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  • · Fachbeitrag · § 32 EStG

    Mehraktige einheitliche Erstausbildung zur Volljuristin mit Schwerpunkt Steuerrecht

    Bei der Weiterbildung einer Dipl.-Finanzwirtin zur Volljuristin mit Schwerpunkt Steuerrecht im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt parallel zu der Teilzeiterwerbstätigkeit (70 %) im erlernten Beruf begonnenen berufsbegleitenden Studiums handelt es sich nicht um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung. Das FG Düsseldorf begründet das damit, dass die Ausbildung zur Dipl.-Finanzwirtin keine typische Zwischenstufe zur Erreichung eines weiterführenden Abschlusses, sondern eine eigenständige Basis für eine qualifizierte Berufsausübung darstellt.

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall absolvierte die Tochter der Anspruchsberechtigten zunächst die Ausbildung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung NRW und studierte zeitlich anschließend Jura bei gleichzeitiger Teilerwerbstätigkeit als Steuerinspektorin in Teilzeit zu 70 %. Die Anspruchsberechtigte machte auch für die Zeit nach der Beendigung der Ausbildung weiterhin Kindergeld geltend, was die Familienkasse jedoch versagte.

     

    Entscheidung

    Auch das FG entschied, dass zwar für die Monate des Studiums ein Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) und c) EStG bestand, weil sich die Tochter für das Jurastudium angemeldet bzw. das Studium betrieben hatte. Jedoch kam im Streitfall der Ausschlusstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zur Anwendung, denn die Tochter ging nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung einer „schädlichen“ Erwerbstätigkeit (von wöchentlich 40 bzw. 28 Stunden) nach.

     

    Begründung

    An einer einheitlichen Erstausbildung kann es auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten.

     

    Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20-Stundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist.

     

    Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die Summe aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 Stunden noch nicht den Ausschlag geben. Führt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an der Universität durch, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen.

     

    Im Streitfall beurteilte das FG die Ausbildung der Tochter zur Dipl.-Finanzwirtin als eine abgeschlossene Erstausbildung.

     

    Beachten Sie | Das FG geht davon aus, dass es sich bei dem Begriff der „erstmaligen Berufsausbildung“ (i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) um einen Typusbegriff handelt, der sich nur durch die Kombination einzelner Merkmale, Indizien und Fallgruppen hinreichend erfassen bzw. beschreiben lässt.

     

    Wesentliches Kriterium war im Streitfall die Nutzung der durch den ersten Abschluss als Dipl.-Finanzwirtin erlangten abgeschlossenen Qualifikation als eigenständiges „Sprungbrett“, das für den künftigen Werdegang eine finanzielle Absicherung und die Basis für eine berufliche bzw. wissenschaftliche Weiterentwicklung darstellt.

     

    Im Übrigen ist die Ausbildung zur Dipl.-Finanzwirtin auch kein integrativer Teil einer weitergehenden einheitlichen Ausbildung, stellt also keine typische Zwischenstufe dar, sondern beinhaltet eine abgeschlossene Qualifikation. Diese bietet die Basis für eine qualifizierte Berufsausübung.

     

    Bereits während der Ausbildung zur Dipl.-Finanzwirtin ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit durch die Ausbildungsvergütung gewährleistet. Die anschließende Berufstätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung sichert die wirtschaftliche Existenz auch während der Studienzeit ab. Die Berufstätigkeit ermöglicht Berufserfahrung und hat im Lebenslauf auch ein eigenes Gewicht.

     

    FAZIT | Dies reicht aus, um die Ausbildung zur Dipl.-Finanzwirtin als erstmalige Berufsausbildung zu qualifizieren, obwohl das anschließende Jurastudium keine berufliche Fortbildung oder berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme darstellt.

     

    DasFG hat die Revision zugelassen, die zwischenzeitlich auch eingelegt wurde.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47781639