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  • 04.05.2010 | Kündigungsrecht

    Nicht jede eigenmächtige Wegnahme rechtfertigt eine Kündigung

    Nicht jede eigenmächtige Wegnahme von ArbG-Eigentum rechtfertigt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an (LAG Schleswig-Holstein 13.1.10, 3 Sa 324/09, Abruf-Nr. 100899).

     

    Sachverhalt

    Beim ArbG aus der metallverarbeitenden Industrie wurden 30 Jahre alte aus Holz und Metall bestehende Werkbänke durch neue ersetzt und ausgesondert. Die alten Werkbänke wurden den Mitarbeitern ohne Erfolg angeboten und dann zur Entsorgung jahrelang zwischengelagert. Beim ArbN (40 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, seit mehr als 12 Jahren im Betrieb) ergab sich später eine private Nutzungsmöglichkeit für einen Teil einer solchen alten Werkbank. Er meldete entsprechenden Bedarf beim Vorgesetzten und beim die Kafferkasse führenden Betriebsratsvorsitzenden an, wobei der Inhalt der Gespräche umstritten ist. An einem Freitagnachmittag lud der ArbN für alle sichtbar den von ihm benötigten Teil der Werkbank in den Anhänger seines privaten Pkw. Dabei wurde er von der Geschäftsleitung beobachtet und zur Rede gestellt. Der ArbG hat den Vorgang zum Anlass genommen, das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen.  

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Das LAG sah keinen ausreichenden Kündigungsgrund: Danach können zwar grundsätzlich unter Hinweis auf die ständige BAG-Rechtsprechung zulasten des ArbG begangene Vermögensdelikte eine fristlose Kündigung rechtfertigen, selbst wenn es sich um Sachen von geringem Wert handelt. Stets ist aber eine Einzelfallabwägung erforderlich, die hier zugunsten des ArbN ausgeht. Eine Abmahnung hätte hier ausgereicht, um eine Wiederholung des beanstandeten ArbN-Verhaltens auszuschließen.  

     

    Bei der Abgabe von ausgesonderten Gegenständen an Mitarbeiter erkannte das LAG beim ArbG keine stringente Handhabung in der gelebten Praxis. Der ArbN hat aus Sicht des Gerichts völlig offen eben diesen Weg der gelebten Praxis eingeschlagen und das Werkbankteil vor den Augen aller mitgenommen. Damit beging er zwar eine Eigenmächtigkeit, wollte aber keine Bereicherung und auch keine rechtswidrige Entreicherung des ArbG. Das Gericht berücksichtigte weiter, dass dem ArbG wirtschaftlich kein Schaden entstehen konnte, da das vom ArbN aufgeladene Teil aus Sicht des ArbG wertloser störender Müll war und erst wieder einen Wert bekam, als es auf dem Hänger des ArbN gesehen wurde. Die sofortige Rückgabe des Werkbankteils, die Beschreitung des offiziellen Genehmigungswegs und das Fehlen jeglicher Heimlichtuerei wertete das Gericht als Ausdruck einer auf Korrektheit und Ehrlichkeit ausgerichteten Grundhaltung des ArbN.