· Fachbeitrag · Außerordentliche Kündigung
Kündigung wegen Arbeit während der Krankheit
Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) wegen Bluthochdrucks und Atemnot ist durch Schleifarbeiten im privaten Bereich erschüttert. Hierin liegt auch ein genesungswidriges Verhalten (LAG Rheinland-Pfalz 11.7.13, 10 Sa 100/13, Abruf-Nr. 133204). |
Sachverhalt
Der ArbN, ein 59-jähriger Masseur, war für eine Woche wegen Bluthochdrucks und Atemnot krankgeschrieben. Zuvor hatte er eine Krebserkrankung überstanden und war daher gesundheitlich beeinträchtigt. Während der AU half er an drei Tagen seiner Tochter bei der Hausrenovierung. Dabei wurde er von einem Detektiv beobachtet, den sein ArbG eingeschaltet hatte. Dem ArbG war zugetragen worden, dass der ArbN auf der Baustelle tätig war. Der ArbG teilte dem ArbN die Beobachtungen des Detektivs mit, die der ArbN bestätigte.
Daraufhin sprach der ArbG nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats eine außerordentliche Kündigung aus. Die Kündigungsschutzklage des ArbN war in der ersten Instanz erfolgreich (Arbeitsgericht Ludwigshafen 5.12.12, 3 Ca 1271/12). Die hiergegen gerichtete Berufung des ArbG hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des LAG war der Beweiswert der ärztlichen AUB hier im Streitfall erschüttert, da körperlich anstrengende Arbeiten nicht mit der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wegen Bluthochdrucks und Atemnot zu vereinbaren seien. Wer Schleifarbeiten mit Atemmaske verrichten könne, müsse auch die Arbeit als Masseur ausführen.
Überdies habe der ArbN die Pflicht zur Förderung seiner Genesung verletzt. Ein zur Kündigung berechtigender Pflichtverstoß könne auch darin liegen, dass ein ArbN bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährde (BAG 2.3.06, 2 AZR 53/05, Abruf-Nr. 061047).
Praxishinweis
Zwar kann die bloße Erschütterung des Beweiswerts der AUB eine Kündigung nicht rechtfertigen. Aber die fristlose Kündigung ist wirksam, wenn ein grober Verstoß gegen die Pflicht zum genesungsförderlichen Verhalten vorliegt. Der ArbN verstößt, abhängig von der jeweiligen Krankheitsdiagnose gegen diese Pflicht, wenn er Arbeiten oder Freizeitaktivitäten während der Krankschreibung ausübt, die geeignet sind, die Heilung insgesamt zu gefährden oder zu verzögern. Hiervon wird man bei starken körperlichen Beeinträchtigungen durch die Krankheit und gleichwohl ausgeübter körperlich anstrengender Arbeit prima facie ausgehen müssen.
Weiterführender Hinweis
- Zulässige Fotoaufnahmen eines ArbN während einer bestehenden AU: LAG Rheinland-Pfalz AA 13, 165