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  • · Nachricht · § 33 EStG

    Krankheits- und Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung

    | Die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 EStG ist auch bei Krankheitskosten verfassungsgemäß. Beerdigungskosten können als außergewöhnliche Belastung nur abgezogen werden, soweit sie nicht aus dem Nachlass oder durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind. |

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall ging es im Streitjahr 2009 u. a. um den Abzug von Aufwendungen für Reiki-Behandlungen sowie von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG sowie um die Frage, ob die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) auch bei Krankheitskosten in Abzug zu bringen ist.

     

    Die im Streitjahr 2009 verstorbene Ehefrau schloss mit einer Anbieterin, die im Streitjahr nicht zur Ausübung der Heilkunde zugelassen war, eine Vereinbarung über Reiki-Behandlungen. Darin hieß es u. a., die ausgeführte Reiki-Behandlung verstehe sich nicht als Heilbehandlung im Sinne des Therapiegesetzes, der Heilpraktikerverordnung oder ähnlicher Bestimmungen. Mit der Methode des Reiki würden die Selbstheilungskräfte des Menschen durch Handauflegen aktiviert. Die entstandenen Kosten machte der steuerpflichtige Ehemann als außergewöhnliche Belastungen geltend.

     

    Die Ehefrau verfügte an ihrem Todestag über Guthaben bei einer Sparkasse in Höhe von rund 12.000 EUR und bei einer Bausparkasse in Höhe von rund 8.000 EUR. Der Steuerpflichtige zahlte im Streitjahr Bestattungskosten für die Beerdigung der Ehefrau in Höhe von 6.000 EUR und machte auch diese Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend.

     

    Aufwendungen für Reiki-Behandlungen

    Der BFH entschied, dass auch Aufwendungen, denen es objektiv an der Eignung zur Heilung oder Linderung mangelt, vorbehaltlich der Nachweisanforderungen des § 64 Abs. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 zu den zwangsläufigen Krankheitskosten zählen, wenn der Steuerpflichtige an einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung leidet, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht.

     

    Die Zwangsläufigkeit krankheitsbedingter Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel hat der Steuerpflichtige durch die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 33 Abs. 4 EStG i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011). Dies gilt auch in den Fällen einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung, da die Regelung des § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 keine Differenzierung zwischen verschiedenen Krankheitskosten enthält. Gegen diese Regelung bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

     

    Im Streitfall wurden die Aufwendungen für das Reiki zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Denn in den in § 64 Abs. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 aufgeführten Fällen hat der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu führen. Daran fehlte es jedoch im Streitfall.

     

    Beerdigungskosten

    Die Beerdigungskosten wurden ebenfalls zutreffend nicht zum Abzug zugelassen. Bei Beerdigungskosten handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die den Erben als denjenigen belastet, dem das Vermögen des Erblassers zufällt. Beerdigungskosten können als außergewöhnliche Belastung nur abgezogen werden, soweit die Aufwendungen nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder nicht durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind. Daher führen Aufwendungen, die den Verkehrswert des Nachlasses nicht übersteigen, nicht zu einer Belastung i. S. von § 33 EStG. So lag der Sachverhalt jedoch im Streitfall, in dem die Beerdigungskosten aus den Sparguthaben der Verstorbenen gedeckt werden konnten.

     

    Zumutbare Belastung

    Hinsichtlich der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) entschied der BFH, dass auf ihren Ansatz nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes auch bei Krankheitskosten nicht verzichtet werden kann. Denn das Gesetz differenziert in § 33 Abs. 1 und Abs. 3 EStG bei Ansatz und Ermittlung der zumutbaren Belastung nicht zwischen Krankheitskosten und anderen als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Aufwendungen. Diese Rechtsauffassung hält der BFH auch für verfassungsgemäß.

     

    Zwar muss der Gesetzgeber das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum für alle Steuerpflichtigen unabhängig von ihrem individuellen Grenzsteuersatz in voller Höhe von der Einkommensteuer freistellen. Dies gilt jedoch nur für Aufwendungen, die tatsächlich von Verfassungs wegen auch dem einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum zuzuordnen sind, weil die Aufwendungen dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau entsprechen. Das sozialhilferechtliche Versorgungsniveau umfasst aber gerade keine zuzahlungsfreie Krankenversorgung.

     

    Im Streitfall betrafen die verbleibenden, vom FA als außergewöhnliche Belastungen anerkannten Krankheitskosten von der Krankenkasse nicht erstattete Aufwendungen für ärztliche Behandlungen auf private Rechnung, Zuzahlungen zu einer Kur und zu einem Krankenhausaufenthalt, Praxisgebühren, Aufwendungen für eine „präventive Krankengymnastik“ und für verschiedene durch Privatrezept verordnete Medikamente, Zuzahlungen zu Medikamenten und Rezepten sowie Fahrtkosten zu Kliniken und Krankenfahrten mit dem Taxi. Diese Aufwendungen gehören nicht zum sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveau.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45345137