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  • · Nachricht · § 23 EStG

    Unentgeltlicher Erwerb bei Übertragung ohne Übernahme der Darlehen des Rechtsvorgängers

    | Ein unentgeltlicher Erwerb i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG liegt vor, wenn im Rahmen der Übertragung eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Übergeber ein (dingliches) Wohnrecht eingeräumt wird und die durch Grundschulden auf dem Grundstück abgesicherten Darlehen des Rechtsvorgängers nicht übernommen werden. |

     

    Sachverhalt

    Streitig war die Besteuerung eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft (§ 23 EStG) bei einem Grundstück. Die Steuerpflichtige erwarb am 27.10.2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihrer Mutter unter Übernahme der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Grundschulden über insgesamt 400.000 DM ein Grundstück. Nicht übernommen wurden von ihr die den Grundschulden zugrunde liegenden Darlehen. Die Darlehen wurden nach der Grundstücksübertragung weiterhin von der Mutter der Steuerpflichtigen bedient. Zeitgleich zur Übertragung des Grundstücks bestellte die Steuerpflichtige ihrer Mutter und deren damaligen Lebensgefährten ein lebenslanges dingliches Wohnrecht.

     

    Am 14.9.2007 veräußerte die Steuerpflichtige das gesamte Grundstück zu einem Kaufpreis i. H. v. 530.000 EUR. Die Veräußerung erfolgte lastenfrei. Vom Kaufpreis entfielen 15.000 EUR auf den Verkauf „beweglicher Güter“. Von dem auf dem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreis wurden die durch die Grundschulden besicherten Darlehen i. H. v. 265.748 EUR bedient. Der Restkaufpreis i. H. v. rund 264.250 EUR wurde an die Steuerpflichtige ausgekehrt.

     

    Das FA versteuerte einen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG, da eine Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht eingreife, weil das Grundstück nicht im Jahr der Veräußerung sowie in den beiden Vorjahren von der Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sei.

     

    Entscheidung

    Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor allen Instanzen erfolglos.

     

    Der BFH stellte zunächst heraus, dass von einem unentgeltlichen Erwerb der Steuerpflichtigen auszugehen ist. Werden die Schulden nicht übernommen, sondern das Grundstück übereignet, die auf dem Grundstück lastenden (Brief- oder Buch-)Grundschulden mit übernommen und ‒ wie im Streitfall ‒ keine Freistellung des Übertragenden von den zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verbindlichkeiten vereinbart, liegt weiterhin ein unentgeltlicher Erwerb vor. Denn in diesem Fall erbringt der Erwerber keine Gegenleistung, sondern erwirbt nur das um den Wert der Belastungen geminderte Grundstück. Daran änderte auch die im Übertragungsvertrag geregelte Einräumung eines dinglichen Wohnrechts nichts.

     

    Im Streitfall lag auch eine Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Frist vor. Die Mutter der Steuerpflichtigen hatte das Grundstück 1998 erworben. Die unentgeltliche Übertragung an die Steuerpflichtige erfolgte 2004 mit der Folge, dass die Steuerpflichtige in die noch laufende Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eintrat. Die durch die Steuerpflichtige erfolgte Veräußerung fand 2007 und damit noch innerhalb der 10-Jahres-Frist statt. Eine den Steuertatbestand ausschließende Selbstnutzung lag nur hinsichtlich des Nebengebäudes, nicht jedoch hinsichtlich des Hauptgebäudes vor.

     

    Im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG sind die von der Steuerpflichtigen aus dem Kaufpreis beglichenen Darlehensverbindlichkeiten nicht als nachträgliche Anschaffungskosten der Immobilie einzuordnen.

     

    Eine Einordnung der Tilgungsbeträge als Veräußerungskosten scheidet aus. Veräußerungskosten sind alle durch den Veräußerungsvorgang veranlassten Kosten, die nicht zu den nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und auch nicht im Rahmen einer steuerlich relevanten Zwischennutzung Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen oder wegen privater Nutzung nach § 12 EStG nicht abziehbar sind. Abziehbar sind danach die durch die Veräußerung des Wirtschaftguts veranlassten Aufwendungen.

     

    Im Streitfall waren die Aufwendungen der Steuerpflichtigen jedoch nicht durch die Veräußerung veranlasst. Vielmehr hatte sie private Verbindlichkeiten ihrer Mutter mit dem Veräußerungserlös getilgt. Diese Verwendung der erlangten Mittel stand mit der Veräußerung weder unmittelbar noch mittelbar in Zusammenhang. Die Zahlung hatte sich zudem zeitlich ‒ durch Einzahlung auf ein Anderkonto ‒ nach der Veräußerung abgespielt und hat auch keinen Niederschlag im Kaufvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber gefunden. Die bloße Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung privater Verbindlichkeiten nach der Veräußerung führt nicht zur Entstehung von Veräußerungskosten i. S. v. § 23 Abs. 3 EStG.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46346283