02.09.2014 · IWW-Abrufnummer 151368
Landesarbeitsgericht: Urteil vom 05.06.2014 – 11 Sa 1484/13
Tenor:
1. | Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 22.11.2013 - 5 Ca 2480/13 - wird zurückgewiesen. |
2. | Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. |
3. | Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Wiedereinstellung und Beschäftigung als Kirchenmusiker.
Der am 02.01.1957 geborene Kläger ist katholischer Kirchenmusiker und war nach dem kirchenmusikalischen A-Examen seit dem 15.11.1983 bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde St. M. in F. als A-Kirchenmusiker (Organist und Chorleiter) beschäftigt. Seit dem 01.01.1985 war ihm außerdem die Aufgabe eines Dekanatskirchenmusikers des Dekanats F.-S. übertragen worden.
Im Jahre 1994 trennten sich der Kläger und seine Ehefrau, die zwei gemeinsame Kinder haben, einvernehmlich und teilten dies im Januar 1995 der beklagten Kirchengemeinde mit. Mit Schreiben vom 15.07.1997 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.03.1998 fristgerecht gekündigt. Der Kläger hat diese Kündigung vor dem Arbeitsgericht Essen unter dem Aktenzeichen 6 Ca 2708/97 angegriffen. Zur Begründung hat die Beklagte in dem Kündigungsschutzverfahren vorgetragen, der noch verheiratete Kläger unterhalte eine außereheliche Beziehung zu Frau Rechtsanwältin N., die seine damalige und jetzige Prozessbevollmächtigte ist. Seit Ende 1997 haben der Kläger und Frau N. eine gemeinsame Tochter. Sowohl den Kündigungsvorwurf, ein außereheliches Verhältnis eingegangen zu sein, als auch die Vaterschaft des von Frau N. geborenen Kindes hat der Kläger zunächst in Abrede gestellt. Nach Ausspruch der Kündigung beantragte die Ehefrau des Klägers die Scheidung. Die Ehe wurde im August 1998 geschieden.
Das Arbeitsgericht Essen hat der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 09.12.1997 - 6 Ca 2708/97 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass eine verhaltensbedingte Kündigung des Klägers auch unter Berücksichtigung der katholischen Glaubenslehre noch nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 1 KSchG genüge, weil dem Kläger unter Berücksichtigung von Artikel 5 Abs. 1 S. 2 der Grundordnung der Katholischen Kirche für den kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GrO) eine Abmahnung hätte erteilt werden müssen. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Essen hat die Beklagte unter dem Aktenzeichen 7 Sa 425/98 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf Berufung eingelegt.
Am 22.12.1997 sprach die Beklagte eine zweite Kündigung zum 30.06.1998 aus. Mit Urteil vom 04.12.1998 - 6 Ca 3127/98 wies das Arbeitsgericht Essen die Klage des Klägers gegen diese Kündigung ab. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 10 Sa 234/99 Berufung eingelegt.
Mit Urteil vom 13.08.1998 - 7 Sa 425/98 wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.1997 zurück. Es folgte im Wesentlichen den Ausführungen des Arbeitsgerichts und wies darauf hin, dass die Arbeitsgerichte bei der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum Kündigungsrecht an die Vorgaben der Religionsgemeinschaften gebunden seien, soweit diese Vorgaben den anerkannten Maßstäben der verfassten Kirche Rechnung trügen und sich die Gerichte durch die Anwendung dieser Vorgaben nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung begäben, wobei die Arbeitsgerichte jedoch sicherzustellen hätten, dass die Religionsgemeinschaften nicht in Einzelfällen unannehmbare Anforderungen an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer stellten. Der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, der Kläger sei eine dauerhafte Verbindung mit Frau N. eingegangen, worin eine schwere sittliche Verfehlung im Sinne von Artikel 5 Abs. 2 1. Alt. a. E. der GrO liegen könnte, brauche jedoch streitentscheidend nicht nachgegangen zu werden, weil die Parteivernehmung des Klägers nicht erbracht habe, dass entsprechend Artikel 5 Abs. 1 S. 1 der GrO in einem Gespräch mit ihm versucht worden sei, darauf hinzuwirken, dass er die - nach Meinung der Beklagten bestehende - Beziehung zu Frau N. abbräche.
Am 31.05.1999 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung des vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 10 Sa 234/99 geführten zweiten Kündigungsschutzverfahrens nachfolgende gerichtlich protokollierte Erklärung abgegeben:
Der Kläger erklärt, er habe ein Liebesverhältnis mit der Klägervertreterin gehabt. Er entschuldige sich in aller Form beim Dechanten und den Mitgliedern des Gremiums und erklärt weiter, sofern verlangt, werde er sich trennen. Die Voraussetzungen für eine Trennung bestehen bereits. Die Klägervertreterin hat eine Wohnung angemietet.
Diese Erklärung ist dem 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts durch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mitgeteilt worden.
Mit Urteil vom 12.08.1999 - 2 AZR 712/98 hat der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Schlussfolgerung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, ein Gespräch mit dem Kläger habe nicht stattgefunden, sei fehlerhaft, weil das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu Unrecht davon abgesehen habe, auch eine Vernehmung des Kirchenvorstandsvorsitzenden durchzuführen, um festzustellen, ob dieser versucht habe, den Kläger zu einer Beendigung seiner außerehelichen Beziehung zu bewegen.
Mit dem nach der Zurückverweisung ergangenen streitgegenständlichen Urteil vom 03.02.2000 - 7 Sa 425/98 hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ohne Zulassung der Revision der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen stattgegeben, die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach Vernehmung des Kirchenvorstandsvorsitzenden stehe zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass die Beklagte das Prozedere des Artikels 5 Abs. 1 der GrO eingehalten habe. Da der Kläger unmissverständlich zu erkennen gegeben habe, dass er an der Lebensgemeinschaft mit Frau N. festhalten wolle, habe die Beklagte angesichts des beharrlichen Standpunkts des Klägers in Bezug auf seine neue Beziehung zu Recht annehmen können, dass eine vorherige Abmahnung überflüssig gewesen sei. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat des Weiteren ausgeführt, es verkenne die Konsequenzen der gegen den Kläger ausgesprochenen Kündigung nicht. Dieser werde zwar seinen Beruf wahrscheinlich nicht mehr ausführen und seinen Unterhaltspflichten nicht mehr in dem bisherigen Umfang nachkommen können. Die Beklagte könne den Kläger aber nicht mehr weiterbeschäftigen, ohne dass sie jegliche Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Verbindlichkeit der Sittengesetze verlieren würde. In diesem Zusammenhang müsse berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit des Klägers eine große Nähe zu dem Verkündungsauftrag der Kirche aufweise. Die Interessen der Beklagten würden die Interessen des Klägers deswegen deutlich überwiegen.
Mit Beschluss vom 29.05.2000 hat das Bundesarbeitsgericht die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen.
Dagegen hat der Kläger eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, welche bei dem Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 2 BvR 356/00 geführt worden ist. Da über diese noch nicht entschieden war, ist hinsichtlich des vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf über die zweite Kündigung vom 22.12.1997 geführten Berufungsverfahrens 10 Sa 234/99 in der dortigen mündlichen Verhandlung vom 17.08.2000 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 08.07.2002 hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen, weil die angegriffene Entscheidung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne.
Aufgrund des Artikels 34 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) hat der Kläger gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 11.01.2003 eine Individualbeschwerde erhoben. In diesem Verfahren hat er vorgetragen, durch die Ablehnung der Arbeitsgerichte, die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung aufzuheben, sei Artikel 8 EMRK verletzt worden. Artikel 8 EMRK lautet wie folgt:
Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
"(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Aufgrund dieser Beschwerde des Klägers hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 23.09.2010 Folgendes entschieden:
1. Er erklärt die Beschwerde für zulässig.
2. Er entscheidet, dass Artikel 8 der Konvention verletzt ist.
3. Er entscheidet, dass die Frage der Anwendung von Artikel 41 der Konvention noch nicht spruchreif ist; und infolgedessen
a) behält er sich die Beurteilung dieser Frage vor;
b) fordert er die Regierung und den Beschwerdeführer (Kläger) auf, ihn von jeder Einigung, die sie möglicherweise erzielen, innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt dieses Urteils zu unterrichten;
c) behält er sich die Bestimmung des weiteren Verfahrens vor und beauftragt den Kammerpräsidenten, das weitere Verfahren erforderlichenfalls zu bestimmen.
Artikel 41 EMRK - Gerechte Entschädigung - lautet:
"Stellt der Gerichtshof fest, dass diese Konvention oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, und gestattet das innerstaatliche Recht der Hohen Vertragspartei nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung, so spricht der Gerichtshof der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zu, wenn dies notwendig ist."
In den Gründen seiner Entscheidung hat der Gerichtshof zunächst unterstrichen, dass Deutschland durch die Einrichtung eines Arbeitsgerichtssystems sowie eines Verfassungsgerichts, das dafür zuständig sei, die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu kontrollieren, seine Schutzpflicht gegenüber den Rechtssuchenden im arbeitsgerichtlichen Bereich, einem Bereich, in dem die Rechtsstreitigkeiten ganz allgemein die Rechte der Betroffenen aus Artikel 8 EMRK berührten, grundsätzlich erfüllt habe. Allerdings seien die Arbeitsgerichte in ihren Folgerungen weder auf das tatsächliche Familienleben des Klägers noch auf den damit gewährten Rechtsschutz eingegangen. Die Interessen des kirchlichen Arbeitgebers seien nicht mit dem nach Artikel 8 der EMRK zugesicherten Recht des Klägers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, sondern nur mit seinem Interesse auf Wahrung seines Arbeitsplatzes abgewogen worden. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf habe die Frage der Nähe der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit zum Verkündungsauftrag der Kirche nicht geprüft, sondern habe - ohne eine weitere Nachprüfung vorzunehmen - den Standpunkt des kirchlichen Arbeitgebers übernommen. Der Gerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass bei der Abwägung der im Spiel befindlichen konkurrierenden Rechte und Interessen eine eingehende Prüfung nötig gewesen wäre und ist zu dem Ergebnis gekommen, die Arbeitsgerichte hätten nicht hinlänglich dargelegt, warum die Interessen der Beklagten diejenigen des Klägers bei weitem übertroffen haben. Daraus hat der Gerichtshof gefolgert, dass der deutsche Staat dem Kläger nicht den notwendigen Schutz gewährt hat und somit der Artikel 8 EMRK verletzt sei. Unter den gegebenen Umständen sei die Anwendung des Artikels 41 EMRK noch nicht spruchreif.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.09.2010 hat der Kläger die Beklagte außergerichtlich dazu aufgefordert, anzuerkennen, dass das Arbeitsverhältnis zu ihm durch die Kündigung vom 15.07.1997 nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 01.10.2010 abgelehnt.
Mit am 18.10.2010 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangener Restitutionsklage hat der Kläger die Wiederaufnahme des bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 Sa 425/98 geführten Berufungsverfahrens und die Aufhebung des in diesem Verfahren ergangenen rechtskräftigen Urteils vom 03.02.2000 begehrt. Hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Restitutionsklage hat er beantragt, das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Arbeitsvertrages von 1983 in seiner zuletzt bestehenden Fassung einschließlich des Dekanatskantorenvertrages mit einem Beschäftigungsumfang von 100 % im Wege der Wiedereinstellung ab dem 23.09.2010 fortzusetzen. Er hat geltend gemacht, das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.02.2000 beruhe auf einer festgestellten Konventionsverletzung. Damit liege der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO vor. § 35 EGZPO stehe dem nicht entgegen. Soweit danach der bezeichnete Wiederaufnahmegrund nur auf Verfahren anwendbar sei, die seit dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossen worden seien, sei diese Voraussetzung erfüllt. Abzustellen sei insoweit nicht auf den rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens, sondern auf die Entscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das gebiete die konventions- und verfassungskonforme Auslegung der Übergangsvorschrift. Auch der Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts verlange eine wirksame Umsetzung der Entscheidung des Gerichtshofs. Im Streitfall sei diese nur durch eine Wiederaufnahme des Kündigungsrechtsstreits zu erreichen. Die Restitutionsklage sei auch nicht mit Blick auf die fünfjährige Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO unzulässig. Diese Bestimmung sei - falls sie überhaupt auf den Restitutionsgrund der Konventionsverletzung Anwendung finde - so auszulegen, dass die Frist erst mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu laufen beginne.
Mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.05.2011 - 7 Sa 1427/10 ist die Restitutionsklage des Klägers mit der Begründung als unzulässig verworfen worden, dass der durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuMoG) neu eingeführte Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO gemäß der Überleitungsvorschrift des § 35 EGZPO nur auf Verfahren anzuwenden ist, die nach dem Inkrafttreten des § 580 Nr. 8 ZPO und damit nach dem 31.12.2006 rechtskräftig entschieden worden sind. Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Wiedereinstellungsantrages hat es entschieden, dass dieser wegen der Unzulässigkeit der Restitutionsklage gegenstandslos sei, da nur im Falle einer Zulässigkeit der Restitutionsklage das Verfahren in die alte Prozesslage und damit in das Berufungsverfahren zurückversetzt wird, so dass nur in diesem Falle eine Klageänderung oder -erweiterung durch das Stellen eines Hilfsantrages möglich gewesen wäre.
Mit weiterem Urteil vom 28.06.2012 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem Kläger gemäß Art. 41 EMRK eine Entschädigung von 40.000 € wegen des materiellen und immateriellen Schadens und weitere 7.600 € für Kosten und Auslagen zuzüglich der Beträge, die als Steuer möglicherweise bei dem Beschwerdeführer anfallen können, zugesprochen.
Mit Urteil vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11, welches dem Kläger am 29.04.2013 zugestellt worden ist, hat der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.05.2011 - 7 Sa 1427/10 über die Restitutionsklage bestätigt. Zugleich hat er jedoch unter IV. 2. b) dd) (4) der Entscheidungsgründe auf Nachfolgendes hingewiesen:
Im Übrigen folgt aus der Stichtagsregelung des § 35 EGZPO und der Nichtgeltung von § 580 Nr. 8 ZPO für vor dem 31. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossene Ausgangsverfahren nicht, dass die festgestellte Konventionsverletzung für die Rechtsbeziehung der an einem solchen Ausgangsverfahren beteiligten Parteien in jeder Hinsicht folgenlos bleiben müsste. So kann das vom Gerichtshof angenommene Abwägungsdefizit in Fällen wie dem vorliegenden unter Umständen im Rahmen eines Wiedereinstellungsbegehrens des Arbeitnehmers Bedeutung gewinnen. Einem solchen Antrag stünde die materielle Rechtskraft der im Kündigungsschutzprozess ergangenen klageabweisenden Entscheidung nicht entgegen. Zwar steht ihretwegen mit Bindungswirkung zwischen den Parteien fest, dass über den in der Kündigung mitgeteilten Termin hinaus kein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen bestanden hat (BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 131/07 - Rn. 18 mwN, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 43 = EzA KSchG § 23 Nr. 33). Das schließt eine Verurteilung des Arbeitgebers zu einer Wiedereinstellung aber nicht aus. Ob es sich dabei um eine Sachlage handelt, bei der die deutschen Gerichte, wenn nicht über die res iudicata, so doch über einen Gegenstand zu entscheiden haben, zu dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einen Konventionsverstoß festgestellt hat (vgl. BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - zu C I 3 b bb der Gründe, BVerfGE 111, 307 [BVerfG 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04]), kann nicht für alle denkbaren Fallgestaltungen im Vorhinein beantwortet werden. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, im Rahmen eines beim dafür zuständigen Gericht angebrachten Wiedereinstellungsantrags dem Bestreben, der festgestellten Konventionsverletzung auch in natura abzuhelfen, angemessen Rechnung tragen zu können.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, welche bei dem Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1595/13 geführt wird.
Nach dieser Entscheidung des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 hat die Beklagte die Fortsetzung des Berufungsverfahrens Landesarbeitsgericht Düsseldorf 10 Sa 234/99 über die Kündigung vom 22.12.1997 beantragt, mit welcher das Arbeitsverhältnis zum 30.06.1998 gekündigt worden war. Daraufhin hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.05.2013 - 7 Sa 109/13 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 08.12.1998 - 6 Ca 3127/98 mit der Begründung zurückgewiesen, dass bereits wegen des rechtskräftigen Urteils des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.02.2000 - 7 Sa 425/98 feststehe, dass bei Zugang der Kündigung vom 22.12.1997 schon kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen dem Kläger und der Beklagten bestanden hat.
Mit am 02.09.2013 bei dem Arbeitsgericht Essen eingegangener Klage verlangt der Kläger seine Wiedereinstellung und Beschäftigung zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen ab dem 23.09.2010, hilfsweise ab der Zustellung der Wiedereinstellungsklage.
Der Kläger hat gemeint, dass sich sein Wiedereinstellungsanspruch daraus ergebe, dass die Verletzung seines Privatlebens gemäß Art 8 EMRK andauere, da die Voraussetzungen seiner faktischen Familie fortbestünden und er seinen Beruf als Kirchenmusiker derzeit nur nebenamtlich ausüben könne. Insoweit hat er darauf verwiesen, dass das Kind seiner Prozessbevollmächtigten nun 16 Jahre alt ist und zur Schule geht. Seinen Beruf könne er nicht hauptamtlich und trotz seiner Ausbildung als A-Kirchenmusiker lediglich als C-Kirchenmusiker ausüben, weil er als Katholik nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche bei dieser nur unterhälftig eingesetzt werden könne und auch nur als C-Kirchenmusiker entlohnt werden könne. Wäre er konvertiert, hätte er zwar eine Planstelle mit einer Arbeitszeit von 75 % als A-Kirchenmusiker erhalten können. Dies komme für ihn aber nicht in Betracht, denn er wolle katholisch bleiben.
Die weiter bestehende Verletzung des Art. 8 EMRK sei zu beseitigen. Der Kläger verweist insoweit auf die Ausführungen des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichtes in seinem Urteil vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 unter IV. 2. b) dd) (4) der Entscheidungsgründe und das dort von dem 2. Senat des Bundesarbeitsgerichtes in Bezug genommene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 zu C. I. 3. b) bb) der dortigen Entscheidungsgründe. Hier sei ein Weg aufgewiesen worden, wie prozessual die andauernde Menschenrechtsverletzung korrigiert werde könne. Vorliegend müsse dies durch seine Wiedereinstellung geschehen, welche nicht nur bei einer tatsächlichen Veränderung der Verhältnisse nach dem Zugang der Kündigung möglich sei, sondern auch dann, wenn sich die rechtliche Bewertung verändert habe.
Bei der Beklagten bestehe auch weiterhin ein Bedürfnis für seine Beschäftigung. Aufgrund des Zusammenschlusses der beklagten Kirchengemeinde mit mehreren anderen Gemeinden, bei denen ebenfalls Messen und liturgische Feiern stattfinden, sei die Beklagte fortlaufend gezwungen, für sich überschneidende Orgeldienste Honorarkräfte als Vertretung zu beschäftigen. Auch sei die Urlaubs- und Krankheitsvertretung nicht gewährleistet. Die Beklagte könne seine Beschäftigung auch wirtschaftlich leisten, denn das Bistum refinanziere die Personalkosten sämtlicher Mitarbeiter der Beklagten. Wenn die Beklagte ihn bei dem Bistum als Personalzugang anmeldet, würde sie die anfallenden Kosten durch das Bistum erstattet erhalten und ihren eigenen Vermögenshaushalt nicht belasten. Das Bistum würde seinen Fall ohnehin mit einiger Aufmerksamkeit verfolgen und habe Dispositionen für jeden denkbaren Fall getroffen.
Der Beklagten sei auch klar gewesen, dass er im Falle einer erfolgreichen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiter zu beschäftigen sei, denn die Beklagte hatte es hingenommen, dass die von ihm jeweils bei dem Arbeitsgericht zur Vermeidung des Eintritts der Verjährung eingereichten Annahmeverzugsklagen über einen Zeitraum von 10 Jahren wegen der vorgreiflichen Rechtsfragen immer ruhend gestellt worden sind.
Der Kläger hat beantragt,
1. | die beklagte Kirchengemeinde zu verurteilen, mit ihm einen KAVO-Arbeitsvertrag zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15.11.1983 in seiner zuletzt bestehenden Fassung einschließlich des Dekanatskantorenvertrages (100 % BU, EG 10 Stufe 6) ab dem 23.09.2010 - hilfsweise ab Zustellung dieser Klage - abzuschließen, |
2. | die beklagte Kirchengemeinde zu verurteilen, ihn zu den Bedingungen des zu Ziffer 1 beantragten Arbeitsvertrages als Kirchenmusiker zu beschäftigen. |
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass eine Wiedereinstellung des Klägers bereits daran scheitere, dass über die zweite Kündigung des Klägers vom 22.12.1997, die zum 30.06.1998 ausgesprochen worden war, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.03.2013 - 7 Sa 109/13 rechtskräftig entschieden hat, dass diese das Arbeitsverhältnis beendet hat. Dies schließe einen Wiedereinstellungsanspruch in der Zeit nach dem 30.06.1998 aus.
Auch seien die allgemeinen Voraussetzungen eines Wiedereinstellungsanspruches schon nicht erfüllt. Nach dem Zugang der Kündigung vom 15.07.1997 hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert. Ferner seien die für den Wiedereinstellungsanspruch nun angeführten Gesichtspunkte nicht innerhalb der Kündigungsfrist eingetreten. Nach Ablauf der Kündigungsfrist müsse der Rechtssicherheit der Vorrang eingeräumt werden. Insoweit hat die Beklagte zusätzlich darauf hingewiesen, dass sie nach der Kündigung des Klägers Dispositionen getroffen habe und einen neuen Organisten eingestellt habe. Dies führe dazu, dass die Wiedereinstellung des Klägers unmöglich sei und deswegen sein Anspruch abzuweisen sei.
Auch sehe der von dem 2. Senat des Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 22.11.2012 unter IV. 2. b) dd) (4) gegebene Hinweis lediglich die Möglichkeit einer Wiedereinstellung vor, ohne näher aufzuzeigen, worin diese Möglichkeit bestehen soll. Überdies habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lediglich entschieden, dass die Interessenabwägung fehlerhaft gewesen sei. Würde diese erneut durchgeführt werden, habe sie wiederum die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge.
Der Zusammenschluss von mehreren Kirchengemeinden unter ihrem Dach ermögliche die Weiterbeschäftigung des Klägers ebenfalls nicht. Aufgrund fiskalischer Vorgaben durch das Bistum Essen habe ihr Kirchenvorstand schon vor langer Zeit entschieden, dass die Kirchenmusik in sämtlichen Kirchen nur durch zwei hauptamtliche Kirchenmusiker erbracht werden soll und diese von als Aushilfen beschäftigten Organisten unterstützt werden. Es sei unzutreffend, dass sie bei dem Bistum einfach Schlüsselzuweisungen zur Deckung zusätzlicher Personalkosten beantragen könne, um die Kosten einer Wiedereinstellung des Klägers zu finanzieren.
Der Kläger hat erwidert, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.03.2013 - 7 Sa 109/13 seinem Wiedereinstellungsanspruch nicht entgegenstehe. Zwar sei seine Klage gegen die Kündigung vom 22.12.1997 rechtskräftig abgewiesen worden. Dies beruhe aber lediglich darauf, dass bereits die erste Kündigung vom 15.07.1997 das Arbeitsverhältnis zum 31.03.1998 beendet hatte. Das Landesarbeitsgericht habe nicht festgestellt, ob mit der zweiten Kündigung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses inhaltlich hätte bewirkt werden können. In dem Klageverfahren über seine Wiedereinstellung müsse dies ebenfalls nicht geprüft werden, denn der Wiedereinstellungsanspruch sei auf die Zukunft gerichtet und setze lediglich voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung rechtskräftig beendet worden ist.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlich wie folgt begründet:
Eine Wiedereinstellung des Klägers scheide nach den bisher von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Voraussetzungen des allgemeinen Wiedereinstellungsanspruches aus, denn der Wiedereinstellungsanspruch sei als Korrektiv dafür entwickelt worden, dass für die Frage der Wirksamkeit einer Kündigung es auf den Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung ankomme und Veränderungen, die während des Laufes der Kündigungsfrist oder unmittelbar danach eintreten und die eine andere Bewertung der Kündigung zur Folge haben, über eine Wiedereinstellung zu berücksichtigen seien. Im Falle des Klägers habe sich der Kündigungssachverhalt aber nicht während des Laufes der Kündigungsfrist geändert. Auch unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist sei keine Veränderung eingetreten.
Ein Wiedereinstellungsanspruch ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11, denn das Bundesarbeitsgericht sage hier lediglich, dass ein Wiedereinstellungsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Das Bundesarbeitsgericht lasse damit völlig offen, unter welchen Voraussetzungen ein Wiedereinstellungsanspruch im Falle der fortdauernden Verletzung der Konvention gegeben sein könne. Würde ein solcher Anspruch allerdings angenommen werden, hätte er ein Hinwegsetzen über jegliche Grenzen zur Folge, welche die Rechtsprechung bisher für den Wiedereinstellungsanspruch gezogen habe. Dem dürften jedenfalls die Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit entgegenstehen. Insbesondere im Falle des Klägers würden letztere Gesichtspunkte seine Wiedereinstellung ausschließen, denn seit der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.02.2000 - 7 Sa 425/98 über die Kündigung vom 12.09.1997 sind bis zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23.09.2010 12,5 Jahre verstrichen. In diesem Zeitraum habe der Arbeitgeber längst Dispositionen getroffen, so dass er nicht mehr damit rechnen müsse, verpflichtet zu sein, den gekündigten Arbeitnehmer wiedereinzustellen.
Gegen das ihm am 13.12.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 23.12.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich mit demselben Schriftsatz begründet:
Er weist darauf hin, dass er seine Wiedereinstellung nicht auf den allgemeinen Wiedereinstellungsanspruch stütze, sondern vielmehr einen Wiedereinstellungsanspruch sui generis geltend mache, der sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23.09.2010, der Entscheidung des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichtes vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 und dem Beschluss des 2. Senates des Bundesverfassungsgerichtes vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 ergebe. Für seine Wiedereinstellung sei deswegen zu prüfen, ob sich unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 23.09.2010 unter Zugrundelegung der von diesem verwendeten Kriterien die Kündigung wegen der Verletzung der Konvention als Fehleinschätzung erwiesen hat und der Beklagten seine Wiedereinstellung unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist. Für letzteres spiele eine maßgebende Rolle, dass die Beklagte mit seiner Kündigung ein hohes Risiko eingegangen sei, da sie erstmalig über den seinerzeit etablierten Kündigungsgrund der Wiederverheiratung hinausgegangen sei und mit dem Kündigungsgrund des Ehebruchs und der Bigamie einen völlig neuen Kündigungsgrund habe schaffen wollen.
Ohne Bedeutung sei, ob zwischenzeitlich von der Beklagten andere Personaldispositionen getroffen worden seien, da dies wegen des Zeitablaufes selbstverständlich sei. Davon abgesehen könne er jedoch bei der Beklagten sinnvoll beschäftigt werden. Zum einem habe diese insoweit nur unsubstantiiert erwidert. Zum anderem könne nach der Entscheidung des 7. Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 13.03.2013 - 7 AZR 334/11 einer Verurteilung zur Wiedereinstellung nicht entgegengehalten werden, dass eine tatsächliche Beschäftigung nicht möglich sei, denn auch in diesem Fall sei die Abgabe der für die Wiedereinstellung erforderlichen Willenserklärung dem Arbeitgeber möglich. Lediglich dem Beschäftigungsanspruch könne mit dem Einwand der Unmöglichkeit begegnet werden.
Seinem Wiedereinstellungsanspruch stehe nicht entgegen, dass seine Restitutionsklage nicht erfolgreich gewesen ist, denn im Gegensatz zu dieser wirke die Wiedereinstellung nicht ex tunc, sondern lediglich ex nunc. Er habe gegenüber der Beklagten nie einen Zweifel daran gelassen, dass er eine Wiedereinstellung geltend machen wird, wenn er seinen Arbeitsplatz nicht im Wege der Restitutionsklage zurückbekommt. Dies ergebe sich daraus, dass er nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23.09.2010 bereits am 29.09.2010 die Beklagte dazu aufgefordert hat, anzuerkennen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit ihm durch die Kündigung vom 15.07.1997 nicht aufgelöst worden ist. Zusätzlich habe die Beklagte dies auch daraus erkennen können, dass er mit der vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 Sa 1427/10 erhobenen Restitutionsklage als Hilfsantrag auch einen Wiedereinstellungsantrag mit Wirkung zum 23.09.2010 geltend gemacht hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 22.11.2013 - 5 Ca 2480/13 abzuändern und
1. | die beklagte Kirchengemeinde zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages auf der Grundlage der kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15.11.1983 in seiner zuletzt bestehenden Fassung einschließlich des Dekanatskantorenvertrages (100 % BU, EG 10 Stufe 6) ab dem 23.09.2010 und hilfsweise ab Zustellung der Wiedereinstellungsklage anzunehmen. |
2. | die beklagte Kirchengemeinde zu verurteilen, ihn zu den Bedingungen des zu Ziffer 1 beantragten Arbeitsvertrages als Kirchenmusiker tatsächlich zu beschäftigen. |
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und trägt im Hinblick auf die Berufungsbegründung ergänzend wie folgt vor:
Sie meint, dass der Kläger seine Wiedereinstellung nicht auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 23.09.2010 stützen könne, denn hier ist nicht sie, sondern die Bundesrepublik Deutschland die beklagte Partei gewesen. Aufgrund der Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung einer Entschädigung an den Kläger sei zu erkennen, dass die Zielrichtung des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof nicht sei, eine nationale Gerichtsentscheidung umzukehren. Auch der Entscheidung des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 könne Gegenteiliges nicht entnommen werden. Gleiches gelte für den Beschluss des 2. Senates des Bundesverfassungsgerichtes vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04.
Schließlich scheitere der Wiedereinstellungsanspruch des Klägers auch daran, dass er diesen viel zu spät geltend gemacht habe. Spätestens mit der am 29.04.2013 erfolgten Zustellung des Urteils des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 hätte er die Wiedereinstellung geltend machen müssen. Seine Klage vom 30.08.2013 habe die analog auf den Wiedereinstellungsanspruch anzuwendende Frist des § 4 KSchG nicht eingehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhaltes sowie des widerstreitenden Sachvortrages und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.
II.
In der Sache konnte die Berufung hingegen keinen Erfolg haben, denn das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger von der Beklagten weder zum 23.09.2010 noch zu dem Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift vom 30.08.2013 wiedereinzustellen ist.
1. Der Anspruch des Klägers scheitert zwar nicht bereits daran, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des allgemeinen Wiedereinstellungsanspruches nicht gegeben sind.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis er wirksam gekündigt hat, wieder einzustellen, wenn sich in der Zeit zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist der Kündigungssachverhalt geändert hat. Der Wiedereinstellungsanspruch findet seine Grundlage in einer vertraglichen, den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes und der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung tragenden, letztlich auf § 242 BGB beruhenden arbeitsvertraglichen Nebenpflicht des Arbeitgebers. Der Wiedereinstellungsanspruch entspricht dem durch § 1 KSchG intendierten Bestandsschutz und stellt ein notwendiges Korrektiv für die Fälle dar, in denen die Kündigung auf Grund des maßgeblichen Prüfungszeitpunkts ihres Ausspruchs zwar wirksam ist, die ausschlaggebenden Umstände sich aber noch während der Kündigungsfrist entgegen der im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung angestellten Prognose nachträglich ändern. Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht grundsätzlich nicht, wenn sich die für die Kündigung maßgeblichen Umstände erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ändern, da mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Interessenwahrungspflichten enden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen nur noch nachvertragliche Pflichten, die allenfalls in besonderen Ausnahmefällen geeignet sind, einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen (vgl. BAG vom 16.05.2007 - 7 AZR 621/06; BAG vom 09.11.2006 - 2 AZR 509/05 in DB 2007, 861; BAG vom 04.05.2006 - 8 AZR 299/05 in NZA 2006, 1096; BAG vom 28.06.2000 - 7 AZR 904/98 in NZA 2000, 1097).
Im Rahmen des Wiedereinstellungsanspruches ist zusätzlich zu beachten, dass dem durch Art. 12 GG geschützten Interesse des Arbeitnehmers an dem Erhalt des Arbeitsplatzes das jedenfalls durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Arbeitgebers gegenübersteht, nicht zu einem Vertrag mit einem Arbeitnehmer gezwungen zu werden, den er nicht weiter beschäftigen will. Das sich hiernach stellende Problem der praktischen Konkordanz zweier kollidierender Grundrechtspositionen kann durch eine die konkreten Umstände berücksichtigende Abwägung der beiderseitigen Interessen gelöst werden (vgl. BAG vom 28.06.2000 - 7 AZR 904/08 a.a.O.). Insoweit sind auch berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beachten, die der Einstellung des Arbeitnehmers entgegenstehen können (vgl. BAG vom 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 in NZA-RR 2012, 465; BAG vom 09.11.2006 - 2 AZR 509/05 a.a.O.; BAG vom 04.05.2006 - 8 AZR 299/05 a.a.O.; BAG vom 28.06.2000 - 7 AZR 904/98 a.a.O.). Solche entgegenstehenden berechtigten Interessen des Arbeitgebers können insbesondere dann bestehen, wenn er bereits anderweitige Dispositionen getroffen hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den frei gewordenen Arbeitsplatz schon wieder mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt hat (vgl. BAG vom 16.05.2007 - 7 AZR 621/06).
b) Nach diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen des allgemeinen Wiedereinstellungsanspruches hier nicht gegeben sind. Die Berufungskammer schließt sich den zutreffenden und sorgfältigen Gründen der Entscheidung des Arbeitsgerichts Essen vom 22.11.2013 insoweit in vollem Umfang an und macht sich diese gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen.
2. Der Kläger kann für sein Begehren jedoch wegen der durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 23.09.2010 festgestellten Verletzung des Art 8 EMRK einen Wiedereinstellungsanspruch sui generis anführen, dessen Voraussetzungen in seinem Fall zu prüfen sind.
a) Besteht ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention fort, kann ein Anspruch auf Beseitigung des konventionswidrigen Zustandes gegeben sein, der von dem 2. Senates des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Beschluss vom 14.10.2004 (vgl. BVerfG vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 in NJW 2004, 3407) im Wesentlichen wie folgt hergeleitet wird:
"Die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle sind völkerrechtliche Verträge. Der Bundesgesetzgeber hat den genannten Übereinkommen jeweils mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG zugestimmt (Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 7. August 1952, BGBl II S. 685; die Konvention ist gemäß der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1953, BGBl 1954 II S. 14 am 3. September 1953 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten; Neubekanntmachung der Konvention in der Fassung des 11. Zusatzprotokolls in BGBl 2002 II S. 1054). Damit hat er sie in das deutsche Recht transformiert und einen entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl erteilt. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind - im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358 <70>; 82, 106 <120>)."
Diese Rangzuweisung führt dazu, dass deutsche Gerichte die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben. Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle sind allerdings in der deutschen Rechtsordnung auf Grund dieses Ranges in der Normenhierarchie kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Ein Beschwerdeführer kann insofern vor dem Bundesverfassungsgericht nicht unmittelbar die Verletzung eines in der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Menschenrechts mit einer Verfassungsbeschwerde rügen (vgl. BVerfGE 74, 102 [BVerfG 13.01.1987 - 2 BvR 209/84] <128> m.w.N.; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 2004 - 2 BvR 1570/03 -, EuGRZ 2004, S. 317 <318>). Die Gewährleistungen der Konvention beeinflussen jedoch die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten (vgl. Art. 53 EMRK) - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 83, 119 <128>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2000 - 2 BvR 591/00 -, NJW 2001, S. 2245 ff.).
Eine besondere Bedeutung für das Konventionsrecht als Völkervertragsrecht haben die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, weil sich in ihnen der aktuelle Entwicklungsstand der Konvention und ihrer Protokolle widerspiegelt. Das Konventionsrecht selbst misst den Sachentscheidungen des Gerichtshofs unterschiedliche Rechtswirkungen zu. Nach Art. 42 und Art. 44 EMRK werden die Urteile des Gerichtshofs endgültig und erwachsen damit in formelle Rechtskraft. Die Vertragsparteien haben sich durch Art. 46 EMRK verpflichtet, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Urteile des Gerichtshofs für die an dem Verfahren beteiligten Parteien verbindlich sind und damit auch begrenzte materielle Rechtskraft haben (vgl. H.-J. Cremer, in: Grote/Marauhn <Hrsg.>, Konkordanzkommentar, 2004, Entscheidung und Entscheidungswirkung, Rn. 56 f. m.w.N.).
Die materielle Rechtskraft im Individualbeschwerdeverfahren nach Art. 34 EMRK ist durch die personellen, sachlichen und zeitlichen Grenzen des Streitgegenstandes begrenzt (vgl. Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts <Vorprüfungsausschuss> vom 11. Oktober 1985 - 2 BvR 336/85 - Pakelli, EuGRZ 1985, S. 654 <656>; siehe auch E. Klein, Binding effect of ECHR judgments, Festschrift für Ryssdal, 2000, S. 705 <706 ff.>). Das Konventionsrecht verfügt insoweit nicht über eine § 31 Abs. 1 BVerfGG vergleichbare Vorschrift, wonach alle Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden sind. Art. 46 Abs. 1 EMRK spricht nur eine Bindung der beteiligten Vertragspartei an das endgültige Urteil in Bezug auf einen bestimmten Streitgegenstand aus (res iudicata).
Aus der Feststellung einer Konventionsverletzung folgt zunächst, dass die Vertragspartei nicht mehr die Ansicht vertreten kann, ihr Handeln sei konventionsgemäß gewesen (vgl. Frowein, in: Isensee/Kirchhof <Hrsg.>, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 1992, § 180 Rn. 14). Die Entscheidung verpflichtet die betroffene Vertragspartei in Bezug auf den Streitgegenstand im Grundsatz ferner dazu, den ohne die festgestellte Konventionsverletzung bestehenden Zustand nach Möglichkeit wiederherzustellen (vgl. Polakiewicz, a.a.O., S. 97 ff.; zu den Möglichkeiten, das Ziel einer restitutio in integrum zu erreichen, siehe die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates Nr. R <2000> 2 vom 19. Januar 2000). Dauert die festgestellte Verletzung noch an - etwa im Fall der fortdauernden Inhaftierung unter Verstoß gegen Art. 5 EMRK oder eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben unter Verstoß gegen Art. 8 EMRK -, so ist die Vertragspartei verpflichtet, diesen Zustand zu beenden (vgl. jüngst EGMR, No. 71503/01, Urteil vom 8. April 2004, Ziffer 198 - Assanidze , EuGRZ 2004, S. 268 <275>; siehe auch Breuer, EuGRZ 2004, S. 257 <259>; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 2003, § 16 Rn. 3; Polakiewicz, a.a.O., S. 63 ff.; Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 1999, § 13 Rn. 233). Insoweit würde die Vertragspartei durch die Nichtbeendigung oder Wiederholung ihres als konventionswidrig festgestellten Verhaltens gegenüber dem Beschwerdeführer erneut die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen (vgl. E. Klein, Binding effect of ECHR judgments, Festschrift für Ryssdal, 2000, S. 705 <708>). Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die Entscheidungswirkung nur auf die res iudicata bezogen ist und sich bis zu einem erneuten nationalen Verfahren unter Beteiligung des Beschwerdeführers die Sach- und Rechtslage entscheidend ändern kann.
Dass die Konvention allerdings der betroffenen Vertragspartei im Hinblick auf die Korrektur bereits getroffener, rechtskräftiger Entscheidungen Spielraum einräumt, zeigt sich darin, dass dem Beschwerdeführer durch den Gerichtshof eine "gerechte Entschädigung" in Geld zugesprochen werden kann, wenn das innerstaatliche Recht der betroffenen Vertragspartei nur eine unvollkommene Wiedergutmachung gestattet (vgl. Art. 41 EMRK).
Die Rechtswirkung einer Entscheidung des Gerichtshofs richtet sich nach den völkerrechtlichen Grundsätzen zunächst auf die Vertragspartei als solche. Die Konvention verhält sich grundsätzlich indifferent zur innerstaatlichen Rechtsordnung und soll anders als das Recht einer supranationalen Organisation nicht in die staatliche Rechtsordnung unmittelbar eingreifen. Innerstaatlich werden durch entsprechende Konventionsbestimmungen in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz sowie durch rechtsstaatliche Anforderungen (Art. 20 Abs. 3, Art. 59 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG) alle Träger der deutschen öffentlichen Gewalt grundsätzlich an die Entscheidungen des Gerichtshofs gebunden.
Die Bindungswirkung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hängt von dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich der staatlichen Organe und des einschlägigen Rechts ab. Verwaltungsbehörden und Gerichte können sich nicht unter Berufung auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von der rechtsstaatlichen Kompetenzordnung und der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) lösen. Zur Bindung an Gesetz und Recht gehört aber auch die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung. Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische "Vollstreckung" können deshalb gegen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.
Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Pflicht zur Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Das nationale Recht ist unabhängig von dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens nach Möglichkeit im Einklang mit dem Völkerrecht auszulegen (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>).
Sind für die Beurteilung eines Sachverhalts Entscheidungen des Gerichtshofs einschlägig, so sind grundsätzlich die vom Gerichtshof in seiner Abwägung berücksichtigten Aspekte auch in die verfassungsrechtliche Würdigung, namentlich die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen, und es hat eine Auseinandersetzung mit den vom Gerichtshof gefundenen Abwägungsergebnissen stattzufinden (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 2004 - 2 BvR 1570/03 -, EuGRZ 2004 S. 317 <319>).
Hat der Gerichtshof in einem konkreten Beschwerdeverfahren unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland einen Konventionsverstoß festgestellt und dauert dieser Verstoß an, so ist die Entscheidung des Gerichtshofs im innerstaatlichen Bereich zu berücksichtigen, das heißt die zuständigen Behörden oder Gerichte müssen sich mit der Entscheidung erkennbar auseinander setzen und gegebenenfalls nachvollziehbar begründen, warum sie der völkerrechtlichen Rechtsauffassung gleichwohl nicht folgen. Gerade in Fällen, in denen staatliche Gerichte wie im Privatrecht mehrpolige Grundrechtsverhältnisse auszugestalten haben, kommt es regelmäßig auf sensible Abwägungen zwischen verschiedenen subjektiven Rechtspositionen an, die bei einer Änderung der Subjekte des Rechtsstreits oder durch eine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse im Ergebnis anders ausfallen können. Es kann insofern zu verfassungsrechtlichen Problemen führen, wenn einer der Grundrechtsträger im Konflikt mit einem anderen einen für ihn günstigen Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Bundesrepublik Deutschland erstreitet und deutsche Gerichte diese Entscheidung schematisch auf das Privatrechtsverhältnis anwenden, mit der Folge, dass der insofern "unterlegene" und möglicherweise nicht im Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligte Grundrechtsträger gar nicht mehr als Verfahrenssubjekt wirksam in Erscheinung treten könnte.
Bei einem Konventionsverstoß durch Gerichtsentscheidungen verpflichten weder die Europäische Menschenrechtskonvention noch das Grundgesetz dazu, einem Urteil des Gerichtshofs, in dem festgestellt wird, dass die Entscheidung eines deutschen Gerichts unter Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention zustande gekommen sei, eine die Rechtskraft dieser Entscheidung beseitigende Wirkung beizumessen (vgl. Bundesverfassungsgericht, EuGRZ 1985, S. 654). Daraus ist freilich nicht der Schluss zu ziehen, dass Entscheidungen des Gerichtshofs von deutschen Gerichten nicht berücksichtigt werden müssten.
Letztendlich ist ausschlaggebend, ob ein Gericht im Rahmen des geltenden Verfahrensrechts die Möglichkeit zu einer weiteren Entscheidung hat, bei der es das einschlägige Urteil des Gerichtshofs berücksichtigen kann. In solchen Fallkonstellationen wäre es nicht hinnehmbar, den Beschwerdeführer lediglich auf eine Entschädigung in Geld zu verweisen, obwohl eine Restitution weder an tatsächlichen noch an rechtlichen Gründen scheitern würde.
Bei der Berücksichtigung von Entscheidungen des Gerichtshofs haben die staatlichen Organe die Auswirkungen auf die nationale Rechtsordnung in ihre Rechtsanwendung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein in seinen Rechtsfolgen ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts handelt, das verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich bringen will.
Das Individualbeschwerdeverfahren nach Art. 34 EMRK vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist darauf ausgerichtet, konkrete Einzelfälle am Maßstab der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle im zweiseitigen Verhältnis zwischen Beschwerdeführer und Vertragspartei zu entscheiden. Die Entscheidungen des Gerichtshofs können auf durch eine differenzierte Kasuistik geformte nationale Teilrechtssysteme treffen. In der deutschen Rechtsordnung kann dies insbesondere im Familien- und Ausländerrecht sowie im Recht zum Schutz der Persönlichkeit eintreten (siehe dazu jüngst EGMR, No. 59320/00, Urteil vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Deutschland, EuGRZ 2004, S. 404 ff.), in denen widerstreitende Grundrechtspositionen durch die Bildung von Fallgruppen und abgestuften Rechtsfolgen zu einem Ausgleich gebracht werden. Es ist die Aufgabe der nationalen Gerichte, eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den betroffenen Teilrechtsbereich der nationalen Rechtsordnung einzupassen, weil es weder der völkervertraglichen Grundlage noch dem Willen des Gerichtshofs entsprechen kann, mit seinen Entscheidungen gegebenenfalls notwendige Anpassungen innerhalb einer nationalen Teilrechtsordnung unmittelbar selbst vorzunehmen.
Bei der insoweit erforderlichen wertenden Berücksichtigung durch die nationalen Gerichte kann auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Individualbeschwerdeverfahren vor dem Gerichtshof, insbesondere bei zivilrechtlichen Ausgangsverfahren, die beteiligten Rechtspositionen und Interessen möglicherweise nicht vollständig abbildet. Verfahrensbeteiligte vor dem Gerichtshof ist neben dem Beschwerdeführer nur die betroffene Vertragspartei; die Möglichkeit einer Beteiligung Dritter an dem Beschwerdeverfahren (vgl. Art. 36 Abs. 2 EMRK) ist kein institutionelles Äquivalent für die Rechte und Pflichten als Prozesspartei oder weiterer Beteiligter im nationalen Ausgangsverfahren.
Auch auf der Ebene des Bundesrechts genießt die Konvention nicht automatisch Vorrang vor anderem Bundesrecht, zumal wenn es in diesem Zusammenhang nicht bereits Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofs war.
b) Nach diesen Grundsätzen ist im Rahmen des von dem Kläger geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruches die von dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellte Verletzung des Art. 8 EMRK in der Weise zu beachten, dass sie möglichst beseitigt wird (vgl. BVerfG vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 a.a.O.). Dies bedeutet aber nicht, dass der durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellte Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention schematisch auf den zwischen dem Kläger und der Beklagten geführten Rechtsstreit über seine Wiedereinstellung zu übertragen ist (vgl. BVerfG vom 14.10.2004 - 2 BvR1481/04 a.a.O.). Art. 41 EMRK eröffnet insoweit einen gewissen Spielraum, denn er lässt eine gerechte Entschädigung in Geld zu, wenn das innerstaatliche Recht dem Beschwerdeführer nur eine unvollkommene Wiedergutmachung ermöglicht. Insbesondere in den Fällen, wo die beklagte Partei an dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshoff für Menschenrechte - wie hier - nicht beteiligt gewesen ist und deswegen ihre Grundrechte dort nicht selbst hat vorbringen können, ist eine automatische Übertragung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auf das zwischen dem Beschwerdeführer und der beklagten Partei bestehende Privatrechtsverhältnis nicht ohne weiteres möglich, da auch die subjektiven Rechte und Grundrechte der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht beteiligten Partei ihre Berücksichtigung finden müssen (vgl. BVerfG vom 14.10.2004 - 2 BvR1481/04 a.a.O.).
Die Beklagte war an dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht beteiligt gewesen und hatte dort ihre Grundrechte deswegen nicht selbst vortragen können. Die Beklagte kann für sich insoweit in Anspruch nehmen, dass sie gemäß Artikel 140 GG in Verbindung mit den Artikeln 136 bis 139 und Artikel 141 der Weimarer Reichsverfassung ihre Angelegenheiten in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes nach Maßgabe des Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung nach ihrem Selbstverständnis regeln kann. Dies bedeutet, dass die Verfassungsgarantie den Kirchen ein Selbstbestimmungsrecht gewährleistet und dass diese bei der arbeitsvertraglichen Gestaltung des kirchlichen Dienstes das Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde legen können und die Verbindlichkeit kirchlicher Grundpflichten bestimmen können. Dies ist bei der Anwendung des Kündigungsschutzrechtes auf Kündigungen von Arbeitsverhältnissen wegen der Verletzung der sich daraus für die Arbeitnehmer ergebenden Loyalitätsobliegenheiten aus verfassungsrechtlichen Gründen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG vom 04.06.1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 in NJW 1986, 367 [BVerfG 04.06.1985 - 2 BvR 1703/83]).
Hinzu kommt, dass die Beklagte neben ihrem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht auch den Grundsatz der Rechtssicherheit für sich in Anspruch nehmen kann. Dieser ist nicht nur zentraler Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Er genießt auch den Schutz der Europäischen Konvention zum Schutz für Menschenrechte und Grundfreiheiten (vgl. BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 in NZA-RR 2014, 91; BVerfG vom 08.10.1992 - 1 BvR 1262/92 in NJW 1993, 1125; EGMR vom 18.09.2007 - 52336/99 in KirchE 50, 160-179). Er kann eine Begrenzung der Verpflichtungen der Konventionsstaaten aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte rechtfertigen (vgl. BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11 a.a.O.). Gerät im Einzelfall der Grundsatz der Rechtssicherheit mit dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit in Widerstreit, so ist es Sache der Rechtsprechung, das jeweilige Gewicht, das diesen Prinzipien in der zu regelnden Konstellation zukommt, zu bemessen und darüber zu befinden, welchem der Vorzug gegeben werden muss. Bei überwiegendem Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens darf die Rechtsordnung in Kauf nehmen, dass eine materiell unrichtige Entscheidung für den fraglichen Einzelfall endgültig Bestand hat (vgl. BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 570/11a.a.O.; BVerfG vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 in BVerfGE 107, 395; BVerfG vom 08.10.1992 - 1 BvR 1262/92 a.a.O.).
c) Wegen des langen Zeitablaufes zwischen der mit der Kündigung vom 15.07.1997 zum 31.03.1998 ausgesprochenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der erst mit Urteil vom 23.09.2010 festgestellten Verletzung des Art. 8 EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überwiegt hier im Rahmen der Abwägung der Grundsatz der Rechtssicherheit.
Nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bis zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte waren 12,5 Jahre verstrichen. Nach einer Zeitdauer von mehr als einem Jahrzehnt war es der Beklagten nicht mehr zumutbar, mit dem Kläger wieder ein Arbeitsverhältnis eingehen zu müssen.
Entgegen der Auffassung des Klägers konnte im Rahmen der Abwägung nicht zu Lasten der Beklagten berücksichtigt werden, dass sie seinerzeit mit der Kündigung vom 15.07.1997 einen riskanten Weg eingeschlagen haben soll, weil sie erstmalig über den seinerzeit etablierten Kündigungsgrund der Wiederverheiratung hinausgegangen sei und mit dem Kündigungsgrund des Ehebruchs und der Bigamie einen völlig neuen Kündigungsgrund habe schaffen wollen. Dieser Auffassung des Klägers steht das Urteil des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.09.1999 - 2 AZR 712/98 entgegen, mit welchem dieser im Falle des Klägers unter II. 5. b) der Entscheidungsgründe festgestellt hat, dass die Aufnahme einer neuen geschlechtlichen Beziehung eine schwerwiegende sittliche Verfehlung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 1. Alt. der GrO darstellt und damit als Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG geeignet ist.
Der 2. Senat hat hier insbesondere ausgeführt, dass die Rechtsansicht des Klägers, aus dem Bereich des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau sei allein die Wiederheirat, also der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe als schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlung anzusehen, sich weder der Grundordnung, die allgemein auf die von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter zu erfüllenden Obliegenheiten abstellt, noch den von dem Kläger zitierten kirchenrechtlichen Vorschriften oder den genannten Beispielsfällen entnehmen lässt. Zusätzlich hat der 2. Senat hervorgehoben, dass er bereits in seinem Urteil vom 24.04.1997 - 2 AZR 268/96 in NZA 1998, 145 darauf hingewiesen hat, dass nach katholischem Kirchenrecht der Ehebruch jedenfalls als schwerwiegendes Fehlverhalten zu betrachten ist. Des Weiteren hat der 2. Senat betont, dass der Kläger sich auf eine Gleichbehandlung mit den kirchlichen Arbeitnehmern, denen nach seinem Vorbringen bei einem ähnlichen Fehlverhalten nicht sofort gekündigt worden sei, nicht berufen könne, da er aufgrund seiner Stellung als Mitarbeiter im liturgischen Dienst schon von seiner Tätigkeit her mit den von ihm benannten kirchlichen Mitarbeitern nicht vergleichbar sei.
Der 2. Senat hatte damit den Kündigungssachverhalt, welcher dem Kläger vorgeworfen wurde, in vollem Umfang als einen für eine verhaltensbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG geeigneten Sachverhalt angesehen. Nach der zweiten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.02.2000 - 7 Sa 425/98, mit welcher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.1998 festgestellt worden ist, durfte sich die Beklagte wegen der von dem 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts geäußerten Rechtsauffassung darauf verlassen, dass die von ihr ausgesprochene Kündigung zu einer dauerhaften und auch eine Wiedereinstellung des Klägers ausschließenden Beendigung des Arbeitsverhältnisse geführt hat. Bestätigt wurde die Beklagte in ihrer Annahme dadurch, dass mit Beschluss vom 29.05.2000 eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf vom 03.02.2000 - 7 Sa 425/98 durch das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen worden war und das Bundesverfassungsgericht am 08.07.2002 die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen hat, da die angegriffene Entscheidung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne.
Gegen das Vertrauen der Beklagten in eine dauerhafte Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers spricht nicht, dass diese über ein Jahrzehnt es hingenommen hat, dass die von dem Kläger zwecks Vermeidung der Verjährung eingereichten Annahmeverzugsklagen jeweils ruhend gestellt worden sind. Der Kläger hat zwar behauptet, dass die Beklagte dabei als sicher davon ausgegangen sei, dass sie ihn im Falle eines erfolgreichen Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterbeschäftigen müsse. Die Beklagte musste nach dem Urteil des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 16.09.1999 - 2 AZR 712/98, des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf vom 03.02.2000 - 7 Sa 425/98 und der am 08.07.2002 erfolgten Nichtannahme seiner Beschwerde bei dem Bundesverfassungsgericht aber nicht davon ausgehen, dass der Kläger vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überhaupt erfolgreich sein wird.
Zwar hat der Kläger die lange Verfahrensdauer vor dem Europäischen Gerichtshoff für Menschenrechte nicht zu verantworten. Dies gilt jedoch gleichermaßen für die Beklagte, zumal sie an dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht einmal beteiligt gewesen war.
Auch ist davon auszugehen, dass den Kläger die gegen Art. 8 EMRK verstoßende Kündigung vom 15.07.1997 weiterhin hart trifft, da er seinen Beruf in der bei der Beklagten ausgeübten Form als A-Kirchenmusiker in Vollzeit nicht ausüben kann. Dies vermag jedoch das durch den langen Zeitablauf bei der Beklagten im Rahmen der Rechtssicherheit ebenfalls zu berücksichtigende Vertrauen in ein dauerhaftes Ende des Arbeitsverhältnisses ohne Wiedereinstellung nicht zu verdrängen, denn der Verstoß gegen Art. 8 EMRK wird auf Seiten des Klägers - wenn auch nicht ausgeglichen - so doch zumindest dadurch abgemildert, dass ihm gemäß Art. 41 EMRK eine Entschädigung in Höhe von 40.000 € zugesprochen worden ist. Nach einer Beschäftigungsdauer des Klägers vom 15.11.1983 bis zum 31.03.1998 unterschreitet diese Abfindung nicht die üblichen Höhe, wie sie auch von § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehen ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die in vollem Umfang unterliegende Partei die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens zuzulassen.
Höwelmeyer
Mülders
Krüger