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  • 20.12.2013 · IWW-Abrufnummer 140158

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 02.07.2013 – 22 Sa 63/12

    Im Anschluss an einen Wechsel von Deutschland ins Ausland durch Betriebsübergang kann sich das Arbeitsvertragsstatut ändern. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Annahmeverzugsprozess gegen den ausländischen Betriebserwerber setzt in diesen Fall voraus, dass der Betriebsübergang nach den Vorschriften des ausländischen Rechts dargelegt und bewiesen wird.


    In der Rechtssache
    - Beklagte/Berufungsklägerin -
    Proz.-Bev.:
    gegen
    - Kläger/Berufungsbeklagter -
    Proz.-Bev.:
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 22. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Kramer, den ehrenamtlichen Richter Herrmann und den ehrenamtlichen Richter Klitzke auf die mündliche Verhandlung vom 02.07.2013
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg vom 24.07.2012 - 5 Ca 567/11 aufgehoben.

    Die Klage wird abgewiesen.

    2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    3.

    Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Annahmeverzug.

    Der mittlerweile 47-jährige verheiratete Berufungsbeklagte (fortan: Kläger) war seit 09.06.1998 am Arbeitsort M. aufgrund Arbeitsvertrages vom 09.06.1998 bei der G. GmbH (zwischenzeitlich umfirmiert in G. N. GmbH) als Sales Manager (zuletzt als Gebietsverkaufsleiter Europa) gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 6666,66 € beschäftigt. Die G. N. GmbH hatte zum 28.02.2009 wegen Betriebsstilllegung gekündigt. Diese Kündigung war nach rechtskräftiger Entscheidung (zuletzt BAG 26.05.2011 - 8 AZR 37/10) im Zuge einer geplanten Betriebsverlagerung ins nahe Ausland sozial nicht gerechtfertigt.

    Die Berufungsklägerin (fortan: Beklagte) ist die vermeintliche Betriebsübernehmerin und Teil der Unternehmensgruppe G. G. AG mit Sitz in B./S. Sie gehört zum Segment "Process Engenieering" und führt mit ca. 90 Arbeitnehmern einen Ingenieurbetrieb für die Entwicklung, die Konstruktion, die Abwicklung und Herstellung von Granulations- und Trocknungsanlagen für die Pharmaindustrie.

    Im Arbeitsvertrag ist in Ziffer 13 vereinbart:

    13. Sonstiges

    13.1 Es gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland.

    13.2 Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Arbeitsverhältnis ist 00000 M.

    13.3 Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für eine Änderung dieser Schriftformklausel.

    Die G. N. GmbH beschäftigte Ende 2008 in etwas weniger als 60 km Entfernung von B./S. im Betrieb M. 30 Arbeitnehmer, davon 22 im selbständigen Geschäftsbereich B., der die Herstellung und den Vertrieb von Klappenventilen für die Pharmaindustrie zum Gegenstand hatte. Dem Innendienst dieses Bereiches war der Kläger zugeordnet, der teilweise von Zuhause aus arbeitete. Am 24.10.2008, dem Tag der ersten Kündigung, erhielt der Kläger wie 10 weitere gekündigte Arbeitnehmer ein Arbeitsvertragsangebot der Beklagten. 6 Arbeitnehmer nahmen dieses Angebot an, 5 andere, darunter der Kläger, lehnten es ab. Danach veräußerte die G. N. GmbH die für ihre Produktion und Montage im Geschäftsbereich B. genutzten Anlagen, Maschinen und Werkzeuge sowie das Lager an die Beklagte. Vom 17. bis 23.12.2008 erfolgten Abbau, Verladung und der Abtransport nach B./S., wo alles wieder aufgebaut wurde. Die laufenden Projekte der G. N. GmbH aus dem genannten Geschäftsbereich wurden auf die Beklagte übertragen. Kunden und Lieferanten wurden dahin informiert, dass die geschäftlichen Aktivitäten ab dem 01.01.2009 in B./S. konzentriert und alle bestehenden Verträge nahtlos übernommen würden.

    Im Kündigungsschutzverfahren (auf den Inhalt der beigezogenen Verfahrensakten zum Aktenzeichen 8 AZR 37/10 wird Bezug genommen) hat die G. N. GmbH behauptet, im September 2008 sei auf Konzernebene eine Restrukturierung der Geschäftsbereiche beschlossen worden, die eine Zusammenlegung verschiedener Produktgruppen an den Standorten B./S., W./B. und E./G. beinhaltete. Zur Umsetzung dieser Restrukturierungsmaßnahme sei der Geschäftsbereich B. zum 31.12.2008 stillgelegt worden. Seit Januar 2009 seien keine Produktionsmittel mehr in M. vorhanden, die Mehrheit der betroffenen Mitarbeiter sei freigestellt worden. Die Betriebsmittel aus M. seien in die vorhandene betriebliche Einheit der Beklagten integriert worden, wo im Dezember 2008 bereits 97 Arbeitnehmer in einer eigenen Organisation beschäftigt gewesen seien. Diese vorhandene Organisation werde auch für Arbeiten im Geschäftsbereich B. mit genutzt, die Arbeitsorganisation der G. N. GmbH habe sich die Beklagte nicht zu Eigen gemacht. Eine eigenständige betriebliche Einheit, die dem Betriebsteil B. der G. N. GmbH entspräche, existiere in B./S. nicht, zumal auch nicht alle Tätigkeiten, die bei der G. N. GmbH ausgeführt wurden, von der Beklagten wahrgenommen würden. So seien insbesondere Konstruktions- und Entwicklungsarbeiten an externe Dienstleister vergeben worden. Damit sei ein die Identität wahrender Wiederaufbau des Betriebsteils im Sinne eines Betriebsteilübergangs in B./S. nicht erfolgt.

    Der Kläger begehrte beim Arbeitsgericht nunmehr Annahmeverzugslohn für die Zeit von April 2009 bis Dezember 2011. Er hat behauptet, das Arbeitsverhältnis sei von der G. N. GmbH auf die Beklagte übergegangen. Der Betriebsübergang folge bereits aus der Rechtskrafterstreckung gem. den §§ 265 Abs. 2, 325 Abs.1 und 727 ZPO analog. Die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Freiburg (O.) folge aus Art. 19 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 21.12.2007 (LugÜ). Die örtliche Zuständigkeit folge aus § 48 Abs. 1a ArbGG, weil der Kläger als Außendienstmitarbeiter an ein bis zwei Tagen im Home Office gearbeitet habe. Auf den Sachverhalt sei deutsches Recht anzuwenden. Die Betriebsverlagerung sei identitätswahrend gewesen.

    Der Kläger beantragte beim Arbeitsgericht

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 59.778,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB aus

    620,91 € seit dem 04.05.2009, sowie jeweils weiteren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB aus

    1.241,82 € seit dem 02.06.2009, sowie aus 1.862,73 € seit dem 01.07.2009, sowie aus 3.066,54 € seit dem 03.08.2009, sowie aus 3.687,45 € seit dem 01.09.2009, sowie aus 4.308,36 € seit dem 01.10.2009, sowie aus 4.929,27 € seit dem 02.11.2009, sowie aus 11.087,59 € seit dem 01.12.2009, sowie aus 11.708,50 € seit dem 02.01.2009, sowie aus 12.329,41 € seit dem 01.02.2010, sowie aus 24.164,47 € seit dem 01.03.2010, sowie aus 24.785,38 e seit dem 01.04.2010, sowie aus 25.406,29 € seit dem 03.05.2010, sowie aus 26.027,20 € seit dem 01.06.2010, sowie aus 26.648,11 € seit dem 01.07.2010, sowie aus 27.851,92 € seit dem 02.08.2010, sowie aus 28.472,83 € seit dem 01.09.2010, sowie aus 29.093,74 € seit dem 01.10.2010, sowie aus 29.920,45 € seit dem 02.11.2010, sowie aus 35.872,97 € seit dem 01.12.2010, sowie aus 36.493,88 € seit dem 03.01.2011, sowie aus 37.114,79 € seit dem 02.02.2011, sowie aus 48.949,85 € seit dem 01.03.2011, sowie aus 49.570,76 € seit dem 01.04.2011, sowie aus 50.081,67 € seit dem 02.05.2011, sowie aus 50.592,58 € seit dem 01.06.2011, sowie aus 51.103,49 € seit dem 01.07.2011, sowie aus 52.197,30 € seit dem 01.08.2011, sowie aus 52.708,21 € seit dem 01.09.2011, sowie aus 53.219,12 € seit dem 01.10.2011, sowie aus 53.935,83 € seit dem 02.11.2011, sowie aus 59.778,35 € seit dem 01.12.2011,

    abzüglich am 01.02.2010 erworbener 4.125,00 € sowie abzüglich am 01.08.2011 erworbener 5.500,00 € zu zahlen.

    Die Beklagte beantragte erstinstanzlich,

    die Klage abzuweisen.

    Das Arbeitsgericht Freiburg - Kammern O. sei weder international noch örtlich zuständig, so dass die Klage unzulässig sei. Darüber hinaus sei Schweizer Recht anzuwenden und es habe keinen Betriebsübergang gegeben. Mangels Betriebsübergang lägen auch die Voraussetzungen der Art. 18 und 19 LugÜ nicht vor. Selbst wenn jedoch eine arbeitsvertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und dem Kläger vorliegen würde, habe der Kläger keinen Arbeitsort in Deutschland.

    Das Arbeitsgericht hat mit dem angegriffenen Zwischenurteil die Zuständigkeit der Deutschen Gerichte für Arbeitssachen bejaht. Die internationale Zuständigkeit der Deutschen Gerichte folge aus Art. 19 Ziff. 2a i.V.m. Art. 18 Ziff. 1 LugÜ. Dabei habe der Kläger seine Arbeit gewöhnlich in Deutschland verrichtet. Die Parteien seien vertraglich verbunden weil ein Betriebsübergang vorliege.

    Das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern O. vom 24.07.2012 wurde der Beklagten am 16.08.2012 zugestellt. Deren Berufung ging am 22.08.2012 per Fax beim Landesarbeitsgericht ein und wurde nach Fristverlängerung per Fax vom 16.11.2012 begründet. Die Berufung und deren Begründung sind damit rechtzeitig.

    Im Berufungsrechtszug rügt die Beklagte

    (1) einen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Das Arbeitsgericht Freiburg - Kammern O. sei nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplanes des Arbeitsgerichts Freiburg für das Jahr 2012 nicht zuständig. Der Kläger habe seine Arbeit überwiegend in M. erbracht, so dass die Kammern Freiburg zuständig seien. Dies habe zur Folge, dass nach § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO das Zwischenurteil aufzuheben und das Verfahren an die nach dem Geschäftsverteilungsplan an sich zuständige 11. Kammer des Arbeitsgerichts Freiburg zurückzuverweisen sei.

    (2) dass unabhängig davon das Berufungsgericht nach § 538 Abs. 2 Einleitungssatz ZPO in Verbindung mit § 535 Abs. 1 ZPO die Klage insgesamt als unzulässig abzuweisen habe, weil sich die Unzulässigkeit bereits aus dem Tatsachenvortrag des Klägers ableiten lasse. Die deutschen Arbeitsgerichte seien für die vorliegende Klage international nicht zuständig, weil der Kläger die Voraussetzungen der Art. 18, 19 LugÜ weder dargelegt noch unter Beweis gestellt habe.

    (3) Art. 18, 19 LugÜ setzten voraus, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, was der Kläger darlegen und beweisen müsse. Dem Kläger sei substantiierter Vortrag zu diesem Punkt nicht gelungen. Es liege insbesondere kein Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nach § 613 a BGB vor. Das Arbeitsgericht nehme das Vorliegen eines Betriebsüberganges nur deshalb an, weil es sich an die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts anhänge. Jenes habe aber nur entschieden, dass im Oktober 2008 die Absicht bestanden habe, einen Betriebsübergang herbeizuführen. Ob dies tatsächlich stattgefunden habe, besage das unzulässig (wird ausgeführt) herangezogene Urteil nicht.

    (4) § 613 a Abs. 1 BGB sei auf grenzüberschreitende Sachverhalte nicht anwendbar. Es führe zu paradoxen Ergebnissen, wenn mit dem Vollzug des grenzüberschreitenden Betriebsüberganges ein Statutenwechsel stattfinde. Die Vorschrift setze ja gerade die Fortgeltung des seitherigen Rechts voraus. Anderenfalls sei Arbeitnehmerschutz im Falle von Betriebsverlagerungen ins Ausland nicht zu gewährleisten.

    (5) § 613 a Abs. 1 BGB sei vorliegend auch nicht auf Grund einer Rechtswahl- oder Gerichtsstandsvereinbarung auf die Auslandsverlagerung anwendbar. Die zwischen der G. N. GmbH und dem Kläger vereinbarte Gerichtsstandsklausel sei unwirksam, da die Voraussetzungen der §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 38 ZPO nicht vorlägen. Beide Vertragsparteien hätten bei Abschluss des Arbeitsvertrages einen inländischen Allgemeinen Gerichtsstand gehabt. Deshalb habe auch das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass eine Rechtswahlklausel nicht vorliege. In der Schweiz sei die Wahl eines beliebigen Rechts nach Art. 121 Abs. 3 IPRG nicht zulässig. Es liege keiner der Ausnahmetatbestände im Sinne des Art. 212 IPRG vor, so dass die in Ziffer 13.1 des Arbeitsvertrages getroffene Rechtswahl infolge des vermeintlichen Betriebsüberganges unwirksam sei. Die Tatsache, dass ein Arbeitsvertrag zwischen dem deutschen Betriebsveräußerer und dem deutschen Arbeitnehmer deutsches Recht für anwendbar erkläre, könne nicht maßgeblich für die Beurteilung der Frage sein, welcher Rechtsordnung ein ausländischer Erwerber unterliege.

    (6) Darüber hinaus liege auch tatsächlich kein Teilbetriebsübergang vor. § 613 a BGB könne nur dann Anwendung finden, wenn der Erwerber von dem Veräußerer einen funktionsfähigen Organisationszusammenhang übernehme und so von dem Vorteil einer vom Vorgänger geschaffenen Betriebsorganisation profitiere. Es sei von entscheidender Bedeutung, ob der Betriebsteil von dem Erwerber identitätswahrend fortgeführt werde. Eine wirtschaftliche Einheit wahre dann nicht ihre Identität, wenn die Tätigkeiten auf Grund einer andersartigen Organisationsstruktur wesentlich geändert worden seien. So liege der Fall hier. Bereits die Auslandsverlagerung stelle ein beachtliches Indiz für eine Betriebsstilllegung dar. Darüber hinaus habe die Beklagte von der G. N. GmbH einzelne Produktionsmittel erworben, um damit deren Produkte in die vorhandene Betriebsstruktur zu integrieren. Die Beklagte habe weder Gegenstände aus dem Verwaltungsbereich übernommen, noch Leitungsfunktionen oder Konstruktions- und Entwicklungsarbeiten fortgeführt.

    (7) Selbst wenn man der Argumentation des Klägers folge, sei das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger sei dem Vertriebsbereich der G. N. GmbH zugeordnet gewesen, den die Beklagte keinesfalls übernommen habe. Damit sei der Kläger nicht dem vermeintlich übergegangen Teilbetrieb zuzuordnen gewesen.

    (8) Der Kläger habe schließlich dem Betriebsübergang ausdrücklich widersprochen. Im Rahmen des gegen die G. N. GmbH geführten Kündigungsschutzverfahrens habe er durchweg vorgetragen, dass er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Erhebung der Klage entgegengetreten sei. Dies müsse der Kläger gegen sich gelten lassen. Im Falle der wesentlichen Änderung des Arbeitsortes gingen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zudem nur diejenigen Arbeitnehmer über, die die Bereitschaft zur Arbeit am neuen Arbeitsort bekundet hätten. Vorliegend sei dem Kläger noch vor der Verlagerung der Betriebsmittel ein Arbeitsplatz in der Schweiz angeboten worden, was der Kläger ausdrücklich abgelehnt habe.

    (9) Nicht zuletzt bestünde selbst, wenn man vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ausgehe, kein gewöhnlicher Arbeitsort des Klägers in Deutschland. Maßgeblicher und damit gewöhnlicher Arbeitsort des Klägers im Sinne des Art. 19 Ziffer 2a 1. Alt LugÜ sei der Betriebssitz der Beklagten in B./S. Unterstelle man mit dem Kläger eine Verlagerung des Teilbetriebs aus M., so habe sich der Arbeitsplatz des Klägers mit einem solchen Teilbetriebsübergang in die Schweiz verlagert. Überdies enthalte der Arbeitsvertrag des Klägers mit der G. N. GmbH eine Versetzungsklausel. Ein Home Office habe der Kläger nicht unterhalten und seine wesentlichen Tätigkeiten seien im Betrieb im M. erbracht worden.

    Die Beklagte beantragt im Berufungsrechtszug

    das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern O. - vom 24.07.2012, Az. 5 Ca 567/11, abzuändern und die Klageabzuweisen.

    Hilfsweise für den Fall, dass das Berufungsgericht dem Antrag nicht stattgibt,

    beantragte die Beklagte,

    den Rechtsstreit an die 11. Kammer des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern O. - zurückzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuverweisen.

    Die Antragsstellung der Beklagten sei unklar und gehe ins Leere. Unabhängig davon sei das Zwischenurteil richtig und vom richtigen Gericht erlassen worden. Das Landesarbeitsgericht habe bereits im Vorprozess (11 Sa 40/09) festgestellt, dass der Kläger für die G. N. GmbH im Home Office gearbeitet habe.

    Der Kläger lässt sich auf die Berufung zur Sache wie folgt ein:

    (1) Die behauptete Unterteilung der Beklagten in "Divisionen" sei belanglos. Bereits das Bundesarbeitsgericht habe festgestellt, dass es auf die Beibehaltung der seitherigen Organisationsstruktur nicht entscheidend ankomme; dies gelte erst recht für die heutigen Strukturen.

    (2) Die Beklagte wolle mit ihren Strukturausführungen nur Verwirrung stiften. Was den Arbeitsplatz/Arbeitsort des Klägers betreffe, wolle die Beklagte offenbar keine Kenntnis davon haben, dass der Kläger mit der G. N. GmbH eine Vereinbarung über die Möglichkeit der Dienstleistung im Home Office getroffen habe. Das sei umso befremdlicher, als dass der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Kläger am 06.11.2008 das Angebot des Schweizer Arbeitsvertrages verhandelt habe und das Home Office Gegenstand gewesen sei.

    (3) Zur Richtigstellung des Hintergrundes der Kündigungsstreitigkeit sei auf die Rechtskrafterstreckung des LAG-Urteils zu verweisen, auf welches das Arbeitsgericht im angegriffenen Zwischenurteil Bezug genommen habe. Soweit die Beklagte noch einmal versuche, eine Betriebsstilllegung der G. N. GmbH zu begründen, mache sich der Kläger die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu eigen. Die Beklagte behaupte diffus, sie nutze eine bereits vorhandene Organisation. Das sei nicht richtig. Nur durch den Nachfolger des Klägers, den Zeugen G. P., sei es der Beklagten möglich gewesen, nahtlos die Lieferverpflichtungen aus der Produktlinie B. von B. aus zu erfüllen.

    (4) Der Vortrag der Beklagten zu den Strukturen vom Jahreswechsel 2008/2009 sei falsch und widersprüchlich. Wie sonst, wenn nicht durch die einheitliche Verwendung der übernommenen Anlagen und Maschinen, der sie bedienenden Mitarbeiter, des Lagers, der Kunden- und Lieferantenbeziehungen, sowie des know hows könne die Beklagte in der Schweiz die gleichen Klappenventile produzieren, wie damals die G. N. GmbH? Darauf komme es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch auch gar nicht an. Entscheidend sei, dass der Funktions- und Zweckzusammenhang beibehalten werde, was dem Erwerber gestatte, die übernommenen Produktionsfaktoren zu nutzen.

    (5) Auch die c. c. belege den Transfer der Betriebsmittel und die weiter bestehende Betriebsidentität. Aus der Not fehlender Einwendungen gegen den Teilbetriebsübergang steigere die Beklagte ihren ohnehin schon nebulösen Vortrag, indem sie den Klägervortrag bewusst fehlinterpretieren wolle. Der Zeuge G. P. habe bei der Beklagten den know how Transfer über die Kundenbeziehungen und den Stand der Aufträge einarbeiten müssen, so dass die beharrliche Behauptung der Beklagten zur Betriebsstillegung vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Entscheidung in keinster Weise nachvollziehbar sei.

    (6) Durch die rechtskräftige Abweisung des Feststellungsantrages zum Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der G. N. GmbH ergebe sich zwanglos, dass das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen sei. Mit wem sonst, wenn nicht mit der Beklagten sollte denn der Kläger bei unwirksamer Kündigung im Arbeitsverhältnis stehen? Diesen Zusammenhang habe der aus taktischem Kalkül gestellte Feststellungsantrag untermauert.

    (7) Die Beklagte habe gegen das Zwischenurteil keine rechtlich relevanten Angriffe landen können. Keinesfalls habe die 5. Kammer des Arbeitsgerichts O. eine willkürliche Entscheidung getroffen. Sie stelle nach dem Klägervortrag zum Home Office den gesetzlichen Richter da.

    (8) Die Parteien hätten im Arbeitsvertrag die Anwendung deutschen Rechts, damit auch § 613 a BGB vereinbart, so dass die internationale Zuständigkeit bejaht werden müsse. Wenn die Beklagte die Anwendbarkeit des § 613 a BGB auf grenzüberschreitende Sachverhalte verneine, verschließe sie die Augen vor der gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Bundesarbeitsgericht habe sogar unabhängig von dem ausdrücklich vereinbarten deutschen Recht die Geltung von § 613 a BGB im Nicht-EU-Land entschieden.

    (9) Der Kläger habe dem übergegangenen Betriebsteil angehört und seine fehlende Bereitschaft zur Annahme des Schweizer Arbeitsangebots sei nicht als generelle Ablehnung zu werten. Der Kläger habe nach dem Stand der Rechtsprechung davon ausgehen können, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen sei und damit schlechtere Vertragsangebote ablehnen können. Man sehe an dem Arbeitsvertragsangebot, dass der Kläger der Beklagten als know how Träger fehlte, weshalb er seinen Nachfolger P. habe einarbeiten müssen.

    (10) Der Kläger habe den Betriebsübergang zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Im Übrigen sei er auch weder von der G. N. GmbH noch von der Beklagten vom Betriebsübergang informiert worden.

    (11) Für den Gerichtsstand komme es nach Art.19 Ziffer 2 a LugÜ nur darauf an, wo der Kläger seine Leistung zuletzt gewöhnlich erbracht habe. Wenn die Beklagte ihr Direktionsrecht gegenüber dem Kläger antizipiere, lege sie in hypothetischen Gedankenspielen den Vortrag des Klägers zu Grunde. Die anderweitigen Gedankenspiele seien Ausdruck einer eigenartigen und nicht zeitgemäßen Denkungsart.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlägen und Bezugnahmen sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die bereits nach dem Beschwerdewert statthafte (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 280 Abs. 2, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

    Das vom Arbeitsgericht erlassene Zwischenurteil ist ausnahmsweise nach § 280 Abs. 2 S. 1 ZPOmit dem Rechtsmittel der Berufung angreifbar. Der Streit betrifft die Frage der internationalen Zuständigkeit des angegangenen Gerichtes.

    II. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist unzulässig, weil die Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen ist.

    1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich unabhängig vom vermeintlichen Betriebsübergang nicht aus Ziff. 13.2. des Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der G. N. GmbH vom 09.06.1998.

    Nach Ziff. 13.2. des Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der G. N. GmbH ist Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis D-00000 M. Auf die Rechtswirksamkeit dieser Gerichtsstandsvereinbarung nach geltendem innerstaatlichem Recht kommt es vorliegend nicht an, weil die Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens vom 30.10.2007 gegenüber § 38 Abs. 2 Satz 1 ZPOvorrangig sind (vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08- EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1 mwN. in [...] Rn. 15; Geimer 5. Aufl. Rn. 1643). Nach Art. 17 Nr. 1 LugÜ kann von den Vorschriften des 4. Abschnitts nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit getroffen wird. Dies ist hier nicht der Fall, weil die Gerichtsstandsvereinbarung bereits Gegenstand des Arbeitsvertrages vom 09.06.1998 war. Die internationale Zuständigkeit richtet sich danach nach dem LugÜ, wobei dort die Art. 18 und 19 maßgeblich sind.

    2. Vorliegend hat die Beklagte ihren Geschäftssitz in B./S. mit der Folge, dass Art. 19 Nr. 2a LugÜ Anwendung findet (Art. 2 Abs.1, 60 Abs. 1 LugÜ). Danach kommt es für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen unter anderem darauf an, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

    a. Das LugÜ ist von den Gerichten der Mitgliedstaaten anzuwenden, wenn die maßgeblichen Bezugspunkte über den Kreis der Mitgliedstaaten hinausführen und auf einen Lugano-Staat weisen. Diese Grundregel führt Art. 64 Abs. 2 LugÜ (früher Art. 54b Abs. 2) für die drei Bereiche Zuständigkeit, Rechtshängigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung weiter aus. Danach ist das LugÜ insbesondere anzuwenden, wenn die beklagte Partei ihren Wohnsitz in einem sog. "Lugano-Staat" hat. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte käme für die vorliegende Klage nur in Betracht, soweit sich eine solche aus den besonderen Vorschriften des LugÜ ergäbe. Einschlägig sind die Vorschriften der Art. 18, 19 Nr. 2a LugÜ. Gemäß Art. 18 LugÜ bestimmt sich die internationale Zuständigkeit von Arbeitsgerichten nach der Regelung in Art. 19 ff. LugÜ soweit wie hier Ansprüche aus einem individuellem Arbeitsvertrag tangiert sind. Nach Art. 19 Nr.1 LugÜ kann ein Arbeitgeber grundsätzlich nur vor den Gerichten des Mitgliedstaates verklagt werden, in dem er seinen Unternehmenssitz hat. In einem anderen Mitgliedsstaat kann ein Arbeitgeber nach Art. 19 Nr.2 a LugÜ allenfalls vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt verrichtet hat, verklagt werden.

    b. Damit ist zwingende Voraussetzung für eine Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte, (1) dass der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht oder gestanden hat, (2) dass der Kläger Ansprüche aus eben diesem Arbeitsverhältnis geltend macht und schließlich (3) dass der Kläger seine Arbeitsleistung für die Beklagte in dem Vertragsstaat in dem er nunmehr seine Klage erhebt, gewöhnlich erbringt oder dort zuletzt gewöhnlich erbracht hat. Der Kläger ist für diese Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig. Aus diesem Grund hat das Arbeitsgericht dem Kläger unter Nr. 4 der Verfügung vom 01.02.2012 aufgegeben, vorzutragen und unter Beweis zu stellen, wann durch welche rechtsgeschäftlichen Erklärungen welche betriebliche Einheit mit welchen materiellen, immateriellen und personellen Betriebsmitteln von wem auf die Beklagte übertragen worden sein soll. Das Arbeitsgericht hat den Kläger auf die Anforderungen für die Annahme des Betriebsteilüberganges hingewiesen. Dem Kläger wurde im letzten Satz der genannten Verfügung deutlich gemacht, dass sich die Rechtskraftwirkung des Urteils des BAG vom 26.05.2011 - 8 AZR 793/09 - nicht auf die am dortigen Verfahren nicht beteiligte Beklagte erstreckt.

    3. Der Kläger hat es nicht geschafft, den Übergang des mit der G. N. GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nach § 613 a BGB darzulegen.

    a. Zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreites besteht und bestand zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat nicht in erforderlichem Maße Tatsachen vorgetragen, aus denen das Vorliegen eines Betriebsteilüberganges gefolgert werden könnte. Die vom Kläger vielfach in Bezug genommenen Entscheidungen in Sachen B. gegen G. N. GmbH ersetzen mangels Rechtskraftwirkung im vorliegenden Prozess gegen die Beklagte keinen Tatsachenvortrag zum Betriebsübergang: Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 26.05.2011 - 8 AZR 37/10 lediglich rechtskräftig festgestellt, dass die G. N. GmbH im Zeitpunkt der dort streitigen Kündigung nicht die Absicht hatte, den Betriebsteil B. dauerhaft stillzulegen. Vielmehr hatte die G. N. GmbH nach den Entscheidungsgründen des oben genannten Urteils im Oktober 2008 beabsichtigt, den organisatorisch abgegrenzten Bereich B. im Wege des Teilbetriebsüberganges im Sinne des § 613 a BGB auf die hiesige Beklagte in B./ S. zu übertragen. Zu dieser Betrachtung kommt das Bundesarbeitsgericht mit dem Landesarbeitsgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung aller den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Teilaspekte (zur Vermeidung von Wiederholungen wird insbesondere auf Rn. 32, [...], a.a.O. verwiesen).

    b. Die Berufung rügt zu Recht, dass das Arbeitsgericht das Vorliegen eines Betriebsüberganges nur annehme, indem es die gesetzlich gesperrte Rechtskraftwirkung des Urteils B./G. N. GmbH dadurch herstelle, dass es sich "die Ausführungen" zu Eigen mache. In den dortigen Entscheidungsgründen wird jedoch unabhängig von einer Rechtskrafterstreckung die Frage, ob die im Oktober 2008 bestehende Absicht auch umgesetzt wurde überhaupt nicht angesprochen bzw. entschieden. Die Urteile enthalten Feststellungen zur Betriebsstilllegungsabsicht der G. N. GmbH, nicht jedoch dazu, (1) ob ein Teilbetriebsübergang auf die Beklagte tatsächlich bewirkt wurde, (2) ob das Arbeitsverhältnis des Klägers der übergegangenen Einheit zugeordnet war und (3) ob der Kläger einem Betriebsübergang widersprochen hat. Dabei kann offen bleiben, ob § 613 a Abs. 1 BGB auf grenzüberschreitende Sachverhalte in ein Nicht-EU-Land überhaupt anwendbar ist (mit guten Gründen dagegen s. die Nw. S. 35/ 36 der Berufungsbegründung).

    c. In Abgrenzung zu einem Betriebsübergang liegt eine Betriebs(teils)-Stilllegung vor, wenn die Identität der wirtschaftlichen Einheit dadurch aufgehoben wird, dass der Betrieb(steil) nicht unerheblich räumlich verlegt sowie die alte Betriebsgemeinschaft tatsächlich aufgelöst wird und der Aufbau einer wesentlichen neuen Betriebsgemeinschaft erfolgt (vgl. BAG, Urteil vom 12.2.1987 - 2 AZR 247/86, NZA 1988, 170, 171. Ein Zwangseintritt des Erwerbers gemäß § 613 a BGB in alle bestehenden Arbeitsverhältnisse ist nach Sinn und Zweck der Norm daher nur dann gewollt, wenn dieser einen funktionsfähigen Organisationszusammenhang als solchen übernimmt und so von dem Vorteil einer vom Vorgänger geschaffenen Betriebsorganisation profitiert (Willemsen/Hohenstatt/Schweibert, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Auflage, 2011, G, Rn. 99). Der "Erwerber eines Betriebs oder Betriebsteils muss sich folglich geradezu "ins gemachte Bett" legen (BAG, Urteil vom 6.4.2006 - 8 AZR 249/04, NZA 2006, 1039, 1042). Ohne die Nutzung der vom Vorgänger konkret geschaffenen Arbeitsorganisation kann es daher letztlich keinen Betriebsübergang geben (ständige Rspr., vgl. BAG, Urteil vom 6.4.2006 - 8 AZR 249/04, NZA 2006, S. 1039, 1040; BAG, Urteil vom 18.2.1999 - 8 AZR 485/97, NZA 1999, S. 648, 649; BAG, Urteil vom 18.3.1999 - 8 AZR 196/98, NZA 1999, S. 869, 870; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Auflage, 2011, G, Rn. 99).

    Eine wirtschaftliche Einheit wahrt demnach insbesondere dann nicht ihre Identität, wenn die Tätigkeiten aufgrund eines erheblich veränderten Konzepts und einer andersartigen Arbeits- oder Organisationsstruktur als wesentlich geändert angesehen werden müssen (BAG, Urteil vom 4.5.2006 - 8 AZR 299/05, NZA 2006, 1096, 1098). Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist ein Betriebsübergang regelmäßig schon abzulehnen, weil von einer erheblichen lokalen Veränderung und der Auflösung der alten Betriebsgemeinschaft ausgegangen werden muss, womit eine Betriebsstilllegung und kein Betriebsübergang mehr gegeben ist (MünchArbR/Cohnen/Tepass, 3. Auflage, 20012, § 50, Rn. 64; vgl. zur erheblichen lokalen Veränderung und der Ablehnung eines Betriebsübergangs aus der Rechtsprechung: BAG, Urteil vom 16.5.2002 - 8 AZR 319/02, NZA 2003, 93 [BAG 16.05.2002 - 8 AZR 319/01] LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.2.1995 - 12 Sa 1925/94, LAGE Nr. 45 zu § 613 a BGB; LAG Hamburg, Urteil vom 22.5.2003 - 8 Sa 29/03, AfP 2004, 377).

    d. Vorliegend hat die Beklagte behauptet, lediglich einzelne Betriebsmittel auf der Grundlage eines in der Schweiz geschlossenen Kaufvertrages nach schweizerischem Recht erworben zu haben. Dort seien sie in die Organisationsstruktur des von der Beklagten in B. unterhaltenen Betriebes eingegliedert worden. Die Beklagte habe sich demnach keinerlei Arbeitsorganisation der G. N. GmbH im Sinne des § 613 a BGB zu Eigen gemacht. Die Berufung rügt zu Recht, dass dergleichen von dem Kläger, der insofern darlegungs- und beweisbelastet ist, auch nicht behauptet worden sei. Vor diesem Hintergrund fehlten der Berufungskammer belastbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Betriebsübergangs im Sinne der Übernahme und Fortführung einer betrieblichen Einheit, wie sie die Rechtsprechung für die Auslösung der Rechtsfolgen des § 613 a BGB voraussetzt.

    Soweit sich der Kläger auf die Tatbestandsfeststellungen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG 26.05.2011, aaO, [...] Rn. 8) bezieht, fehlen sowohl Vortrag als auch Beweisangebote dafür, dass sich die Beklagte nach der Eingliederung der Produktionsmittel die ursprüngliche Arbeitsorganisation zu Eigen machte und fortführte. Das Gericht hat versucht, durch vorsorgliche Ladung der vom Kläger "diffus" behaupteten Tatsachengrundlagen zum Teilbetriebsübergang den Sachverhalt in seinem Sinne weiter aufzuklären. Insbesondere seine Behauptung, dass der Zeuge G.P. die Produktion in B./S. nahtlos sichergestellt habe, hätte ja für eine Aufrechterhaltung der ursprünglichen Arbeitsorganisation sprechen können. Nun ergab jedoch just die Ladung der vom Kläger benannten ehemaligen Arbeitskollegen und Zeugen gerade nicht deren Weiterarbeit und Eingliederung in B./S. Die Zeugen konnten sämtlich über die Beklagte deshalb nicht geladen werden, weil sie nie für sie arbeiteten.

    e. Vor diesem Hintergrund gelingt es der Berufungserwiderung nicht, den Ausführungen der Beklagten wirksam entgegen zu treten: Soweit sich der Kläger auf die Möglichkeit der Dienstleistung im Home Office beruft, verkennt er, dass er schon nach seinem eigenen Vortrag seinen gewöhnlichen Arbeitsort im Sinne von Art. 19 Nr. 2a LugÜ nicht an seinem Wohnort haben konnte. Verlangt wird, dass der Arbeitnehmer wenigstens 60% seiner Arbeit an diesem Ort verrichtet (siehe die Nachweise bei MüKoZPO/Gottwald, 4. Auflage 2013, EuGVO Art. 19 Rn. 2 Fn. 5). Der Kläger verkennt auch, dass die rechtskräftige Abweisung des Feststellungsantrages zum Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der G. N. GmbH nicht automatisch bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen sein muss. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegende Absicht der Teilbetriebsübertragung auch wie geplant durchgeführt wurde, sind die deutschen Gerichte für Arbeitssachen nicht automatisch für Klagen gegen den ausländischen Erwerber zuständig. Eine Verurteilung des Schweizer Unternehmens auf Beschäftigung der in Deutschland zuvor beschäftigten Arbeitnehmer könnte selbst in diesem Fall nur dann erfolgen, wenn das Schweizerische Recht dies vorsehen würde. Mit der Änderung des Arbeitsplatzes (Verlagerung in die Schweiz durch Betriebsübergang) ist das deutsche Recht abgelöst worden durch das Recht, das am neuen Arbeitsplatz gilt (nach Leuchten, ZESAR 2012, 411, 414).

    4. Es ist dem auch insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht gelungen, die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte dadurch darzulegen, dass der Übergang des mit der G. N. GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nach Vorschriften des schweizerischen Rechts erfolgt wäre.

    Nach der Verfügung des Arbeitsgerichts vom 01.02.2012 sollte der Kläger unter Berücksichtigung der rechtlichen Ausführungen des genannten Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 26.05.2011 seinen Anspruch nach Schweizerischem Recht begründen. Das hat der Kläger nicht einmal versucht. Insofern dürfte er die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts missverstanden haben. Das Bundesarbeitsgericht hat hervorgehoben, dass zwischen dem Betriebsübergang als solchem und der möglichen Verlagerung des Betriebes strikt zu unterscheiden ist. Dennoch spielt der Ortswechsel eine Rolle für die Frage der Wahrung der Identität des übernommenen Betriebsteils. Das Bundesarbeitsgericht stellte dazu aufgrund ausführlicher Ermittlung des Sachverhalts fest, dass die Kriterien für den Betriebsübergang, die der EuGH entwickelt habe, sämtlich erfüllt seien. Für die Frage, ob ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB vorliegt, kam es jedoch zusätzlich - was der Kläger möglicherweise verkennt - auf das Arbeitsvertragsstatut an. Dieses ist in Deutschland unabhängig von der Rechtswahl in aller Regel Deutsches Recht, was für den Ausgangsrechtsstreit und das Verhältnis von der G. N. GmbH zum Kläger offensichtlich war. Mit dem Wechsel des Arbeitsortes in das Ausland ist nach der Entscheidung ein Wechsel des Arbeitsvertragsstatutes verbunden. Im neuen Betrieb gilt unabhängig von einer etwaigen Rechtswahlklausel oder Gerichtsstandsvereinbarung in jedem Fall Schweizer Recht (auch nach den Art. 8 und 9 der Rom-I-VO, siehe Leuchten, aaO). Hiernach hätte der Kläger zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der Deutschen Gerichte für Arbeitssachen unter Heranziehung von Schweizer Recht begründen müssen, dass er nach der Produktionsverlagerung in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht. Nur dann wären die Voraussetzungen des Art. 19 Nr. 2 a LugÜ erfüllt. Da dies nicht der Fall ist, war die Klage durch Prozessurteil abzuweisen.

    III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger nach § 91 Abs. 1 ZPOzu tragen.

    IV. Die Revision war für den Kläger nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGGzuzulassen.

    Dr. Kramer

    Klitzke

    Herrmann

    Verkündet am 02.07.2013

    Vorschriften§§ 265 Abs. 2, 325 Abs.1, 727 ZPO, § 48 Abs. 1a ArbGG, § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, ZPO, § 535 Abs. 1 ZPO, § 613 a BGB, § 613 a Abs. 1 BGB, § 613 a Abs. 1 BGB