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  • · Fachbeitrag · Praxistest

    Prüfen Sie Ihr Wissen: Die Auflösungen

    | Nachstehend finden Sie die Antworten auf den Praxistest von Seite 68. |

     

    1.

    Nein! Das LAG betont, dass der Verschuldensbegriff nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG losgelöst vom allgemeinen zivilrechtlichen Verschuldensbegriff sei, der jede Art der Fahrlässigkeit umfasse. Im Verhalten des ArbN liege ein solches Verschulden hingegen nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass der ArbN seine Verletzung bewusst herbeiführen wollte (LAG Hessen 23.7.13, 4 Sa 617/13, Abruf-Nr. 133611 in AA 14, 25).

    2.

    Ja! Der zweite Senat des BAG hat klargestellt, dass ein Verstoß gegen die tarif- oder einzelvertraglich geregelte Pflicht des ArbN, bei gegebener Veranlassung an einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit auf Veranlassung des ArbG mitzuwirken, nach den Umständen geeignet sein kann, eine verhaltensbedingte fristgemäße Kündigung zu rechtfertigen. Das LAG habe aber prüfen müssen, ob für die geforderte Untersuchung eine Veranlassung im Sinne des 3 Abs. 4 TV-N gegeben gewesen sei und der ArbN rechtzeitig berechtigte Einwände gegen die Unvoreingenommenheit oder Fachkunde des betriebsärztlichen Dienstes, an den die ArbG ihn verwiesen habe, vorgebracht habe (BAG 27.9.12, 2 AZR 811/11, Abruf-Nr. 133951 in AA 14, 3).

    3.

    Ja! Von dieser Pflicht sei der ArbG auch nicht befreit gewesen. Zwar habe die ArbN im Sommer 2012 erklärt, ein BEM-Gespräch ablehnen zu wollen. Der ArbG trage aber die „Initiativlast für die Durchführung eines BEM“. Der ArbG habe nichts unternommen, um ein BEM auf den Weg zu bringen. Die Aufforderung aus Juli 2012 an die ArbN, ärztliche Atteste zur Erstellung einer Prognose künftiger krankheitsbedingter Fehlzeiten zu übersenden, genüge erkennbar nicht (LAG Schleswig-Holstein 18.9.13, 3 Sa 133/13, Abruf-Nr. 133557) in AA 13, 206).

    4.

    Nein! Nach dem LAG war der Beweiswert der ärztlichen AUB hier erschüttert, da körperlich anstrengende Arbeiten nicht mit der ärztlich bescheinigten AU wegen Bluthochdrucks und Atemnot zu vereinbaren seien. Wer Schleifarbeiten mit Atemmaske verrichten könne, müsse auch die Arbeit als Masseur ausführen. Überdies habe der ArbN die Pflicht zur Förderung seiner Genesung verletzt (LAG Rheinland-Pfalz 11.7.13, 10 Sa 100/13, Abruf-Nr. 133204 in AA 13, 184). Ein zur Kündigung berechtigender Pflichtverstoß könne auch darin liegen, dass ein ArbN bei bescheinigter AU den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährde.

    5.

    Ja! Das LAG führt aus, es habe einen sachlich nachvollziehbaren Grund für das Fotografieren gegeben. Der ArbG müsse den Beweiswert einer ärztlichen AUB erschüttern, um die Lohnfortzahlung verweigern zu können. Abhängig vom Grund der Erkrankung könne eine körperlich anstrengende Arbeit den Beweiswert einer AUB erschüttern. Die Fotos seien an einem öffentlich zugänglichen Ort gemacht worden. Dies tangiere zwar die Privatsphäre des ArbN, aber nur unerheblich. Die Intimsphäre sei nicht betroffen, sodass die Fotoaufnahmen nicht widerrechtlich gewesen seien (LAG Rheinland-Pfalz 11.7.13, 10 SaGa 3/13, Abruf-Nr. 132961 in AA 13, 165).

    6.

    Nein! Der Begriff der Arbeitsfähigkeit bzw. der AU ist hingegen unteilbar. Das bedeutet zunächst, dass es eine „teilweise AU“ für die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung des erkrankten ArbN nicht gibt. Ist ein ArbN aber tatsächlich in der Lage, trotz der AU Teile seiner Arbeitsleistung zu erbringen, kann er dies freiwillig in Absprache mit dem ArbG auch tun. Der ArbG oder dessen Repräsentanten können den ArbN jedoch nicht gegen seinen Willen zu einer solchen Teilarbeitsleistung verpflichten (Mareck in AA 13, 156, Der praktische Fall).

    7.

    Ja! Der ArbN habe aufgrund der Vorfälle in der Vergangenheit und mehrfacher Rückfälle auch zum Zeitpunkt der Kündigung Grund zu der Annahme gehabt, dass er wegen der Sucht nicht mehr in der Lage sei, seine Tätigkeit als Ergotherapeut in der Suchtklinik auf Dauer ordnungsgemäß erbringen zu können. Die Gefahr neuer Alkoholauffälligkeit während der Arbeitszeit stehe einer Weiterbeschäftigung über die ordentliche Kündigungsfrist hinaus entgegen (BAG 20.12.12, 2 AZR 32/11, Abruf-Nr. 131555 in AA 13, 93).

    8.

    Ja! § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG räume dem ArbG ausdrücklich das Recht ein, die Vorlage einer AUB nicht erst am vierten Tag nach einer Krankmeldung zu verlangen, urteilten die Richter. Ob und wie er von diesem Direktionsrecht Gebrauch mache, stehe im freien Ermessen. Ihn treffe keine Begründungspflicht. Insbesondere sei nicht erforderlich, dass gegen den ArbN ein (möglicherweise durch Vorfälle in der Vergangenheit bestärkter) konkreter Verdacht bestehe, er habe eine Erkrankung nur vorgetäuscht (BAG 14.11.12, 5 AZR 886/11, Abruf-Nr. 123445 in AA 13, 8).

    9.

    Nein! Das BAG hat klargestellt, dass der Betriebsrat die Angabe der Namen sämtlicher ArbN, die für die Durchführung des BEM in Betracht kommen, verlangen kann. Der ArbG darf die namentliche Benennung auch nicht vom Einverständnis dieser ArbN abhängig machen (BAG 7.2.12, 1 ABR 46/10, Abruf-Nr. 121795 in AA 12, 121).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 71 | ID 42573849