· Fachbeitrag · Wettbewerbsverbot
Das gilt bei der Konkurrenztätigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis
(BAG 16.1.13, 10 AZR 560/11, Abruf-Nr. 132391) |
Sachverhalt
Der Insolvenzverwalter (IV) über das Vermögen der ArbG, die einen häuslichen Pflegedienst betrieb, verlangte vom Ehemann und ArbN B der ArbG Schadenersatz wegen angeblicher Konkurrenztätigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte der IV zunächst Zeitarbeitskräfte ein, die zusammen mit dem ArbN den Geschäftsbetrieb weiterführten.
Der IV entschloss sich dann, den Betrieb der ArbG und Insolvenzschuldnerin zum 31.12.09 einzustellen und kündigte alle bestehenden Pflegeverträge zu diesem Zeitpunkt. Unter dem 23.12.09 kündigte der ArbN B gegenüber dem IV sein Arbeitsverhältnis zum 31.1.10. Am 29.12.09 veräußerte der IV den Betrieb der ArbG an den Übernehmer C, der ab dem 1.1.10 in alle bestehenden Rechte und Pflichten der ArbG eintrat.
Unter dem 1.1.10 gründete der ArbN B unter eigenem Namen einen Pflegedienst, stellte in diesem Zusammenhang zwei eigene ArbN ein und schloss Pflegeverträge mit zumindest 9 Patienten ab, die zuvor von der ArbG versorgt worden waren.
Der IV erhob Zahlungsklage gegen den ArbN B mit der Begründung, zwei ArbN, die sich auf seine Stellenanzeige gemeldet hätten, hätten mit B einen Arbeitsvertrag unterzeichnet. B habe zudem alle Patienten der ArbG in seinen neuen Pflegedienst übernommen. B habe hierdurch die Übernahme der Pflegeverträge durch den Übernehmer C unmöglich gemacht. Nach den Regelungen des Übernahmevertrags mit C hätte der IV unter Berücksichtigung der letzten festgestellten Umsätze der ArbG aus dem Übernahmevertrag mit C bei Übernahme aller Pflegeverträge durch diesen aus dem Vertrag 30.939,95 EUR erzielen können, insgesamt belaufe sich der Schaden durch das Verhalten des B auf 30.468,24 EUR.
Nachdem die Vorinstanzen (LAG Düsseldorf 11 Sa 27/11) die Klage abgewiesen haben, führte die Revision des IV zur Aufhebung des Urteils des LAG und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses.
Entscheidungsgründe
Der 10. Senat des BAG hat klargestellt, dass ArbN B durch sein Verhalten die aus § 60 HGB folgende Pflicht zur Unterlassung von Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses verletzt habe. Ob und in welcher Höhe hierdurch dem IV hingegen ein Schaden entstanden sei, könne noch nicht abschließend durch den Senat beurteilt werden.
Während des Arbeitsverhältnisses sei dem ArbN grundsätzlich jede Form der Konkurrenztätigkeit einschließlich des Abwerbens von ArbN und Kunden untersagt. Durch seine gleichwohl in dieser Richtung entfalteten Aktivitäten habe der ArbN B daher gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Dies gelte auch, wenn ArbN B sich sicher gewesen sei, dass der IV bzw. der Übernehmer C den von B betreuten Sektor und dessen Patienten nicht erreichen werde. Für ein diesbezügliches Einverständnis des ArbG sei grundsätzlich der ArbN darlegungs- und beweispflichtig.
Zwar dürfe der ArbN, solange ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht vereinbart sei, bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses Vorbereitungshandlungen tätigen, um die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem neuen ArbG vorzubereiten. Eine werbende Tätigkeit durch Abwerben von ArbN oder Kunden und die Vermittlung von Konkurrenzgeschäften falle aber nicht hierunter. Der Abschluss von Verträgen mit ehemaligen Patienten der ArbG durch B und die Anwerbung von Bewerbern habe daher gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen und den Bereich der Vorbereitungshandlungen überschritten.
Der IV habe entgegen der Rechtsauffassung des LAG auch nicht darlegen müssen, wann, wie und unter welchen Umständen B Pflegeverträge mit ehemaligen Kunden der ArbG geschlossen habe. Darüber hinaus habe B auch nicht allein wegen der Kündigung der Pflegeverträge mit den ehemaligen Patienten der ArbG und dem Übernahmevertrag mit C von einem Einverständnis des IV mit der Konkurrenztätigkeit ausgehen dürfen. Es sei vielmehr Sache des ArbN, die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines (mutmaßlichen) Einverständnisses vorzutragen. Gerade ein IV strebe nach einer Vermittlung bestehender Vertragsbeziehungen an einen potenziellen Betriebserwerber. Feststellungen für das tatsächliche Vorliegen eines Betriebsübergangs vom IV auf C seien nicht getroffen und dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen, sodass auch keine Zweifel an der Aktivlegitimation des IV beständen.
Zur Schadenshöhe verweist das BAG auf die Möglichkeit der Schätzung durch das Tatsachengericht nach § 287 ZPO und darauf, dass der zu ersetzende Schaden nach § 252 BGB auch den entgangenen Gewinn umfasse. Insofern sei nachvollziehbar, dass der IV bei Abschluss von Pflegeverträgen mit allen Patienten einen höheren Gewinn zugunsten der Masse erzielt hätte.
Praxishinweis
Der ArbG braucht bei Schadenersatzklagen wegen Konkurrenz im bestehenden Arbeitsverhältnis keine übertriebenen Anforderungen an die Substanziierung der Verletzungshandlungen des ArbN zu erfüllen.