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  • · Nachricht · Streikrecht

    Busfahrerstreiks in Pforzheim - Berufung der SVP zurückgewiesen

    | Im Streit um die Neuvergabe des Stadtverkehrs in Pforzheim hat die Stadtverkehr Pforzheim GmbH & Co KG (SVP) eine Schlappe einstecken müssen. Das LAG Baden-Württemberg entschied, dass die Streikmaßnahmen der Busfahrer rechtmäßig waren. Diese streiten für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze bzw. einen Sozialtarifvertrag. |

     

    Die Stadtverkehr Pforzheim GmbH & Co KG (SVP) betreibt in Pforzheim den städtischen Linienbusverkehr. Sie beschäftigte im März 2016 noch ca. 240 Mitarbeiter, die größtenteils in der Gewerkschaft ver.di organisiert sind. Alleinige Gesellschafterin der Komplementärin und alleinige Kommanditistin der Gesellschaft ist die Stadt Pforzheim.

     

    Die Stadt Pforzheim hat im Amtsblatt der Europäischen Union eine Vorabbekanntmachung veröffentlicht, die Vergabe öffentlicher Verkehrsdienstleistungen wettbewerblich ausschreiben zu wollen. Hierzu kam es nicht mehr, weil das Regierungspräsidium Karlsruhe der Bahntochter RVS Regionalverkehr Südwest GmbH (RVS) auf deren Antrag die Genehmigung zur Einrichtung und eigenwirtschaftlichen Erbringung von Linienverkehren im Bündel „Stadtverkehr Pforzheim“ erteilte. Damit war der Stadt Pforzheim die Grundlage entzogen, der SVP einen neuen Verkehrsvertrag anzubieten. Der Gemeinderat der Stadt Pforzheim beschloss daraufhin am 15.3.16, die SVP zum 31.12.16 aufzulösen und den Betrieb stillzulegen.

     

    Auf Aufruf von ver.di wurde der Betrieb der SVP im Zeitraum 9.3.216 bis 6.6.16 an insgesamt 28 Tagen bestreikt, jeweils ohne Vorankündigung. Jedenfalls seit Juli 2016 fanden keine Streikmaßnahmen mehr statt. Ver.di verfolgte das Ziel, eine Verlängerung des Bestandsschutzes der Busfahrer über den 31.12.16 hinaus bis mindestens 30.6.17 zu erreichen und bis dahin eine Betriebsfortführung seitens der SVP. Dies vor dem Hintergrund, dass die Konzession für den größten Teil der Buslinien des Stadtverkehrs noch bis Juni 2017 bei der SVP lag. Außerdem begehrte ver.di den Abschluss eines Sozialtarifvertrags, der unter anderem beschäftigungssichernde Übernahmen der Busfahrer bei der Stadt Pforzheim vorsehen sollte.

     

    Die SVP begehrte den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Streikmaßnahmen von ver.di mit der Begründung, die Streikmaßnahmen würden gegen die Friedenspflicht verstoßen. Sie dürften sich nicht gegen die unternehmerische Stilllegungsentscheidung als solche richten. Außerdem sei es unzulässig, für eine Einbindung der Stadt Pforzheim in einen Tarifvertrag zu streiken. Das Arbeitsgericht Pforzheim hat den Antrag der SVP mangels Verfügungsanspruch zurückgewiesen.

     

    Die hiergegen gerichtete Berufung der SVP hatte jedenfalls im Ergebnis keinen Erfolg. Die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts sah in dem Arbeitskampf zwar ebenfalls keinen Verstoß gegen die Friedenspflicht. Es befand aber, dass ver.di durch die gewünschte Einbeziehung der Stadt Pforzheim als Nichtarbeitgeberin in tarifliche Beschäftigungssicherungsvereinbarungen ein unzulässiges Ziel verfolge. Es fehle aber an einem sog. Verfügungsgrund, weil die begehrte Untersagungsverfügung nicht mehr dringlich sei. Die SVP habe mittlerweile einen ständigen Ersatzverkehr eingerichtet. Ver.di habe erklärt, aktuell keine Streikmaßnahmen zu planen. Die Kampfstärke sei angesichts inzwischen ausgeschiedener 120 Mitarbeiter deutlich geschwächt. SVP habe das Eilverfahren über fünf Monate betrieben, ohne ein Hauptsacheverfahren einzuleiten. Es sei ausreichend, ver.di für etwaige Schäden auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

     

    Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 3.8.16, 4 SaGa 2/16

    Quelle: ID 44211995