§ 74 EStG - Kein Zugriff der Kommune auf das Kindergeld bei Behinderung
Eine Abzweigung von Kindergeld an die Stadt kommt nicht in Betracht, wenn die Eltern Aufwendungen für ihren Nachwuchs tragen, die mindestens so hoch sind wie das Kindergeld. Dabei sind sowohl solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die den behinderungsbedingten Mehrbedarf oder das sozialhilferechtliche Existenzminimum decken, also auch in größerem zeitlichen Abstand regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände, Hausrat, Freizeit oder Urlaub. Mit diesem Tenor gibt das FG Münster eine wichtige Orientierungshilfe, da viele Kommunen bei Grundsicherungsleistungen für behinderte Kinder derzeit prüfen, ob sie hierauf nach § 74 Abs. 1 EStG zugreifen können.
Das FG stellt in zwei Urteilen ausführlich Grundsätze für die Abzweigung bei behinderten, im Haushalt ihrer Eltern lebenden Kindern auf:
- Das Kindergeld soll die finanzielle Belastung der Eltern durch den Unterhalt ausgleichen. Daher hängt die Entscheidung über die Abzweigung davon ab, ob und in welcher Höhe ihnen den Grund- und den behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffende Aufwendungen für das Kind entstanden sind.
- Berücksichtigt werden sollen nur die den Eltern im Zusammenhang mit der Betreuung und dem Umgang mit dem Kind tatsächlich entstandenen und glaubhaft gemachten Aufwendungen. Dies setzt aber voraus, dass die Notwendigkeit der Betreuung und deren Durchführung nicht nur pauschal behauptet, sondern konkret dargelegt und glaubhaft gemacht wird.
- Diese Aufwendungen sind grundsätzlich zu beziffern, wobei eine Schätzung in Betracht kommt. Berücksichtigt werden können darüber hinaus auch Aufwendungen für Ernoährung, Körper- und Gesundheitspflege, Bekleidung, Hausrat, Freizeit oder Urlaub. Maßstab für die Bewertung des eigenen Betreuungsaufwands sind die vergleichbaren Kosten für eine Fremdbetreuung. Im Urteilsfall wurden 8 EUR je Stunde angesetzt.
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