· Fachbeitrag · Aussetzung
Die Aussetzung eines Kündigungsrechtsstreits bei Verdacht einer Straftat: Ein Fall in drei Akten
| Oft stellt sich gerade im Kündigungsschutzverfahren in erster Instanz die Frage, ob eine Aussetzung des Rechtsstreits wegen des Verdachts einer Straftat nach § 149 Abs. 1 ZPO in Betracht kommt. In diesen Fällen kollidiert die Prozessförderungspflicht in Kündigungsschutzverfahren mit der höheren Sachnähe der Strafermittlungsbehörde. Nicht in jedem Fall ist jedoch eine Aussetzung angezeigt. Die getroffene Entscheidung des zuständigen Arbeitsgerichts ist nach § 252 ZPO durch das zuständige LAG überprüfbar. |
1. Der Ausgangsfall
Eine Entscheidung des LAG Niedersachsen (24.9.20, 10 Ta 114/20, Abruf-Nr. 218168) gibt Anlass, die Voraussetzungen und die Ermessensausübung bei der Aussetzungsentscheidung näher zu beleuchten. Dies gilt auch, um die Erfolgsaussichten einer sofortigen Beschwerde gegen die Anordnung oder Ablehnung der Aussetzung nach § 149 ZPO rechtssicher beurteilen zu können.
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Der ArbN wandte sich gegen die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, welches mittlerweile durch Eintritt in den Ruhestand beendet ist. Zudem verlangt er weiteres Arbeitsentgelt. Der ArbG will mit seiner Widerklage eine Schadenersatzpflicht des ArbN feststellen lassen. Hintergrund von Klage und Widerklage ist die Dieselaffäre; der ArbG wirft dem ArbN vor, an der Implementierung einer Manipulationssoftware mitgewirkt zu haben. Er meint, dies sei ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung und führe zu der Ersatzpflicht, deren Feststellung den Gegenstand der Widerklage bildet.
Der ArbG beantragte, den Rechtsstreit gemäß § 149 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ArbGG bis zur Entscheidung des LG in der Strafsache gegen den ArbN auszusetzen und dann die Akten des Strafverfahrens beizuziehen. Die gegen den ArbN erhobene Anklage beziehe sich auch auf das ihm vorliegend vorgeworfene Verhalten. Aus dem Strafverfahren sei eine bessere Sachaufklärung zu erwarten, indem die dortigen Zeugenaussagen in das vorliegende Verfahren eingeführt werden könnten. Bei einer Identität der Lebenssachverhalte, wie sie hier vorliegen, sei die Aussetzung regelmäßig geboten. Bei der Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass sich der ArbN angesichts der früheren hohen Vergütung und durch die Alters- und Betriebsrente in keiner Notlage befinde.
Der ArbN forderte, den Aussetzungsantrag zurückzuweisen. Er meint, das Gebot der Verfahrensbeschleunigung gelte in jedem arbeitsgerichtlichen Verfahren gleichermaßen. Er werde durch die unberechtigten Vorwürfe diskreditiert und in seinem beruflichen Fortkommen behindert. Daher habe er ein erhebliches persönliches Interesse an einem zügigen Fortgang des Rechtsstreits. Wegen der ihm vorenthaltenen Gehalts- und Bonuszahlungen sowie anderer Leistungen habe er ein erhebliches finanzielles Interesse an einer schnellen gerichtlichen Entscheidung. |
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