Steuervereinfachungsgesetz - Liste aller Änderungen
Das vom Bundestag verabschiedete Steuervereinfachungsgesetz 2011 enthält noch viele Ergänzungen, die der Finanzausschuss eingefügt hatte. Der Bundesrat hat dem Gesetz zunächst die Zustimmung verweigert, weil er Kritik an der geplanten Abgabe der Einkommensteuererklärung für zwei aufeinanderfolgende Veranlagungszeiträume hat. Die übrigen zahlreichen Änderungsvorhaben werden dagegen nicht bemängelt. Die nachfolgende Übersicht listet alle Änderungen auf, sortiert nach Gesetzen, Paragrafen, Kurzinhalt und Inkrafttreten. Eine Reihe von Maßnahmen wird dabei rückwirkend ab dem Tag nach der Verkündung rechtswirksam, es gibt aber auch viele Ausnahmen davon.
Einkommensteuer
| Neuregelung | Inkrafttreten |
Abgeltend besteuerte Kapitaleinkünfte sollen für die Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung und den Spendenhöchstbetrag nicht mehr berücksichtigt werden. Unterliegen die Erträge dem regulären Steuersatz, wirken sie sich weiterhin im Rahmen der Einkommensermittlung aus (z.B. Altersentlastungsbetrag). | 2012 | |
Stipendien aus unmittelbaren und mittelbaren öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen sollen gleichgestellt werden. | Tag nach Verkündung | |
§ 3 Nr. 19, 21, 22, 37, 46, 49 EStG | Der Katalog der steuerfreien Einnahmen soll zur Rechtsbereinigung um insgesamt sechs Steuerbefreiungen in § 3 EStG bereinigt werden, die in der Praxis keine Bedeutung mehr haben:
| Tag nach Verkündung |
Es soll eine Vereinfachung bei der Entfernungspauschale eingeführt werden, indem die Vergleichsrechnung zwischen Kilometergeld und den entstandenen Kosten für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln jahresbezogen vorzunehmen ist. Damit wird die tageweise Prüfung, inwieweit die tatsächlichen Aufwendungen die Entfernungspauschale übersteigen, ausgeschlossen. | 2012 | |
§ 9a S. 1 Nr. 1a, 52 Abs. 23e, Abs. 51 EStG | Es soll eine Anhebung des jährlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 auf 1.000 EUR geben. Der Zuschlag von 80 EUR wirkt sich erstmals für nach dem 30.11.11 endende Lohnzahlungszeiträume aus, sodass der gesamte Erhöhungsbetrag beim Lohnsteuerabzug im Dezember 2011 durch einen lohnsteuer-lichen Ausgleichsbetrag in Höhe von 1.880 EUR zu berücksichtigen ist. | 2011 |
Es soll auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Eltern zur Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten verzichtet werden. Dadurch entfällt der Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen zur Berücksichtigung und Kinderbetreuungskosten sind zu 2/3 bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 EUR je Kind nicht mehr wie Werbungskosten/Betriebsausgaben, sondern einheitlich nur noch als Sonderausgaben abziehbar. | 2012 | |
§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 3a EStG | Es soll eine Verrechnung von Überhängen aus Erstattungsleistungen oder steuerfreien Zuschüssen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei den Sonderausgaben im Jahr des Zuflusses mit geleisteten gleichartigen Aufwendungen geben. | 2012 |
Ergibt sich bei den voll absetzbaren Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung oder bei der Kirchensteuer nach der jahresbezogenen Verrechnung ein Erstattungsüberhang, soll dieser bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte hinzugerechnet werden. | 2012 | |
Es soll eine gesetzliche Betriebsfortführungsfiktion in den Fällen der Betriebsverpachtung und -unterbrechung eingeführt werden, wonach das Unternehmen bis zu einer ausdrücklichen Betriebsaufgabeerklärung als fortgeführt gilt. | Betriebsaufgabe ab Tag nach Verkündung | |
Die Prüfung einer Totalüberschussprog-nose soll durch Vereinheitlichung der Grenzen bei verbilligter Wohnraumüberlassung entfallen und zwar bei
| 2012 | |
Es soll eine Reduzierung der Veranlagungsarten für Eheleute von 7 auf 4 erfolgen:
Die getrennte und besondere Veranlagung soll abgeschafft werden. Die Wahl einer Veranlagungsart innerhalb eines VZ ab Eingang der Steuererklärung wird beim Finanzamt bindend. | 2013 | |
Geplant ist die Einführung einer Einzelveranlagung von Ehegatten anstelle der getrennten Veranlagung. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Dienstleistungen werden dem Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Antrag auf abweichende Verteilung soll möglich sein. | 2013 | |
Geplant ist der Wegfall der getrennten Veranlagung zugunsten der Ehegatten-Einzelveranlagung. | 2013 | |
§ 25a EStG | Geplant ist die Abgabe der Einkommensteuererklärung auf Antrag nur noch alle 2 Jahre für private Überschuss- einkünfte. | 2012 |
Die Berücksichtigung von Einkünften und Bezügen von volljährigen Kindern beim Familienleistungsausgleich soll entfallen, also für Kindergeld und -freibetrag sowie beim Ausbildungsfreibetrag. | 2012 | |
Volljährige Kinder, die sich nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder einem Erststudium in einer weiteren Berufsausbildung befinden, sollen nachweisen müssen, dass sie nicht erwerbstätig sind, nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten oder nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. | 2012 | |
Der Kinderfreibetrag von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern soll von einem Elternteil auf den anderen übertragen werden können, wenn der eine Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig gegenüber dem Kind ist. | 2012 | |
Der Betreuungsfreibetrag soll sich nicht mehr auf Antrag des Elternteils, bei dem das Kind gemeldet ist, auf ihn übertragen lassen, wenn der andere Elternteil Aufwendungen für die Betreuung und Erziehung oder Ausbildung hat. | 2012 | |
Ein Übertrag der Freibeträge für Kinder auf einen Stief- oder Großelternteil soll auch dann möglich sein, wenn diese mangels Leistungsfähigkeit der Eltern eine konkrete Unterhaltsverpflichtung gegenüber ihren Enkelkindern trifft und sie das Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben. | 2012 | |
Der betreuende Elternteil, der für den Unterhalt seines behinderten Kindes überwiegend allein aufkommt, soll sich neben dem Kinderfreibetrag auch den Behinderten-Pauschbetrag des Kindes in voller Höhe übertragen lassen können. | 2012 | |
Abgeltend besteuerte Kapitalerträge sollen für die Berechnung von Unterhaltsleistungen als sonstiger Bezug und nicht mehr als Einkünfte gelten. | 2012 | |
Die Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge des Kindes beim Ausbildungsfreibetrag soll aufgehoben werden. | 2012 | |
§ 33 Abs. 4 EStG, 64 EStDV | Der Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall für den steuerlichen Abzug als außergewöhnliche Belastungen soll gesetzlich definiert werden und löst dann die bisherigen Verwaltungsregelungen ab. Das erfolgt als Reaktion auf die aktuell geänderte BFH-Rechtsprechung, wonach nicht unbedingt die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes notwendig ist. | offene Fälle |
§ 34, 34b EStG, 51, 68 EStDV | Es soll eine Vereinfachung der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte aus Forstwirtschaft geben, die die progressionsbedingte Härte ausgleicht. | 2012 |
Ein nicht zur Buchführung verpflichteter Betrieb soll für Gewinne aus Holznutzung pauschale Betriebsausgaben von 55 % der Einnahmen aus der Verwertung des eingeschlagenen und 20 % des stehenden Holzes abziehen können. Dabei wird statt auf den Veranlagungszeitraum aufs Wirtschaftsjahr abgestellt. | 2012 beginnende Wirtschaftsjahre | |
Es soll eine Befreiung von der Pflichtveranlagung bei Arbeitnehmern bei einem Jahresarbeitslohn bis 10.200 EUR (19.400 EUR bei Zusammenveranlagung) bei zu hoher Mindestvorsorgepauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung eingeführt werden. | rückwirkend ab 2010 | |
Es sollen erleichterte Nachweisanforderungen für Spenden und Mitgliedsbeiträgen in Katastrophenfällen eingeführt werden, die durch Rechtsverordnung erlassen werden. | Tag nach Verkündung | |
Abgeltend durch Steuerabzug erfasste Kapitalerträge sollen für die Berechnung der zumutbaren Belastung für die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen, beim Ausbildungsfreibetrag sowie zur Ermittlung des Spendenhöchstbetrags nicht mehr in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. | 2012 | |
Vom Kapitalertragsteuerabzug bei Gewinnausschüttungen von Genossenschaften an ihre Mitglieder soll Abstand genommen werden, wenn diese die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung aufgrund von NV-Bescheinigung oder Freistellungsauftrag besitzen. | Zufluss ab 1.1.2012 | |
Es soll erleichterte Regelungen bei der Kapitalertragsteuer für unselbstständige Stiftungen eingeführt werden, die steuerbefreit sind, um Liquiditätsnachteile sowie den Mehraufwand zu vermeiden. | Zufluss ab 1.1.2012 | |
Eine Harmonisierung der Vorschriften zum Steuer- und Sozialrecht wird angestrebt. Hierzu ist ein Sachstandsbericht der Bundesregierung vorgesehen. | ohne Termin | |
Es soll eine Vereinfachung des steuerlichen Reisekostenrechts sowohl für Betriebe als auch Arbeitnehmer geben. Geplant ist der Einsatz einer Arbeitsgruppe. Das BMF legt Grundlagen vor. | ohne Termin | |
Geplant ist die Einführung einer elektronischen vorausgefüllten Einkommensteuererklärung als freiwillig nutzbares Serviceangebot. Auf Einführung 2013 haben sich die Finanzminister von Bund und Ländern am 22.6.2011 verständigt. | Veranlagungszeitraum 2013 | |
| Geplant ist die anwenderfreundlichere Gestaltung von Steuererklärungsvordrucken und Erläuterungsblättern. | ohne Termin |
Abgabenordnung
Das BMF soll durch Rechtsverordnung neben der qualifizierten elektronischen Signatur auch andere sichere Verfahren zulassen können. | über den 31.12.2011 hinaus | |
Geplant ist die Einführung einer Bagatellgrenze von 10.000 EUR (Gegenstandswert) und 200 EUR (2 Stunden Zeitgebühr) bei der Gebührenpflicht für die verbindliche Auskunft. | Anträge ab Tag nach Verkündung | |
Meldung von Auslandssachverhalten sollen nur noch innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgen dürfen, in dem das meldepflichtige Ereignis eingetreten ist. | Tag nach Verkündung | |
Abgeltend besteuerte Kapitaleinkünfte werden nicht mehr für steuerliche Nebenrechnungen benötigt, daher soll insoweit der Kontenabruf entfallen. | VZ 2012 | |
Es soll eine Anpassung der besonderen 3-monatigen Steuererklärungsfrist für Land- und Forstwirte an die Regelabgabefrist von 5 Monaten erfolgen. | VZ 2010 | |
Erleichterung der elektronischen Kommunikation mit der Finanzverwaltung. | Tag nach Verkündung | |
In der BpO soll das Institut der zeitnahen Betriebsprüfung definiert und ein bundeseinheitlicher Standard formuliert werden. Zeitnahe Betriebsprüfungen sollen in Zukunft vermehrt durchgeführt werden. Die Umsetzung soll durch allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Betriebsprüfungsordnung erfolgen. | Prüfungsanordnung ab 2.1.2012 |
Umsatzsteuer
Erleichterungen bei der elektronischen Rechnungsstellung sind geplant. Rechnungen dürfen per E-Mail, im EDI-Verfahren, als PDF- oder Textdatei, per Computer-Telefax oder Fax-Server und im Wege des Datenträgeraustauschs übermittelt werden. Sie berechtigen zum Vorsteuerabzug, ohne dass es einer elektronischen Signatur oder der Übermittlung der Rechnung per EDI bedarf. Jeder Unternehmer legt fest, wie der Echtheit der Herkunft, Unversehrtheit des Inhalts und Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet wird. | Ab 1.7.2011 ausgestellte Rechnungen für Umsätze nach 30.6.2011 | |
Die Umsatzsteuer-Nachschau soll auch elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere, andere Urkunden und elektronische Rechnungen umfassen. | 1.7.2011 | |
Die Nachweisregelungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen sollen verschlankt und die Nachweispflichten erleichtert werden. Hierzu ist eine Rechtsverordnung geplant. | ohne Termin |
Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetz
Der Erbbauberechtigte soll im Besteuerungsverfahren des Erbbaurechtsverpflichteten erklärungspflichtig werden und damit auch Beteiligter nach § 154 BewG. Dasselbe gilt, wenn vom Erbbauverpflichteten Angaben benötigt werden. | Bewertungsstichtage ab 1.7.2011 | |
Für begünstigtes Betriebsvermögen sollen die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten gesondert festgestellt werden. | Erwerbe ab 1.7.2011 | |
Das Verwaltungsvermögen soll gesondert festgestellt werden, wenn der gemeine Wert des Betriebsvermögens oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften gesondert festgestellt wird. | Erwerbe ab 1.7.2011 |
Sonstiges
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