· Fachbeitrag · außerordentliche Kündigung
Vulgäre Beleidigung berechtigt nicht zur außerordentlichen Kündigung ohne Abmahnung
von RA Dr. iur. Tobias Scholl-Eickmann, FA für Medizinrecht und RRef Stefan Krappel, Dortmund/Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Auch vulgäre, sexuell anzügliche Beleidigungen müssen nicht per se den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten. So urteilte das LAG Sachsen Anfang des Jahres. Selbst wenn ein übergeordneter Angestellter die Worte „Leck mich, fick dich“ gebraucht, kann im Einzelfall die Abmahnung Vorrang vor einer Kündigung haben (LAG Sachsen 11.2.11, 3 Sa 461/10, Abruf-Nr. 112571). |
Sachverhalt
Der ArbN ist seit 1999 bei der ArbG, einem Krankenhausträger, als Oberarzt in der Herzchirurgie beschäftigt. Im Februar 2009 erhielt er eine Abmahnung wegen Beleidigung. Während einer Visite im Juli 2009 wies er eine Assistenzärztin vor Patienten einerseits auf fachliche Mängel und andererseits darauf hin, dass sie einen anderen Patienten gefährde. Das anschließende Streitgespräch führten der ArbN und die Assistenzärztin lautstark vor Patienten und Pflegepersonal, bis es sich zunächst auf den Flur und dann ins Arztzimmer verlagerte, wobei der ArbN aber seinen lauten Tonfall beibehielt. Als die Assistenzärztin das Zimmer verlassen hatte, äußerte er in leisem Tonfall „Leck mich, fick dich“, was eine Schwester zufällig wahrnahm, nicht jedoch die Assistenzärztin.
Entscheidungsgründe
Das LAG änderte das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass weder die außerordentliche noch die ordentliche Kündigung des ArbG das Arbeitsverhältnis beendet haben konnten und die Abmahnung aus der Personalakte des ArbN zu entfernen ist. Die Revision wurde nicht zugelassen.
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