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  • · Fachbeitrag · Mindestlohn

    Wie werden Sonderzahlungen auf dengesetzlichen Mindestlohn angerechnet?

    | Sonderzahlungen, die als regelmäßiges Arbeitsentgelt gezahlt werden, sind in vollem Umfang auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen. Dies gilt insbesondere, wenn eine wirksame Betriebsvereinbarung die Fälligkeit der gesamten Sonderzahlung zu je einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebt ( LAG Berlin-Brandenburg 12.1.16, 19 Sa 1851/15, Abruf-Nr. 146329 ). |

     

    Sachverhalt

    Der zwischen ArbN und ArbG arbeitsvertraglich vereinbarte Stundenlohn lag bei weniger als 8,50 EUR brutto pro Stunde. Zudem vereinbarte die ArbG mit der ArbN - und weiteren Beschäftigten - im Arbeitsvertrag eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohns. Diese war jedoch nur zu zahlen, wenn die ArbN im jeweiligen Jahr durchgehend beschäftigt waren.

     

    ArbG und Betriebsrat haben nun vereinbart, die Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen, d.h. jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung auszuzahlen. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der ArbN von mehr als 8,50 EUR. Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen, die die ArbG weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohns von weniger als 8,50 EUR berechnet.

     

    Hiergegen hat sich die ArbN gewandt und geltend gemacht, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 EUR zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR sei auch zugrunde zu legen, wenn die Zuschläge berechnet werden.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG ist dem - unter Hinweis auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen - nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt. Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der ArbN. Deshalb könnten sie auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam und verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag.

     

    Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die ArbG zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nachtarbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 EUR zu berechnen. § 6 Abs. 5 ArbZG schreibe einen angemessenen Zuschlag auf das dem ArbN „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vor.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der ArbG, der Sonderzahlungen gewährt, muss nicht fürchten, dass diese bei der Berechnung des Mindestlohns unberücksichtigt bleiben. Dies gilt zumindest, wenn die Sonderzahlungen „normales Arbeitsentgelt“ für geleistete Dienste sind. Davon ist im Zweifel auszugehen.

     

    Der ArbG sollte daher die Sonderzahlungen ohne Stichtagsbindung gewähren. Er sollte sie auch nicht als „Treueprämie“ bezeichnen. Gegebenenfalls sollte er die Sonderzahlung auf alle Monate anteilig aufteilen. Dieses ist aber für diejenigen ArbG ohne Relevanz, die ohnehin (deutlich) über dem Mindestlohn vergüten.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Gesetzlicher Mindestlohn für Betreuungskraft im privaten Pflegedienst: Arbeitsgericht Hamm in AA 16, 9
    • Leistungsbonus wird in Mindestlohn eingerechnet: Arbeitsgericht Düsseldorf in AA 15, 135
    • Kündigung nach Geltendmachung des Mindestlohns unwirksam: Arbeitsgericht Berlin in AA 15, 92
    Quelle: Ausgabe 03 / 2016 | Seite 46 | ID 43868039