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  • · Nachricht · § 63 EStG

    Kindergeld: Zählkindervorteil in einer „Patchwork-Familie“

    | Leben die Eltern eines gemeinsamen Kindes in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen und sind in deren Haushalt auch 2 ältere, aus einer anderen Beziehung stammende Kinder eines Elternteils aufgenommen, erhält der andere Elternteil für das gemeinsame Kind nicht den erhöhten Kindergeldbetrag für ein drittes Kind. |

     

    Hintergrund

    Als Zählkinder bezeichnet man bei der Festsetzung des Kindergeldes Kinder aus einer anderen Beziehung, die bei einem Elternteil zu berücksichtigen sind, ohne dass dieser das Kindergeld hierfür erhält. Dadurch, dass das Kindergeld ab dem dritten Kind steigt, kann sich ein höherer Anspruch ergeben, wenn ein Kind mitgezählt wird, für das aber nicht der Steuerpflichtige, sondern ein anderer Berechtigter das Kindergeld erhält.

     

    Sachverhalt

    Streitig war der Zählkindervorteil für den Zeitraum März 2016 bis Juli 2016. Der Anspruchsberechtigte ist der Vater einer im März 2016 geborenen Tochter. Er lebt mit der Kindsmutter, seiner Lebensgefährtin in nichtehelicher Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt. Zu dem Haushalt gehören auch zwei Kinder der Lebensgefährtin aus einer vorherigen Ehe.

     

    Die Familienkasse setzte ab März 2016 Kindergeld für das gemeinsame Kind in Höhe von 190 EUR fest. Den Einspruch des Anspruchsberechtigten, mit dem er begehrte, das Kindergeld auf 196 EUR zu erhöhen, weil seine Tochter als sein drittes Kind zu berücksichtigen sei, wies die Familienkasse als unbegründet zurück.

     

    Entscheidung

    Auch der BFH lehnte die Berücksichtigung eines Zählkindervorteils in Höhe von 6 EUR pro Monat ab.

     

    Nach § 66 Abs. 1 EStG beträgt das Kindergeld im Streitzeitraum für erste und zweite Kinder jeweils 190 EUR und für dritte Kinder 196 EUR. Die Höhe des Kindergeldes orientiert sich an der Anzahl und Reihenfolge der beim Kindergeldberechtigten berücksichtigungsfähigen Kinder. Die Reihenfolge der Kinder bestimmt sich nach dem Alter der Kinder. Erstes Kind i. S. des § 66 Abs. 1 EStG ist das erstgeborene berücksichtigungsfähige Kind. Zweites, drittes und weiteres Kind sind die danach geborenen Kinder in der Reihenfolge ihrer Geburt. Ob das Kind beim Kindergeldberechtigten berücksichtigt werden kann, richtet sich nach § 63 Abs. 1 EStG.

     

    Im Streitfall war die Tochter als leibliches Kind des Anspruchsberechtigten berücksichtigungsfähig. Die Kinder der Lebensgefährtin sind jedoch weder leibliche Kinder noch Adoptivkinder des Anspruchsberechtigten. Sie waren auch keine Pflegekinder des Anspruchsberechtigten. Denn dies würde u. a. voraussetzen, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht. Im Streitfall befanden sich die Kinder aber noch in einem Obhuts- und Pflegeverhältnis zu ihrer leiblichen Mutter, der Lebensgefährtin des Anspruchsberechtigten, sodass ein Pflegekindschaftsverhältnis ausschied. Da der Anspruchsberechtigte mit seiner Lebensgefährtin nicht verheiratet ist, scheidet eine Berücksichtigung der Kinder aus.

     

    Der BFH entschied, dass die Kinder der Lebensgefährtin des Anspruchsberechtigten auch keinen Zählkindervorteil beim Anspruchsberechtigten begründen, da keiner der Tatbestände des § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG einschlägig ist. Die genannten Konkurrenzregelungen (insbesondere §§ 64, 65 EStG) kommen nicht zur Anwendung, da sie die grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes voraussetzen.

     

     

    Fundstelle

    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 669 | ID 45410323