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  • 20.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123927

    Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 19.09.2012 – 5 U 68/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Saarbrücken, 19.09.2012

    5 U 68/12-9

    In dem Rechtsstreit

    der U.A.

    - Klägerin und Berufungsbeklagte -

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

    gegen

    S.F. Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden

    - Beklagte und Berufungsklägerin -

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

    hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken

    auf die mündliche Verhandlung vom 29.8.2012

    unter Mitwirkung des Präsidenten des Saarländischen Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Müller und des Richters am Oberlandesgericht Reichel

    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.1.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az.: 14 O 138/11 wie folgt abgeändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.832,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.4.2011 zu zahlen. Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

    2. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte 89 % und die Klägerin 11 %.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    4. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 5.415,72 € festgesetzt.

    5. Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versicherungsschutz aus einer Wohngebäudeversicherung unter Einschluss von Elementarschäden (Nr. XXXXXXXX) für durch Schneedruck entstandene Schäden an ihrem Anwesen K-Straße, N. Die Eintrittspflicht der Beklagten ist zwischen den Parteien dem Grunde und der Höhe nach streitig.

    Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 2000-Fassung 2008) und die Besonderen Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden (BEW 2000-Fassung 2008) zugrunde.

    Am 3.1.2011 informierte die Klägerin den Versicherungsvertreter der Beklagten, den Zeugen Sch., dass das Vordach ihres Anwesens durch drückende Schneelasten beschädigt worden sei, was in dem darunterliegenden Raum zu Schäden durch eindringendes Wasser geführt habe. Der Zeuge Sch. suchte das Anwesen der Klägerin auf, um die Schäden zu besichtigen, von welchen er Fotos anfertigte (Bl. 50/51 d.A.). Des Weiteren nahm er eine schriftliche Schadenanzeige der Klägerin vom 7.1.2011 (Bl. 92 d.A.) auf. In der Rubrik "Vereinbarung mit dem Kunden" ist zunächst festgehalten, dass eine Besichtigung des Schadens durch den Zeugen Sch. erfolgt ist. Darunter findet sich die Eintragung "Kostenvoranschlag folgt für Dach + Tapezierarbeiten". Die Schadenanzeige leitete der Zeuge Sch. erst mit dem ihm am 1.2.2011 übermittelten Kostenvoranschlag der H. Bedachungs GmbH vom 19.1.2011 (Bl. 4 d.A.) an die Beklagte weiter. Am 4.2.2011 meldete sich der von der Beklagten beauftragte Sachverständige B. bei der Klägerin zur Vereinbarung eines Besichtigungstermins, der allerdings aus zwischen den Parteien streitigen Gründen nicht stattfand. Zu diesem Zeitpunkt hatte die H. GmbH die Arbeiten an dem Vordach bereits aufgenommen. Dieses wurde in der Folge unter Veränderung der Dachkonstruktion komplett erneuert.

    Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28.3.2011 (Bl. 7 d.A.) unter Fristsetzung zum 11.4.2011 zur Zahlung auf. Die Beklagte lehnte die Erbringung von Versicherungsleistungen mit Schreiben vom 8.4.2011 ab und begründete dies in erster Linie damit, dass eine Besichtigung durch den von ihr beauftragten Sachverständigen, den Zeugen B., durch den Beginn der Reparaturarbeiten vereitelt worden sei (Bl. 19 d.A.).

    Die Klägerin hat vorgetragen, der Sachverständige B. habe den am 4.2.2011 für den folgenden Tag vereinbarten Besichtigungstermin nicht wahrgenommen, ohne diesen abzusagen. Da zwischenzeitlich große Wassermengen in den unter dem Vordach liegenden Raum eingedrungen seien, seien zur Abwendung weiterer Schäden sofortige Gegenmaßnahmen erforderlich gewesen. Sie habe gegenüber dem Sachverständigen B. der Beklagten lediglich erklärt, dass der Zeuge H. bereits "auf dem Vordach" sei, welches gegen das nachrückende Wasser dringend abgesichert werden müsse. Der Sachverständige habe hierauf nichts erklärt; zu dem vereinbarten Termin sei er ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Sie, die Klägerin, sei der Ansicht gewesen, im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht sogar zur sofortigen Durchführung der notwendigen Reparaturmaßnahmen verpflichtet gewesen zu sein. Durch die Information des Zeugen Sch. habe sie alles aus ihrer Sicht Mögliche getan, um der Beklagten eine Überprüfung ihrer Eintrittspflicht zu ermöglichen. Dass sie das Gebäude in unverändertem Zustand belassen solle, sei ihr nicht gesagt worden. Letztlich sei die konkrete Schadensursache aber unerheblich, weil die Beklagte nicht nur beim Eindringen von Schmelzwasser der drückenden Schneemassen, sondern auch beim Eindringen von reinem Niederschlagswasser eintrittspflichtig sei. Sie habe deshalb die Reparaturkosten in Höhe von 3.650,92 € brutto für die bereits durchgeführten Dachdeckerarbeiten und Kosten der noch ausstehenden Malerarbeiten in Höhe von 1.764,80 € netto zu erstatten.

    Die Klägerin hat beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.415,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.4.2011 zu zahlen;

    2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 546,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.4.2011 zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat ihre Eintrittspflicht verneint, weil die Klägerin nicht habe nachweisen können, dass ein versichertes Ereignis - hier Schneedruck - die Schadensursache gewesen sei. Eine Überprüfung habe nicht stattfinden können, weil die Klägerin dem Sachverständigen B. anlässlich des Telefonats am 4.2.2011 mitgeteilt habe, der Schaden könne nicht mehr besichtigt werden, weil die Reparaturarbeiten bereits begonnen hätten. Der sodann mit der Begutachtung der Plausibilität des geltend gemachten Schadens beauftragte Sachverständige N. habe bei einem Ortstermin am 15.2.2011 festgestellt, dass eine Aussage zur Schädigung der ursprünglichen Dachkonstruktion nicht mehr möglich gewesen sei, weil der ursprüngliche Dachstuhl abgerissen und ein neuer Dachstuhl errichtet worden sei. Die in dem Angebot der H. GmbH enthaltene neue Dachkonstruktion könne nicht als Wiederherstellung der vorhandenen Dachkonstruktion im Sinne des § 14 Nr. 7 VGB Teil A gewertet werden. Die Klägerin könne daher gemäß § 14 Nr. 1c) VGB Teil A allenfalls Ersatz der notwendigen Reparaturkosten verlangen, über welche die verlangten Kosten gemäß dem Angebot der H. GmbH hinausgingen.

    Dem hat die Klägerin entgegen gehalten, bei dem geltend gemachten Betrag von 3.650,92 € handele es sich lediglich um die reinen Reparaturkosten. Sie habe den Zeugen H. gebeten, die Reparaturkosten herauszurechnen, nachdem dieser zur Vermeidung weiterer Schäden eine andere Dachkonstruktion empfohlen habe.

    Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen A., H. und Sch. (Bl. 58 d.A.) mit am 31.1.2012 verkündetem Urteil zur Zahlung von 5.415,72 € - Reparaturkosten gemäß dem Angebot der H. GmbH vom 19.1.2011 in Höhe von 3.650,92 € brutto und gemäß dem Angebot des Malermeisterbetriebs S. GmbH vom 16.2.2011 in Höhe von 1.764,80 € netto - verurteilt. Dabei hat es hat den Eintritt des Versicherungsfalls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erbracht angesehen. Eine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Obliegenheitsverletzung scheitere schon am Fehlen der hierzu gemäß § 8 Nr. 3c) VGB Teil B erforderlichen Belehrung.

    Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass die Belehrungspflicht des § 8 Nr. 3c) VGB Teil B für die Verletzung der in § 8 Nr. 2a)gg) VGB Teil B vorgesehenen Belehrungspflicht nicht einschlägig sei; dessen ungeachtet sei eine entsprechende Belehrung in dem von der Klägerin am 7.1.2011 unterzeichneten Schadenanzeigeformular enthalten, welches bei Erteilung eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises schon erstinstanzlich habe vorgelegt werden können. Die Beklagte bestreitet ferner weiterhin den Eintritt des Versicherungsfalls. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich das Dach aus anderen Gründen abgesenkt habe. Die Klägerin habe gegenüber dem Sachverständigen N. angegeben, dass es in den letzten Jahren hauptsächlich bei Tauwetter schon öfter zu Wassereintritt im Traufbereich der abgerissenen Dachkonstruktion gekommen sei; die Dacheindeckung bzw. Abdeckbleche seien nachgearbeitet worden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei die ursprünglich vorhandene Konstruktion äußerst schadenanfällig gewesen. So habe bei Tauwetter die Regenrinne durch Schnee und Eis verstopfen können, mit der Folge dass aufgestautes Schmelzwasser über konstruktionsbedingte Fugen in das Gebäudeinnere habe eindringen können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kämen verschiedene Alternativursachen in Betracht, könnten jedenfalls aber nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen habe das Landgericht es zu Unrecht unterlassen, der Klägerin die Vorlage der Rechnung über die tatsächlich durchgeführten Arbeiten aufzugeben, um den Nachweis der Höhe der angefallenen Mehrwertsteuer zu führen.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 31.1.2012 - 14 O 138/11 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und hebt hervor, die Beklagte habe mit Abgabe der Schadenanzeige gegenüber dem Zeugen Sch. Gelegenheit zur Überprüfung durch einen Sachverständigen gehabt. Eine Besichtigung sei auch durch den Zeugen B. noch möglich gewesen. Mithin könne weder von einer vorsätzlichen, noch von einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung die Rede sein. Auch müsse die Klägerin sich nicht entgegen halten lassen, dass der Zeuge H. der Beklagten die Kostenvoranschläge erst am 1.2.2011 übermittelt habe. Das Vorbringen der Beklagten zu einer von dem Sachverständigen N. festgestellten Alternativursache rügt die Klägerin als verspätet.

    II. Die Berufung der Beklagten hat nur in geringem Umfang - bezüglich der auf die Reparaturarbeiten am Dach entfallenden Mehrwertsteuer - Erfolg.

    1. Die Beklagte ist nicht wegen Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit ganz oder teilweise gemäß § 8 Nr. 3 a) i.V.m. Nr. 2 a) gg) VGB Teil B i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden.

    a. Allerdings hat die Beklagte ihre versicherungsvertragliche Obliegenheit, das "Schadenbild so lange unverändert zu lassen, bis die Schadenstelle oder die beschädigten Sachen durch den Versicherer freigegeben worden sind", objektiv verletzt, weil eine Freigabe durch die Beklagte nicht erfolgt ist.

    b. Der Beklagten wäre es insoweit - entgegen der Meinung des Landgerichts - nicht deshalb versagt sich auf vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit zu berufen, weil es an der durch § 28 Abs. 4 VVG gebotenen Belehrung fehlt. Es trifft zwar zu, dass die in dem Formular der Beklagten zur Schadenanzeige an einer formell und materiell den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung fehlt: Der Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit ist im Fließtext der Schadensanzeige enthalten und drucktechnisch in keiner Weise hervorgehoben. Die Belehrung ist also nicht, wie § 28 Abs. 4 VVG es verlangt, abgesondert. Darüber hinaus ist die Belehrung inhaltlich unzulänglich, weil es an einem Hinweis auf den der Klägerin eröffneten Kausalitätsgegenbeweis fehlt.

    Einer Belehrung bedurfte es aber gar nicht. Die Obliegenheit, die Schadenstelle unverändert zu lassen, entsteht im Zeitpunkt des Versicherungsfalls von selbst, setzt kein besonderes Verlangen des Versicherers voraus und stellt daher eine spontan zu erfüllende besondere Aufklärungsobliegenheit dar, auf die § 28 Abs. 4 VVG bei seinem Sinn entsprechender Auslegung nicht anwendbar ist (Römer/Langheid/Rixecker, 3. Aufl., § 28 Rdn. 105).

    c. Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Beklagten würde auch nicht daran scheitern, dass es der Klägerin gelungen wäre, das Fehlen jeden Einflusses ihrer Obliegenheitsverletzung auf die Feststellung des Eintritts oder des Umfangs der Leistungspflicht auszuschließen (§ 28 Abs. 3 VVG). Das folgt schon daraus, dass jedenfalls zum - maßgeblichen - Zeitpunkt der Regulierungsentscheidung des Versicherers - nämlich der Ablehnung von Leistungen - aufgrund des Abrisses des Vordachs nicht uneingeschränkt fest stand, ob der Versicherungsfall Schneedruck eingetreten war oder ob Vorschäden zu dem Wassereintritt in den darunter liegenden Räumen geführt oder beigetragen hatten.

    d. Die Beklagte hat ihre Obliegenheit jedoch weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Von einem vorsätzlichen Verhalten eines Versicherungsnehmers ist auszugehen, wenn - was der Versicherer zu beweisen hat - fest steht, dass ihm die ihn treffende Verhaltensnorm bekannt war und er sie missachten wollte (BGH, Urt.v. 21.4.1993 - IV ZR 33/92, VersR 1993, 830; Senat, Urt.v. 12.7.2006 5 U 6/06, VersR 2007, 532). Dafür fehlt es schon deshalb an Anhaltspunkten, weil die Obliegenheit des § 8 Nr. 2 a) gg) VGB 2008 Teil B in der der Klägerin überreichten Schadenanzeige inhaltlich erheblich verändert wiedergegeben war und die Klägerin sich daher von vornherein im Unklaren darüber sein durfte, welches Verhalten von ihr erwartet wurde. Dort ist nämlich die Aufforderung enthalten, die Schadensstelle "möglichst" so lange unverändert zu lassen, bis "eine Besichtigung erfolgt" ist. Ähnliche Formulierungen werden von der Rechtsprechung (OLG Hamm, VersR 2009, 395 [OLG Hamm 13.08.2008 - 20 U 25/08]) zwar lediglich dahin verstanden, dass sie dem Versicherungsnehmer kein Belieben eröffnen und nur in Ausnahmefällen eine Veränderung der Schadensstelle als vertragskonform hingenommen wird. Durch die von § 8 Nr. 2 a) gg) VGB 2008 Teil B abweichende Wartezeit - statt der Freigabe durch den Versicherer wird auf eine Besichtigung abgestellt - musste sich der Beklagten aber nicht einmal aufdrängen, dass sie nach der Aufnahme der Schadenanzeige durch den Zeugen Sch., der Fertigung von Fotos und der Aufforderung, einen Kostenvoranschlag einzuholen weiterhin - über Wochen und bei fortdauerndem Wassereintritt - mit Instandsetzungsarbeiten nicht beginnen durfte.

    Aus diesen Gründen liegt auch keine grobe Fahrlässigkeit vor. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Da sich nicht einmal dem Zeugen Sch. als dem Vertreter des Versicherers aufgedrängt hat, dass die Beklagte eine weitere Aufnahme des Schadens durch einen Sachverständigen für erforderlich halten würde, auch in den Tagen unmittelbar nach der Besichtigung des Vordachs durch den Zeugen Sch. und angesichts des Risikos weiterer witterungsbedingter Nässeschäden innerhalb des Anwesens kein Hinweis des Versicherers erfolgte, der der Klägerin die Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung hätte vor Augen führen können, kann der Beklagten schwerlich ein schlechthin unentschuldbares Verhalten durch die Veranlassung der Instandsetzung vorgeworfen werden.

    2. Vom Eintritt eines Versicherungsfalls ist auszugehen, weil die Beklagte der sie aufgrund der ihr vorzuwerfenden Verletzung einer Beratungspflicht treffenden Last, trotz einer Vielzahl für den Eintritt des Versicherungsfalls sprechender, ihn sehr wahrscheinlich machender Gründe, Umstände zu beweisen, die gegen ihn sprechen, nicht nachgekommen ist und nicht mehr nachkommen kann.

    a. Nach § 2 Nr. 1f) der Zusatzbedingungen für die Versicherung von weiteren Elementarschäden in der Verbundenen Wohngebäude-Versicherung leistet die Beklagte Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Schneedruck (§ 8) zerstört oder beschädigt wurden. Unter Schneedruck ist dabei die Wirkung des Gewichts von Schnee- oder Eismassen zu verstehen. Das setzt - grundsätzlich - den durch den Versicherungsnehmer, also die Klägerin, zu führenden Nachweis voraus, dass das Gewicht des Schnees zum Einsturz oder zu einer Verbiegung der Dacheindeckung geführt hat. In einem solchen Fall ist es dann unerheblich, ob andere konstruktive Mängel des Dachs zu diesem Schaden beigetragen haben (OLG Frankfurt, VersR 2011, 111). Ist andererseits offen, ob eine festgestellte, andere Schäden nach sich ziehende Verformung auf der Wirkung des Gewichts von Schnee beruht oder schon zuvor aufgrund technischer Mängel bestanden hat, ist nicht von einem Versicherungsfall auszugehen.

    Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Schadensursache nicht offen bleiben, weil die Beklagte nicht nur beim Eindringen von Schmelzwasser der drückenden Schneemassen, sondern auch beim Eindringen von reinem Niederschlagswasser eintrittspflichtig wäre. Letzteres ist nämlich nur dann der Fall, wenn die Ursache des Niederschlagswassereintritts eine versicherte Gefahr - wie etwa Sturm oder Schneedruck - ist.

    b. Da das beschädigte Vordach vor einer sachverständigen Begutachtung und ihrer Dokumentation durch eine andere Konstruktion ersetzt wurde, kann die Klägerin heute nicht - durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens - mit letzter Sicherheit nachweisen, dass Schneedruck die Ursache der von ihr geltend gemachten Schäden war.

    Die Klägerin kann sich zur Führung dieses Beweises jedoch auf jedes nach der Zivilprozessordnung zulässige Beweismittel berufen (vgl. KG, VersR 2008, 393 [KG Berlin 06.07.2007 - 6 U 40/07]). Schon deshalb scheitert der Nachweis des Versicherungsfalls nicht schon von vornherein an dem Umstand, dass zuverlässigen Feststellungen eines Sachverständigen aufgrund der Veränderung der Schadenstelle infolge der Durchführung der Reparaturarbeiten die Grundlage entzogen war und ist.

    Die Klägerin hat "einigen Beweis" dafür erbracht, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. Das folgt zunächst aus dem unstreitigen Umstand, dass das Dach zum Schadenszeitpunkt mit hohen Schneelasten bedeckt war, die grundsätzlich geeignet waren, an der die Traufe ab- und verschließenden Attika, also dem physikalischen Schwerpunkt der Wirkung des Gewichtsdrucks, Verformungen zu verursachen. Unstreitig ist ferner, dass unmittelbar nach der Schadenmeldung frische - und keinerlei alte - Wasserschäden in den unter dem Vordach liegenden Räumen eingetreten sind. Hätten vor den Witterungsgeschehnissen um den 3.1.2011 technische Mängel des Dachs vorgelegen, die ein Eindringen von Wasser - durch Lücken in der Abdichtung - ermöglicht hätten, hätte mehr als nahe gelegen, dass bereits in den Jahren zuvor gewisse Nässeschäden in den unter dem Vordach liegenden Räumen bemerkt worden wären. Wenn der Druck der Schneemassen am 3.1.2011 aber auch nur in geringem Umfang zur Vergrößerung der Schadenanfälligkeit des Vordachs und so zum Wassereintritt in größerem Umfang beigetragen hat, muss vom Versicherungsfall ausgegangen werden, da Mitursächlichkeit genügt.

    Die Aussagen der hierzu vernommenen Zeugen H., A. und Sch. stützen die Annahme der Ursächlichkeit des Schneedrucks. So hat der Zeuge H. angegeben, er habe das hoch mit Schnee überdeckte Vordach an dem Anwesen der Klägerin zunächst durch Mitarbeiter vom Schnee räumen lassen. Dann habe er festgestellt, dass sich die Dachkonstruktion - wie auf dem Lichtbild Bl. 50 d.A. zu sehen sei - in der Ecke abgesenkt habe. In seiner Vernehmung durch den Senat hat er dies dahin konkretisiert, die Holzunterkonstruktion müsse sich durch den Schneedruck um einige Zentimeter gesenkt haben. Aufgrund der Abdeckung im darunter liegenden Raum habe er die Holzunterkonstruktion an diesem Tag aber nicht sehen können. Allerdings habe er bei der Neuerrichtung des Daches gesehen, dass sich die Balken gesetzt hätten.

    Der Zeuge H. hat ferner angegeben, seiner Einschätzung nach habe es sich nicht um einen "alten Schaden" gehandelt. In dem darunter liegenden Raum habe er keine alten Wasserflecken, sondern ganz evident einen neuen Wasserschaden wahrgenommen. Dabei habe es sich um Schmelzwasser gehandelt, das über die Ecke in die Unterkonstruktion und den Raum eingedrungen und in Eimern aufgefangen worden sei.

    Dies stimmt mit den Angaben des erstinstanzlich vernommenen Zeugen A. überein, der von einer Delle "unten links" im Dach berichtet hat, welche er auf den Schnee zurückgeführt habe (Bl. 48 d.A.). Dabei steht der Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht schon von vornherein entgegen, dass es sich bei dem Zeugen A. um den Sohn der Klägerin handelt und der Zeuge H. im Auftrag der Klägerin mit der Angelegenheit befasst und deshalb möglicherweise durch eigene Interessen beeinflusst gewesen ist.

    Dies gilt umso mehr, als deren Aussagen von der - wenn auch laienhaften - Einschätzung des im Lager der Beklagten stehenden Zeugen Sch. bestätigt wird, der angegeben hat, anlässlich der Besichtigung der Schadenstelle den Eindruck gewonnen zu haben, die Trapezfläche des Vordachs habe sich aufgrund der gewaltigen Schneemassen herunter gedrückt. "Nach dem Augenschein" habe ein Versicherungsfall vorgelegen. Des Weiteren habe er "relativ frische" Wasserschäden wahrgenommen.

    c. Vor diesem Hintergrund sind der Klägerin Beweiserleichterungen zuzubilligen, die dazu führen, dass die Beklagte letzte Zweifel am Vorliegen des Versicherungsfalls hätte verstärken und den Eintritt des Versicherungsfalls somit im Ganzen ungewiss erscheinen lassen musste, was ihr nicht gelungen ist.

    aa. Diese Beweiserleichterungen folgen aus einer Pflichtverletzung der Beklagten. Sie hat es vorwerfbar versäumt, die Klägerin darauf aufmerksam zu machen, dass die Schadenstelle - auch noch nach der Besichtigung durch den Zeugen Sch. - bis zu einer ausdrücklichen Freigabe durch sie unverändert zu bleiben habe. Einen entsprechenden Hinweis durfte die Klägerin - trotz des in § 8 Nr. 2a) gg) VGB Teil 8 ausdrücklich ausgesprochenen Veränderungsverbots - erwarten.

    Nach dem Veränderungsverbot des § 8 Nr. 2a) gg) VGB Teil B, welches die Überprüfung von Inhalt und Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ermöglichen soll, hat der Versicherungsnehmer das Schadenbild so lange unverändert zu lassen, bis die Schadenstelle oder die beschädigten Sachen durch den Versicherer freigegeben worden sind. Sind Veränderungen unumgänglich, sind das Schadenbild nachvollziehbar zu dokumentieren (z.B. durch Fotos) und die beschädigten Sachen bis zu einer Besichtigung durch den Versicherer aufzubewahren. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von einer konkreten Aufforderung des Versicherers (vgl. Römer/Langheid/Rixecker, VVG, 3. Aufl., § 28 Rdn. 105).

    Das ist allerdings dann anders, wenn für den Versicherer ein Aufklärungsbedarf des Versicherungsnehmers erkennbar wird. Gemäß § 6 Abs. 4 VVG ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber nämlich auch im bestehenden Versicherungsverhältnis zur Auskunft und Beratung verpflichtet, soweit dieser sie erkennbar benötigt. Er erfüllt diese Verpflichtung durch die Auskünfte seines Versicherungsagenten, der insoweit sein Erfüllungsgehilfe ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.1991 - IV ZR 299/90 - VersR 1992, 217; OLG Frankfurt, zfs 2002, 389; Senat, Urt. v. 22.10.1997 - 5 U 245/97 - RuS 1999, 96). Verletzt der Agent diese Pflichten, indem er eine falsche Auskunft erteilt oder einen gebotenen Ratschlag unterlässt, so ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet (§ 6 Abs. 5 Satz 1 VVG). So liegt es hier. Der Versicherungsagent der Beklagten, der Zeuge Sch., hat die Erteilung eines gebotenen Ratschlags unterlassen.

    Die Schadenstelle war durch den Versicherungsvertreter Sch., den die Klägerin vom Schadenfall unterrichtet hatte, besichtigt worden. Dieser hatte die Schadenstelle außerdem durch Fotos dokumentiert - und damit die in der Schadensanzeige verlangte "Besichtigung" vorgenommen. Die Klägerin durfte mithin davon ausgehen, dass sie ihrerseits alles getan hatte, um den Versicherungsfall nachzuweisen und der Beklagten die Überprüfung ihrer Eintrittspflicht zu ermöglichen. Zudem musste der durch den Zeugen Sch. vertretene Versicherer erkennen, dass angesichts des fortdauernden Eintritts von Schmelz- und etwa bevorstehenden Niederschlagswassers dringender Instandsetzungsbedarf bestand, der nur durch eine Veränderung der Schadensstelle und damit nur durch einen Verlust von Beweismöglichkeiten erfüllt werden konnte. In dieser Situation musste die Klägerin nicht erkennen, dass die Beklagte zur Überprüfung ihrer Eintrittspflicht noch die Besichtigung durch einen Sachverständigen für erforderlich halten werde. Selbst der Zeuge Sch. hat bei seiner Vernehmung durch den Senat angegeben, vom Vorliegen des Versicherungsfalls ausgegangen zu sein und eine weitere Überprüfung durch einen Sachverständigen nicht erwartet zu haben. Mehr kann auch von der Klägerin nicht erwartet werden.

    In dieser Situation stellte es sich als Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass die Klägerin nicht darauf hingewiesen wurde, dass die Schadenstelle dennoch vor einer ausdrücklichen Freigabeerklärung der Beklagten nicht verändert werden dürfe. Dass der Zeuge Sch. der Klägerin die Einholung von Kostenvoranschlägen aufgab, genügte hierzu nicht.

    Gemäß § 6 Abs. 5 VVG muss der Versicherungsnehmer im Wege des Schadensersatzes zwar nur so gestellt werden, als habe der Versicherer die ihn treffenden Pflichten erfüllt. Dabei gilt der Grundsatz aufklärungsrichtigen Verhaltens. Der Versicherungsnehmer ist so zu stellen, als hätte er auf den ihm vom Versicherer erteilten Rat sachgerecht reagiert (vgl. Römer/Langheid/Rixecker, VVG, 3. Aufl., § 6 Rdn. 28). Das hilft hier nicht weiter, da nicht festgestellt werden kann, ob die unveränderte Schadenstelle oder sachgerecht erhobene und gesicherte Befunde des Schadens einen sicheren Rückschluss auf das Vorliegen des Versicherungsfalls zugelassen hätten.

    Die Verletzung der Beratungspflicht kann sich jedoch auch beweisrechtlich auswirken.

    Der Bundesgerichtshof lässt in solchen Fällen pflichtwidrigen Verhaltens des Anspruchsgegners Beweiserleichterungen dann und soweit zu, als dem eigentlich Beweispflichtigen die volle Beweislast billigerweise nicht (mehr) zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.1995 - III ZR 226/94 - NJW 1996, 315; Urt. v. 28.6.2012 - IX ZR 219/10 - WM 2012, 1490 jew. m.w.N.). Eine solche Beweiserleichterung ist der Klägerin für den ihr obliegenden Nachweis des Versicherungsfalls zu gewähren, weil der Schutzzweck der im konkreten Fall bestehenden Pflicht zur Beratung, die den Hinweis auf das Veränderungsverbot notwendig gemacht hätte, gerade den der Klägerin obliegenden Beweis des Versicherungsfalls und seine Prüfung durch den Versicherer gewährleisten soll. Soll aber eine Beratung des Versicherungsnehmers gerade bewirken, dass dem Versicherungsnehmer Beweismöglichkeiten erhalten bleiben, führt die Verletzung der Beratungspflicht gewissermaßen zu einer von dem Versicherer vorwerfbar bewirkten Beweisvereitelung. In solchen Fällen darf den Versicherungsnehmer nicht die volle Beweislast für den Eintritt des Versicherungsfalls treffen, weil es ansonsten der Versicherer in der Hand hätte, sich einer mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bestehenden Leistungspflicht durch schuldhafte Verletzung seiner Vertragspflichten zu entziehen (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2012 - IX ZR 219/10 - WM 2012, 1490 eingehend zu den Wirkungen der Beweiserleichterungen).

    bb. Unter Berücksichtigung dieser zu Gunsten der Klägerin wirkenden Beweiserleichterungen sieht der Senat den Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls und die Verursachung der Nässeschäden in seiner Folge als geführt an. Dass jede andere Ursache zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, ist für den Nachweis des Versicherungsfalls ohnehin nicht erforderlich. Die von dem von der Beklagten beauftragten Sachverständigen N. in den Raum gestellte Schadenanfälligkeit der Konstruktion, die das Eindringen aufgestauten Schmelzwassers über konstruktionsbedingte Fugen begünstige, erklärt nicht das von den Zeugen wahrgenommene und auf den Fotos dokumentierte Absenken des Daches an einer Ecke. Der Annahme des Versicherungsfalls steht auch nicht entgegen, dass der Eintritt des Versicherungsfalls durch etwaige konstruktionsbedingte Mängel oder Vorschäden des Vordachs begünstigt worden sein kann. Dabei kann offen bleiben, ob das entsprechende zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten verspätet ist. Die Beklagte verspricht in § 2 Nr. 1f) der Zusatzbedingungen Versicherungsschutz für Schäden "durch" Schneedruck, welcher in § 8 der Zusatzbedingungen als Wirkung des Gewichts von Schnee- oder Eismassen definiert ist. Danach ist für die Annahme haftungsbegründender Kausalität nicht erforderlich, dass der Schneedruck die alleinige oder wesentliche Ursache des Schadens gewesen ist; vielmehr genügt Mitursächlichkeit (vgl. OLG Dresden, zfs 2010, 390: zur Berücksichtigung von Vorschäden bei Feststellung der Schadenshöhe; OLG Koblenz, VersR 2009, 1619 [OLG Koblenz 15.05.2009 - 10 U 1018/08]; Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., C VI, S. 492). Für eine völlig untergeordnete Mitursächlichkeit (vgl. OLG Dresden, aaO.) des Schneedrucks spricht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nichts. Schließlich entfiele die (Mit-) Ursächlichkeit des Schneedrucks auch nicht wieder nachträglich dadurch, dass derselbe Schaden später aufgrund einer anderen, nicht versicherten Ursache - insbesondere der ebenfalls von dem Sachverständigen N. aufgezeigten Möglichkeit einer Verstopfung der Regenrinne durch Schnee und Eis, mit der Folge des Eindringens aufgestauten Schmelzwassers über konstruktionsbedingte Fugen in das Gebäudeinnere - ebenso eingetreten wäre (vgl. OLG Dresden, zfs 2010, 390; KG, VersR 2008, 393 zur Relevanz theoretisch denkbarer Alternativursachen; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 49 Rdn. 29). Im Übrigen fehlen Anhaltspunkte dafür, dass entsprechende Schäden sich in der - jüngeren - Vergangenheit ereignet haben könnten. Sämtliche Zeugen haben in dem unter dem Vordach liegenden Raum lediglich frische Wasserflecken feststellen können (Bl. 59 d.A.). Der - 40-jährige - Zeuge A., der Sohn der Klägerin, hat sich nur vage an eine Reparatur in der Zeit erinnern können, als er noch ein Kind gewesen ist (Bl. 49 d.A.).

    Der Senat sieht deshalb von einer Vernehmung des von der Beklagten als Zeugen benannten Sachverständigen N. zu etwaigen Vorschäden und Konstruktionsmängeln ebenso ab wie von der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens zu - nicht näher konkretisierten - verschiedenen Alternativursachen. Im Übrigen hat die Beklagte selbst vorgetragen, der von ihr beauftragte Sachverständige N. habe festgestellt, dass eine Aussage zur Schädigung der ursprünglichen Dachkonstruktion nach deren Neuerrichtung nicht mehr möglich sei; nach dessen Einschätzung könne anhand der von dem Zeugen Sch. gefertigten Fotos nicht einmal die Plausibilität der behaupteten Schadensursache beurteilt werden. Verbleibende Zweifel an der Kausalität des Schneedrucks gehen als Folge der Pflichtverletzung zu Lasten der Beklagten.

    3. Gemäß § 14 Nr. 1c) VGB Teil A werden die notwendigen Reparaturkosten bei Eintritt des Versicherungsfalls zuzüglich einer durch die Reparatur auszugleichenden Wertminderung, höchstens jedoch der Versicherungswert bei Eintritt des Versicherungsfalls ersetzt. Sie betragen ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Angebote der C. H. GmbH vom 19.1.2011 und der M. S. GmbH vom 16.2.2011 3.068 € netto für die Reparatur des Daches und 1.764,80 € netto für die Durchführung der Malerarbeiten, insgesamt also 4.832,80 €.

    a) Der auf § 14 Nr. 7 VGB Teil A bezogene Einwand der Beklagten greift schon deshalb nicht, weil die Klägerin nicht Erstattung der gesamten Kosten der Neuerrichtung des Vordachs, sondern lediglich der notwendigen Reparaturkosten verlangt. Der Zeuge H. hat in seiner Vernehmung durch den Senat ausdrücklich bestätigt, dass diese in dem Angebot der H. GmbH vom 19.1.2011 gesondert ausgewiesen sind ("die Mehrkosten [für die Veränderung der Dachkonstruktion] muss die Eigentümerin tragen", Bl. 4 RS d.A.).

    Die auf die bereits durchgeführten Dachdeckerarbeiten entfallende Mehrwertsteuer hat das Landgericht zu Recht gemäß § 14 Nr. 5 VGB Teil A grundsätzlich für erstattungsfähig erachtet, soweit diese der Höhe nach auf die notwendigen Reparaturkosten entfallen. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin statt der Reparatur eine Neuerrichtung des Vordachs durchführen ließ. Die vorgenannte Klausel soll verhindern, dass der Versicherungsnehmer Beträge ersetzt bekommt, die gar nicht angefallen sind. Dies ist nicht der Fall, wenn die Mehrwertsteuer - wenn auch im Zuge einer über eine Reparatur hinausgehenden Neuerrichtung des gesamten Vordachs - tatsächlich aufgewandt worden ist. Die Beklagte beruft sich allerdings zu Recht darauf, dass die von ihr bestrittene tatsächliche Aufwendung der Mehrwertsteuer bislang nicht - durch Vorlage einer Rechnung über die Kosten der Neuerrichtung - nachgewiesen worden ist. In Bezug auf die Mehrwertsteuer in Höhe von 582,92 € hat die Berufung der Beklagten mithin Erfolg.

    b) Die von der Beklagten behaupteten Vorschäden und konstruktionsbedingten Mängel des Vordachs mindern deren Leistungspflicht nicht.

    Zwar gilt je nach Art und Gewicht etwaiger Vorschäden Folgendes: Ist ein Gebäude bei Eintritt des Versicherungsfalls schon erheblich vorgeschädigt, so ist der Versicherungsnehmer insoweit an den Schadenbeseitigungskosten zu beteiligen, als es an einem in das versicherte Risiko fallenden Schadensbild fehlt (vgl. OLG Koblenz, ZfSch 2010, 390; OLG Jena, ZfSch 2009, 28). Dies beruht auf der Erwägung, dass die vor Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden Vorschäden der Sache als Eigenschaft anhaften und deren Wert mindern (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.1984 - IVa ZR 149/82 - VersR 1984, 843; OLG Dresden, aaO.; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 49 Rdn. 29). Die notwendigen Reparaturkosten wären deshalb um den auf Vorschäden und konstruktionsbedingte Mängel zurückzuführenden Anteil zu verringern, welcher gemäß § 287 ZPO zu schätzen ist (vgl. OLG Dresden, aaO.).

    Dass eine Mitwirkung etwaiger Vorschäden und konstruktionsbedingter Mängel nicht mehr festgestellt werden kann, geht infolge der Beratungspflichtverletzung nach den oben dargelegten Grundsätzen zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Beklagten.

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 713 ZPO sind im Hinblick darauf, dass die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht eröffnet ist, gegeben.

    Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

    RechtsgebietVVGVorschriften§ 6 Abs. 4 VVG § 28 VVG