· Fachbeitrag · Streitwert
Neues zum Streitwert im arbeitsgerichtlichen Verfahren in den LAG-Bezirken in NRW
| Die Präsidenten der drei LAG in NRW haben die Bemessung der Streitwerte neu und einheitlich geregelt, aus denen sich nach dem RVG die Vergütung der Rechtsanwälte ergibt. Teilweise bedeutet dies für ArbN-Anwälte weniger Geld. ArbG-Anwälte regeln ihre Vergütung oft auf Honorarbasis - unabhängig vom RVG. |
1. Streitwert-Katalog der Kommission
Sowohl die Gebühren für Rechtsanwälte als auch die Gerichtsgebühren bemessen sich bei arbeitsgerichtlichen Verfahren nach der Höhe des Gegenstandswerts. Zu diesem finden sich Bestimmungen im Gerichtskostengesetz (GKG) und im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Der Streitwert dient dabei als Berechnungsgrundlage der Gebühren.
Bisher galten je nach LAG-Bezirk unterschiedliche Maßstäbe bei der Streitwertfestsetzung. Daher hat die von den Präsidentinnen und Präsidenten der LAG gebildete Streitwertkommission einen einheitlichen Streitwertkatalog erarbeitet. Dieser soll zur Vereinheitlichung der Streitwertfestsetzung in allen LAG-Bezirken von NRW führen.
2. Die Empfehlungen der Kommission im Einzelnen
Es gelten demnach im Urteilsverfahren folgende Empfehlungen an die Beschwerdekammern der LAG:
Abmahnung
Eine Abmahnung wird - unabhängig von der Anzahl und der Art der Vorwürfe - mit einer Monatsvergütung bewertet.
Mehrere Abmahnungen werden - unabhängig davon, ob sie in einem oder in unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht werden - mit 1/3 einer Monatsvergütung für jede Folgeabmahnung bewertet, maximal aber mit der Vergütung für ein Vierteljahr. Im Einzelfall kann, z.B. bei der völligen Gleichartigkeit der Abmahnungsvorwürfe, nach unten abgewichen werden.
Abrechnung
Die Abrechnung, gegebenenfalls auch kumulativ mit einer Vergütungsklage eingeklagt, erfolgt mit fünf Prozent der Vergütung für den geltend gemachten Abrechnungszeitraum.
Änderungskündigung
Die Änderungskündigung wird bei Annahme unter Vorbehalt im Fall der Vergütungsänderung mit der 36-fachen Monatsdifferenz, maximal der Vergütung für ein Vierteljahr bewertet. Ohne Vergütungsänderung ist in der Regel eine Monatsvergütung, bei besonders schwerwiegenden Belastungen für den ArbN sind bis zu maximal zwei Monatsvergütungen anzusetzen.
Annahmeverzug
Soweit im Rahmen der Kündigungsschutzklage - auch in getrennten Verfahren - eine Annahmeverzugsvergütung geltend gemacht wird, besteht, weil die Zahlung ausschließlich vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängt, für die ersten drei Monate nach dem Beendigungszeitpunkt wirtschaftliche Identität zwischen Kündigungsschutzverfahren und Leistungsklage aus Annahmeverzug. Der Zeitraum wird nur einmal bewertet.
Arbeitspapiere
Pro Arbeitspapier 10 Prozent einer Monatsvergütung.
Auflösungsantrag
Der Auflösungsantrag ist beim Streitwert nicht zu bewerten, auch wenn die Auflösung in einem Vergleich geregelt wird.
Auskunft
Die Auskunft oder Rechnungslegung für leistungsabhängige Vergütung (Provision, Bonus) wird mit 10 bis 50 Prozent der zu erwartenden Vergütung umgesetzt. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse des ArbN an der betreffenden Leistung.
Zahlung
Der eingeklagte Vergütungsbetrag ist anzusetzen.
Befristung
Eine Entfristungsklage wird wie eine Kündigungsschutzklage mit einem Vierteljahresgehalt bewertet. Gleiches gilt für einen Streit über einen sonstigen Beendigungstatbestand (Anfechtung, Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag).
(Weiter-)Beschäftigungsanspruch
Eine Monatsvergütung (bisher z.T. zwei Monatsvergütungen im LAG-Bezirk Hamm) ist in Ansatz zu bringen.
Direktionsrecht/Versetzung
In der Regel ist eine Monatsvergütung anzusetzen. Bei besonders schwerwiegenden Belastungen für den ArbN können aber auch bis zu maximal zwei Monatsvergütungen angemessen sein.
Einstellungsanspruch/Wiedereinstellungsanspruch
Ohne eine vorausgegangene Kündigung, eine Befristung oder eine auflösende Bedingung ist die Vergütung für ein Vierteljahr der richtige Bewertungsmaßstab.
Feststellungsantrag, allgemeiner (Schleppnetz- bzw. Fortbestandsantrag)
Keine Bewertung, wenn kein konkreter Beendigungstatbestand im Raum steht. Wenn konkrete Beendigungstatbestände im Raum stehen, erfolgt die Bewertung anhand dieser nach den Maßstäben für die Kündigungsschutzklage.
Kündigungsschutzklage
Bei Bestand des Arbeitsverhältnisses unter sechs Monaten ist eine Monatsvergütung anzusetzen. Es sei denn, es wird Sonderkündigungsschutz geltend gemacht oder es sind konkrete Tatsachen erkennbar, die den Regelwert nach oben verändern. Dies gilt nicht, wenn nur ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von unter einem Monat im Streit steht. Bei Bestand des Arbeitsverhältnisses über sechs Monate ist die Vergütung für ein Vierteljahr, anzusetzen - es sei denn, es steht ein Fortbestand unter drei Monaten im Streit.
Bei mehreren Kündigungen gilt unabhängig davon, ob sie in einem oder in verschiedenen Verfahren angegriffen werden, für die außerordentliche Kündigung, die hilfsweise als ordentliche erklärt wird, die Vergütung für ein Vierteljahr als Streitwert. Dies gilt auch unabhängig davon, ob die Kündigungen in einem oder in mehreren Schreiben erklärt werden. Werden die Kündigungen in getrennten Verfahren angegriffen, erfolgt eine Quotelung der Vergütung für ein Vierteljahr bei der Streitwertbemessung auf die einzelnen Verfahren.
Folgekündigungen ohne Veränderung des Beendigungszeitpunkts wirken nicht streitwerterhöhend. Wenn sie in getrennten Verfahren angegriffen werden, erfolgt eine Quotelung auf die einzelnen Verfahren. Bei Folgekündigungen mit Veränderung des Beendigungszeitpunkts ist in der Regel (Ausnahme z.B. Trotzkündigung/en) die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten ausschlaggebend, maximal jedoch die Vergütung für ein Vierteljahr für jede Folgekündigung.
Nachteilsausgleich (§ 113 BetrVG)
Der Zahlungsbetrag bzw. das wirtschaftliche Interesse im Fall einer Schätzung sind in Ansatz zu bringen.
Zeugnis
Die Erteilung oder Berichtigung eines einfachen Zeugnisses ist mit 10 Prozent einer Monatsvergütung zu bewerten. Die Erteilung/Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses ist mit einer Monatsvergütung - unabhängig von Art und Inhalt eines Berichtigungsverlangens - auch bei kurzem Arbeitsverhältnis anzusetzen. Die Erteilung/Berichtigung eines Zwischenzeugnisses ist mit 1/2 Monatsvergütung zu bewerten. Wird ein Zwischen- und ein Endzeugnis (kumulativ oder hilfsweise) im Verfahren verlangt, ist eine Monatsvergütung anzusetzen.
Vergleichsmehrwert
Wegen des Titulierungsinteresses für nicht anhängige, im Wesentlichen unstreitige Ansprüche, die im Vergleich aufgenommen werden, sind 20 Prozent des ansonsten anzusetzenden Streitwerts Bewertungsgrundlage. Werden im Vergleich über ein qualifiziertes Zeugnis inhaltliche Festlegungen mitgeregelt, ist der Zeugnisanspruch mit einer Monatsvergütung streitwerterhöhend.
Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt
Die Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt ist mit 25 Prozent der Vergütung für den Freistellungszeitraum, maximal eine Monatsvergütung, zu berücksichtigen. Die Freistellung wird zukunftsbezogen ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses berechnet und nicht rückwirkend für Zeiträume vor dem Vergleich, auch wenn der ArbN vor dem Vergleich freigestellt wurde.