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  • · Fachbeitrag · Fahrzeughalterhaftung

    Die Halterhaftung des ArbG/Teil 1 - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

    von RA Dirk Helge Laskawy, FA ArbR, Aderhold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Leipzig/München

    | Der Firmenwagen ist für den ArbN oft ein Prestigeobjekt mit repräsentativer Außenwirkung und praktischem Nutzen. Für den ArbG kann er zur Haftungsfalle werden. Nur wenige sind damit vertraut, welche Maßnahmen sie vorbeugend ergreifen müssen, um eine unerwünschte Haftung zu vermeiden. Der Beitrag erläutert die wichtigsten Punkte bei der Führerscheinkontrolle durch den ArbG und gibt in Teil 2 eine Checkliste zur Erstellung eines Nachweisbogens an die Hand. |

    1. Umfangreiche Regeln zur Überlassung des Firmenwagens

    In der Praxis gibt es oft umfangreiche Regelungen zur Überlassung eines Firmenwagens (z.B. individuelle Vereinbarungen im oder zum Anstellungsvertrag, kollektive Richtlinien bzw. Betriebsvereinbarungen). Diese behandeln die Fragen der Nutzung durch Dritte, Übergabe- und Rückgabeverfahren, Übernahme von Betriebs-, Unterhaltungs- und Versicherungskosten, Haftung bei Beschädigung oder Verlust, Vorschriften zum Betrieb, Pflege, Wartung und Reparatur. Zudem muss jedem ArbG bewusst sein, dass der jeweilige Fahrzeugführer eine gültige Fahrerlaubnis der notwendigen Fahr-Erlaubnisklasse besitzen muss. Gleichwohl ist die Handhabung der Führerscheinkontrollen oftmals ungenügend.

     

    • Beispiel

    Der ArbN verursacht einen Verkehrsunfall mit dem ihm überlassenen Firmenwagen. Bei einer Verkehrskontrolle wird festgestellt, dass er keinen gültigen Führerschein besitzt. Alternativ ist denkbar, dass es sich bei dem ArbN um einen Berufskraftfahrer, Taxifahrer oder Außendienstmitarbeiter handelt, dem ein Firmenwagen zur dienstlichen und/oder privaten Nutzung überlassen wurde. Der Unfall kann sich auch auf einem Firmengelände ereignet haben, auf welchem die StVO gilt.

     

    2. Halterhaftung des ArbG

    Geregelt ist die Halterhaftung in § 21 StVG „Fahren ohne Fahrerlaubnis“:

     

    „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des StGB oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.“

     

    Für eine Strafbarkeit genügt die fahrlässige Begehung. Ferner liegt nach § 2 AKB (Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung) eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vor, wenn dieser zulässt, dass das versicherte Fahrzeug von einem Fahrzeugführer ohne Fahrerlaubnis gefahren wird. Dies kann den Verlust des Versicherungsschutzes nach sich ziehen.

    3. Vorbeugende Maßnahmen des ArbG

    Die konkreten Anforderungen an den Halter, um der Haftung gemäß § 21 StVG zu entgehen, sind den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu entnehmen.

     

    Einsichtnahme der Fahrerlaubnis

    Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist vom Halter eines Fahrzeugs, bevor er dies an eine andere Person überlässt, eine gesteigerte Sorgfalt zu erwarten. Der Halter muss vorher prüfen, ob der Dritte hierzu die erforderliche Fahrerlaubnis besitzt. Er ist grundsätzlich verpflichtet, sich zunächst den Führerschein im Original zeigen zu lassen. Eine Kopie genügt wegen ihrer Fälschungsanfälligkeit nicht. Darüber hinaus ist durch eine Fotokopie nicht nachgewiesen, dass die Fahrerlaubnis für den betreffenden Zeitraum gilt. Der ArbN könnte eine Kopie z. B. vor der Entziehung der Fahrerlaubnis oder der Wirksamkeit eines gegen ihn verhängten Fahrverbots gefertigt haben.

     

    Kontrolle der Fahrerlaubnisklassen

    Des Weiteren ist die Fahrberechtigung bezüglich des zu überlassenden Fahrzeugs zu prüfen. So haben sich die Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, B, BE, AM, L und T einem Sehtest zu unterziehen. Eine ärztliche Untersuchung wird nur angeordnet, wenn dazu ein besonderer Anlass besteht. Die Fahrerlaubnis dieser Klassen wird unbefristet erteilt. Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E haben sich einer Untersuchung ihres Sehvermögens und einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und hierüber der Fahrerlaubnisbehörde die entsprechenden Nachweise vorzulegen. Die Fahrerlaubnis dieser Klassen wird jeweils längstens für folgende Zeiträume erteilt:

     

    Checkliste / Klasse Zeitraum

    • C1, C1E: bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres, nach Vollendung des
45. Lebensjahres für 5 Jahre,
    • C, CE: für 5 Jahre,
    • D, D1, DE, D1E: für 5 Jahre, längstens jedoch bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres, danach jeweils für 5 Jahre,
    • Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung: für 5 Jahre, besondere Anforderungen gelten bei Verlängerung über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus (spezieller Leistungstest erforderlich).
     

    Voraussetzung für die Verlängerung ist die Vorlage einer Bescheinigung oder eines Gutachtens über ausreichendes Sehvermögen sowie einer ärztlichen Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass keine für das sichere Führen des Kraftfahrzeugs bedeutsamen Beeinträchtigungen vorliegen.

     

    Folgende Bewerber müssen durch ein Gutachten zusätzlich nachweisen, dass sie die besonderen Anforderungen an die Belastbarkeit, Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie Reaktionsfähigkeit erfüllen:

     

    • Bewerber um die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE, D1E und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung,
    • Bewerber um die Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE, D1E über das 50. Lebensjahr hinaus,
    • Bewerber um die Verlängerung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung über das 60. Lebensjahr hinaus

     

    Werden diese Nachweise nicht erbracht, erlischt die Fahrerlaubnis. Folge ist, dass sowohl dem Fahrer als auch dem Halter ein Strafverfahren nach § 21 StVG droht. Der ArbG muss prüfen, ob und inwieweit im Führerschein Beschränkungen, Auflagen und Zusatzangaben in Form von Schlüsselzahlen eingetragen sind. Diese Beschränkungen und Auflagen beziehen sich beispielsweise auf Hör- und Kommunikationshilfen, Schutzbrillen, Kontaktlinsen, Beschränkungen auf eine höchstzulässige Geschwindigkeit oder eine angepasste Schaltung, Kupplung und Lenkung oder das Erfordernis, ein gültiges ärztliches Attest mitzuführen.

    4. Häufigkeit der Überprüfungen

    Das Gesetz gibt keine Auskunft darüber, ob und in welchen zeitlichen Abständen Führerscheinkontrollen zu wiederholen sind. Ein Fahrzeughalter, der einem Dritten die Führung seines Kraftfahrzeugs gestattet, muss vorher prüfen, ob der Dritte im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Er ist verpflichtet, sich zunächst den Original-Führerschein zeigen zu lassen. Der Grundsatz, sich vor jeder Fahrzeugüberlassung den Führerschein zeigen zu lassen, soll dann nicht gelten, wenn der Fahrzeughalter bereits vorher sichere Kenntnis davon erlangte, dass der Dritte über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt. In einem solchen Fall soll der Halter grundsätzlich vom Fortbestehen der erteilten Fahrerlaubnis ausgehen dürfen. Den zwischenzeitlichen Entzug braucht er nur zu erwägen, wenn besondere Umstände, die er kennt oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt kennen müsste, auf eine solche Möglichkeit hindeuten. Solange dies nicht der Fall ist, muss der Halter sich deshalb auch nicht, bevor er dem Dritten (ArbN) die Führung des Kraftfahrzeugs gestattet (erneut) dessen Führerschein vorlegen lassen (vgl. Thüringer OLG 18.7.06, 1 Ss 111/06 in VRS 111, 272).

     

    Dennoch sollte nicht gefolgert werden, dass eine einmalige Kontrolle ausreicht, wenn keine Anhaltspunkte für den Verlust der Fahrerlaubnis bekannt werden. Gerade bei größeren Unternehmen mit einem Fuhrpark und vielen Fahrberechtigten dürfte die „sichere Kenntnis“ kaum begründbar sein. Eine Führerscheinüberprüfung sollte dort zweimal pro Jahr durchgeführt werden. Eine jährliche Prüfung dürfte nicht ausreichend sein, weil die ordnungs- bzw. strafrechtliche Ahndung von „Ersttätern“ meist zwischen neun und zwölf Monaten liegt und die einmalige jährliche Kontrolle so „ins Leere“ liefe. Eine zweimalige Kontrolle im Jahr wird dem Maßstab der „strengen Anforderungen“ gerecht und dürfte auch keine „Überspannung der Sorgfaltspflicht“ darstellen.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 87 | ID 39091040