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  • 23.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202460

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 04.06.2018 – 9 TaBV 25/18

    1. Die Ablehnung eines vorgeschlagenen Vorsitzenden durch einen Beteiligten ist nur beachtlich, wenn sie auf Tatsachen und konkret begründete Befürchtungen gestützt ist. Subjektiven Bedenken kann nur Rechnung getragen werden, wenn sie hinreichend auf objektive Umstände hindeuten.

    2. Bedenken, die den Inhalt der richterlichen Spruchtätigkeit eines Vorsitzenden betreffen, etwa dass der Richter schon zu Ungunsten eines Beteiligten entschieden hatte, sind für sich allein nicht geeignet, ein fehlendes Vertrauen in die Überparteilichkeit und neutrale Verhandlungsführung in der Einigungsstelle zu begründen.


    Tenor:

    Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats gegen den am 11.04.2018 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn- 1 BV 12/18 - wird zurückgewiesen.



    Gründe



    I.



    Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz noch über die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS)", das die Arbeitgeberin für sämtliche in- und ausländische Konzernunternehmen nutzen will, um Mitarbeiter in sicherheitsrelevanten Bereichen zur Erfüllung der Vorgaben der Antiterrorismus- und Länderembargoverordnungen der Europäischen Union einer sog. Hintergrundprüfung zu unterziehen.



    Mit Beschluss vom 11.04.2018 hat das Arbeitsgericht in dem seitens der Arbeitgeberin eingeleiteten Beschlussverfahren Herrn Dr. K , Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht K , zum Vorsitzenden dieser Einigungsstelle bestellt und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf vier festgesetzt. Dabei hatte es bezüglich der Person des Vorsitzenden den Anträgen der Beteiligten nicht entsprochen, nachdem beide Seiten Bedenken gegen den von der jeweiligen Gegenseite vorgeschlagenen Vorsitzenden erhoben hatten.



    Der Beschluss ist dem Konzernbetriebsrat am 18.04.2018 zugestellt worden. Seine dagegen gerichtete Beschwerde ist nebst Begründung am 02.05.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.



    Der Konzernbetriebsrat ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht den von ihm vorgeschlagenen Vorsitzenden hätte bestellen müssen. Herr Dr. K sei für den Vorsitz der konkreten Einigungsstelle nicht geeignet. Er, der Konzernbetriebsrat, habe bereits in der Vergangenheit in einem ähnlichen Sachverhalt mit Herrn Dr. K Berührung gehabt. In dem Beschwerdeverfahren Landesarbeitsgericht Köln - 3 TaBV 49/15 - betreffend die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Sicherheitskonzept des D Air Hub L 2015" habe Herr Dr. K gemäß dem Antrag der Arbeitgeberin einen Vorsitzenden eingesetzt, obwohl er, der Konzernbetriebsrat, schriftlich Einwände gegen dessen Eignung als Vorsitzenden vorgebracht habe.



    Der Konzernbetriebsrat beantragt,



    Die Arbeitgeberin beantragt,



    Sie ist der Auffassung, dass ein Einigungsstellenvorsitzender nicht deswegen abgelehnt werden könne, weil er in er Vergangenheit in einer Rechtssache den Antrag eines Beteiligten negativ beschieden habe. In die Person des vom Konzernbetriebsrat vorgeschlagenen Vorsitzenden habe sie, die Arbeitgeberin, nicht das notwendige Vertrauen.



    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



    II.



    Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Herrn Dr. K gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS)" bestellt und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 BetrVG die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf vier festgesetzt.



    1.) Die Einigungsstelle ist für die Regelung der Angelegenheit nicht offensichtlich unzuständig iSd. § 100 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Dass es sich bei der Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS) um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt, bei der die Einigungsstelle gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG im Falle der Nichteinigung entscheidet, steht zwischen den Beteiligten außer Streit und dürfte keinen Zweifeln unterliegen. Auch über die Zahl der Beisitzer besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.



    2.) Die mit der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Bestellung des Vorsitzenden greifen nicht durch und können nicht zur Bestellung eines anderen Vorsitzenden führen.



    a) Maßgebend für die gerichtliche Bestellung des Einigungsstellenvorsitzenden ist, dass er die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und aufgrund seiner Sach- und Rechtskunde auch die Gewähr für eine zügige Durchführung des Einigungsstellenverfahrens bietet (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. August 2008 - 14 TaBV 1212/08 -, Rn. 31, juris).



    aa) Die notwendige Sach- und Rechtskunde ist bei Herrn Dr. K unzweifelhaft gegeben. Herr Dr. K ist aufgrund seiner langjährigen richterlichen Erfahrung in mehreren Instanzen und wegen seiner ebenfalls langjährigen Praxis als Vorsitzender von Einigungsstellen in der Lage, auch äußerst komplexe Angelegenheiten betriebsverfassungsrechtlich zu begleiten und einer Lösung zuzuführen. Seine Sach- und Fachkunde wird auch von keinem Beteiligten ernsthaft in Zweifel gestellt.



    bb) Ebenso sind von Herrn Dr. K die notwendige Überparteilichkeit und eine neutrale Verhandlungsführung zu erwarten. Die Erfüllung dieser Anforderungen wird durch die von dem Konzernbetriebsrat angeführte Entscheidung in einem früheren Rechtsstreit nicht in Frage gestellt.



    (1) Allerdings setzt die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung ein diesbezügliches Vertrauen beider Betriebspartner voraus. Werden von einem der Beteiligten nachvollziehbare, stichhaltige Gründe für das Fehlen eines solchen Vertrauens vorgetragen, darf der von der anderen Seite vorgeschlagene Kandidat nicht bestellt werden (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 02. Juli 2004 - 7 TaBV 19/04 -, Rn. 12, juris; GMP/Schlewing ArbGG § 100 Rn. 24, beck-online). Ein schlichtes "nein" einer der Beteiligten zu einem Vorsitzenden reicht hierzu aber nicht aus. Die gegenteilige Auffassung (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25. August 2014 - 9 TaBV 39/14 -, Rn. 45, juris; Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 10. August 2015 - 7 TaBV 43/15 -, Rn. 24, juris; Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Juni 1985 - 14 TaBV 61/85 -, Ls. 3, juris; GK-BetrVG/Jacobs, 11. Aufl. 2018, § 76 BetrVG, Rn. 63; Herbert, DB 2014, 2596 f.; wohl auch Natter/Gross, 2. Aufl. 2013, § 98 ArbGG, Rn. 14) kann nicht überzeugen (so auch Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. September 2017 - 12 TaBV 7/17 -, Rn. 29, juris; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. Juli 2017 - 4 TaBV 23/17 -, Rn. 25, juris; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. September 2010 - 15 TaBV 4/10 -, Rn. 55, juris). Denn die Ablehnung eines von der Gegenseite vorgeschlagenen Vorsitzenden kann viele Gründe haben, die von der Überzeugung von der besseren Eignung einer anderen Person über rein taktischen Erwägungen bis hin zu einer generellen Ablehnung von Personenvorschläge der Gegenseite reichen können, ohne dass ein Vertrauen in die neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung der von der Gegenseite benannten Person fehlen muss (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. September 2017 - 12 TaBV 7/17 -, Rn. 29 - 32, juris). Beachtlich sind vielmehr nur solche Tatsachen und konkret begründeten Befürchtungen gegen die Eignung des Vorsitzenden, die sich mit dem Begriff verifizierbare Bedenken zusammenfassen lassen (Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 08. Mai 1995 - 7 TaBV 2/95 -, LAGE Nr. 29 zu § 98 ArbGG 1979; Francken, NJW 2007, 1792, 1795; Tschöpe, NZA 2004, 945, 947). Auch wenn insoweit keine zu hohen Substantiierungsanforderungen bestehen, kann subjektiven Bedenken nur Rechnung getragen werden, wenn sie hinreichend auf objektive Umstände hindeuten und nicht nur vorgeschoben erscheinen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2015- 21 TaBV 745/15 -, Rn. 33; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 09. April 2018 - 9 TaBV 10/18 -, Rn. 17, juris; Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Juni 1989 - 6 TaBV 23/89 -, Ls. 3, juris; siehe auch Tschöpe, NZA 2004, 945, 947, der insoweit einen großzügigen Maßstab anlegen will).



    (2) Dass Herr Dr. K in einem Beschwerdeverfahren trotz der von dem Konzernbetriebsrat vorgebrachten Bedenken einem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen hatte, deutet in diesem Sinne nicht hinreichend auf einen objektiven Umstand hin, der geeignet wäre, Misstrauen in seine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung in der Einigungsstelle zu begründen. Denn dieser Einwand bezieht sich auf die spruchrichterliche Tätigkeit des Vorsitzenden. Im Rechtsstreit ist der Richter gemäß Art. 97 Abs. 1 GG unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Anders als im Einigungsstellenverfahren muss er den Fall entscheiden, ohne die Verhandlungsleitung primär oder gar zwingend an einer Verständigung der Parteien auszurichten. Daher können zwar konkret vorgetragene Erfahrungen eines Beteiligten mit einem Richter, die aus einem vorangegangenen Einigungsstellenverfahren herrühren, die Befürchtung, der Vorsitzende sei in der Tendenz eher arbeitgeber- bzw. betriebsratsfreundlich oder zu stark bemüht, einen Spruch der Einigungsstelle zu vermeiden, die erneute Bestellung als Vorsitzenden ausschließen (Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 09. April 2018 - 9 TaBV 10/18 -, Rn. 18, juris; vgl auch Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. September 2010 - 15 TaBV 4/10 -, Rn. 55, juris; Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. Mai 2008 - 4 TaBV 97/08 -, Rn. 26, juris). Eine von dem Richter in einem von der konkreten Einigungsstelle unabhängigen früheren Rechtsstreit vertretende Rechtsauffassung kann dies aber nicht. Das heißt nicht, dass Erfahrungen aus einem früheren Rechtsstreit unter Vorsitz des nunmehr vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden für das Verfahren nach § 100 ArbGG völlig unbeachtlich wären. Sie können insoweit Beachtung finden, als sie nicht aus der reinen Rechtsfindung, sondern aus der Art und Weise der Verhandlungsleitung oder der äußeren Form der Erledigung der richterlichen Amtsgeschäfte herrühren (siehe auch Tschöpe NZA 2004, 945, 947). Bedenken, die den Inhalt der richterlichen Spruchtätigkeit betreffen, etwa dass der Richter schon zu Ungunsten eines Beteiligten entschieden hatte, sind für sich allein hingegen nicht geeignet, ein fehlendes Vertrauen in die Überparteilichkeit und neutrale Verhandlungsführung eines Vorsitzenden in der Einigungsstelle zu begründen. Sie würden auf ein bloßes "Nachkarten" hinauslaufen. Ungeachtet dessen gilt es im Einigungsstellenbesetzungsverfahren dem Eindruck nachhaltig vorzubeugen, nur einem Beteiligten genehm entscheidende Richter könnten zu Einigungsstellenvorsitzenden bestellt werden.



    b) Der Bestellung des Herrn Dr. K steht nicht entgegen, dass er von keinem Beteiligten vorgeschlagen worden war und dass das Arbeitsgericht insoweit in seinem Beschluss von den Anträgen der Parteien abgewichen ist. Denn im Verfahren nach § 100 ArbGG ist das Arbeitsgericht an Vorschläge der Parteien nicht gebunden.



    aa) Das Bestellungsverfahren nach § 100 ArbGG ist als eines der "Beschlussverfahren in besonderen Fällen" (Überschrift Zweiter Abschnitt/Vierter Unterabschnitt) eigenständig geregelt. § 100 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ordnet demgemäß nur eine entsprechende Anwendung der §§ 80 bis 84 ArbGG an. Im Gegensatz zum allgemeinen Beschlussverfahren, in dem Rechtsstreitigkeiten der Beteiligten entschieden werden, gestaltet § 100 ArbGG das Verfahren der Gerichte für Arbeitssachen so, dass sie ihren Regelungsaufträgen aus § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG nachkommen und die fehlende Einigung der Beteiligten über die Person des Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer ersetzen zu können (Hennige, Das Verfahrensrecht der Einigungsstelle, 1996, S. 87 f.; ihr folgend



    Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 10. August 2015 - 7 TaBV 43/15 -, Rn. 22, juris; GK-BetrVG/Jacobs, 11. Aufl. 2018, § 76 BetrVG, Rn. 63). Der aus der Dispositionsmaxime des Zivilprozesses ableitbare, in § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte und in § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für das allgemeine Beschlussverfahren übernommene Grundsatz der Bindung des Gerichts an die Parteianträge (dazu BAG, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 ABR 4/88 -, BAGE 62, 100-108, Rn. 20) gilt daher im Bestellungsverfahren nach § 100 ArbGG nur eingeschränkt. Keiner der Beteiligten hat einen Anspruch auf Durchsetzung einer seiner Auffassung nach richtigen personellen Besetzung der Einigungsstelle (Hennige, Das Verfahrensrecht der Einigungsstelle, 1996, S. 88). Vielmehr besteht insoweit ein weitreichender Ermessensspielraum der Gerichte (GK-BetrVG/Jacobs, 11. Aufl. 2018, § 76 BetrVG, Rn. 63 mw.N.). Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist insoweit vergleichbar der des Amtsgerichts bei der Bestellung eines Vereinsvorstands (Fitting, 29. Aufl. 2018, § 76 BetrVG, Rn. 25), bei der ebenfalls eine unparteiische Person zu bestellen ist und keine Bindung an Bestellungsvorschläge besteht (OLG München, Beschluss vom 11. September 2007 - 31 Wx 49/07 -, Rn. 27, juris; NK-BGB/Heidel/Lochner, 3. Aufl. 2018, § 29 BGB, Rn. 6).



    bb) Der Ermessensspielraum der Gerichte für Arbeitssachen ist allerdings nicht grenzenlos. Eine Bindung an die Anträge bzw. Vorschläge der Beteiligten besteht nach wohl allgemeiner Auffassung insoweit, als das Gericht einen von beiden Seiten vorgeschlagenen und akzeptierten Vorsitzenden zu bestellen hat (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 10 TaBV 2829/09 -, Rn. 47, juris; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 3 TaBV 8/14 -, Rn. 35, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 24. Februar 2017 - 9 TaBV 11/17 -, Rn. 32, juris; Wenning-Morgenthaler, Die Einigungsstelle, 7. Aufl. 2017, Rn. 108). Denn eine Ermessensbetätigung des Gerichts, die den übereinstimmenden Willen der Beteiligten außer Acht ließe, wäre fehlerhaft. Andererseits kann es auch nicht Aufgabe des Gerichts sein, den Beteiligten solange geeignete Vorsitzende vorzuschlagen, bis eine Person gefunden wird, auf die sich beide Seiten verständigen können. Denn den Gerichten für Arbeitssachen kommt im Verfahren nach § 100 ArbGG bei der Bestellung des Vorsitzenden mehr als eine Moderatorenrolle zu: Sie haben zeitnah eine sachgerechte Entscheidung zu treffen.



    cc) Dabei ist es in den Fällen, in denen die Vorschläge der Beteiligten von der Gegenseite jeweils nicht akzeptiert werden, regelmäßig sachgerecht, eine von den Beteiligten nicht in Betracht gezogene Person zu bestellen, wenn von beiden Seiten nachvollziehbare Einwände gegen die vorgeschlagenen Personen vorgebracht werden (vgl. Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25. August 2014 - 9 TaBV 39/14 -, Rn. 39, juris; LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. August 2008 - 14 TaBV 1212/08 -, Rn. 31, juris; Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 16. August 1976 - 3 TaBV 43/76 -, Ls., juris; GMP/Schlewing ArbGG § 100 Rn. 24, beck-online; HWK/Treber, 8. Aufl. 2018, § 100 ArbGG, Rn. 7; Tschöpe, NZA 2004, 945, 946). Eine solche Fallkonstellation lag hier zwar nicht vor: Der Konzernbetriebsrat hatte bei dem von der Antragstellerin zunächst vorgeschlagenen Vorsitzenden, einem ehemaligen Richter und Rechtswissenschaftler, lediglich beanstandet, dass er bislang zum Regelungsgegenstand nichts veröffentlich habe. Das allein kann aber keine fehlende Eignung dieses Vorsitzenden rechtfertigen. Die Antragstellerin hatte sich ohne jegliche nähere Begründung darauf berufen, dass sie kein Vertrauen in den vom Konzernbetriebsrat vorgeschlagenen, ebenfalls sehr erfahrenen und schriftstellerisch ausgewiesenen Vorsitzenden habe. Woher dieses fehlende Vertrauen stammen soll, hat sie nicht näher dargelegt.



    dd) Die Notwendigkeit der Bestellung eines von keiner Seite vorgeschlagenen Dritten besteht aber auch im - hier vorliegenden - umgekehrten Fall, dass die wechselseitigen Ablehnungen der vorgeschlagenen Vorsitzenden nicht nachvollziehbar begründet werden. Lehnen beide Beteiligten im Verfahren nach § 100 ArbGG die von der anderen Seite vorgeschlagene Person mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung ab, führt dies ebenso wie bei begründeten Einwänden gegenüber den vorgeschlagenen Personen zu einer Pattsituation, die das Gericht aufzulösen hat, um der ihm zugewiesenen Regelungsaufgabe aus § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zu erfüllen. Da es nicht sachgerecht ist, darauf abzustellen, welche Person zeitlich als erste vorgeschlagen worden war (Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 10. August 2015 - 7 TaBV 43/15 -, Rn. 27, juris; Hennige, Das Verfahrensrecht der Einigungsstelle, 1996, S. 89; aA. LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 10 TaBV 2829/09 -, Rn. 48, juris), ist nach richtiger Ansicht auch in einem solchen Fall ein Dritter zu bestellen (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04. Juni 2010 - 6 TaBV 901/10 -, Rn. 13, juris; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. Mai 2009 - 9 TaBV 10/09 -, Rn. 20, juris; GK-ArbGG/Schleusener, § 100, Rn. 33). Dies folgt aus dem Umstand, dass sich die Auswahl unter einer der beiden vorgeschlagenen Personen mangels verifizierbarer Bedenken nicht sachlich begründen ließe, ohne bei diesen Personen weitergehende und ggf. zeitaufwendige Nachforschungen anzustellen, welche von ihnen besser geeignet sei. Dies stünde dem Willen des Gesetzgebers, das Bestellungsverfahren gemäß § 100 ArbGG zügig einer Entscheidung zuzuführen (vgl. Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. April 2013 - 4 TaBV 14/13 -, Rn. 70, juris) entgegen und würde überdies zu Vergleichen zwischen den Personen und ggf. zu einer Diskreditierung der Kandidaten führen (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04. Juni 2010 - 6 TaBV 901/10 -, Rn. 13, juris).



    c) Das Arbeitsgericht hatte den Beteiligten vor der Bestellung von Herrn Dr. K das erforderliche rechtliche Gehör (dazu Landesarbeitsgericht München, Beschluss vom 31. Januar 1989 - 3 TaBV 62/88 -, juris; Hennige, Das Verfahrensrecht der Einigungsstelle, 1996, S. 89; GK-BetrVG/Jacobs, 11. Aufl. 2018, § 76 BetrVG, Rn. 63) gewährt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu seiner Person zu äußern. Im Anhörungstermin vom 26.03.2018 hatten sich die Beteiligten sogar widerruflich auf Herrn Dr. K als Vorsitzenden verständigt. Der Vergleich war dann seitens des Konzernbetriebsrats unter Beifügung der Kopie des zugrundeliegenden Konzernbetriebsratsbeschlusses vom 04.04.2018 widerrufen worden, ohne dass spezifizierte Einwände gegen Herrn Dr. Kreitner erhoben worden wären.



    d) Der Bestellung von Herrn Dr. K scheitert schließlich nicht an § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG, wonach ein Richter nur dann zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bestellt werden darf, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Das ist hier der Fall. Zwar hat die Arbeitgeberin ihren Sitz im Sprengel des Landesarbeitsgerichts K . Nach dem Geschäftsverteilungsplan 2018 des Landesarbeitsgerichts (dort Nr. VI.3) fallen aber Sachen, die sich auf die Überprüfung, Auslegung oder Anwendung eines Einigungsstellenspruchs beziehen, in die Zuständigkeit der Vertreterkammer, wenn der Kammervorsitzende Mitglied der Einigungsstelle war. Auf diese Weise wird die Einhaltung der gesetzlichen Regelung sichergestellt (vgl. Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Juni 1989 - 6 TaBV 23/89 -, Ls. 1,2, juris; GMP/Schlewing ArbGG § 100 Rn. 25, beck-online). Eine Umgehung des § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG ist in einer solchen geschäftsplanmäßigen Regelung nicht zu sehen, da die Norm auf die konkrete Person des Richters und nicht auf die Zuständigkeit des Gerichts abstellt. Dagegen lässt sich auch nicht mit der vorrangigen Ausübung des Richteramts als Zweck des § 100 Abs. 1 Satz 5 BetrVG argumentieren (so aber GK-BetrVG/Jacobs, 11. Aufl. 2018, § 76 BetrVG, Rn. 65). Denn dieser Zweck lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Die Regelung des § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG (vormals § 98 Abs. 1 Satz 3 ArbGG) ist vor dem Hintergrund erfolgt, dass vor allem Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit als Einigungsstellenvorsitzende bestellt werden. Der Gesetzgeber hielt eine Regelung für notwendig, "die von vornherein klarstellt, dass ein Richter, auch der zweiten und dritten Instanz, als Einigungsstellenvorsitzender nicht in Frage kommt, wenn er aufgrund der Geschäftsverteilung mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst werden könnte" (BT-Drucksache 13/10242, S. 5). § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG soll damit einer (Selbst-)Ablehnung des Richters vorbeugen und nicht einen Vorrang des Richteramtes postulieren.

    Vorschriften§ 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 76 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, § 100 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, § 87 Abs. 2 BetrVG, Art. 97 Abs. 1 GG, § 100 ArbGG, § 100 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, §§ 80 bis 84 ArbGG, § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG, § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 100 Abs. 1 Satz 5 ArbGG, § 100 Abs. 1 Satz 5 BetrVG, § 98 Abs. 1 Satz 3 ArbGG