· Fachbeitrag · § 20 EStG
VGA im Zusammenhang mit einem Gesellschafter-Kontokorrentdarlehen
Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Gesellschafter oder dessen Angehörige als Aufwendungen im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und Angehörigen bestehenden Vertragsverhältnisses oder als verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten dieses Gesellschafters zu erfassen sind, ist zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. |
Hintergrund
Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil im Sinne einer bei ihr eintretenden Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.
Ist der begünstigte Gesellschafter ‒ wie im Streitfall der Steuerpflichtige ‒ ein beherrschender, kann die Vermögensminderung schon dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt.
Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Gesellschafter oder dessen Angehörige als Aufwendungen im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und Angehörigen bestehenden Vertragsverhältnisses oder als verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten dieses Gesellschafters zu erfassen sind, ist nach der Rechtsprechung zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte der an der GmbH beteiligte Steuerpflichtige mit der GmbH einen Kontokorrentvertrag geschlossen, durch den er der GmbH nach Verrechnung diverser Forderungen und Verbindlichkeiten einen nicht näher bezifferten verbleibenden Betrag als Kontokorrent zur Verfügung stellte. Laut Vertrag sollte der Kontokorrentkredit der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter dienen. Der Darlehensgeber sollte jederzeit die ganze oder teilweise Rückzahlung des Kredits verlangen können.
Das FA vertrat die Auffassung, dass die GmbH (spätestens) im Jahr 2010 auf die Rückzahlung der bis dahin ausgereichten Darlehen inklusive Zinsen stillschweigend verzichtet habe. Ebenso habe sie auf die danach (ab 2010) ausgereichten Darlehen kurz nach deren Auszahlung verzichtet. Die Darlehen seien daher entsprechend gewinnwirksam auszubuchen. Der dadurch entstehende Aufwand sei als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ermittlung des Einkommens hinzuzurechnen. Gleichzeitig liege beim Gesellschafter jeweils ein Zufluss i. S. v. § 20 EStG vor.
Entscheidung
Auch das FG entschied, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag und wies die Klage ab. Es ließ dahinstehen, ob der Kontokorrentvertrag zivilrechtlich wirksam ist und ein für die GmbH ‒ bzw. einen etwaigen Insolvenzverwalter ‒ durchsetzbarer Rückforderungsanspruch durch die Auszahlung begründet wurde. Denn die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen konnten für steuerliche Zwecke keine Berücksichtigung finden. Vielmehr kam das FG zu dem Ergebnis, dass die GmbH einen gleichlautenden Kontokorrentvertrag mit einem fremden Dritten nicht geschlossen, jedenfalls auf dieser Grundlage die fraglichen Zahlungen nicht geleistet hätte.
Im Streitfall war nicht ersichtlich, dass in den Streitjahren wechselseitig Leistungen erbracht worden wwren. Es wurde auch nicht dargelegt, dass die GmbH mit ihren Zahlungen Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen getilgt hätte. Vielmehr waren die Auszahlungen unmittelbar von der GmbH an den Steuerpflichtigen geflossen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ein wechselseitiger Zahlungsverkehr stattgefunden hätte. Beginnend ab dem Streitjahr 2009 erfolgten die Zahlungen ‒ ungeachtet ihrer Verbuchung auf den Kontokorrentkonten ‒ nicht auf Grundlage der Kontokorrentvereinbarung.
Zudem war zu berücksichtigen, dass keine Tilgungsbestimmungen getroffen wurden, sondern dass einerseits der Darlehensgeber jederzeit die ganze oder teilweise Rückzahlung verlangen konnte und andererseits der Darlehensnehmer jederzeit zur vorzeitigen Rückzahlung berechtigt war. Keinesfalls war dieser Vertrag für eine langfristige Darlehensgewährung, schon gar nicht in einer solchen Höhe wie im Streitfall, gedacht. Hierfür fehlten die in einem Darlehensvertrag mit fremden Dritten üblichen Regelungen über Darlehenshöhe, Tilgungsmodalitäten, Zinszahlungen und Sicherheiten. Vor diesem Hintergrund konnte nicht angenommen werden, dass es sich bei den im Streitjahr vorgenommenen Auszahlungen der GmbH an den Steuerpflichtigen um zurückzuzahlende Darlehensbeträge gehandelt hatte.
Fundstelle
- FG Köln 19.9.23, 6 K 1522/21, Rev. BFH VIII R 31/24, iww.de/astw, Abruf-Nr. XXXXXX