaus seinen Versicherungsschutz schon bei der bloßen Gefahr der Kostenerhöhung oder einer Erschwerung der Kostenerstattung. Der in § 17 Abs. 6 ARB gestattete Gegenbeweis des Versicherungsnehmers widerspreche der gesetzlichen Beweislastverteilung.
    Der Kläger war ferner der Ansicht, dass er jedenfalls bei schwierigen Fällen wie dem vorliegenden berechtigt sei, vorgerichtlich zur Beratung und Verfassung der Abmahnung externen Sachverstand seines Prozessbevollmächtigten beanspruchen zu dürfen. Deshalb sei die Geltendmachung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten in voller Höhe berechtigt.
    Der Kläger hat beantragt:
    1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, insgesamt höchstens 2 Jahre), zu unterlassen, beim Abschluss von Rechtsschutz-Versicherungsverträgen mit Verbrauchern die nachstehend zitierte Klausel in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf diese Klausel zu berufen:
    „§ 17 Verhalten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles
    (5) Der Versicherungsnehmer hat
    c) soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden,
    cc] alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte.“
    2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger zur Erstattung von auf Klägerseite vorgerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten EUR 1823,60 zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13. Juli 2010 zu zahlen.
    Die Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Die Beklagte hat die Klausel für wirksam gehalten. Die Klausel sei gem. § 307 Abs. 3 BGB bereits nicht kontrollierbar, jedenfalls aber gem. §§ 307 Abs. 1, 2 BGB ordnungsgemäß, weil sie lediglich den Gesetzestext der §§ 82, 86, 125 VVG wiederhole. Die Beklagte fasse mit der Klausel nur die gesetzlichen Pflichten des Versicherungsnehmers zusammen, weshalb die Bestimmung rein deklaratorisch sei. Sie sei auch nicht intransparent, da sie dem Versicherungsnehmer hinreichend deutlich klar mache, dass der Versicherer nur für die notwendigen, aber nicht für jedwede denkbaren Kosten einzustehen habe. Von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer könne erwartet werden, dass er Vor- und Nachteile auch unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten abwäge. Er müsse sich nicht anders verhalten als wenn er nicht rechtsschutzversichert wäre. Zu dieser Sorgfaltspflicht gehöre gegebenenfalls die Erfragung anfallender Gebühren. Der Versicherungsnehmer habe sich gegebenenfalls die Kenntnis seines beauftragten Rechtsanwalts zurechnen zu lassen.
    Mit Urteil vom 21.04.2011, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Unterlassungsklage stattgegeben und die Klage auf Ersatz der Anwaltskosten für das Abmahnschreiben abgewiesen. Es hat ausgeführt, es bestehe Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte sich darauf berufe, die Klausel auch in Zukunft verwenden zu dürfen. Die gegen andere Rechtsschutzversicherer gerichteten gleichartigen Klagen könnten die klauselrechtliche Wiederholungsgefahr nicht bannen, weil gegen diese ergangene Urteile im Verhältnis zur Beklagten keine Rechtskraft enthielten. Auch der Einwand einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung greife nicht. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch rechtfertige sich daraus, dass die Klausel für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne anwaltliche Beratung nicht klar und verständlich sei (§§ 1 UKlaG, 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Klausel sei nicht wortgleich mit entsprechenden Formulierungen im alten und neuen VVG. Im Übrigen gehe es vorliegend um die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und nicht um die Überprüfung von gesetzlichen Normen. - Die geltend gemachten anwaltlichen Honorarkosten für die Abmahnung seien hingegen nicht geschuldet. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts für die Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, da es sich bei dem Kläger um eine auf derartige Fragen spezialisierte Verbraucherschutzvereinigung handele.
    Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und anführt, die Klausel entspreche nur dem Gesetzeswortlaut der §§ 82 Abs. 1, 86 Abs. 2 1 VVG und begründe darüber hinaus eine Privilegierung des Versicherungsnehmers. Sie entspreche dem Transparenzgebot und stelle keine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild dar.
    Die Beklagte beantragt,
    das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen..
    Der Kläger beantragt,
    die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
    Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den Inhalt der zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
    II.
    Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Zulässig ist auch die Anschließung des Klägers (§ 524 ZPO). Weder die Berufung noch die Anschlussberufung haben indes in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
    In Anbetracht des Umstands, dass der Kläger 21 Parallelverfahren überwiegend wortgleich betreibt, kann auch der Senat sich in der Formulierung der Entscheidungsgründe weitgehend an die bereits vorliegenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle, Karlsruhe und München orientieren.
    Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger nach §§ 1, 3 Abs. 1 Ziffer 2 UKlaG ein Anspruch auf Unterlassung der im Streit stehenden Klausel zusteht (1) und weitergehende Ansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht bestehen (2).
    1. Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, des OLG München (Urteil vom 22.09.2011 – 29 U 1360/11), des OLG Celle (Urteile vom 29.09.2011 – 8 U 144/11, 8 U 145/11 und 8 U 146/11) sowie des OLG Karlsruhe (Urteil vom 15.11.2011 – 12 U 104/11), wonach die im Streit stehende Klausel intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligend gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist und daher dem Kläger nach §§ 1, 3 UKlaG ein Anspruch auf Unterlassung ihrer Verwendung zusteht.
    Nach § 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 - 309 BGB unwirksam sind.
    a) Der Kläger ist aktivlegitimiert. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG stehen die in § 1 UKlaG bezeichneten Ansprüche unter anderem denjenigen Einrichtungen zu, die in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen sind. Der Kläger ist in dieser vom Bundesjustizministerium herausgegebenen Liste erfasst.
    b) Die Beklagte ist auch passivlegitimiert, soweit von ihr verlangt wird, sich im konkreten Schadensfall nicht mehr auf die streitgegenständliche Klausel zu berufen. Sie ist Verwenderin der Klausel, weil sie diese in ihren Vertrag mit den Kunden einbezieht.
    c) Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klausel nicht den sich aus dem Transparenzgebot im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebenden Anforderungen entspricht.
    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes folgt aus dem für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Transparenzgebot, dass die Rechtsposition des Vertragspartners nicht unklar geregelt sein darf. Bereits die Klauselfassung muss der Gefahr vorbeugen, dass der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Durch eine unzutreffend oder missverständlich formulierte Klausel darf der Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden (vgl. BGH NJW-RR 2008, 251; BGH NJW-RR 2005, 1496; BGH NJW 2004, 1032, BGH NJW 2001, 292).
    Nach gefestigter Rechtsprechung sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Allgemeinen Bedingungen bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (BGH NJW 1993, 2369; BGH NJW 2006, 2545). Für die Wirksamkeitsprüfung im Rahmen des Unterlassungsklageverfahrens ist dabei von der „kundenfeindlichsten“ Auslegung auszugehen (BGH NJW 2009, 2051; BGH NJW 1993, 2369; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Auflage, § 1 UKlaG Rn. 6).
    Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. BGH VersR 2009, 1622). Im Hinblick auf die Fassung von Obliegenheiten hat der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 16. September 2009 klargestellt, dass wegen der einschneidenden Wirkung der Leistungsfreiheit das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sowie klar und eindeutig erkennbar sein muss, was im Einzelnen verlangt wird (vgl. BGH VersR 2009, 1659). Diese Auslegung des Obliegenheitsbegriffs gehört gleichzeitig zum gesetzlichen Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGH a. a. O.).
    Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Klausel nicht gerecht. Denn der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer kann der Bestimmung des § 17 (5) c) cc) ARB nicht entnehmen, was von ihm konkret verlangt wird und er vermag deshalb auch nicht zu erkennen, ob und wann er gegen seine Obliegenheiten verstößt und dadurch seinen Versicherungsschutz ganz oder teilweise gefährdet.
    (1) Ob ein Verhalten des Versicherungsnehmers „unnötig“ Kosten verursachend ist, kann zwar grundsätzlich im Sinne einer Prüfung der Erforderlichkeit der Maßnahme zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen verstanden werden und entspräche damit dem eigentlichen Leistungsversprechen in § 1 ARB. Bei der kundenfeindlichsten Auslegung aber muss mangels anderweitigen Regelungsgehalts der Klausel der Begriff „Kosten“ zumindest auch bezogen werden auf den unnötigen, somit nicht erforderlichen und nicht vom Versicherer zu erstattenden Teil der tatsächlichen Kosten einer Interessenwahrnehmung. Als Obliegenheit könnte damit aus kundenfeindlichster Sicht auch statuiert sein, die Rechtsverfolgungskosten auch nicht außerhalb des versicherten Umfanges zu erhöhen, was über § 82 Abs. 1 VVG hinausginge.
    (2) Hinzu kommt, dass die Klausel nicht etwa ein an der Erforderlichkeit der rechtlichen Maßnahme ausgerichtetes Verhalten des Versicherungsnehmers verlangt, sondern vielmehr ausschließlich an die Kostenfolge eines solchen Verhaltens anknüpft. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der in der Regel keine Kenntnis des Kostenrechts hat, wird durch das Abstellen auf die Kostenerhöhung nicht deutlich, welche Verhaltensweisen von ihm gefordert werden. Schließlich erfährt der Regelungsgehalt insofern eine über die Erforderlichkeit hinausgehende Verschärfung, als nicht nur alles zu vermeiden ist, was eine unnötige Erhöhung der Kosten verursacht, sondern „verursachen könnte“. Demnach wäre vom Versicherungsnehmer alles - durch Tun oder Unterlassen - zu vermeiden, was grundsätzlich in irgendeiner Weise geeignet sein könnte, höhere Kosten zu verursachen. Hiervon betroffen könnten sogar Maßnahmen sein, deren kostenrechtliche Behandlung in der Rechtsprechung in Streit stünde.
    (3) Auch der Passus „Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite“ geht bei kundenfeindlichster Auslegung über die Regelung des § 86 Abs. 2 VVG hinaus. Eine Erschwerung der Erstattung kann bei schwachen Schuldnern bereits die vorrangige Vollstreckung des titulierten materiellen Anspruches sein. Mit dem Merkmal, dass die Interessen des Versicherungsnehmers "nicht unbillig beeinträchtigt werden“ wird die Klausel nicht hinreichend in den Anordnungsbereich des § 86 Abs. 2 VVG zurückgeholt. Mit der Beurteilung der Frage, was grundsätzlich eine Erschwerung der Erstattung der Kosten durch die Gegenseite verursachen könnte, wird einem Versicherungsnehmer etwas abverlangt, das ihm ohne rechtliche Kenntnis nur schwer, wenn überhaupt abschätzbar ist.
    (4) Eine etwaige Kenntnis eines vom Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalts kann dem Versicherungsnehmer ebenfalls nicht ohne weiteres zugerechnet werden. Eine Haftung des Versicherungsnehmers für ein Verschulden seines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB scheidet bereits aus, weil es sich bei Obliegenheiten nicht um Verbindlichkeiten im Sinne des § 278 Abs. 1 S. 2 BGB handelt.
    Im Übrigen verbietet sich eine generelle Betrachtungsweise der Zurechnung des Handelns eines Rechtsanwalts als Wissensvertreter oder Wissenserklärungsvertreter schon deshalb, als es jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig ist, ob sich der an den Rechtsanwalt erteilte Auftrag nur auf die Wahrnehmung der Rechte einer Partei gegenüber dem Gegner bezieht und die Beauftragung gerade nicht die Geltendmachung der Rechte aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag oder die Wahrnehmung etwaiger Obliegenheiten der Partei gegenüber dem Rechtsschutzversicherer umfasst, zumal etwa die Einholung einer Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung des Mandanten für den Rechtsanwalt vergütungsrechtlich auch eine andere Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG als die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Gegner sein kann (vgl. KG Berlin AnwBl 2010, 445; a. A. OLG München JurBüro 1993, 163; offenlassend BGH NJW 2011, 1222).
    d) Auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Klausel unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt.
    (1) Insoweit ist die Klausel ist nicht - wie die Beklagte meint - nach § 307 Abs. 3 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen. Bei den beiden vorliegend zur Entscheidung anstehenden Teilen handelt es sich nicht um bloß deklaratorische Klauseln, die mit Rechtsvorschriften übereinstimmen und keine konstitutive Wirkung haben. Vielmehr wird hierdurch das Hauptleistungsversprechen des Versicherers in einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Form ausgestalten, zumindest aber ein ergänzungsbedürftiger gesetzlich vorgegebenen Rahmen ausgefüllt, so dass die Inhaltskontrolle eröffnet ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 307 Rn. 43, 45; BGH NJW 1993, 2369; BGH NJW 1999, 2279; BGH NJW 2001, 2012; BGH NJW-RR 2008, 189; BGH VersR 2009, 769).
    Zu messen ist die Klausel an den gesetzlichen Regelungen der §§ 125, 82, 86 VVG. Nach § 125 VVG ist der Rechtsschutzversicherer verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen. § 82 Abs. 1 VVG regelt die Obliegenheit, wonach der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen hat.
    Ferner ist in § 86 Abs. 2 VVG die Obliegenheit normiert, wonach der Versicherungsnehmer seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruches dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer, soweit erforderlich, mitzuwirken hat.
    Demgegenüber hat der Versicherungsnehmer nach der hier zu beurteilenden Klausel „soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte“. Indem hierdurch etwaige Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers auf die Rechtsschutzversicherung konkretisiert werden und vom Versicherungsnehmer bereits alles zu vermeiden ist, was auch nur geeignet ist, zu einer Kostenerhöhung oder Erschwerung des Erstattungsanspruchs zu führen, beschränkt sich die Klausel gerade nicht auf die bloße Wiedergabe der angeführten gesetzlichen Regelungen, sondern geht vielmehr über sie hinaus. Sie ist daher - ungeachtet § 307 Abs. 3 S. 2 BGB - insgesamt der Inhaltskontrolle zugänglich.
    (2) Diese Inhaltskontrolle ergibt eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers.
    (a) Das Wesen einer vertraglich vereinbarten, mit der Sanktion der Leistungsfreiheit verbundenen Obliegenheit besteht darin, dass ein Verhalten, also bestimmte Handlungen oder ein Unterlassen, vorgeschrieben wird, das es zu beachten gilt, wenn der Versicherungsschutz erhalten werden soll. Wegen der einschneidenden Wirkung der Leistungsfreiheit muss das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sein und klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird. Diese durch Rechtsprechung und Literatur geprägte Auslegung des Obliegenheitsbegriffs gehört zum gesetzlichen Leitbild im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (BGH VersR 2009, 1659; BGH VersR 1993, 830).
    Sofern - wie vorliegend - der Versicherungsnehmer jedoch nicht deutlich erkennen kann, was von ihm verlangt wird, widerspricht es bereits diesen Anforderungen. Daran vermögen weder der Entschuldigungs- noch der Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 17 Abs. 6 ARB etwas zu ändern, da hierdurch der Versicherungsnehmer in die Lage gebracht wird, sich entlasten zu müssen. Dadurch ist er - entgegen dem zum Obliegenheitenrecht entwickelten Leitbild - schlechter gestellt, weil Zweifel an Inhalt und Umfang der Obliegenheit stets zu seinen Lasten gehen (BGH VersR 2009, 1659).
    (b) Soweit die Klausel – wie oben ausgeführt – bei kundenfeindlichster Auslegung auch die unnötigen, nicht erforderlichen und nicht vom Versicherer zu erstattenden Kosten umfasste, ginge dies über § 82 Abs. 1 VVG hinaus und wäre eine unangemessene Benachteiligung, schon weil insoweit kein berechtigtes Interesse des Versicherers auszumachen ist. Zwar würden die meisten dieser Obliegenheitsverletzungen wegen offenbaren Fehlens einer Ursächlichkeit letztlich folgenlos bleiben; bei arglistiger Verletzung der Obliegenheit beließe es die Bedingung aber bei der Leistungsfreiheit. Denkt man hinzu, dass ein Versicherer bei unnötiger Aufblähung der Kosten auf die Idee der Zurechnung von Anwaltsverschulden kommen kann, könnte er in diesen Fällen versucht sein, dem Versicherungsnehmer unter Berufung auf die Klausel seine Leistungsfreiheit entgegen zu halten. Auch soweit hiernach Kosten zu vermeiden wären, deren rechtliche Behandlung in der Rechtsprechung in Streit stünde, tatsächlich jedoch vom Leistungsversprechen umfasst wären, stellte die geforderte Unterlassung eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Gleiches gilt, soweit auch der zweite Teil der Klausel „Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite“ bei kundenfeindlichster Auslegung den Versicherungsnehmer bereits davon abhalten könnte, bei schwachen Schuldnern vorrangig seinen titulierten materiellen Anspruch geltend zu machen.
    e) Die für den Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG erforderliche Wiederholungsgefahr (Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., UKlaG § 1 Rn. 6) kann bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unzulässige Klauseln enthalten, tatsächlich vermutet werden. Diese Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte die beanstandete Klausel in Neuverträgen nicht mehr verwendet. An die Beseitigung der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH NJW 2002, 2386). Die Beklagte hat die streitgegenständliche Klausel in einer Vielzahl von Altverträgen verwendet. Weder die Änderung der beanstandeten Klausel noch eine eventuelle Zusage, die Klausel nicht mehr zu verwenden, reichen aus, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, zumal wenn wie vorliegend der Verwender noch im Prozess die Wirksamkeit der Klausel verteidigt und keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt (BGH WM 2000, 1967; BGH NJW 2002, 2386; Senat, Urteil vom 20.02.2003 - 12 U 210/02 = NJW-RR 2003, 778).
    2. Die Einlegung einer Anschlussberufung durch den Kläger ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht erfolgt.
    III.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO gestützt.
    Die Revision war nach §§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die im Streit stehende Frage eine Vielzahl von Versicherungsverträgen betrifft und ihr daher grundsätzliche Bedeutung zukommt.

    RechtsgebieteUKlaG, VVG, ARB, BGBVorschriften§ 3 Abs 1 Nr 2 UKlaG, § 4 UKlaG, § 28 VVG, § 82 VVG, § 1 ARB, § 2 ARB, § 3 ARB, § 4 ARB, § 5 ARB, § 6 ARB, § 17 Abs 6 ARB, § 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2 BGB