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  • 01.09.2007 | Kündigungsrecht

    Was bei der negativen Prognose im Rahmen der krankheitsbedingten Kündigung zu beachten ist

    von RA Christian Stake, FA Arbeitsrecht, Werne
    1. Unterschiedliche Erkrankungen können den Schluss auf eine gewisse Krankheitsanfälligkeit des ArbN zulassen und damit eine negative Prognose begründen (wie BAG AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = NZA 06, 655).  
    2. Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ist der ArbG nicht verpflichtet, sich beim ArbN nach dessen Gesundheitszustand zu erkundigen (im Anschluss an BAG AP Nr. 37 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = NZA 99, 1328; a.A. ArbG Berlin DB 76, 2072).  
    3. Die Durchführung eines sog. betrieblichen Eingliederungsmanagements i. S. von § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die krankheitsbedingte Kündigung eines nicht schwerbehinderten ArbN.  

     

    Praxishinweis

    Das LAG bestätigt mit seiner Entscheidung die ständige Rechtsprechung zur krankheitsbedingten Kündigung. Wichtige Kernaussagen des Urteils finden Sie in der folgenden Checkliste.  

     

    Checkliste: Kündigung wegen krankheitsbedingter Gründe

    Nach ständiger BAG-Rechtsprechung erfolgt die Überprüfung einer Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen in drei Stufen:  

     

    • Zunächst ist auf der ersten Stufe eine negative Prognose hinsichtlich des weiteren Gesundheitszustands des ArbN erforderlich.

     

    Es müssen – abgestellt auf den Kündigungszeitpunkt – objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind. Allerdings ergibt sich aus einer besonderen Krankheitsanfälligkeit eine Wiederholungsgefahr für weitere Ausfallzeiten. Bei einer negativen Indizwirkung muss der ArbN gem. § 138 Abs. 2 ZPO darlegen, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen ist. Dabei genügt er seiner prozessualen Mitwirkungspflicht erst, wenn er die Behauptungen des ArbG nicht nur bestreitet, sondern seinerseits einzeln und im Detail vorträgt, warum die ihn behandelnden Ärzte die gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilen. Zudem muss er die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Alsdann ist es Sache des ArbG, den Beweis für das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose zu führen.

     

    • Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Das ist als Teil des Kündigungsgrunds auf der zweiten Prüfungsstufe festzustellen.

     

    Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen des ArbG, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer derartigen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen.

     

    • Liegt eine solche erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vor, ist in einem dritten Prüfungsabschnitt im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom ArbG billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen. Dabei ist u.a. zu berücksichtigen,
    • ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind,
    • ob und wie lange das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zunächst ungestört verlaufen ist,
    • ob der ArbG eine Personalreserve vorhält und etwa neben Betriebsablaufstörungen auch noch hohe Entgeltfortzahlungskosten aufzuwenden sind.
    • das Alter, der Familienstand, die Unterhaltspflichten sowie eine Schwerbehinderung des ArbN.

     

    Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung sind dabei grundsätzlich die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (BAG AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = NZA 06, 655).
     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2007 | Seite 160 | ID 112409