· Fachbeitrag · AGG
Schadenersatz und Entschädigung nach§ 15 AGG - Anwendbarkeit des § 167 ZPO
von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FA ArbR, Prof. Dr. Jesgarzewski & Kollegen Rechtsanwälte, Osterholz-Scharmbeck, FOM Hochschule Bremen
Die nach § 15 Abs. 4 S. 1 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadenersatz- und Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird (BAG 22.5.14, 8 AZR 662/13, Abruf-Nr. 141883). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der ArbG betreibt verschiedene Bäder. Die Bewerberin bewarb sich nach erfolgreicher Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe auf eine vom ArbG ausgeschrieben Stelle im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses als Elternzeitvertretung. Bei einem gemeinsamen Besichtigungstermin des zukünftigen Arbeitsplatzes teilte die ArbN mit, sie sei zu 50 Prozent schwerbehindert. Darauf zog der ArbG das Vertragsangebot zurück. Die ArbN erhob ohne gesonderte außergerichtliche Geltendmachung Klage auf Schadenersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1, 2 AGG. Die Klage wurde innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 AGG erhoben, die Zustellung an den ArbG erfolgte jedoch erst einen Tag nach Fristablauf.
Das BAG musste die Rechtsfrage entscheiden, ob die Klageerhebung zur Wahrung der Frist des § 15 Abs. 4 AGG ausreichend ist. Entscheidungserheblich war die Frage, ob eine nach § 167 ZPO „demnächst“ erfolgende Zustellung auch für außergerichtlich in Schriftform geltend zu machende Ansprüche Rückwirkung entfaltet. Bereits kurz zuvor hatte das BAG im Wege eines „obiter dictums“ im Rahmen dieser Rechtsfrage eine Fristwahrung im Ergebnis abgelehnt (BAG NZA 12, 1211). Damit hatte sich das BAG gegen den BGH gestellt, der eine Rückwirkung annimmt (BGH NJW 09, 765). Nunmehr hat sich jedoch der 8. Senat des BAG unter Änderung der zuvor geäußerten Auffassung dem BGH angeschlossen. Nach § 167 ZPO erfolge eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, wenn die Zustellung demnächst erfolge. § 167 ZPO sei grundsätzlich auch anwendbar, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die eine außergerichtliche Geltendmachung betreffe. Dies gelte ausdrücklich auch für die Frist nach § 15 Abs. 4 AGG.
Praxishinweis
Nach § 15 Abs. 4 AGG gilt eine Ausschlussfrist von zwei Monaten für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG. Die Ansprüche sind schriftlich an den ArbG zu richten. Die Frist beginnt, wenn ein abgelehnter Stellenbewerber Kenntnis von der Benachteiligung erlangt, also bei Zugang der Ablehnung nach § 130 BGB. Nach dem 8. Senat ist nun für die Wahrung außergerichtlicher Fristen die Klageerhebung ausreichend.