§ 172 AO - Keine Änderung von Bescheiden durch EuGH-Urteile
Eine EuGH-Entscheidung rechtfertigt nicht die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide. Denn insoweit liegt keine vorsätzliche Nichtumsetzung des EU-Rechts vor, wenn die Rechtslage bis zum Urteil ungeklärt war. Eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide kommt nur in Betracht, wenn das Finanzamt hierzu nach nationalem Recht befugt ist. Das ist nicht der Fall, wenn sich die Steuerfestsetzung im Nachhinein als EU-widrig erwiesen hat. Denn dies rechtfertigt nicht automatisch eine Durchbrechung der Bestandskraft des Steuerbescheids. Eine Ausnahme gilt nur bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht.
Im vom BFH entschiedenen Fall ging es um das EuGH-Urteil zur Steuerfreiheit bei privaten Glücksspielen. Bestandskräftige Umsatzsteuerbescheide können hiernach nicht mehr geändert werden, da keine AO-Vorschrift einschlägig ist. Ein Richterspruch aus Luxemburg ist auch kein Grund für eine Widereinsetzung in den vorigen Stand. Auch bei gemeinschaftsrechtswidrigen Entscheidungen trägt die eingetretene Bestandskraft zur Rechtssicherheit bei.
In die gleiche Richtung geht ein Urteil des FG Köln, wonach das Finanzamt nicht einen generellen Vorläufigkeitsvermerk in Steuerbescheiden aufnehmen muss, wodurch der Bescheid hinsichtlich aller beim BVerfG, BFH und EuGH anhängigen steuerlichen Rechtsfragen für vorläufig erklärt wird. Es ist vielmehr ermessensgerecht, den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO von der Breitenwirkung der Verfahren abhängig zu machen. Es bleibt also für die Praxis dabei, dass anhängige Verfahren verfolgt und durch einen Antrag auf ein ruhendes Verfahren selbst offengehalten werden müssen.
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