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  • · Nachricht · § 20 EStG

    Einlagenrückgewähr bei Ausschüttungen von Gesellschaften aus einem anderen EU-Staat

    | Körperschaften, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtig sind, können eine Einlagenrückgewähr leisten, wenn sie Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG gewähren können, so das Gesetz. Um für Leistungen als Gesellschafter von einer österreichischen Aktiengesellschaft die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG normierte Sonderregelung der Einlagenrückgewähr in Anspruch nehmen zu können, muss das in § 27 Abs. 8 KStG geregelte Antragsverfahren eingeleitet werden. Die Steuerbefreiung unter der Bedingung, dass das Verfahren nach § 27 Abs. 8 KStG durchlaufen wurde, hält das FG Hessen für nicht europarechtswidrig. | Sachverhalt 

    Hintergrund

    Die Rückgewähr von Gesellschaftereinlagen, die nicht in das Nennkapital geleistet wurden, unterliegt nach deutschem Steuerrecht grundsätzlich nicht der Ertragsbesteuerung, da der Gesellschafter lediglich hingegebene Vermögenssubstanz wieder zurückerhält. Seit Einführung des § 27 Abs. 8 KStG gilt dies unter bestimmten Voraussetzungen auch für Gesellschaften, die innerhalb der EU ansässig sind.

     

    Streitig war, ob Leistungen, die der Steuerpflichtige von einer österreichischen Aktiengesellschaft erhalten hat, als Einlagenrückgewähr steuerfrei zu stellen sind oder ob insoweit steuerpflichtige Kapitalerträge vorliegen.

     

    Im Streitzeitraum war der Steuerpflichtige Gesellschafter einer in Österreich ansässigen AG und hielt an dieser insgesamt 307.500 Inhaberaktien, von denen 300.000 vor dem 1.1.2009 erworben wurden. Am 28.9.2011 fasste die Hauptversammlung der AG den Beschluss, aus dem Bilanzgewinn der Gesellschaft einen Betrag von 0,10 EUR pro Aktie auszukehren, was nach österreichischem Steuerrecht als steuerneutrale Einlagenrückgewähr gemäß § 4 Abs. 12 Einkommensteuergesetz Österreich zu qualifizieren ist. Eine entsprechende Bekanntmachung der Gesellschaft erfolgte noch am selben Tag.

     

    Der Steuerpflichtige vertrat nun im Veranlagungsverfahren die Auffassung, dass es sich insoweit um eine nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerfreie Einlagenrückgewähr handele. Das FA setzte dagegen die Beträge als steuerpflichtige Gewinnausschüttungen an.

     

    Entscheidung

    Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegte Klage blieb ohne Erfolg. Zwar gehören Bezüge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten.

     

    Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG haben unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahres auf einem besonderen Konto, dem steuerlichen Einlagekonto, auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto dient mit Blick auf die Besteuerung des Anteilseigners dazu, die nicht steuerpflichtige Auskehrung von Einlagen, die von § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG als Einlagenrückgewähr bezeichnet wird, zu identifizieren bzw. von grundsätzlich steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen zu trennen. Um dies zu gewährleisten, wird ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres das steuerliche Einlagekonto um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahres fortgeschrieben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 KStG) und zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG). Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG).

     

    Körperschaften, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union unbeschränkt steuerpflichtig sind, können gemäß § 27 Abs. 8 Satz 1 KStG eine Einlagenrückgewähr leisten, wenn sie Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG gewähren können. Die Einlagenrückgewähr ist in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 bis 6 KStG und der §§ 28 und 29 KStG zu ermitteln. Der als Leistung im Sinne des § 27 Abs. 8 Satz 1 KStG zu berücksichtigende Betrag wird auf Antrag der Körperschaft für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 8 Satz 3 KStG). Der Antrag ist beim Bundeszentralamt für Steuern nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bis zum Ende des Kalenderjahres zu stellen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Leistung erfolgt ist. Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist.

     

    Im Hinblick auf in einem anderen Mitgliedstaat der EU unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften wird ‒ anders als bei in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften ‒ also nicht der Bestand des steuerlichen Einlagekontos gesondert festgestellt, sondern die Summe der im jeweiligen Veranlagungszeitraum als Einlagenrückgewähr zu qualifizierenden Leistungen. Gemäß § 27 Abs. 8 Satz 2 KStG ist die Einlagenrückgewähr in entsprechender Anwendung der Abs. 1 bis 6 zu ermitteln. Die ausländische Körperschaft hat danach nach ihren ausländischen Bilanzen den Bestand des anzusetzenden steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des der Leistung vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu ermitteln. Maßgeblich für die Ermittlung der Einlagenrückgewähr ist aufgrund der Verweisung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG der auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelte ausschüttbare Gewinn.

     

    Im Streitfall hatte das FA zu Recht die erbrachte Leistung nicht als Einlagenrückgewähr anerkannt, denn die AG hatte nicht das in § 27 Abs. 8 KStG geregelte Antragsverfahren eingeleitet, weshalb der Steuerpflichtige bei dem für ihn zuständigen Finanzamt auch keine entsprechende Bescheinigung einreichen konnte. Das wäre aber erforderlich gewesen, um die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG normierte Sonderregelung in Anspruch nehmen zu können.

     

    Nach Auffassung des FG ergibt sich auch im Hinblick auf höherrangiges Recht keine andere rechtliche Beurteilung. Denn die Steuerfreistellung nur unter der Bedingung, dass das Verfahren nach § 27 Abs. 8 KStG durchlaufen wurde, verstößt nach der Auffassung des FG weder gegen Europarecht noch gegen deutsches Verfassungsrecht.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45124940