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Anschein der Kündigung aus Altersgründen ist zu widerlegen
| Ein Praxishinhaber, der einer Mitarbeiterin kündigt, muss die Vermutung widerlegen können, dass er die Kündigung aus Altersgründen ausgesprochen hat. Anderenfalls ist die Kündigung eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG und damit unwirksam. Dies hat das BAG entschieden ( 23.7.15, 6 AZR 457/14 ). |
Die Klägerin, eine 63-jährige MFA, war zusammen mit vier jüngeren MFA in einer Gemeinschaftspraxis beschäftigt. Zuletzt war sie überwiegend im Labor eingesetzt. Die Praxishinhaber kündigten ihren Arbeitsvertrag zum Jahresende 2013 wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Die übrigen MFA erhielten keine Kündigung.
Die MFA klagte gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangte eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Arztpraxis sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 Prozent der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Der Klägerin sei gekündigt worden, weil sie schlechter qualifiziert sei als die übrigen MFA.
Da die Vorinstanzen die Klage abwiesen, ging die MFA bis zum BAG. Dieses gab der MFA recht: Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Gerade weil die Arztpraxis im Kündigungsschreiben die „Pensionsberechtigung“ erwähnt habe, habe sie nicht plausibel wiederlegen können, dass keine Altersdiskriminierung vorliege . Ob und in welcher Höhe der Klägerin eine Entschädigung zusteht, ist noch offen. Das BAG wies den Fall insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.