· Fachbeitrag · Sturm- und Hagelversicherung
Das müssen Sie beim Nachweis eines bedingungsgemäßen Sturmschadens beachten
von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln
Ein Sturm ist nicht bewiesen, wenn das Vorliegen von Windstärke 8 nur wahrscheinlich ist und an anderen Gebäuden der Umgebung entsprechende Schäden nicht festgestellt wurden (OLG Naumburg 25.7.13, 4 U 79/12, Abruf-Nr. 140579). |
Sachverhalt
Der VR wendet sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von 46.431,27 EUR wegen eines Sturmschadens, der an Scheune und Wohnhaus des VN entstanden sein soll. Der VN schloss eine Landwirtschaftliche Versicherung ab, die auch eine Sturm- und Hagelversicherung umfasst (ABL 2002). Die für die Entschädigung eines Sturmschadens maßgebliche Regelung des § 3 in den ABL 2002 lautet:
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Der VN hat behauptet, am 1.7.09 gegen 15.30 Uhr habe über seinem Grundstück ein Sturm mit Windspitzen von über 8 Beaufort geherrscht. Der Sturm habe seine Scheune vollständig zerstört und das Dach des versicherten Wohngebäudes beschädigt. Der VN nimmt Bezug auf eine Expertise, in der ausgeführt wird, dass in den Nachmittagsstunden, bezogen auf die Wetterstation T., bei dem Durchzug kräftiger Gewitterzellen mit extremem Niederschlag im Schadensbereich Windböen der Beaufort-Stärke 8 (stürmische Böen) wahrscheinlich seien, aber auch noch etwas stärkere Böen könnten nicht ausgeschlossen werden. Das LG hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes der Klage stattgegeben. Die Berufung des VR hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Das OLG konnte keinen Sturm i.S.v. § 3 Nr. 2 S. 1 ABL feststellen. Demgegenüber hatte das LG seine Überzeugung, es habe am Schadentag zur angegebenen Tageszeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine wetterbedingte Luftbewegung (Sturm) von teilweise mindestens Windstärke 8 (62 - 74 km/h) geherrscht, auf die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen gestützt. Diese hatte ausgeführt, dass Windspitzen über 7 Beaufort nicht völlig auszuschließen seien. Die Wahrscheinlichkeiten würden nach dem System von Bayerlein berechnet. Diese Skala umfasst 10 Stufen von „äußerst unwahrscheinlich“ bis „äußerst wahrscheinlich“. Im vorliegenden Fall sei von der Stufe „wahrscheinlich“ auszugehen, bei der es sich um die dritthöchste Wahrscheinlichkeit handelt.
Die Übernahme dieses Wahrscheinlichkeitsgrads hat dem OLG für das sicher feststehen müssende Vorliegen eines Sturmereignisses nicht gereicht. Das LG habe an das Beweismaß zu geringe Anforderungen gestellt und somit das Regelbeweismaß für den vom VN zu erbringenden Vollbeweis eines Sturmereignisses verkannt. Das vom VN eingeholte Gutachten, das Windstärken von 8 Beaufort nur für wahrscheinlich hält und noch etwas stärkere Böen lediglich nicht ausschließt, erfüllt die Kriterien für das Bewiesensein eines bedingungsgemäßen Sturmereignisses nicht.
Einen Entschädigungsanspruch kann der VN auch nicht mit Erfolg auf § 3 Nr. 2 S. 2 lit. a ABL stützen. Der VN ist bereits seiner Pflicht, die Voraussetzungen eines solchen Versicherungsfalls im Einzelnen substanziiert darzulegen, trotz ausdrücklichen Hinweises nicht nachgekommen. Der VN hatte erstinstanzlich zunächst pauschal behauptet, dass Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand der benachbarten Häuser zu verzeichnen gewesen seien, die von den jeweiligen Gebäudeversicherern anstandslos reguliert worden seien. Diesem Vortrag stehen bereits die Feststellungen des vom VR eingeschalteten Sachverständigen entgegen.
Praxishinweis
Bei Sturm und Hagel kommt es häufig zu Beweisproblemen. In § 3 ABL ist definiert, wann ein Sturm vorliegt. Maßgebend ist die Beaufortskala. Die Bestimmung stellt eine Leistungsbegrenzung dar. Der VN muss voll beweisen, dass der Sturm mindestens Windstärke 8 erreicht hat (OLG Hamm r+s 01, 334). Der Nachweis kann durch ein meteorologisches Gutachten erbracht werden. Die vorherrschende Windstärke muss sicher geklärt sein. Lässt sich lediglich Windstärke 7 plus/minus 1 feststellen, besteht kein Deckungsschutz (LG Berlin r+s 90, 171). Hilfreich kann sein, dass Aufzeichnungen von Messstationen in der Nähe (z.B. Flughafen) vorliegen. Es ist ausreichend, wenn die Windstärke zeitnah erreicht worden ist (OLG Köln r+s 00, 382).
Die Bestimmung enthält in Nr. 2 Beweiserleichterungen für den VN. Gem. a) kann die Beweisführung auf Schäden in der Umgebung zurückgreifen. Hier kommen in Betracht
- entwurzelte Bäume,
- umgestürzte Baukräne,
- umgerissene schwere Zäune oder Schilder.
Nr. 2 b) lässt den Rückschluss zu, dass der Schaden nur durch einen Sturm entstanden sein kann. Insoweit wird vielfach ein Gutachten einzuholen sein (OLG Köln r+s 98, 427).