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  • · Fachbeitrag · § 20 EStG

    Abgeltungsteuer und das Werbungskostenabzugsverbot

    | Das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG findet auch dann Anwendung, wenn nach dem 31.12.2008 getätigte Ausgaben mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind. Der Werbunskostenabzug ist verfassungsgemäß. |

     

    Sachverhalt

    Streitig war, ob das Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2 EStG in der ab 2009 geltenden Fassung materiell verfassungsmäßig ist.

     

    § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2 EStG ist die materiell-rechtliche gesetzliche Grundlage, die es rechtfertigt, dass im Streitfall die streitigen Schuldzinsen in den angefochtenen Bescheiden nicht berücksichtigt wurden. Denn nach dieser Vorschrift ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen. Die Norm sperrt den Abzug von Aufwendungen, die dem Grunde nach Werbungskosten sind.

     

    Entscheidung

    Das FG entschied, dass § 20 Abs. 9 Abs. 1 Halbs. 2 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist und nicht gegen die von der Steuerpflichtigen ausdrücklich bzw. sinngemäß geltend gemachten Grundrechte verstößt.

     

    Die Werbungskostenbegrenzung nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Im Ausgangspunkt verlangt das Grundrecht schlicht, dass die Steuergesetze die Menschen „gleich“ besteuern müssen. Steuergesetze, die Menschen nicht „gleich“ besteuern, verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher Fall lag jedoch im Streitfall nicht vor.

     

    Über die Vereinbarkeit von § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG hat das BVerfG bisher nicht entschieden. Es hat allerdings bereits im Zinsurteil vom 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 Rn. 44 ausgeführt, dass es im Rahmen des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums bliebe, daß alle Kapitaleinkünfte an der Quelle besteuert und mit einer Definitivsteuer belastet werden, die in einem linearen Satz den absetzbaren Aufwand und den Progressionssatz in Durchschnittswerten typisiert.

     

    Den Umstand, dass in § 20 Abs. 9 EStG kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt, hat der BFH in der Folgezeit wiederholt bestätigt. Dass der Gesetzgeber bei den Einkünften aus Kapitalvermögen den Werbungskostenabzug ab 2009 auf 801 EUR begrenzt und zugleich den Steuersatz für diese Einkünfte auf 25 % herabgesetzt hat, ohne davon Ausnahmen für fremdfinanzierte Kapitalanlagen zuzulassen, ist jedenfalls unter dem Aspekt der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.

     

    Die Einführung von § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab 2009 stellt auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung dar. Eine Rechtsnorm entfaltet „echte“ Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift. Diese Konstellation liegt nicht vor. Denn § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ist durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) eingeführt worden und auf nach dem 31.12.2008 ‒ aus der Perspektive des Gesetzgebers also erst in der Zukunft ‒ zufließende Kapitalerträge anzuwenden (§ 52a Abs. 10 Satz 10 EStG).

     

    Eine unechte Rückwirkung hat das FG zwar für den Streitfall ansatzweise bejaht (die fremdfinanzierte Kapitalanlage stammte aus 2003), jedoch war im Streitfall nicht feststellbar, dass die Anwendung von §§ 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2, 32d Abs. 1 EStG zu einer verfassungswidrigen Einkommensbesteuerung geführt hat. Das wäre nur der Fall, wenn und soweit die festgestellten Kapitalerträge tatsächlich zur Festsetzung einer Einkommen-steuer geführt hätte, die höher ist als der Überschuss der Kapitalerträge über die Schuldzinsen, was im Streitfall jedoch nicht gegeben war.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47328113