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  • § 20 EStG - Zuordnung von Kapitaleinnahmen im Erbfall

    Gehen Wertpapiere oder Sparbücher auf die Erben über, werden diesen sämtliche Zinsen und Dividenden zugeordnet. Diese strenge Sichtweise wurde jüngst vom Finanzministerium Schleswig-Holstein sowie vom Finanzgericht Baden-Württemberg bestätigt.  

     

    Somit müssen die Erben alle nach dem Tod zugeflossenen Erträge versteuern. Eine rechnerische Aufteilung auf die Zeiten vor und nach dem Erbfall ist nicht möglich. Diese Doppelbelastung der Kapitalerträge mit Erbschaft- und Einkommensteuer wurde mit der Streichung des § 35 EStG bewusst in Kauf genommen. Lediglich Kapitalerträge, die am Todestag zufließen, dürfen noch dem Verstorbenen zugerechnet werden.  

     

    Dies kann gravierende Auswirkung bei den Erben haben. Besonders dann, wenn sie im Gegensatz zum Verstorbenen eine hohe Steuerprogression vorweisen. So müssen etwa die gut verdienende Tochter oder der Sohn sämtliche Erträge aus einem Zerobonds mit 30 Jahren Laufzeit versteuern, auch wenn die Kursgewinne 29 Jahre lang bei Vater oder Mutter aufgelaufen sind.  

     

    Negativ wirkt sich die steuerliche Sichtweise grundsätzlich bei Finanzinnovationen aus. Hier wird ein Gewinn steuerlich erst bei Fälligkeit oder Verkauf erfasst, folglich können sich über Jahre stattliche steuerpflichtige Einnahmen ansammeln, die dann auf einen Schlag bei den Erben progressionswirksam anfallen.  

     

    Bei den Erben mindern diese Kapitalerträge in vollem Umfang die Freistellungsbeträge, auch wenn der Verstorbene sie für das entsprechende Jahr noch nicht in Anspruch genommen oder nicht ausgeschöpft hat. Der nicht verbrauchte Betrag geht daher verloren. Lediglich bei Ehepaaren kann der überlebende Partner den zweifachen Betrag für das Todesjahr berücksichtigen. Sofern mehrere Personen Erben werden, geht das Kapitalvermögen insgesamt auf sie über. Sie bilden dann eine Erbengemeinschaft und verfügen gemeinschaftlich über die Konten. Bis zur Erbauseinandersetzung fließen die Einnahmen den Beteiligten anteilig ihrer Erbquote zu. Ein Freistellungsbetrag kann nicht gewährt werden, hierzu müssen die Gelder erst auf die einzelnen Personen verteilt sein. Der überlebende Ehegatte kann jedoch den dann verminderten Freistellungsbetrag weiter nutzen.  

     

    Fundstellen:  

    FinMin Schleswig-Holstein 16.2.04, DStR 04, 1128, DB 04, 1342  

    FG Baden-Württemberg 10.11.03, 10 K 234/01, DStRE 05, 243, EFG 04, 406, Revision beim BFH unter VIII B 323/03 

    Quelle: Ausgabe 06 / 2005 | Seite 366 | ID 114705