04.03.2010 | Europarecht
Rechtswidrig: Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr nicht berücksichtigt
1. Die deutsche Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB, nach der vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegende Beschäftigungszeiten des ArbN bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden, verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78. |
2. Es obliegt dem nationalen Gericht, in einem Rechtsstreit zwischen Privaten die Beachtung des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78 sicherzustellen, indem es erforderlichenfalls entgegenstehende Vorschriften des innerstaatlichen Rechts unangewendet lässt. |
(EuGH 19.1.10, C-555/07, Abruf-Nr. 100311) |
Grundsätzlich
Nach § 622 Abs. 2 S. 2 BGB in der z.Z. geltenden Fassung sind vor Vollendung des 25. Lebensjahres des ArbN liegende Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit, die für die Länge der Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 7 BGB maßgeblich ist, nicht zu berücksichtigen. Das als Berufungsgericht zuständige LAG Düsseldorf hat den EuGH zur Frage der Vereinbarkeit dieser nationalen Kündigungsregelung mit dem Europarecht und zu der Frage der Folgen einer etwaigen Unvereinbarkeit im Rahmen eines sog. Vorabentscheidungsersuchens angerufen. Der EuGH hat vor Verkündung des Urteils in dieser Rechtssache im Rahmen der o.g. Pressemitteilung mitgeteilt, dass § 622 Abs. 2 S. 2 BGB nicht mit dem europarechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen des Alters nach der Richtlinie 2000/78 vereinbar sei und darüber hinaus eine faktische Bindung der Gerichte der Mitgliedsstaaten an diese Entscheidung konstituiert.
Sachverhalt
Die ArbN im Ausgangsrechtsstreit war seit ihrem vollendeten 18. Lebensjahr bei dem ArbG beschäftigt. Im Alter von 28 Jahren wurde sie unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende entlassen. Hierbei berechnete der ArbG die Kündigungsfrist unter Zugrundelegung einer Beschäftigungsdauer von drei Jahren, obwohl die ArbN seit 10 Jahren bei ihm beschäftigt war. Hierbei hatte er, wie in § 622 Abs. 2 S. 2 BGB vorgesehen, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres liegenden Beschäftigungszeiten der ArbN bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt.
Die ArbN klagte hiergegen vor dem zuständigen Arbeitsgericht und machte geltend, die Regelung stelle eine europarechtlich verbotene Diskriminierung wegen des Alters dar. Die Kündigungsfrist hätte vier Monate zum Monatsende betragen müssen, was einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren nach § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BGB entspreche.
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