01.02.2006 | Kündigungsrecht
Soziale Auswahl: Berücksichtigung unternehmensfremder Vordienstzeiten
1. An sich nicht anrechnungsfähige frühere Beschäftigungszeiten bei einem ArbG oder einem anderen Unternehmen können bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG durch eine vertragliche Vereinbarung der Parteien berücksichtigt werden. |
2. Die sich zu Lasten anderer ArbN auswirkende Individualvereinbarung darf jedoch nicht rechtsmissbräuchlich sein und nur die Umgehung der Sozialauswahl bezwecken. Für eine Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Betriebszugehörigkeitszeiten muss ein sachlicher Grund vorliegen. |
3. Ein sachlicher Grund ist ohne weiteres anzunehmen, wenn der Berücksichtigung früherer Beschäftigungszeiten ein arbeitsgerichtlicher Vergleich wegen eines streitigen Betriebsübergangs zu Grunde liegt. |
(BAG 2.6.05, 2 AZR 480/04, Abruf-Nr. 052852) |
Praxishinweis
Das BAG bestätigt eine in „Arbeitsrecht aktiv“ bereits besprochene Entscheidung des LAG Düsseldorf (AA 05, 30 mit Anmerkung Rummel).
Auch das BAG hält eine Vereinbarung für rechtlich zulässig, nach der eine an sich nicht anrechnungsfähige frühere Beschäftigungszeit bei demselben ArbG oder bei einem anderen Unternehmen auf die Betriebszugehörigkeit angerechnet werden soll. Voraussetzung hierfür sei (insoweit in weitgehender Übereinstimmung mit der Vorinstanz) nur, dass die Vereinbarung nicht rechtsmissbräuchlich ist und allein die Umgehung der Sozialauswahl bezweckt sowie dass für die Anrechnung ein sachlicher Grund besteht. Einen solchen sachlichen Grund stelle die Tatsache dar, dass die Vereinbarung Bestandteil eines Prozessvergleichs sei. Dies gelte um so mehr, wenn wie im konkreten Fall der Prozessvergleich auf dem Hintergrund eines streitigen Betriebsübergangs des Arbeitsverhältnisses geschlossen worden sei. Eine solchermaßen zulässige Vereinbarung müsse auch ein gekündigter anderer ArbN im Rahmen der Sozialauswahl gegen sich gelten lassen.
Anderer Auffassung als die Vorinstanz ist das BAG lediglich insoweit, als es für die Sozialauswahl alle in § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG genannten Auswahlkriterien für gleichgewichtig ansieht. Demgegenüber hatte das LAG Düsseldorf angenommen, dass der „Betriebszugehörigkeit“ ein besonderes Gewicht beizumessen sei.
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