01.10.2006 | Prozessführung
Bei falscher Anwaltsberatung kann Klage gem. § 5 KSchG nachträglich zugelassen werden
Erhebt der ArbN keine Kündigungsschutzklage innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG, weil ihm durch einen nicht prozessbevollmächtigten Anwalt fehlerhaft von der Klage abgeraten wurde, ist seinem Antrag auf Zulassung einer verspäteten Klage gem. § 5 KSchG stattzugeben. Er war an der Einhaltung der Klagefrist trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert. Eine Zurechnung des Anwaltsverschuldens findet nicht statt (LAG Hamm 11.11.05, 1 Ta 179/05, Abruf-Nr. 061995). |
Sachverhalt
Der ArbN ließ sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht wegen seiner Kündigung beraten. Eine Prozessvollmacht unterzeichnete er nicht. Der Anwalt riet fehlerhaft von einer Kündigungsschutzklage ab. Nach Ablauf der Dreiwochenfrist suchte der ArbN einen anderen Anwalt auf. Durch diesen ließ er Kündigungsschutzklage erheben, die er gem. § 5 Abs. 2 KSchG mit einem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung verband. Das LAG ließ die Kündigungsschutzklage nachträglich zu.
Entscheidungsgründe
Der ArbN sei an der Einhaltung der Klagefrist trotz Anwendung der ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert gewesen. Abzustellen sei darauf, was dem ArbN in seiner konkreten Situation an Sorgfalt abverlangt werden könne. Er habe sich unverzüglich um Rechtsrat bemüht und dazu auch eine geeignete Stelle aufgesucht. Er habe daher darauf vertrauen dürfen, erschöpfend beraten zu werden. Es könne ihm als einfachem Arbeiter nicht als eigenes Verschulden angelastet werden, dass er die fristgebundene Zurückweisungsmöglichkeit der Kündigung nicht selbst erkannt habe und er den Anwalt nicht über Tatsachen aufgeklärt habe, die sich aus den vorgelegten Unterlagen ergeben hätten.
Auch das Anwaltsverschulden sei dem ArbN nicht zuzurechnen. Insoweit komme es nicht auf die Frage der Zurechnung des Verschuldens des Prozessbevollmächtigten im Rahmen des § 5 KSchG nach § 85 Abs. 2 ZPO an. Der Anwalt sei gerade nicht sein Prozessbevollmächtigter gewesen, weshalb § 85 Abs. 2 ZPO ohnehin nicht zur Anwendung komme. Schließlich scheide auch eine Zurechnung nach § 278 BGB aus.
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