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  • · Fachbeitrag · Schadenersatz

    Haftet ein Chefarzt für Umsatzrückgang wegen schlechter Presse nach Whistleblowing?

    von RA, FA für MedR, Mediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Das LAG Hamm hat die Schadenersatzklage eines Universitätsklinikums gegen eine vormalige Chefärztin und deren Lebensgefährten abgewiesen. Hintergrund der Auseinandersetzung waren unter anderem anonyme Anzeigen gegen Mitarbeiter des Universitätsklinikums, die der Lebensgefährte verfasst hatte („Whistleblowing“) und die zu einer „verheerenden“ Berichterstattung in der Presse geführt hatten. |

     

    • Der Sachverhalt

    Die ArbN (eine Chefärztin) war seit 2007 in der THG-Klinik beschäftigt. 2011 sollte sie die Nachfolge des Chefarztes Prof. S antreten. Schon 2007 kam es zu Spannungen zwischen Prof. S und der ArbN. Der ArbG kündigte daher der ArbN. Im Kündigungsschutzverfahren einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.9.08. Ende 2007 legte die ArbN dem ArbG eine Liste vor, in der sie u.a. unzureichendes Entlassungsmanagement, Arbeitszeitüberschreitungen und fehlende Operationsqualität rügte. Im April 2008 erhielt der zuständige NRW-Minister ein Schreiben, wonach Informationen über erhöhte Anzahlen von Komplikationen bis hin zu Todesfällen vorlägen, die von Prof. S zu vertreten seien. Die vom Ministerium beauftragte Kommission aus vier Herzchirurgen stellte keine direkten Fehler fest, berichtete indes über notwendige und derzeit erfolgende Verbesserungen der medizinischen Standards in der THG und empfahl zu einigen der problematisierten Operationen eine intensivierte Begutachtung.

    Ab Juni 2008 wurden anonyme Strafanzeigen zu Vorfällen in der THG erstattet. Zudem gab es anonyme Schreiben an Angehörige, Patienten und die Presse, in denen die angeblich schlechte Versorgung, stetige Komplikationen sowie die auffällige Häufung von Todesfällen in der THG thematisiert wurden. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen Prof. S ein, das später wegen erwiesener Unschuld eingestellt wurde. Hierbei stellte sich heraus, dass der Lebensgefährte der ArbN Verfasser der anonymen Schreiben war. Laut seiner Aussage war die ArbN selbst nicht informiert gewesen. Das unter anderem wegen falscher Verdächtigung, Verleumdung und Verletzung von Privatgeheimnissen gegen die ArbN und den Lebensgefährten eingeleitete Strafverfahren läuft noch. Der ArbG ging davon aus, dass beide gemeinsam agierten. Die Umsätze der THG seien eingebrochen, der Schaden betrage 3,7 Mio. EUR. 1,5 Mio. EUR verlangte sie nun von der ArbN sowie ihrem Lebensgefährten als Schadenersatz.

    1. LAG Hamm: Kein Schadenersatz-Anspruch

    Das LAG Hamm wies in seinem Urteil vom 21.7.11 (11 S a 2248/10, Abruf-Nr. 120313) die Klage des ArbG auch in zweiter Instanz ab. Es bestehe mangels pflichtwidrigen Verhaltens kein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Lebensgefährten oder der ArbN.