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  • 02.12.2020 · IWW-Abrufnummer 219256

    Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 25.06.2020 – 6 Sa 664/19

    1. Die bloße Tatsache, dass eine Arbeitsunfähigkeit kurze Zeit nach Erteilung einer Abmahnung begonnen hat, ist nicht geeignet, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern.

    2. Haben die Parteien im Arbeitsvertrag eine GPS-Überwachung zur "Kilometer- und Arbeitszeitdokumentation" vereinbart, ist es am Arbeitgeber, seine Behauptung, der Kläger habe nicht gearbeitet, unter Zurhilfenahme dieser Daten zu konkretisieren. Ein bloßes Bestreiten der Arbeitsleistung reicht nicht.

    3. Der Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB stellt üblicherweise eine Kombination aus Ersatz des aufgrund der fristlosen Kündigung entgangenen Entgelts und einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsverhältnisses dar. Dabei besteht kein Anlass, bei einer groben Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers, die Abfindung auf die Hälfte des regelmäßigen Monatsbruttoentgelts pro Beschäftigungsjahr zu beschränken.


    Tenor:
    I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.10.2019- 4 Ca 471/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:


    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Arbeitsentgelt und Entgeltfortzahlung für den Monat Juli 2017 zu zahlen in Höhe von 4.137,57 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2017.


    2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Entgeltfortzahlung für den Monat August 2017 zu zahlen in Höhe von 3.336,75 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2017.


    3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB einen Betrag in Höhe von 32.067,00 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2018.


    4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Karenzentschädigung für die Monate Dezember 2017 bis September 2019 einen Betrag in Höhe von insgesamt 45.179,70 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz


    aus 3.803,90 € seit dem 06.02.2018


    aus 8.275,16 € seit dem 24.05.2018


    aus 4.137,58 € seit dem 01.08.2018


    und


    aus jeweils 2.068,79 € seit dem 01.09.2018, 01.10.2018, 01.11.2018, 01.12.2018, 01.01.2019, 01.02.2019, 01.03.2019, 01.04.2019, 01.05.2019, 01.06.2019, 01.07.2019, 01.08.2019, 01.09.2019, 01.10.2019.


    5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Urlaubsabgeltung einen Betrag in Höhe von 2.864,47 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.05.2018.


    6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Jahre 2016 und 2017 einen Buchauszug über die getätigten Geschäftsabschlüsse im Bereich Sicherheitsunterweisung, Sicherheitsschulungen und sicherheitstechnische Betreuung zu erteilen.


    7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


    8. Die Widerklage einschließlich ihrer Erweiterung in der Berufungsinstanz wird abgewiesen.


    II. Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen.


    III. Die Kosten des Rechtsstreits sind zu 20% vom Kläger und zu 80 % von der Beklagten zu tragen.


    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis und im Rahmen der Widerklage um Schadensersatzforderungen der Arbeitgeberin gegen den Arbeitnehmer.



    Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 15.03.2010 als Fachkraft für Arbeitssicherheit beschäftigt. Er hatte in dieser Funktion für den jeweiligen Kunden vor Ort seine Arbeit zu erledigen, und zwar in K und der regionalen Umgebung sowie bundesweit, jedoch vorwiegend in und Richtung S . Vereinbarungsgemäß erhielt der Kläger im Jahre 2016 ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 4.014,66 € und im Jahre 2017 ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 4.137,57 €. In fünf von 19 Monaten erhielt er zusätzlich pauschalierte Leistungen zur Abgeltung von Mehrarbeit nämlich jeweils 1.500,00 € im Oktober 2016 und Januar 2017 und jeweils 750 € im Februar, April und Mai 2017 (vgl. die von der Beklagten erstellte Übersicht, Anlage BK 25, Bl. 521). In § 12 der Arbeitsvertragsurkunde haben die Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung und unter Bezugnahme auf §§ 75 ff HGB für die Dauer von 2 Jahren vereinbart. In § 17 der Vertragsurkunde heißt es wörtlich: "Ansprüche aus diesem Dienstvertrag sind innerhalb von 6 Wochen nach Beendigung dieses Dienstvertrages geltend zu machen." Mit der Vertragsurkunde vom 18.12.2015 (Anlage K3, Bl. 24 d.A.) erklärte sich der Kläger mit einer Kilometer- und Arbeitszeitdokumentation mittels GPS-Aufzeichnung einverstanden. Dabei wurde vereinbart, dass der Arbeitstag mit der Fahrt zum jeweiligen Einsatzort ab der Wohnung des Klägers beginne. Standzeiten zwischen Kundenterminen seien zur Vor- und Nachbereitung sowie für Telefonate zu nutzen.



    Mit Schreiben vom 05.07.2017 wandte sich der Kläger an die Beklagte und forderte sie auf, weitere von ihm behauptete Mehrarbeit zu vergüten, eine Provisionsabrechnung zu erteilen und zukünftig auf die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit zu achten. Eine Woche später, mit Schreiben vom 13.07.2017 mahnte die Beklagte den Kläger ab mit dem Vorwurf, seine Berichte über die Kundentermine seien nicht ordnungsgemäß erstellt worden. Ab dem nächsten Tag, dem 14.07.2017, erbrachte der Kläger keine Arbeitsleistung mehr und legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, deren Beweiswert die Beklagte im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits in Frage gestellt hat. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungs-Zeitraums, nämlich für die Zeit ab dem 25.08.2017, bezog der Kläger Krankengeld. Für den Zeitraum davor, nämlich für die Monate Juli und August zahlte die Beklagte weder Entgelt für geleistete Arbeit noch Entgeltfortzahlung für den Krankheitsfall. Mit Schreiben vom 11.09.2017 war es deshalb dieses Mal der Kläger, der die Beklagte abmahnte. Die Abmahnung erfolgte wegen der besagten Nichtauszahlung der Vergütung für die Monate Juli und August 2017 sowie wegen ausstehender Reisekostenentschädigung für die Monate Juni und Juli 2017. Der Kläger stellte der Beklagten in Aussicht, er werde das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, wenn seine Forderungen nicht erfüllt würden. Knapp drei Monate nach der Abmahnung, immer noch war für die Monate Juli und August 2017 von der Beklagten keinerlei Entgelt geleistet worden, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 04.12.2017, der Beklagten am 05.12.2017 zugegangen, das Arbeitsverhältnis fristlos. Nachdem der Kläger für seine Wettbewerbsenthaltung die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung geltend gemacht hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 28.02.2018 auf das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot zu verzichten.



    Mit der seit dem 27.07.2017 anhängigen und mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger Entgeltansprüche aus unterschiedlichen Gesichtspunkten geltend gemacht: Mehrarbeitsvergütung; Vergütung von geleisteter Arbeit und Entgeltfortzahlung für die Monate Juli und August 2017; Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2017; Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB; Karenzentschädigung; Provisionsansprüche; Urlaubsabgeltung.



    Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe 52,5 Stunden wöchentlich gearbeitet, obwohl er laut Arbeitsvertrag nur zu einer Arbeitsleistung von 48 Wochenstunden verpflichtet sei. Diese 4,5 Arbeitsstunden pro Woche seien mit jeweils 25,00 € zu vergüten. Da die Mehrarbeit regelmäßig geleistet worden sei, sei sie auch bei der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen. In der Zeit vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2017 seien mit 78 Wochen und jeweils 4,5 Stunden Mehrarbeit Vergütungsrückstände in Höhe von 8.775,00 € aufgelaufen [Antrag zu 1].



    Die Beklagte habe allen Beschäftigten ab dem 01.01.2015 ein Provisionssystem zugesagt mit den folgenden Parametern: Bei Neukunden Provision 3 % vom Jahresumsatz; bei Auftragserweiterungen durch Bestandskunden 1,5 % vom Jahresumsatz. Die Beklagte habe aber keine Provisionsabrechnungen erstellt. Deshalb begehre er mit der Klage Auskunft, Abrechnung und Buchauszug [Antrag zu 2].



    Im Juli 2017 habe er bis zum 13.07.2017 Arbeitsleistung erbracht, danach sei er arbeitsunfähig gewesen und habe daher einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zum 25.08.2017. Der Juli sei mithin voll zu vergüten, der August anteilig [Anträge zu 3 und 4].



    Die von ihm geltend gemachten Reisekosten für Juni (973,75 €) und Juli(892,15 €) entsprächen den Fahrtkostenabrechnungen, die er der Beklagten überreicht habe und die bis zuletzt nicht beglichen worden seien [Anträge zu 5 und 6].



    Die Beklagte habe ihm Anlass für die fristlose Kündigung gegeben. Als Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB mache er analog §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von acht Monatsgehältern geltend [Antrag zu 7].



    Des Weiteren mache er mit der Klage die Karenzentschädigung gemäß § 12 des Arbeitsvertrages geltend für die Monate Dezember 2017 - dieser nur anteilig - bis einschließlich September 2019 in Höhe von jeweils 2.443,26 €. Der Verzicht der Beklagten auf das Wettbewerbsverbot sei nicht wirksam, weil es erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt worden sei [Anträge zu 8, 9, 11 bis 16].



    Schließlich habe die Beklagte bis zuletzt die ihm zustehende Urlaubsabgeltung nicht abgerechnet und ausgezahlt [Antrag zu 10].



    Die Widerklage der Beklagten sei unbegründet. Ihr stehe kein Schadensersatzanspruch zu. Er habe nicht auf eine Art mangelhaft gearbeitet, die zu einem Schaden bei der Beklagten habe führen können. Sowohl beim Kunden M W als auch beim Kunden W habe er alle vereinbarten Termine bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit wahrgenommen.



    Der Kläger hat zuletzt vor dem Arbeitsgericht beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.775,00 € brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen [Mehrarbeitsvergütung];2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Verträge sie mit Kunden schloss, die Provisionen für den Kläger begründen; die Beklagte weiter zu verurteilen, den Kläger über die Höhe der Umsätze Auskunft zu erteilen, die diese mit Kunden tätigte; die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Buchauszug für die Jahre 2016 und 2017 über die Geschäftsabschlüsse im Bereich Sicherheitsunterweisung, Sicherheitsschulung und sicherheitstechnische Betreuung zu verurteilen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.887,57 € brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2017 zu zahlen [Entgelt Juli 2017];4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.072,95 € brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.09.2017 zu zahlen [Entgelt August 2017];5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 973,75 € netto Auslagenerstattung für Juni 2017 zu zahlen [Auslagenerstattung Juni 2017];6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 892,15 € netto an Auslagenerstattung Juli 2017 zu zahlen [Auslagenerstattung Juli 2017];7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.099 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit [Schadensersatz § 628 Abs. 2 BGB];8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.480,12 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen [Karenzentschädigung für Dezember 2017 anteilig und Januar 2018];9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.774,80 € brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen [Karenzentschädigung 02/18 - 05/18];10. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.887,57 € brutto zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit [Urlaubsabgeltung];11. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.887,52 € brutto zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2018 zu zahlen [Karenzentschädigung 06/18 + 07/18];12. die Beklagte zu verurteilen an ihn vier 24.432,60 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.01.2019 zu zahlen [Karenzentschädigung 08/18 bis 05/19];13. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.443,96 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2019 zu zahlen [Karenzentschädigung 06/19];14. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.443,96 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2019 zu zahlen [Karenzentschädigung 07/19];15. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.443,96 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.09.2019 zu zahlen [Karenzentschädigung 08/19];16. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.443,96 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.10.2019 zu zahlen [Karenzentschädigung 09/19].



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

    1. den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an sie 33.630,43 € zu zahlen;2. den Kläger zu verurteilen, an sie Auskünfte zu erteilen, über die von ihm erzielten Arbeitslosengelder oder anderer Verdienste in dieser Zeit;3. den Kläger zu verurteilen, den Nachweis seiner Einkünfte für den Zeitraum vom 12.07.2018 bis zum 30.09.2018 sowie vom 01.10.2018 bis 31.03.2019 sowie vom 01.04.2019 an bis zum heutigen Tage vorzulegen.



    Der Kläger hat beantragt,

    die Widerklage abzuweisen.



    Die Beklagte hat zur Klage vorgetragen, der Kläger habe keine Zahlungsansprüche für Juli und August. Es werde die von ihm behauptete Arbeitsleistung genauso bestritten, wie die angeblich bestehende Arbeitsunfähigkeit. Die zeitliche Nähe der Krankmeldung zur Abmahnung zerstöre den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Selbst wenn Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgelegen habe, sei nicht bekannt, ob es sich um eine neue oder eine Folgeerkrankung gehandelt habe. Ein Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB bestehe nicht, da im Zeitpunkt der Kündigung ein wichtiger Grund nicht vorgelegen habe. Der Kläger habe für Juli und August schon deshalb keinen Entgeltanspruch gehabt, weil er zuvor zu viel Entgelt erhalten habe. Ein Anspruch auf Karenzentschädigung bestehe nicht, da sie mit Schreiben vom 26.02.2018 auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichtet habe - hilfsweise rechne sie die vermeintlichen Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Karenzentschädigung mit ihren Ansprüchen aus Überzahlung und auf Schadensersatz auf. Auch ein Anspruch auf Provisionszahlung bestehe nicht. Zwar sei im Jahre 2016 ein Betrag in Höhe von 505,35 € geflossen, für das Jahr 2017 sei aber wegen des Fehlens der durch den Kläger zu erbringenden Dokumentation nicht ersichtlich, welche Kunden besucht worden seien. Ein Anspruch auf Zahlung von Mehrarbeit komme ebenso wenig in Betracht. Der Kläger habe seine Termine selbst koordiniert. Soweit in der Vergangenheit Mehrarbeit vergütet worden sei, sei dies im Vertrauen auf die Angaben des Klägers geschehen und sei daher weder als Geständnis noch Anerkenntnis zu betrachten. Auch Ansprüche auf Zahlung von Reisekosten seien nicht gegeben; die Angaben des Klägers hierzu seien nicht nachvollziehbar und daher nicht überprüfbar.



    Zur Widerklage hat die Beklagte vorgetragen, die Firmen M . W und W B hätten sie auf Rückzahlung vorausgezahlter Leistungen für das Jahr 2017 mit der Begründung in Anspruch genommen, die versprochenen Leistungen seien (durch den Kläger) nicht erbracht worden. Nach langen Verhandlungen habe man sich mit der Firma W auf einen Betrag in Höhe von 4.590,52 € und mit der Firma M . W auf einen Betrag in Höhe von 29.039,71 € einigen können. Diese Beträge seien als Schadensersatz vom Kläger zu erstatten.



    Mit dem am 14.10.2019 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Köln die Widerklage abgewiesen und der Klage in weitem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch in rechnerisch unstreitiger Höhe auf Zahlung des Entgelts für die Monate Juli und August. Der Kläger habe nämlich seine Arbeitsleistung mit Screenshots, Emails und Protokollen dargelegt und konkretisiert. Das Bestreiten der Beklagten sei demgegenüber pauschal und daher im prozessualen Sinne nicht erheblich. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung sei nicht erschüttert. Aus einer Auskunft der Krankenkasse ergebe sich, dass es sich bei den gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht um eine Fortsetzungskrankheit gehandelt habe. Der Höhe nach sei der Anspruch richtig am zuletzt geleisteten Festgehalt errechnet worden. Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz aus § 826 Abs. 2 BGB bestehe in Höhe von 18.939,33 €. Beharrlich und trotz Abmahnung sei die Beklagte in einem erheblichen Umfang im Zahlungsrückstand gewesen. Der Höhe nach sei aber die Abfindung im Rahmen des § 628 Abs. 2 BGB auf die Regelabfindung zu beschränken, denn jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass dem Kläger für die Zeit nach der Kündigung die Karenzentschädigung zustehe. Ein Anspruch auf Auskunft über die provisionsrelevanten Geschäfte habe der Kläger nicht, da die Auskunft mit der Mitteilung "Provision 0" erteilt worden sei. Dafür bestehe aber der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Karenzentschädigung für die Zeit bis zum Monat September 2019 ergebe sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, die Höhe habe der Kläger mit 50 % von den durchschnittlichen Einkünften (= 2.443,70 €) richtig berechnet. Der Verzicht der Beklagten auf das Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe keine Auswirkungen auf den Anspruch. Die Anrechnung anderweitigen Verdienstes führe nicht zu einer Beschränkung des Anspruchs. Das bezogene Krankengeld, das Übergangsgeld und das Arbeitslosengeld könne angerechnet werden, wie vom Kläger geschehen, ohne dass die Maximalgrenze von 110 % nach § 74 c Abs. 1 HGB überschritten worden wäre. Einen darüber hinaus gehenden anderweitigen Verdienst habe die Beklagte nicht dargelegt. Der vom Kläger mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Mit Blick auf die geforderte Mehrarbeitsvergütung und die Reisekosten sei die Klage aber abzuweisen gewesen; hinsichtlich der Mehrarbeit fehle es an hinreichend konkretem Vortrag zu Anordnung, Duldung, Nützlichkeit etc., der Antrag auf Zahlung von Reisekosten sei abzuweisen gewesen, weil es an jeglichem Vortrag zur Berechnung des Anspruchs fehle. Die Widerklage sei unbegründet. Der Anspruch der Beklagten auf Auskunft über anderweitigen Verdienst sei erfüllt und daher gemäß § 362 BGB untergegangen. Auch ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Kläger bestehe nicht. Schadensersatz setze schuldhaftes Verhalten voraus, das nicht dargelegt worden sei. Außerdem fehle es an Vortrag zur haftungsausfüllenden Kausalität.



    Gegen das ihm am 02.12.2019 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger am 16.12.2019 Berufung eingelegt und diese am 23.12.2019 begründet. Die Beklagte ihrerseits hat gegen das ihr am 28.11.2019 zugestellte Urteil bereits am 22.11.2018 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 27.02.2020 begründet.



    Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor, das Urteil sei unrichtig, soweit es den Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB auf 18.939,33 € beschränke. Grundsätzlich lege § 10 KSchG ein volles Entgelt pro Beschäftigungsjahr zugrunde. Es gebe hier keinen Anlass von dieser Berechnung abzuweichen. Ein neues Arbeitsverhältnis habe erst am 01.03.2019 begründet werden können - zu deutlich schlechteren Bedingungen und nach notwendigem Umzug nach Bayern. Die Karenzentschädigung könne nach seiner Auffassung keine Auswirkungen auf die Höhe der Abfindung haben, denn sie sei ohnehin zu zahlen gewesen. Es sei im Urteil des Arbeitsgerichts auch die Grobheit des Auflösungsverschuldens der Beklagten außer Betracht geblieben. Zur Berufung der Beklagten sei anzumerken, dass den geltend gemachten Ansprüchen die Ausschlussklausel in § 17 des Arbeitsvertrages entgegenstehe.



    Der Kläger beantragt zuletzt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.10.2019 dahingehend zu ändern, dass unter Ziffer 3 die Beklagte verurteilt wird, an ihn insgesamt 37.879,66 € brutto zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2019.



    Die Beklagte beantragt unter teilweiser Rücknahme der Widerklage und unter Erweiterung derselben:

    I. Die Berufung des Klägers zurückzuweisen;II. Auf ihre Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.10.2019 - 4 Ca 471/18 - wie folgt abzuändern:1. die Klage wird abgewiesen.2. auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt,a) an sie 36.212,23 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;b) an sie 14.616,65 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Der Kläger beantragt,

    die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Widerklage einschließlich der Klageerweiterung abzuweisen.



    Zur Berufung des Klägers trägt die Beklagte vor, die Klage sei insgesamt abzuweisen gewesen. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung habe nicht vorgelegen. Alle Ansprüche, die eine wirksame Kündigung vorausgesetzt hätten, seien daher unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger bestehe nach wie vor, sogar ein höherer Betrag, als zunächst vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht. Die Widerklage sei daher in der Berufungsinstanz zu erweitern gewesen. Im Einzelnen:



    Bereits im September 2016 habe sich der Kläger mit dem Geschäftsführer der Beklagten telefonisch geeinigt, das Arbeitsverhältnis im Laufe des kommenden Jahres zu beenden. Der 31.08.2017 sei als spätester in Frage kommender Termin vom Kläger avisiert worden. Die jetzt ausgesprochene fristlose Kündigung sei also nur vorgeschoben und daher treuwidrig.



    Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Entgelt für den Monat Juli 2017. Im gesamten Jahr 2017, insbesondere in den Monaten Juni und Juli 2017, habe der Kläger die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht ordentlich und vertragsgemäß erbracht. Das habe bei den Kunden zu großer Verärgerung geführt. Für die Vergütung der Arbeit des Klägers vor Ort seien die Bestandskunden vorleistungspflichtig. Schon zu Beginn des Jahres würden also von diesen Geldbeträge überwiesen. Auf den Baustellen sei es anders. Dort werde im Nachhinein abgerechnet. In beiden Fällen seien die vom Kläger zu erstellenden Protokolle wichtig. Die Protokolle seien nicht nur für die Abrechnung gegenüber den Kunden relevant. Sie seien vielmehr die einzige Informationsquelle zur Frage, ob der Kläger seine Arbeitsleistung erbracht hat. Der Kläger habe aber über mehr als 50 % der von ihm behaupteten Arbeitsleistung keine Protokolle vorgelegt. Das ergebe ein Abgleich der Fahrtkostenabrechnungen des Klägers einerseits und der von ihm vorgelegten Protokolle andererseits. Sie müsse daher auch davon ausgehen, dass die Fahrtkosten vom Kläger falsch aufgestellt worden seien. Für die Monate Juni und Juli 2017 lägen gar keine Protokolle vor. Die vom Kläger vorgelegte Fahrtkostenabrechnung für den Monat Juni sei durch ihre Mitarbeiter überprüft worden. Bei dieser Überprüfung habe sich herausgestellt, dass am 01.06. der Kläger entgegen seiner Angaben gar nicht im Betrieb gewesen sei, und dass am 27.06. und am 28.06. der Kläger beim Kunden M . W nicht in dem zeitlichen Umfang in Hamburg gewesen sein könne, den er mit seiner Fahrtkostenabrechnung angegeben habe. Ähnliches gelte für einen Baustellentermin am 02.06.2017 in Wesseling. Sie habe dem Kläger in der Zeit von Januar bis Mai 2017 einen Betrag in Höhe von über 10.550,00 € zu viel an Entgelt gezahlt, wenn die vom Kläger vorgelegten Protokolle zugrunde gelegt würden. Beispielweise seien von den 22 Arbeitstagen im Monat Januar 2017 eine Arbeitsleistung nur an 17 Tagen durch die vom Kläger vorgelegten Protokolle nachweisbar. Von den in diesem Monat an den Kläger geleisteten 5.637,57 € seien daher 1.281,27 € zu viel bezahlt worden. Entsprechende Differenzen in den Folgemonaten führten zu dem Gesamtbetrag in Höhe von 10.550,00 €.



    Auch der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 826 Abs. 2 BGB bestehe nicht. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund für eine Kündigung gehabt. Bei der durch sie erfolgten vollständigen Vorenthaltung des Entgelts dürfe nicht die erhebliche Emotionalisierung des vorliegenden Sachverhalts unberücksichtigt bleiben. Jedenfalls sei die Kündigung aber treuwidrig und rechtsmissbräuchlich gewesen. Sämtlichen Forderungen sei außerdem eine fehlerhafte Berechnung zu Grunde gelegt worden. Im vergangenen Jahr von Juni 2016 bis Mai 2017 seien 54.842,20 € an Entgelt gezahlt worden, davon sei die "nachweislich zu Unrecht vereinnahmte Überzahlung in Höhe von 10.550,43 abzuziehen." Auf diese Weise ergebe sich ein durchschnittliches Entgelt in Höhe von 3.690,98 € und nicht 4.887,40 €, wie vom Arbeitsgericht zu Grunde gelegt. Selbst wenn von einem Schadensersatzanspruch des Klägers dem Grunde nach ausgegangen werde, so sei jedenfalls der vom Arbeitsgericht festgesetzte Betrag zu hoch. Die sogenannte Regelabfindung sei nicht angemessen, weil das erhebliche Mitverschulden des Klägers an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt geblieben sei.



    Auch der Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung sei falsch berechnet worden. Das Arbeitsgericht gehe unzutreffend von einem monatlichen Betrag in Höhe von 2.443,70 € aus, also von einem zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst in Höhe von 4.887,40 €. Wie gezeigt sei dieser Betrag zu hoch. Aus der von ihr vorgelegten Aufstellung der Bruttogehälter (Bl. 521 d.A.) ergebe sich ein viel geringerer Betrag.



    Gleichfalls sei das Urteil des Arbeitsgerichts fehlerhaft, soweit die vom Kläger geforderte Urlaubsabgeltung betroffen sei. Fehlerhaft habe das Arbeitsgericht nämlich 21 abzugeltende Urlaubstage angenommen. Erstinstanzlich habe sie vorgetragen, dass dem Kläger nur noch die Abgeltung von zwei Urlaubstagen zustünde - nach erneuter Überprüfung seien es aber 13 Tage. Schlussendlich müsse Sie jetzt aber doch sagen, es seien 15. Jedenfalls sei die Anlage BK 27 (Bl. 534 d.A.) richtig. Außerdem habe der Kläger seiner Klageforderung auch hier einen zu hohen Grundbetrag zu Grunde gelegt.



    Während also dem Kläger keine Ansprüche zuständen, sei es die nunmehr sogar erweiterte Widerklage, der stattzugeben (gewesen) sei. Der Kläger habe seine Arbeitsleistung "bewusst vorgetäuscht" und dadurch den Schaden verursacht, der eingetreten sei, weil sie mit den Firmen M . W und W Vergleiche habe abschließen können und müssen. Mit der in der Berufungsinstanz anhängig gemachten Klageerweiterung begehre sie die Rückerstattung überzahlter Vergütung und überzahlter Reisekosten. Wie dargelegt habe der Kläger mindestens 10.550,43 € an Vergütung zu viel erhalten. Hinzu kämen die unberechtigt erhaltenen Reisekosten.



    Wegen der weiteren Einzelheiten haben die Parteien auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    Die zulässige Berufung des Klägers und die weitgehend zulässige Berufung der Beklagten sind teilweise begründet. Im Ergebnis ändert sich jedoch wenig, sodass es insgesamt bei der gleichen Kostenquote bleiben konnte.



    I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).



    Für die Berufung der Beklagten gilt weitgehend das Gleiche. Unzulässig ist deren Berufung aber, soweit sie sich gegen den Tenor zu 13 (Buchauszug) wendet. Diesen Anspruch hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung mit keinem Wort erwähnt, §§ 520, 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO.



    II. Beide Berufungen hatten in der Sache nur teilweise Erfolg. Die Beklagte hatte mit ihrer Berufung Erfolg, soweit sie in der Berufungsinstanz die Höhe des Bruttomonatsbetrages, den der Kläger seinen Forderungen zu Grunde gelegt hatte und die Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage in Frage gestellt hat. Dem gegenüber hat der Kläger mit seiner Berufung teilweise (nicht wie gefordert rund 38.000 € sondern nur rund 32.000 € aber mehr als die erstinstanzlich tenorierten rund 24.500,00 €) Erfolg, soweit er geltend gemacht hatte, die sogenannte "Regelabfindung" sei als Schadensersatz im Sinne des § 826 Abs. 2 BGB zu niedrig.



    Abgesehen von den vorgenannten Punkten wird auf die ausführlichen und überzeugenden Erwägungen des Arbeitsgerichts im Urteil vom 14.10.2019 Bezug genommen. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich daher auf die Erläuterung der nur geringfügig vorzunehmenden Abänderungen. Abgesehen von diesen Abänderungen waren beide Berufungen im Übrigen unbegründet und daher im Übrigen abzuweisen.



    1. Der ursprünglich mit dem Antrag zu 1 vom Kläger geltend gemachte Antrag auf Zahlung einer Vergütung für Mehrarbeit wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen. Diese abweisende Entscheidung wurde vom Kläger mit seiner Berufung nicht angegriffen und ist damit auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Abweisung des Antrages zu 1 ist daher rechtskräftig und findet sich auch im zusammenfassenden Tenor des Berufungsurteils in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen".



    2. Gleiches gilt für den vom Kläger mit dem ursprünglichen Antrag zu 2 geltend gemachten Auskunftsanspruch über seine Provisionsansprüche. Auch dieser Anspruch ist rechtskräftig abgewiesen und findet sich hier im Tenor in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen" wieder.



    Der mit dem gleichen Antrag geltend gemachte Anspruch auf Erstellung eines Buchauszuges hat das Arbeitsgericht dem Kläger (nicht abgewiesen sondern nun umgekehrt) zugesprochen. Mangels zulässiger Berufung der Beklagten zu diesem Punkt ist auch diese Entscheidung rechtskräftig. Sie findet sich hier im Tenor zu I 6. und in den Worten unter II. "Im Übrigen werden die Berufungen ... der Beklagten zurückgewiesen.



    3. Für den Monat Juli 2017 hat der Kläger - wie bereits vom Arbeitsgericht erkannt - einen Vergütungsanspruch aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 a Abs. 2 BGB und § 3 EFZG. Dieser Anspruch besteht aber nicht in Höhe des vom Arbeitsgericht tenorierten Betrages von 4.887,57 €, sondern in Höhe von 4.137,57 €.



    Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Ausschlussklausel in § 17 des Arbeitsvertrages (für die Verwenderin, also die Beklagte, ist sie unwirksam, vergl. BAG v. 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 -) ist der Entgeltanspruch des Klägers für den Monat Juli 2017 schon deshalb nicht verfallen, weil der Kläger seinen Anspruch noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nämlich mit Schreiben vom 11.09.2017, geltend gemacht hat, die Ausschlussfrist aber erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses beginnt.



    a. Bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit des Klägers folgt der Anspruch als Vergütungsanspruch für geleistete Arbeit aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 a Abs. 2 BGB. Unstreitig ist nämlich Arbeitsleistung erbracht worden. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich die Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger Schlechtleistung erbracht hat, ob und in welchem Umfang er womöglich zu langsam gearbeitet oder gebummelt hat, und ob und in welchem Umfang er möglicherweise gar keine Arbeitsleistung erbracht hat. Während Schlechtleistung und Bummelei möglicherweise eine Abmahnung oder eine Kündigung rechtfertigen können, ist nur die Nichtleistung geeignet, den Vergütungsanspruch aus § 611 a Abs. 2 BGB zu berühren; der Einwand der Nichtleistung ist eine Einwendung gemäß §§ 275, 326 Abs. 1 BGB und von der Arbeitgeberin darzulegen, jedenfalls aber nach § 138 Abs. 2 ZPO so konkret vorzutragen, dass der Kläger sich einlassen kann (vgl. hierzu Landesarbeitsgericht Köln v. 14.03.2019 - 6 Sa 449/18 -). Unterhalb der Grenze schuldhafter Vertragspflichtverletzungen und dies unter besonderer Berücksichtigung der Regeln der Arbeitnehmerhaftung, sind Gewährleistungsansprüche wegen Schlechtleistung oder Minderungsmöglichkeiten wegen Bummelei dem Arbeitsrecht fremd (Linck in: Schaub Arbeitsrechtshandbuch § 52 Rn. 4 mwN).



    Dass keine vom Kläger erstellten Protokolle vorliegen, mag die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger eine Facette seiner geschuldeten Arbeitsleistung, nämlich "Protokolle schreiben" nicht erbracht hat, bedeutet aber nicht, dass es in gleichem Ausmaß an Kundenbesuchen gefehlt hätte. Hinzukommt, dass im Vortrag der Beklagten nicht deutlich wird, in welchem Umfang über die mit den Protokollen bescheinigten oder nicht bescheinigten Tätigkeiten hinaus z.B. administrative Arbeit (Vor- und Nachbereitung, Telefonate - vgl. den Inhalt des Nachtrages zum Arbeitsvertrag, Anlage K3, Bl. 24 d.A.) geleistet werden musste und geleistet wurde. Hiernach fehlt es an konkretem Vortrag der Beklagten zum Einwand der Nichtleistung aus §§ 275, 326 Abs. 1 BGB. Selbst wenn mit dem 5. Senat des BAG (Urteil v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 -) davon ausgegangen würde, dass auch bei der Vereinbarung einer regelmäßigen Arbeitszeit und eines regelmäßigen Einkommens, wie hier, der Arbeitnehmer derjenige wäre, der die tatsächliche Leistung (also die Abwesenheit einer Leistungsstörung) darzulegen und zu beweisen habe, richten sich die fallspezifischen konkreten Anforderungen an den Vortrag des entgeltbegehrenden Arbeitnehmers nach den Umständen des Einzelfalles (BAG v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 -; vgl. hierzu Landesarbeitsgericht Köln v. 14.03.2019 - 6 Sa 449/18 -). Im vorliegenden Einzelfall handelt es sich um einen Arbeitnehmer, der nach dem Wortlaut der Arbeitsvertragsurkunde und ihrer Ergänzung weitgehend selbstorganisiert Kundenkontakte wahrnimmt, von seinem Wohnort aus startet und seine Arbeitsleistung vor Ort beim Kunden erbringt. Damit kommt die Vertragsgestaltung der Vereinbarung einer Vertrauensarbeitszeit nahe. Dabei ist aber noch zu berücksichtigen, dass sich der Kläger im Nachtrag zum Arbeitsvertrag zu einer GPS-Überwachung zur "Kilometer- und Arbeitszeitdokumentation" bereit erklärt hat. Wenn nun die Beklagte ihren Einwand der Nichterfüllung mit einem Abgleich zwischen der Reisekostenabrechnung des Klägers einerseits und den ihr vorliegenden Berichten des Klägers andererseits begründet, so schöpft sie nicht andeutungsweise ihre vertraglich vereinbarten Erkenntnismöglichkeiten aus. Ihre Darlegung ist dann im Sinne des § 138 Abs. 1 ZPO nicht vollständig und daher unerheblich. Jedenfalls ist die Nichtvorlage einer Dokumentation nicht gleichbedeutend mit einer Nichtleistung beim Kunden vor Ort.



    b. Für die Zeit ab dem 14.07.2017 folgt der vertragliche Entgeltanspruch aus § 3 EFZG. Entgegen der Auffassung der Beklagten und dem Arbeitsgericht folgend, kann von einer Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine Rede sein. Der Beklagten lagen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor und sie hat nicht gemäß § 275 Abs. 1 a Satz 3 SGB V ein Gutachten des medizinischen Dienstes verlangt. In der Regel ist der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung iSd. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geführt. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Ihr kommt ein hoher Beweiswert zu. Das Gericht kann normalerweise den Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt (BAG v. 26.10.2016 - 5 AZR 167/16 -). Der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert, wenn die vom Arbeitgeber vorgetragenen Tatsachen zu ernsthaften Zweifeln an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Hiernach kommen als Tatsachen, die eine Erschütterung des Beweiswertes begründen können, zum Beispiel in Betracht (vgl. Griese in: Küttner Personalbuch 2020 Nr. 54 Rn. 6 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung):



    • Arbeit während der Arbeitsunfähigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen;



    • Erteilung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne Untersuchung oder nur nach telefonischer Rücksprache;



    • Offenkundige Verkennung des Krankheitsbegriffs in der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst;



    • Ankündigung einer Erkrankung durch den Arbeitnehmer;



    • Rückwirkende Datierung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung;



    • Erkrankung nach Ablehnung eines Urlaubsantrages im beantragten Urlaubszeitraum;



    • Wiederholte Erkrankung von ausländischen Arbeitnehmern jeweils im Anschluss an den Heimaturlaub;



    • Umbuchung eines Urlaubsrückflugs vor Krankschreibung auf den Tag des Endes der Krankschreibung;



    • Wiederholte gemeinsame und gleichzeitige Erkrankung von Ehegatten nach Urlaubsende;



    • Unentschuldigte Nichtbefolgung einer Vorladung zur vertrauensärztlichen Untersuchung;



    • Durchführung von beschwerlichen Reisen während der Arbeitsunfähigkeit;



    • Strapaziöse sportliche Betätigungen während der Krankheit;



    • Mit einer Arbeitsunfähigkeit unvereinbare Freizeitaktivitäten;



    • Mit der Arbeitsunfähigkeit unvereinbare Arbeit außerhalb der Arbeitsstelle, zB in der eigenen Nebenerwerbslandwirtschaft oder beim Bau des eigenen Hauses.



    Hat der Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, dann kann er gemäß § 275 Abs. 1 a SGB V den medizinischen Dienst einschalten, was vorliegend die Beklagte nicht getan hat. Auch im Übrigen gibt es keinen objektiven Anlass, an der Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu zweifeln. Keine der oben genannten Beispiele liegt hier vor. Nicht ohne Grund fehlt in den Beispielsfällen eine dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbare Sachverhaltsgestaltung. Nur die zeitliche Nähe des Beginns einer Arbeitsunfähigkeit zu einer Abmahnung reicht als Indiz gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht aus. Wäre es anders, so verlöre die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als solche gänzlich ihren Beweiswert, denn eine den Arbeitnehmer belastende Maßnahme - und sei es nur die nicht ganz wunschgemäße Bestimmung der Pausenzeit an einem konkreten Tag - liegt in den meisten Fällen im zeitlichen Umfeld des Beginns der Arbeitsunfähigkeit, weil in diesem Sinne "belastende Maßnahmen" im Arbeitsverhältnis, im Rahmen dessen der Arbeitnehmer dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt, alltäglich sind.



    Zum Teil als Entgelt für geleistete Arbeit und zum Teil als Entgeltfortzahlung steht dem Kläger also dem Grunde nach - wie bereits vom Arbeitsgericht erkannt - ein volles Bruttoentgelt für den Monat Juli 2017 zu.



    c. Der Höhe nach stellt sich der Anspruch auf der Grundlage des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz ein wenig anders dar, als noch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht. Besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus § 3 Abs. 1 EFZG, wie hier, ist dem Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 1 EFZG das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Das in dieser Norm verankerte modifizierte Entgeltausfallprinzip erhält dem Arbeitnehmer grundsätzlich die volle Vergütung (vgl. BAG v. 27.04.2016 - 5 AZR 229/15 - mwN). Im Sinne von § 4 Abs. 1 EFZG "zustehendes Arbeitsentgelt" ist das (Brutto-)Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden Arbeitszeit unter Beachtung des § 4 Abs. 1a EFZG ohne Arbeitsunfähigkeit erhalten hätte (BAG a.a.O.). Die maßgebliche Arbeitszeit in diesem Sinne war vorliegend zuletzt eine Arbeitszeit von 48 Wochenstunden. Hierfür erhielt der Kläger vereinbarungsgemäß 4.137,57 €. Der um 750,00 € erhöhte Betrag (4.887,57 €), den der Kläger allen seinen Forderungen als regelmäßiges Monatsentgelt zugrunde gelegt hatte, errechnet sich nur in den Monaten Februar, April und Mai 2017 wegen der dort vorgenommenen pauschalierten Abgeltung von Überstunden in Höhe dieser 750,00 €. Zum Arbeitsentgelt nach § 4 Abs. 1 EFZ gehört das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt gerade nicht. Das regelt § 4 Abs. 1a EFZ ausdrücklich. Der Anspruchsberechnung zu Grunde zu legen ist also ein Betrag in Höhe von 4.137,57 € und nicht in Höhe von 4.887,57 €. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.



    In der vorbenannten Höhe findet sich der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Entgelts für den Monat Juli 2017 unter I 1. des Urteilstenors wieder. Soweit der Kläger einen höheren Betrag begehrt hatte, war die Klage auf die Berufung der Beklagten abzuändern und unter I 7. des Urteilstenors im Übrigen abzuweisen.



    4. Aus den gleichen Gründen hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den Monat August für die Zeit vom 01.08.2017 bis zum 24.08.2017 (danach hatte der Kläger Krankengeld bezogen). Der Anspruch besteht unzweifelhaft dem Grunde nach als Entgeltfortzahlungsanspruch, denn die Berufung der Beklagten ist diesbezüglich bereits unzulässig, weil die Beklagte auf den Anspruch dem Grunde nach in der Berufungsbegründung gar nicht eingegangen ist. Im Übrigen gilt auch hier die zum Anspruch für den Monat Juli 2017 erfolgte Berechnung. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.



    In der vorbenannten Höhe findet sich der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Entgelts für den Monat August 2017 unter I 2. des Urteilstenors wieder. Soweit der Kläger einen höheren Betrag begehrt hatte, war die Klage auf die Berufung der Beklagten abzuändern und unter I 7. des Urteilstenors im Übrigen abzuweisen.



    5. Die vom Kläger ursprünglich begehrte Auslagenerstattung für den Monat Juni 2017 wurde vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen und ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Abweisung des Antrages zu 5 ist daher rechtskräftig und findet sich auch im zusammenfassenden Tenor des Berufungsurteils in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen" wieder.



    6. Die vom Kläger ursprünglich begehrte Auslagenerstattung für den Monat Juli 2017 wurde vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen und ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Abweisung des Antrages zu 6 ist daher rechtskräftig und findet sich auch im zusammenfassenden Tenor des Berufungsurteils in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen" wieder.



    7. Aus den vom Arbeitsgericht sorgfältig herausgearbeiteten Gründen hat der Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus § 826 Abs. 2 BGB. Als angemessener Betrag errechnet die hier erkennende Berufungskammer aber einen um rund 7.500,00 € höheren Betrag. Wie vom Arbeitsgericht erkannt, hatte der Kläger aufgrund der beharrlichen Verweigerung der Entgeltzahlung trotz Abmahnung einen wichtigen Grund, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Aus den Darlegungen der Beklagten ergibt sich keine Rechtfertigung für ihr Verhalten, annährend zwei Bruttomonatsentgelte nicht zu zahlen. Selbst wenn zu ihren Gunsten eine rechtsgrundlose Zahlung in der Vergangenheit unterstellt würde, wäre eine Aufrechnungserklärung wegen § 394 BGB in Verbindung mit § 850 c ZPO unzulässig gewesen. Zu Gunsten der Beklagten wird unterstellt, dass sie für die beiden Monate wenigstens die Sozialabgaben abgeführt hat, zu ihren Gunsten wird also unterstellt, dass sie sich nicht gemäß § 266 a StGB strafbar gemacht hat. Dann hat sie aber einen Bruttoanspruch gegen einen Nettoanspruch aufgerechnet. Eine Aufrechnung würde dann schon an der fehlenden, gemäß § 387 BGB aber notwendigen, Gleichartigkeit der Ansprüche scheitern. Die Nichtzahlung war nach alledem unter mehreren Gesichtspunkten grob vertragswidrig und nach Zugang der Abmahnung des Klägers auch beharrlich. Auch die von der Beklagten erwähnte "Emotionalisierung" des persönlichen Verhältnisses zwischen den Parteien ist nicht geeignet, die massive Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis zu rechtfertigen. Umgekehrt wird dem Arbeitnehmer regelmäßig auch nicht zugestanden für den Zeitraum von zwei Monaten seine Hauptleistungspflicht wegen einer "Emotionalisierung" nicht zu erbringen, ohne nach einer Abmahnung mit einer Kündigung rechnen zu müssen.



    Aus dem gleichen Betrachtungswinkel wird auch deutlich, dass die möglicherweise ohnehin anstehende oder zumindest von den Parteien in Betracht gezogene Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine "überholende" fristlose Kündigung nicht ausschließen kann. § 626 Abs. 1 BGB geht davon aus, unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile müsse "die Fortsetzung des Dienstverhältnisses" bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung zumutbar sein. Zur Fortsetzung des Dienstverhältnisses gehören alle beiderseitigen Pflichten, also sowohl die Pflicht zu arbeiten als auch die Pflicht, Vergütung zu zahlen. Eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers ist mithin regelmäßig nicht schon deshalb unwirksam, weil für den Arbeitgeber die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung seiner Bezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung freizustellen (Senat 11. März 1999 - 2 AZR 507/98 - AP BGB § 626 Nr. 149 = EzA BGB § 626 nF Nr. 176). Die Freistellung des Arbeitnehmers gegen Fortzahlung seiner Bezüge stellt jedenfalls im Regelfall kein im Rahmen der Interessenabwägung nach§ 626 Abs. 1 BGB milderes Mittel gegenüber dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung dar. Ein Aufhebungsvertrag steht nach der Rechtsprechung des BAG regelmäßig unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt wird. Löst später eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis vor dem vorgesehenen Auflösungszeitpunkt auf, wird der Aufhebungsvertrag einschließlich einer darin vereinbarten Abfindungszahlung gegenstandslos (BAG v. 29.01.1997 - 2 AZR 292/96 - ). Dies gilt erst Recht für eine in dem Aufhebungsvertrag vereinbarte unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers. Eine berechtigte fristlose Kündigung löst das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung auf und beseitigt stets die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis. Eine zuvor für die Folgezeit vereinbarte Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht wird damit gegenstandslos. Es ist widersprüchlich, eine Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht, die durch eine berechtigte fristlose Kündigung gegenstandslos wird, zum alleinigen Unwirksamkeitsgrund eben dieser fristloser Kündigung zu machen (BAG, Urteil vom 05. April 2001 - 2 AZR 217/00 -). Was in diesem Sinne für die Arbeitgeberkündigung gilt, gilt umgekehrt in gleichem Maße für die Arbeitnehmerkündigung: Nur weil der Arbeitnehmer eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses avisiert hat, ist ihm nicht das Recht zur fristlosen Kündigung abgeschnitten. Deshalb fehlt auch ein Anhaltspunkt für die von der Beklagten geltend gemachten Treuwidrigkeit der fristlosen Kündigung.



    Die Höhe der Abfindung hat die erkennende Berufungskammer ein wenig anders berechnet als das Arbeitsgericht. Dies gilt zunächst für den "Monatsverdienst" als Berechnungsgrundlage. Zu diesem Begriff heißt es ausdrücklich in § 10 Abs. 3 KSchG: "Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht." Unregelmäßig anfallende Mehrarbeit ist damit nicht zu berücksichtigen und daher auch für die Bemessung der Abfindung als Gegenstand des nach § 628 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Schadens herauszurechnen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Arbeitsgericht den Klageantrag des Klägers auf Vergütung von Mehrarbeit in den Monaten vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig (weil nicht durch die Berufung angegriffen) abgewiesen hat. Es bleibt deshalb bei der vertraglich vereinbarten Vergütung in Höhe von 4.137,57 € als "Monatsverdienst" im Sinne des § 10 Abs. 3 KSchG.



    Für den Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB sieht die erkennende Kammer - abweichend von der Ansicht des Arbeitsgerichts - keine Veranlassung, eine Abfindung zum Ausgleich des Verlusts des sozialen Besitzstandes in entsprechender Anwendung der §§ 9 und 10 KSchG auf einen halben Bruttomonatsbezug zu beschränken. Die "Regelabfindung" in Höhe eines halben Bruttoentgelts pro zurückgelegtem Dienstjahr wird in Nordrhein Westfalen üblicherweise dann zu Grunde gelegt, wenn der Ausgang des Rechtsstreits ungewiss ist. Dieser Gesichtspunkt liegt auch der Bemessung der Abfindung nach § 1 a KSchG zu Grunde. Vorliegend steht aber der grobe Vertragsverstoß der Arbeitgeberin fest und damit ihre Verantwortlichkeit für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und dem folgend für den Verlust des sozialen Besitzstandes. Richtig ist zwar, dass die zu zahlende Karenzentschädigung bei der Bemessung der Abfindung nicht unberücksichtigt bleiben kann. Dem gegenüber muss aber auch berücksichtigt werden, dass ein darüber hinaus gehender anderweitiger Verdienst nicht vorliegt und daher die den Verlust des sozialen Besitzstandes umso schmerzlicher erscheinen lässt - auch mit Blick auf die Tatsache, dass die nunmehr vom Kläger gefundene Beschäftigung schlechter bezahlt ist und einen Umzug notwendig gemacht hat. Im Übrigen wird die Karenzentschädigung nicht als Entgelt für einen anderweitigen Einsatz der Arbeitsleistung oder für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt sondern für die Wettbewerbsenthaltung. Der Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB stellt üblicherweise eine Kombination aus entgangenem Entgelt und Abfindung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dar (BAG v. 26.07.2007- 8 AZR 796/06). Hier war das entgangene Entgelt gar nicht berücksichtigt. Ein besonderes Auflösungs(mit)verschulden des Klägers ist wie gezeigt nicht ersichtlich. Es bleibt nur die streitige Tatsache, dass er die Tätigkeitsberichte nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und abgegeben hat. Dass die Beklagte hierdurch möglicherweise (nicht berechnete und nach dem Vortrag der Beklagten nicht berechenbare) Schäden erlitten hat, wird berücksichtigt, indem dem Kläger keine noch höhere Abfindung zugesprochen wird. Das Monatseinkommen in Höhe von 4.137,57 war daher mit der Anzahl der zurückgelegten Dienstjahre, nämlich mit dem Faktor 7,75 zu multiplizieren. Im Ergebnis errechnet sich so die Höhe des tenorierten Schadensersatzanspruchs von 32.066,17 €, aufgerundet 32.067,00 €. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die vom Kläger mit seiner Klage und seiner Berufung darüber hinaus geltend gemachte Schadensersatzforderung findet sich in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen" unter I. 7 des Urteilstenors und in den Worten "im Übrigen werden die Berufungen des Klägers ... zurückgewiesen" unter II. des Urteilstenors



    8. Der Kläger hat, wie bereits vom Arbeitsgericht ausführlich begründet, einen Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung für seine Wettbewerbsenthaltung aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit §§ 74 ff HGB. (ursprüngliche Anträge zu 8, 9 und 11 bis 16). Auch hier war nach dem konkretisierenden Vortrag der Beklagten in zweiter Instanz die Anspruchshöhe ein wenig zu korrigieren und auch hier der zuletzt vertragsgemäß gezahlte Bruttomonatsverdienst zu Grunde zu legen. Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich kein höherer Betrag. Nach § 74 Abs. 2 HGB muss die Karenzentschädigung mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung erreichen. In der Arbeitsvertragsurkunde ist die Rede von "halbes Monatsgehalt". Wird das vereinbarte Entgelt für die vereinbarte Arbeitszeit zu Grunde gelegt, nämlich 4.137,57 €, so errechnet sich als die Hälfte hiervon ein Betrag in Höhe von 2.068,79 €. Ein höherer Betrag ergibt sich mit Blick auf die gezahlte Mehrarbeitsvergütung nicht aus § 74 b Abs. 2 HGB. Nach dieser Vorschrift sind bei der Berechnung der Karenzentschädigung der Durschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen, "soweit die dem Gehilfen zustehenden vertragsmäßigen Leistungen in einer Provision oder in anderen wechselnden Bezügen bestehen". Tatsächlich könnten Mehrarbeitsvergütungen als wechselnde Bezüge in diesem Sinne betrachtet werden (vgl. BAG v. 10.05.1971 - 3 AZR 126/70 -, Rn. 37). Dann wäre es aber am Kläger gewesen, die Einkünfte der letzten drei Jahre darzulegen, was er nicht getan hat. Werden nur die Einkünfte aus den Jahren 2016 und 2017 zu Grunde gelegt (vgl. die von der Beklagten vorgelegte Liste, Bl. 521), dann berechnete sich tatsächlich ein geringfügig höherer Bruttomonatsbetrag, nämlich 4.200,13 € und als dessen Hälfte 2.100,07 €. Dieser Durchschnittsbetrag würde aber seinerseits möglicherweise sinken, wenn die Einkünfte aus den Jahren 2014 und 2015 berücksichtigen würden, die wie gesagt aber nicht dargelegt worden sind. Es bleibt somit bei dem zuletzt vertraglich gezahlten Festbezug in Höhe von 4.137,57 €. Die Hälfte davon sind 2.068,79 €. Für den Monat Dezember, dem Monat während dem die fristlose Kündigung ausgesprochen worden war, errechnet sich nur eine anteilige Karenzentschädigung. Werden die jeweils 2.068,79 € pro Monat für die Monate Januar 2018 bis September 2019 (21 Monate) hinzugerechnet, so ergibt sich die hier im Berufungsurteil tenorierte Summe in Höhe von 45.179,70 €. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.



    Soweit der Kläger mit seiner Klage die Zahlung eines höheren Betrages begehrt hatte, findet sich diese Mehrforderung im nun konkretisierten Tenor zu I 7 und dort in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen".



    9. Die ursprünglich mit dem Antrag zu 9 geltend gemachte Karenzentschädigung für die Monate Februar 2018 bis Mai 2018 sind mit den korrespondierenden Zinsansprüchen hier im zusammenfassenden Tenor des Berufungsurteils unter I 4 berücksichtigt, die abzuweisende Mehrforderung im Tenor zu I 7.



    10. Unstreitig hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 7 Abs. 4 BUrlG. Streitig war lediglich der Umfang. Zuletzt hat die Beklagte angegeben, sie schulde dem Kläger Abgeltung für 15 Urlaubstage und zum Beleg eine Urlaubsstatistik (Anlage BK 27, Bl. 534 d.A.) vorgelegt. Diese Urlaubsstatistik war Gegenstand der Erörterungen im Kammertermin. Gegen deren Richtigkeit hat der Kläger keine Einwände vortragen können. Auch nach § 11 BUrlG bleiben bei der Berechnung des Urlaubsentgelts und damit des Betrages mit dem der Urlaub nach § 7 Abs. 4 BUrlG abgegolten werden kann, die Mehrarbeitsvergütung außer Betracht. Auch hier war als Berechnungsgrundlage also ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 4.137,57 € zu Grunde zu legen: 4.137,57 € x 3 Monate : 65 Tage x 15 Urlaubstage = 2.864,47 €. Der Zinsanspruch folgt aus §§286, 288 BGB. Dieser Betrag findet sich hier im konkretisierenden Berufungstenor unter I 5 und hinsichtlich der Berufung der Beklagten in den Worten "Im Übrigen werden die Berufungen ... der Beklagten zurückgewiesen" in II. Soweit der Kläger ohne Erfolg einen höheren Betrag begehrt hatte, fand diese Mehrforderung ihre Berücksichtigung in den Worten "im Übrigen wird die Klage abgewiesen in I 7.



    11. Die ursprünglich mit den Anträgen zu 11 bis 16 geltend gemachte Karenzentschädigung für die Monate Juni 2018 bis September 2019 sind mit den korrespondierenden Zinsansprüchen hier im zusammenfassenden Tenor des Berufungsurteils unter I 4 und II berücksichtigt, die abzuweisende Mehrforderung im Tenor zu I 7.



    12. Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche stehen der Beklagten nicht zu. Die Ansprüche sind gemäß § 17 des Arbeitsvertrages verfallen, da die Beklagte, die sich als Verwenderin der Klausel nicht auf deren Unwirksamkeit berufen kann, die Ansprüche nicht innerhalb der 6 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hat. Das Arbeitsverhältnis endete am 05.12.2017, die sechs Wochen währende Frist endete am 17.01.2018 und die Beklagte hat nach den Vergleichsabschlüssen mit ihren Kunden im März 2018 die Widerklage am 12.04.2018, also lange nach Ablauf der Verfallfrist, anhängig gemacht. Aber auch unabhängig von der Frage des Verfalls ergibt sich ein Anspruch der Beklagte gegen den Kläger nicht aus ihren Darlegungen und zwar weder aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis noch aus § 823 BGB. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Vertrags- oder Sorgfaltspflichtverletzungen vorliegen. Jedenfalls ergibt sich aus den Darlegungen der Beklagten kein kausaler Schaden. Wie gezeigt hat der Kläger berechtigt das Arbeitsverhältnis aus einem wichtigen Grund am 15.12.2017 fristlos gekündigt. Auch wurde in der Berufungsentscheidung noch einmal festgestellt, dass sich aus den vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch tatsächlich Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem 14.07.2017 ergibt, dass also Tatsachen nicht vorliegen, aus denen eine Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen folgen könnte. Auch hatte der Kläger in der ersten Hälfte des Jahres die Hälfte seines Jahresurlaubes in Anspruch genommen und war auch in diesem Zeitraum teilweise wegen Arbeitsunfähigkeit abwesend. Insgesamt war er also berechtigterweise im Jahre 2017 weniger als zur Hälfte im Arbeitseinsatz. Ohne weiteres nachvollziehbar ist aus diesen Gesichtspunkten die Darlegung der Beklagten, der Kläger habe im (ganzen) Jahr 2017 nicht die Leistungen bei den Kunden erbracht, für die die Kunden in Vorleistung getreten seien. Daraus ergibt sich aber nicht, dass und in welchem Umfang eine Vertragspflichtverletzung des Klägers für den Rückzahlungsanspruch der Kunden kausal sein könnte. Die mit der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz geltend gemachte Forderung auf Erstattung einer Überzahlung fehlt es gleichfalls an einer nachvollziehbaren Darlegung der Berechnung. Die Beklagte geht bei ihrer Berechnung davon aus, dass der Kläger überall dort und überall dann, keine Arbeitsleistung erbracht habe, wenn ein vom Kläger erstelltes Protokoll nicht vorliege. Dieser Rückschluss verstößt gegen die Denkgesetze: Wenn kein Protokoll vorliegt, dann hat der Kläger seine Vertragspflicht "Protokollschreiben" nicht erfüllt. Dass er im zu protokollierenden Zeitraum beim Kunden keine Arbeitsleistung erbracht hat, ergibt sich daraus aber nicht.



    III. Weil mit der vorliegenden Berufungsentscheidung das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert wurde, war nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 92 ZPO über die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu entscheiden. Gewinn und Verlust in der Berufungsinstanz hielten sich aber für beide Parteien derart in der Waage, dass es bei dem erstinstanzlichen Tenor verbleiben konnte. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.

    Vorschriften