· Fachbeitrag · Tarifverträge
Ein aktueller Überblick über die wichtigsten allgemeinverbindlichen Tarifverträge
von DirArbG Dr. Guido Mareck, Siegen
| Die in § 5 TVG geregelte Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen (TV) stellt eine Durchbrechung der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG dar. Ein allgemeinverbindlicher TV findet nach § 5 Abs. 4 TVG zwingend Anwendung auf bisher nicht tarifgebundene ArbG und ArbN, also auf Arbeitsvertragsparteien, die gerade nicht zur Partei von TV geworden sind. Der Beitrag gibt einen Überblick zu den neuen Regeln zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung und stellt ausgewählte allgemeinverbindliche TV vor. |
1. Neue Regelungen zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung
Durch das am 11.8.14 verkündete Tarifautonomiestärkungsgesetz bedarf es nun statt eines Antrags einer Tarifvertragspartei eines gemeinsamen Allgemeinverbindlichkeitsantrags beider Tarifvertragsparteien nach § 5 Abs. 1 S. 1 TVG, um die Allgemeinverbindlichkeitserklärung in Gang zu setzen. Als weiteres, alleiniges Allgemeinverbindlichkeitskriterium formuliert § 5 Abs. 1 S. 1 TVG ein Gebotensein „im öffentlichen Interesse“. Dieses tritt an die Stelle des früheren „50-Prozent-Kriteriums“, also der Frage, ob die bereits tarifgebundenen ArbG mehr als 50% der ArbN im Geltungsbereich des Tarifvertrags beschäftigen. Hier liefert § 5 Abs. 1 S. 2 TVG Vermutungstatbestände für das gebotene öffentliche Interesse bei „überwiegender Bedeutung“ des TV oder notwendiger „Wirksamkeitsabsicherung“ von TV. Durch den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR und der Sanktion von unangemessenem Lohnwucher (§ 138 BGB) ist eine exakte Prüfung erforderlich, ob im Einzelfall ein „gebotenes öffentliches Interesse“ vorliegt.
In der Praxis wird wohl weiterhin die quantitative „überwiegende Bedeutung“ so zu verstehen sein, dass mehr als die Hälfte der ArbN von dem TV tatsächlich erfasst werden. Darüber hinaus regelt § 5 Abs. 1a TVG ein vereinfachtes Allgemeinverbindlichkeitsverfahren für TV über gemeinsame Einrichtungen der Tarifpartner und die Verdrängung anderer TV bei Allgemeinverbindlichkeitserklärungen über gemeinsame Einrichtungen nach § 5 Abs. 4 S. 2 TVG.
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