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  • · Fachbeitrag · § 15b EStG

    Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i. S. d. § 15b EStG bei einer Einzelinvestition

    Erzielt ein Steuerpflichtiger negative Einkünfte aus Kapitalvermögen durch die Beteiligung an einer Gesellschaft im Wege einer sog. Einzelinvestition, erfordert das Ausnutzen einer modellhaften Gestaltung zur Verlusterzielung aufgrund eines vorgefertigten Konzepts, dass er sich bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Vertragsgestaltung und der Vertragsumsetzung wie ein passiver Kapitalanleger verhält.

     

    Sachverhalt

    Streitig war, ob ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 15b EStG in der im Streitjahr (2006) anzuwendenden Fassung vorlag. Während das FA und nachfolgend das FG dieser Auffassung waren, gab der BFH in Revisionsverfahren der Klage statt.

     

    Entscheidung

    Gemäß § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG (jetzt: § 20 Abs. 7 Satz 1 EStG) gilt die in § 15b EStG vorgesehene eingeschränkte Verlustverrechnung sinngemäß auch für Kapitaleinkünfte. Die Regelungen waren im Streitfall gemäß § 52 Abs. 37d Satz 2 i. V. m. Abs. 33a Satz 4 EStG anwendbar.

     

    Ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 20 Abs. 2b Satz 1 i. V. m. § 15b Abs. 1 EStG ist anzunehmen, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 Satz 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 Satz 3 EStG).

     

    § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der modellhaften Gestaltung auch hinreichend bestimmt. Der Einsatz einer modellhaften Gestaltung zur Erzielung negativer Einkünfte i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist nicht bereits dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige eine (in Fachkreisen) bekannte Gestaltungsidee mit dem Ziel der Verlusterzielung und -verrechnung aufgreift und selbst umsetzt. Hinzutreten muss gemäß § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG vielmehr, dass dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit einer Verlusterzielung und -verrechnung in der Anfangsphase der Investition geboten werden soll. Das vorgefertigte Konzept muss nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person (dem Anbieter/Initiator) erstellt worden sein, denn nur dann kann dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit „geboten“ werden, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.

     

    Ein Konzept ist danach vorgefertigt, wenn der Anwender es vorfindet und zumindest die wesentlichen Grundlagen für ein geplantes Vorhaben einsetzen kann und nicht erst selbst die Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung seines Vorhabens entwickeln muss. Charakteristisch für das Vorliegen eines vorgefertigten Konzepts ist die Passivität des Investors bzw. Anlegers bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Vertragsgestaltung und Umsetzung.

     

    Gibt der Investor bzw. Anleger die einzelnen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung ‒ sei es von Anfang an oder in Abwandlung des zunächst vorgefertigten Konzepts ‒ selbst vor und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, so handelt es sich nicht (mehr) um ein vorgefertigtes Konzept. Dies gilt allerdings nicht, wenn der tatsächliche Einfluss des Investors/Anlegers auf die Gestaltung nicht ins Gewicht fällt oder nur rein formal ist.

     

    Diese Maßstäbe gelten gleichermaßen, wenn die negativen Einkünfte vom Steuerpflichtigen nicht durch die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds i. S. d. § 52 Abs. 33a Sätze 1 bis 3 EStG, sondern im Wege einer sog. Einzelinvestition durch die Beteiligung an einer Gesellschaft erzielt werden. Auch bei Gesellschaftsbeteiligungen, die Einzelinvestitionen sind, verlangen § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG, dass der Steuerpflichtige sich bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Vertragsgestaltung und der Vertragsumsetzung wie ein passiver Kapitalanleger verhält.

     

    Die vorgenannten Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor, sodass der BFH der Klage stattgab.

     

    Rechtsfehlerhaft war im Streitfall auch, dass das FG die Feststellung der negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand als in voller Höhe nicht ausgleichsfähige Verluste (bzw. i. H. v. 0 EUR „vor und nach Anwendung von § 15b“) und die unterbliebene Feststellung von Sonderwerbungskosten durch das FA nicht beanstandet hatte.

     

    Da die Verlustfeststellung gemäß § 15b Abs. 4 EStG mangels Vorliegens eines Steuerstundungsmodells aufzuheben war und hiermit auch eine etwaige Bindungswirkung der Verlustfeststellung für die Feststellung der negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen des Streitjahres aus der Gesamthand entfällt, waren bei Annahme einer wechselseitigen Bindungswirkung die im Streitjahr erzielten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand und die Sonderwerbungskosten gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO als ausgleichsfähige Verluste gesondert und einheitlich festzustellen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 49645580

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