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  • · Fachbeitrag · Beratungspraxis

    Der praktische Fall - Auch am Wochenende im Dienst des Sports?

    von DirArbG Dr. Guido Mareck, Siegen

    | Die Verteilung der Arbeitszeit unterliegt, soweit sich aus Arbeits- und Tarifverträgen nichts anderes ergibt, dem Direktionsrecht des ArbG. Problematisch wird dies, wenn die Eigenart des Arbeitsverhältnisses Dienst auch an Wochenenden erforderlich macht, und ArbN sowie Vorgesetzter unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Tage haben. Hier stellt sich die Frage, wie der ArbG das ihm in § 106 GewO eingeräumte „billige Ermessen“ auszuüben hat. |

     

    • Sachverhalt

    ArbN A ist bei einem bundesweit tätigen Sportverband, dem B e.V., als Service-Mitarbeiterin angestellt. Der B e.V. veranstaltet Wettkämpfe an den Wochenenden, deren Ergebnisse auf der Homepage eingepflegt werden müssen. Darüber hinaus finden Seminare, die vom B e.V. veranstaltet werden, häufig am Wochenende statt. Daher ist aus Sicht des direkten Vorgesetzten der A, dem ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglied V, des Öfteren Arbeit am Wochenende notwendig. Der Arbeitsvertrag zwischen der A und dem B e.V. regelt insofern Folgendes:

    „§ 1

    Die wöchentliche Arbeitszeit der A beträgt 38,5 Stunden. Die Verteilung der Arbeit auf die Wochentage unterliegt dem Direktionsrecht des B e.V....“

    A, die in der Regel klaglos am Samstag und Sonntag arbeitet, ist nun der Auffassung, sie habe Anspruch auf freie Tage während der Woche. Darüber hinaus sei Sonntagsarbeit auch nicht in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehen.

    V, der nur am Wochenende die sportlichen Belange des B e.V. wahrnehmen kann, ist der Auffassung, im Arbeitsvertrag sei nur die wöchentliche Arbeitszeit klar geregelt, die sich als durchschnittliche Arbeitszeit über einen gewissen Zeitraum verstehe. Anspruch auf freie Tage während der Woche habe die A nicht. Im Zweifel könne er die Arbeitszeit auf die Wochentage verteilen, wie „es ihm gefalle.“

    1. Ausübung des Direktionsrechts durch V

    Da die Verteilung des Arbeitskontingents von 38,5 Stunden auf die Wochentage im Arbeitsvertrag ausdrücklich nicht geregelt ist, unterliegt diese dem Weisungs-(Direktions-)recht des ArbG nach § 106 GewO (hierzu BAG 23.9.04, 6 AZR 567/03, NZA 05, 359). Insofern ist die Lage der Arbeitszeit an den betrieblichen Bedürfnissen orientiert. Der Samstag gilt als Werktag im Sinne des ArbZG.

     

    Bei der Ausübung des Direktionsrechts muss der ArbG zum einen die Arbeitszeitgrenzen des Vertrags (38,5 Wochenstunden) und zum anderen die Vorgaben des § 3 ArbZG beachten. Danach darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Sie darf auf bis zu zehn Stunden bei einem Ausgleichszeitraum von sechs Kalendermonaten von bzw. 24 Wochen verlängert werden.

     

    Grundsätzlich darf A nach § 9 Abs. 1 ArbZG auch nicht an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen beschäftigt werden. Ausnahmen bestehen insofern nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 ArbZG beim Sport und in Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen. Dabei ist unter „Sport“ jede sportliche Betätigung, gleich ob amateurhaft oder professionell betrieben, gemeint. Die Ausnahmeregelung erfasst sowohl die Sportler selbst, als auch die dazugehörigen Helfer. Insofern dürfte der Arbeitsplatz der A mit einiger Sicherheit der Ausnahmeregelung unterfallen.

     

    Zwingende Voraussetzungen für den Einsatz am Sonntag ist jedoch, dass die Arbeiten nicht an einem Werktag durchgeführt werden können. Dies durfte bei nicht verschiebbaren Seminaren der Fall sein, nicht jedoch beim Einpflegen von Ergebnissen auf einer Internetseite, da solche Arbeiten auch am folgenden Werktag, dem Montag, ausgeführt werden können.

     

    Im Ergebnis bedeutet dies, dass V, was in dem Betrieb üblich ist, der A durchaus am Samstag Arbeiten zuweisen kann, jedoch bei der Zuweisung von Tätigkeiten am Sonntag eine Abwägung treffen muss, ob diese tatsächlich nicht verschiebbar sind. Beim Zugestehen der freien Tage ist natürlich die betriebsübliche Arbeitszeit beim B e.V. zu beachten. Wenn nichts anderes vereinbart ist, gilt eine Tätigkeit von acht Stunden am Werktag als vereinbart, sodass V, wenn A gearbeitet hat, nicht ohne Weiteres freie Tage ablehnen kann. Er kann insbesondere nicht nur wenige Stunden zuweisen, um A die gesamte Woche über zu beschäftigen. Dies würde auch dem Aspekt billigen Ermessens bei der Ausübung des Direktionsrechts wiedersprechen.

     

    Wenn Arbeit am Wochenende beim B e.V. üblich ist oder die Arbeit früh genug angekündigt wird, kann sie unter Beachtung der obigen Einschränkungen hinsichtlich der Notwendigkeit der Sonntagsarbeit auch zugewiesen werden. Ist Arbeit am Samstag nicht üblich, ist eine ausreichende Ankündigungsfrist, von in der Regel vier Werktagen, zu beachten.

     

    Andere Spielregeln gelten, wenn die Arbeit am Wochenende Mehrarbeit ist, also Arbeit, die die vereinbarte Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden übersteigt. Diese ist zu vergüten oder in Absprache mit der ArbN A auszugleichen. Zur Ableistung von Mehrarbeit ist A darüber hinaus nur im Rahmen des ArbZG und, sofern die Mehrarbeit nicht unabdingbar notwendig ist, mit ihrem Einverständnis verpflichtet.

    2. Handlungsoptionen der A

    Mehrarbeit über 38,5 Stunden hinaus kann die A verweigern. Darüber hinaus kann A Sonntagsarbeit verweigern, sofern diese nicht unverschiebbar ist, also gerade nicht an einem Werktag ausgeübt werden kann. Einen Anspruch auf Ausgleich an bestimmten Werktagen in der Woche hat A nicht. Verweigert A die Tätigkeit, macht sie also von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch, muss sie dies deutlich machen und dokumentieren. Ansonsten belastet sie zum einen das Arbeitsverhältnis zusätzlich und riskiert zum anderen, dass der B e.V., vertreten durch V, zu den Maßnahmen der Abmahnung und bei weiterer Eskalation der Situation zur Kündigung greift.

    3. Fazit

    Was ist V und A zu raten? Zum einen ist aus der Sicht des unbefangenen Beobachters verständlich, dass V - der seine Tätigkeit für den B e.V. ehrenamtlich erbringt - die A am Wochenende zur Verfügung haben will. Dies ist hinsichtlich des Samstags kein Problem. Am Sonntag ist V, sofern nicht zwingend notwendige Tätigkeiten anliegen, auf das Einvernehmen mit A angewiesen. Insofern sollten V und A ein Gespräch führen, dass einen Ausgleich dieser Standpunkte beinhaltet. Eine einvernehmliche Regelung, wann etwaige Wochenendarbeit in der Woche auszugleichen ist, ist einer Eskalation der Situation in jedem Fall vorzuziehen.

     

    An der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts mit den daran geknüpften Konsequenzen kann beiden Parteien nicht gelegen sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass V auf ein solches Zurückhaltungsrecht der A hinsichtlich der Arbeitsleistung reagieren muss. Bei der dann anstehenden Konfliktsituation ist nicht anzunehmen, dass V einlenkt und das Gespräch über den Ausgleich der Wochenendarbeit suchen wird.

     

    Vielmehr ist davon auszugehen, dass dann das Reaktionsszenario der Maßnahmen des ArbG vom Mitarbeitergespräch über die Abmahnung bis hin zur Kündigung zur Anwendung kommt. Dies macht rein faktisch aber ein vernünftiges Gespräch der Arbeitsvertragsparteien und im Ergebnis sogar die gedeihliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses schwierig bis unmöglich.

     

    Auch eine gerichtliche Überprüfung jeder einzelnen Anordnung von Wochenendtätigkeiten nützt den Parteien nichts. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass A ja durchaus bereit ist, am Wochenende zu arbeiten, jedoch auch für ihr Privatleben Planungssicherheit hinsichtlich der freien Tage benötigt. V muss insofern akzeptieren, dass sein ehrenamtliches Engagement für den B e.V. von einer „normalen,“ ArbN eben nicht verlangt werden kann. Ein Entgegenkommen bei der Lage der „freien Ausgleichstage“ in der Woche schadet weder dem B e.V. noch V persönlich, der hierdurch eine im Grunde leistungswillige und loyale ArbN bindet.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Der praktische Fall: „Kein Lohn ohne Arbeit?e“ in AA 13, 34
    • Der praktische Fall: „Der Hund in der Produktion“ in AA 12, 212
    • Der praktische Fall: „Ein unangenehmer Ausbilder“ in AA 12, 196
    • Der praktische Fall: „Das gibt es bei uns nicht mehr! in AA 12, 65
    • Neu ab Ende März 2013: Die große 34-seitige-Sonderausgabe mit zehn praktischenFällen (siehe dazu S. 37 in diesem Heft)

     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 50 | ID 38062320