· Fachbeitrag · Campingversicherung
Umfang der Entschädigung bei Beschädigung eines Wohnwagens durch Sturm
von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln
(OLG Hamm 20.11.13, 20 U 26/13, Abruf-Nr. 140847) |
Sachverhalt
Der VN nimmt den VR aus einer Campingversicherung auf Erstattung von Feuchtigkeitsschäden an seinem Wohnwagen in Anspruch. Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, inwieweit die geltend gemachten Schäden als bedingungsgemäße Sturmschäden anzusehen sind. Der Wohnwagen stand mit einem angebauten Vorzelt ganzjährig auf einem Campingplatz auf Borkum. Er wurde vom VN von April bis Oktober für jeweils mehrere Wochen genutzt. Von November bis März war der Campingplatz gesperrt und wurde lediglich als Winterlager genutzt. Dem Versicherungsvertrag lagen die Versicherungsbedingungen „AVBC 2001“ zugrunde. Dort heißt es:
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§ 4 der AVBC 2001 bestimmt weiterhin sinngemäß, dass die Versicherung ihren Geltungsbereich auch auf den Standort des Wohnwagens in einem Winterlager erstreckt, sofern dieses in einem verschlossenen Raum oder in einem allseitig umzäunten oder durch sonstige Hindernisse begrenzten Gelände besteht.
In der Zeit von November 10 bis März 11 gab es auf Borkum unstreitig mehrere Unwetter mit Sturm von Windstärke 8 und mehr. Im März 11 wurde der VN in Kenntnis gesetzt, dass die Dachhaut des Vorzeltes sowie die Dachluke des Wohnwagens beschädigt wurden. Durch eingetretenes Wasser war ein erheblicher Sachschaden am Wohnwagen und dem Inventar entstanden, den der vom VR beauftragte Sachverständige E auf 16.850 EUR bezifferte und als wirtschaftlichen Totalschaden qualifizierte. Den Schaden am Vorzelt regulierte der VR i.H.d. Maximalentschädigung von 2000 EUR. Mit der Klage hat der VN restliche Entschädigung verlangt. Das LG hat nach Beweisaufnahme der Klage stattgegeben. Die Berufung des VR hatte überwiegend Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der VR ist nach § 2 Nr. 1c i.V.m. § 10 Nr. 1b AVBC 2001 verpflichtet, den Schaden an der Dachluke des versicherten Wohnwagens im Umfang der erforderlichen Reparaturkosten nebst Zinsen zu ersetzen. Die unstreitigen Schäden an der Dachluke beruhen auf einer unmittelbaren Einwirkung von Sturm.
Vorliegend kommt es auf den Beweis eines konkreten Sturmereignisses deshalb nicht an, weil der VR nicht bestreitet, dass der Wohnwagen im fraglichen Zeitraum von einem bedingungsgemäßen Sturm betroffen war. Immerhin hat er den Schaden am Vorzelt als Sturmschaden reguliert und nicht bestritten, dass zwischen November 2010 und März 2011 mehrere Stürme mit mindestens Windstärke 8 auf Borkum auftraten.
Insoweit ist der Senat davon überzeugt, dass die unstreitig an der Dachluke aufgetretenen Schäden unmittelbare Folge eines bedingungsgemäßen Sturmereignisses sind. Die Zeugen haben den Schaden als Folge einer stumpfen Gewalteinwirkung beschrieben, der etwa durch das Auftreffen eines Gegenstands bewirkt worden sein könnte. Auch wenn diese Einschätzung der Zeugen keine sachverständige Feststellung ersetzt, ist davon auszugehen, dass nur die Einwirkung eines Sturmereignisses den mitgeteilten Schaden an der Dachluke bewirken konnte. Zwar mag allein die Windkraft eines Sturms nicht ausreichen, um massive Substanzschäden am Fensterrahmen und der Plexiglasabdeckung zu bewirken. Es ist nach der Lebenserfahrung aber anzunehmen, dass der Sturm einen Gegenstand auf das Wohnwagendach geschleudert hat, der den zeugenschaftlich belegten Schaden verursacht hat. Anders lässt sich das Schadenbild nicht erklären, zumal die Dachluke nach dem unbestrittenen Vortrag des VN verschlossen war, als der Wohnwagen im Winterlager belassen wurde. Der Schaden an der Dachluke beruht so auf einer unmittelbaren Einwirkung von Sturm bzw. des Aufpralls eines herangewirbelten Gegenstands.
Soweit der VN eine Entschädigung für die am Wohnwagen und dem Inventar eingetretenen Nässeschäden begehrt, ist die Klage unbegründet. Die Schäden beruhen nicht auf einer unmittelbaren Einwirkung von Sturm i.S.d. § 2 Nr. 1 c AVBC 2001. Sie stellen vielmehr bloße Folgeschäden dar, die vom Versicherungsschutz nicht umfasst sind. Nicht der Sturm war schließlich die zeitlich letzte Ursache der streitgegenständlichen Schäden, sondern das (danach) eindringende Regenwasser. Es genügt insoweit nicht, dass der Sturm einen Substanzschaden an der versicherten Sache verursachte. Maßgeblich ist, dass die hier streitgegenständlichen Schäden unmittelbar erst durch das nachfolgend eingetretene Niederschlagswasser bewirkt wurden. Wird der Schaden erst dadurch verursacht, dass im Gefolge des Sturms Feuchtigkeit eintritt, die die Gebäudesubstanz in Mitleidenschaft zieht, fehlt es am erforderlichen Unmittelbarkeitszusammenhang.
Praxishinweis
Zutreffend geht das OLG davon aus, dass dem darlegungs- und beweispflichtigen VN keine Beweiserleichterungen zukommen, ob ein bedingungsgemäßes Sturmereignis zu Schäden an der versicherten Sache geführt hat. Der Eintritt vollzieht sich so offenkundig, dass es dem VN im Regelfall zumutbar ist, geeignete Beweismittel zu benennen, wenn der VR den Eintritt eines sturmbedingten Schadens infrage stellt. Dies gilt danach auch, wenn das versicherte Fahrzeug in einem vom VN nicht überwachten Winterlager abgestellt ist. Allein mit der Zusage des Versicherungsschutzes in einem Winterlager wollte der VR ersichtlich nicht das den Fahrzeughalter treffende Risiko von unbeobachteten Schäden übernehmen.
Die Bestimmung der Unmittelbarkeit (vgl. A § 4 VGB 2008/2010) führt häufig zu Schwierigkeiten. Eine weitere Ursache zwischen Kausalereignis und Erfolg darf nicht dazwischen treten (BGH VersR 84, 28). Sie liegt dann vor, wenn der Sturm die zeitlich letzte Ursache des Sachschadens ist, wobei eine Mitursächlichkeit ausreicht (OLG Saarbrücken VersR 10, 624; VersR 06, 1635; OLG Köln r+s 03, 65; OLG Düsseldorf VersR 84, 1035).
Übersicht / Mitursächlichkeit |
Hiervon kann ausgegangen werden,
Keine Unmittelbarkeit liegt vor,
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Weiterführender Hinweis
- Zum Beweis der Windstärke 8 siehe OLG Naumburg VK 14, 50