· Fachbeitrag · Maklerwechsel
Darf der Kunde nach Maklerwechsel Unterlagen sowie die Löschung seiner Daten verlangen?
| Kunden wechseln immer wieder den Makler. Mal geschieht es geräuschlos und ohne großes Aufheben, mal stellen die Kunden konkrete Forderungen an den Ursprungsmakler. Welchen Forderungen Sie gegenüber Ihren ehemaligen Kunden nachkommen müssen, erläutert VVP anhand einer konkreten Anfrage an die Redaktion. |
Frage: Was muss ich bei einem Maklerwechsel löschen, was muss bzw. sollte ich behalten? Wann sollte ich von einer Datenlöschung absehen? Bin ich verpflichtet, dem neuen Makler eine Vertragsübersicht über die Verträge des Kunden zukommen zu lassen, wenn der Kunde den Maklervertrag gekündigt hat und der neue Makler die Übersicht anfordert? Wenn ja, worauf sollte ich achten?
Antwort: Der Kunde bzw. der neue Makler kann von Ihnen als Ursprungsmakler nur dann etwas verlangen, wenn es dafür eine Rechtsgrundlage gibt.
Mit Ende des Maklervertrags enden Rechte und Pflichten
Hat der Kunde den Maklervertrag gekündigt bzw. die Maklervollmacht widerrufen, ist das Vertragsverhältnis zwischen Kunde und Makler mit sofortiger Wirkung beendet. Ist eine Kündigungsfrist vereinbart, kann der Kunde den Maklervertrag dennoch mit sofortiger Wirkung kündigen. Denn „Dienste höherer Art“, zu denen die Tätigkeiten eines Versicherungsmaklers gehören, können jederzeit gekündigt werden (§ 627 Abs. 1 BGB). Ein wichtiger Kündigungsgrund nach § 626 BGB muss also nicht vorliegen. Mit der Beendigung des Maklervertrags enden die gegenseitigen Rechte und Pflichten.
Makler hat nachvertragliche Interessenwahrnehmungspflicht
Ausnahmsweise treffen Sie dem Kunden gegenüber nachvertragliche Interessenwahrnehmungspflichten (wie sie auch in anderen Beraterberufen anerkannt sind, z. B. für den Rechtsanwalt). Sie müssen alle Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, damit dem Kunden keine Nachteile entstehen. Das gilt selbst dann, wenn der Kunde den Maklervertrag gekündigt hat.
- Ob Sie bei Einschaltung eines neuen Maklers von der nachvertraglichen Interessenwahrnehmungspflicht entbunden sind, hängt vom Einzelfall ab. Kann der neue Makler ohne Weiteres für seinen neuen Kunden tätig werden, könnten Sie als Ursprungsmakler auf diesen Umstand verweisen.
- Nur dann, wenn ausschließlich das Handeln des Ursprungsmaklers noch erforderlich wäre, um Nachteile vom ehemaligen Kunden abzuwenden, hätte dieser noch die Pflicht, entsprechend tätig zu werden. Das ist z. B. ggf. im Rahmen einer finalen Schadenabwicklung der Fall, die der neue Makler zeitnah nicht mehr sachgemäß bewerkstelligen könnte.
In diesen Fällen darf der Makler von Datenlöschung absehen
Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur so lange zulässig, wie es für vorher festgelegte, eindeutige sowie legitime Zwecke erforderlich und angemessen ist (Art. 5 DSGVO). Entfallen sie, ist der datenschutzrechtlich Verantwortliche grundsätzlich verpflichtet, die relevanten Daten zu löschen (Art. 17 DSGVO). Im Grundsatz gilt das auch, wenn das Maklervertragsverhältnis beendet wird.
Von der Pflicht zur Datenlöschung gibt es aber wichtige Ausnahmen. Sie dürfen die Löschung dem Kunden gegenüber verweigern, z. B.
- wenn die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten erforderlich ist, um eine rechtliche Verpflichtung zu erfüllen (Art. 17 Abs. 3b DSGVO). Das gilt insbesondere
- in Bezug auf die Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten nach den Vorschriften des Handels- und Steuerrechts,
- in Bezug auf ggf. vertraglich vereinbarte Aufbewahrungsfristen (§ 35 Abs. 3 BDSG).
- wenn die Verarbeitung der Daten erforderlich ist, um Rechtsansprüche geltend zu machen, auszuüben oder zu verteidigen (Art. 17 Abs. 3e DSGVO).
Gesetzliche Aufbewahrungsfristen stehen dem Löschen entgegen
Praxisrelevant ist der Fall, dass die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen der Löschungspflicht entgegenstehen. Hier müssen Sie also insbesondere die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen für Kaufleute und Unternehmer nach § 257 HGB und § 147 AO beachten.
Es gilt eine gesetzliche Aufbewahrungsfrist von
- zehn Jahren für Unterlagen, die die Maklerfirma selbst betreffen (z. B. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Lageberichte sowie Buchungsbelege) und
- sechs Jahren für Handels- und Geschäftsbriefe, also schriftliche Mitteilungen über geschäftliche Angelegenheiten nach außen. Eine sechsjährige Aufbewahrungsfrist gilt u. a. für die Korrespondenz zwischen Makler und Versicherer bzw. VN/Kunden, für Maklerverträge und Maklervollmachten, die Beratungsdokumentation, Versicherungsverträge, Anträge, Policen und Mahnbescheide. Übersicht: Aufbewahrungsfristen 2021 → Abruf-Nr. 46908445
Wichtig | In Bezug auf Ihre (Ex-)Kunden ist für Sie somit in erster Linie die Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren relevant. Sind die einschlägigen Unterlagen ggf. nur elektronisch erfasst, können Sie eine Löschung mindestens für sechs Jahre verweigern (für die Papierform gilt das ohnehin). Allerdings dürfen Sie die Kundendaten wettbewerblich nicht weiter nutzen, z. B. zu Anrufen, um den ehemaligen Kunden zurückzugewinnen bzw. um Auskunft zu erhalten, warum er einen Maklerwechsel vorgenommen hat.
Wahrnehmung von Rechtsansprüchen steht Löschen entgegen
Sie sind auch nicht zur Löschung verpflichtet, wenn die Verarbeitung der Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist (Art. 17 Abs. 3 Buchst. e) DSGVO).
Wichtig | Hier müssen Sie also ein eigenes, berechtigtes Interesse (sog. Beweissicherungsinteresse) an einer längeren Aufbewahrung haben, z. B. bei potenziellen Rechtsstreitigkeiten mit dem Ex-Kunden.
Makler zur Herausgabe der Unterlagen gesetzlich verpflichtet
Haben Sie keine Regelungen zur Herausgabe von Unterlagen vereinbart, sind Sie als vormals Beauftragter nach Beendigung des Maklermandats gesetzlich zur Herausgabe der Unterlagen verpflichtet. Sie müssen dem Kunden als Ihrem vormaligen Auftraggeber alles herausgeben, was Sie zur Ausführung des Vermittlungs- und Betreuungsauftrags erhalten und aus der Geschäftsbesorgung erlangt haben (§ 667 BGB). Das gilt für alles Erlangte, was Ihnen zum Zwecke der Geschäftsbesorgung
- vom Kunden selbst oder
- auf dessen Veranlassung, z. B. aufgrund einer Maklervollmacht, von Dritten, wie z. B. dem Versicherer, zur Verfügung gestellt worden ist. Davon umfasst ist insbesondere der Schriftverkehr mit Dritten, den Sie als Beauftragter für den Kunden erhalten oder geführt haben (Palandt, BGB, 79. Aufl., München 2020, § 667, Rz. 2f.).
Makler muss Rechenschaft erteilen
Neben der Herausgabepflicht müssen Sie dem Kunden (Auftraggeber) Rechenschaft erteilen (§ 666 BGB). Sie müssen ihm
- die erforderlichen Informationen geben,
- auf Verlangen die wesentlichen Einzelheiten Ihres Handelns zur Auftragsausführung darlegen und
- die notwendige Übersicht über die besorgten Geschäfte verschaffen.
Wichtig | Sie müssen also dem Ex-Kunden gestatten, dass er Ihr Tun überprüft, sobald Sie das Geschäft bzw. den Auftrag ausgeführt haben (Palandt, BGB, 79. Auflage, München 2020, § 666, Rz. 4). Das schließt mit ein, ihm eine Vertragsübersicht zu erstellen, insbesondere dann, wenn er selbst keine Unterlagen hat, weil er Sie vollumfänglich mit seinen Versicherungsangelegenheiten bevollmächtigt hatte. Verlangt der neue Makler unter Vorlage der Maklervollmacht die Vertragsübersicht, müssen Sie ihm diese zukommen lassen. Denn er handelt ja für seinen Kunden.
Altmakler kann Aufwendungsersatz verlangen
Der Ex-Kunde muss Ihnen Ihre Aufwendungen ersetzen. Grundlage ist der Aufwendungsanspruch nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB). Hierfür gelten die Grundsätze des § 670 BGB entsprechend.
Wichtig | Ein Auftragsverhältnis zwischen Ihnen und dem Ex-Kunden liegt gerade nicht vor, weil das Maklermandat beendet ist. Auch das Herausgabeverlangen des Ex-Kunden begründet kein neues Auftragsverhältnis. Der Ex-Kunde fordert nur seine gesetzlichen Rechte ein.
Umfang und Höhe des Aufwendungsersatzes
Unter Aufwendungen fallen alle Ausgaben, die der Kunde selbst hätte tragen müssen, wenn er anstelle von Ihnen tätig geworden wäre. Das sind z. B. Fahrt- bzw. Reisekosten, Kopierkosten und Portogebühren.
Keine Aufwendungen sind Ihre eigene Arbeitskraft und Tätigkeit, die Sie zur Ausführung des Auftrags aufwenden. Auch ein dadurch eventuell entstandener Verdienstausfall aufgrund einer anderweitig nicht durchgeführten Maklertätigkeit ist nicht erstattungsfähig; ebenso wenig die normale Abnutzung Ihrer Sachen infolge der Auftragsausführung. Das alles folgt aus der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit des Auftrags im Sinne von § 670 BGB (Palandt, BGB, 79. Aufl., München 2020, § 670, Rz. 2 f.).
Aufwendungsersatz und Umsatzsteuer
Die Leistung gegenüber Ihrem Ex-Kunden ist umsatzsteuerfrei. Denn die Umsatzsteuerbefreiung für Versicherungsvermittler nach § 4 Nr. 11 UStG greift auch, wenn Sie für eine bestimmte Tätigkeit als Makler Aufwendungsersatz erhalten (Rau/Dürrwächter, UStG, 8. Aufl., Köln 1998, § 4 Nr. 11, Rz. 13).
Zurückbehaltungsrecht
Solange der Ex-Kunde Ihnen Ihre Aufwendungen nicht ersetzt hat, steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zu (§ 273 BGB). D. h., Sie können die Herausgabe des Schriftwechsels so lange verweigern, bis er Ihnen Ihre Aufwendungen ersetzt hat.
Konsequenzen für die Praxis
Als Ursprungsmakler müssen Sie also dem Kunden, der das Maklervertragsverhältnis mit Ihnen beendet hat, auf Verlangen die Informationen bzw. Unterlagen herausgeben, die Sie zur Ausführung des Auftrags erhalten und aus der Geschäftsbesorgung erlangt haben ‒ allerdings nur gegen Aufwandsersatz. Gleiches gilt, wenn der neue Makler mit diesem Verlangen an Sie herantritt.
PRAXISTIPP | Verlangt der neue Makler die Informationen bzw. Unterlagen heraus, lassen Sie sich eine Originalvollmacht des Kunden vorlegen, aus der hervorgeht, dass der neue Makler Ihnen gegenüber auch tatsächlich bevollmächtigt wurde. Wird keine Originalvollmacht vorgelegt, können Sie das Verlangen gegenüber dem neuen Makler verweigern; verpflichtet sind Sie in Bezug auf die vorstehenden Belange dann nur Ihrem ehemaligen Kunden gegenüber. |
Während der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht besteht keine Löschungspflicht, weil die Datenverarbeitung erforderlich ist, um eine rechtliche Verpflichtung (= gesetzliche Aufbewahrungspflicht) zu erfüllen. Nennen Sie dem Kunden die Aufbewahrungsfristen, weswegen Sie seinem Löschungsbegehren nicht nachkommen.
Kündigt sich ein Rechtsstreit an, für den die Datensätze relevant sind, die Ihr Kunde gelöscht haben will, spricht einiges dafür, dass Sie ein Recht zum zeitweisen oder verlängerten Aufheben der Daten haben.