· Fachbeitrag · Arbeitsvertragsrecht
Schadenersatz: Arbeitgeber muss Interessen des Arbeitnehmers bei Bewilligung von Kurzarbeitergeld wahren
| Den Arbeitgeber trifft aus dem Arbeitsverhältnis die Nebenpflicht, im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld die Interessen der von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wahren. |
Das folgt aus einer Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (26.8.22, 12 Sa 297/22). Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, kann er sich nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB schadenersatzpflichtig machen.
Das Kurzarbeitergeld ist zwar ein Anspruch des Arbeitnehmers (§ 95 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Es ist aber der Arbeitgeber, der das Kurzarbeitergeld zu beantragen, zu errechnen und auszuzahlen hat (§ 320 Abs. 1 S. 2, § 323 Abs. 2 S. 1 SGB III). Arbeitgeber und der Betriebsrat sind im Verwaltungsverfahren über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld Beteiligte im Sinne des § 12 SGB X. Der Arbeitnehmer hat im Verwaltungsverfahren bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren kein eigenes Antrags- oder Klagerecht wegen der Bewilligung von höherem Kurzarbeitergeld. Am Verfahren der Geltendmachung des Kurzarbeitergeld-Anspruchs ist er grundsätzlich nicht beteiligt. Die Arbeitnehmer bleiben materiell berechtigte Anspruchsinhaber, sodass im sozialgerichtlichen Verfahren der Arbeitgeber in Prozessstandschaft fremde Rechte im eigenen Namen geltend macht.
Bei der Antragstellung und in einem etwaigen Rechtsmittelverfahren wegen der Bewilligung von Kurzarbeitergeld wird der Arbeitgeber treuhänderisch für den Arbeitnehmer tätig. Bei schuldhafter Verletzung einer Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer gegenüber wird er schadenersatzpflichtig. Wegen der treuhänderischen Stellung treffen den Arbeitgeber im Rahmen der Beantragung von Kurzarbeitergeld die in § 320 Abs. 1 SGB III niedergelegten Pflichten. Unterlaufen dem Arbeitgeber in diesem Pflichtenkreis von ihm zu vertretende Pflichtverletzungen, aufgrund dessen die von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer einen Schaden insbesondere dadurch erleiden, dass Kurzarbeitergeld nicht in der gesetzlich zustehenden Höhe gezahlt wird, kommt ein Schadenersatzanspruch der Arbeitnehmer nach § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. Im Hinblick auf die fehlende Beteiligung des Arbeitnehmers im Sozialverwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren ist dieser Anspruch von besonderer Bedeutung.