· Fachbeitrag · § 32d EStG
Wegfall der Antragsvoraussetzungen nach der Option zum Teileinkünfteverfahren
Ein Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Halbs. 1 i. V. m. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG kann für denjenigen Veranlagungszeitraum, in dem eine Beteiligung veräußert wird, als erstes Antragsjahr gestellt werden, wenn der Antragsteller in diesem Veranlagungszeitraum bis zur Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt in ausreichendem Umfang an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Das Erzielen von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG in diesem Veranlagungszeitraum ist nicht erforderlich. Es genügt die abstrakte Möglichkeit, aus der Beteiligung Kapitalerträge erzielen zu können. |
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige war Gesellschafter der K-GmbH. Am Stammkapital der K-GmbH von 27.000 EUR war er seit dem Anteilserwerb bis zur Veräußerung des Anteils mit einem Geschäftsanteil i. H. v. 9.000 EUR (zu einem Drittel) beteiligt. Die Anschaffungskosten des Geschäftsanteils i. H. v. 430.000 EUR hatte der Steuerpflichtige fremdfinanziert.
Im Jahr 2010 veräußerte der Steuerpflichtige seinen Geschäftsanteil, wobei ein Schuldüberhang aus dem Finanzierungsdarlehen verblieb, auf den er im Jahr 2010 und in den Jahren 2011 bis 2014 (Streitjahre) noch Schuldzinsen zahlte.
In der Einkommensteuererklärung für 2010 erklärte er Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung an der K-GmbH gemäß § 17 EStG i. H. v. 215.000 EUR und beantragte die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die Bezüge aus der Beteiligung und den Abzug der angefallenen nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Das FA veranlagte erklärungsgemäß.
Für die Streitjahre 2011 bis 2014 machte der Steuerpflichtige die gezahlten Schuldzinsen unter Beachtung des Teilabzugsverbots gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu jeweils 60 % als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.
Das FA versagte den Schuldzinsenabzug, da wegen der Veräußerung der Beteiligung die Antragsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG nicht mehr vorgelegen hätten, sodass ein Werbungskostenabzug gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nicht mehr in Betracht komme.
Entscheidung
Der BFH entschied jedoch, dass die Schuldzinsen in den Streitjahren Werbungskosten bei den Einkünften des Steuerpflichtigen aus Kapitalvermögen sind. Da er für den Veranlagungszeitraum 2010 für die Beteiligung an der K-GmbH den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG wirksam gestellt hatte, sind diese Werbungskosten sowohl in den Streitjahren als auch in den Folgejahren bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu 60 % abzuziehen.
Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gilt auf Antrag der gesonderte Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG nicht für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG) oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG).
Der Antrag für die jeweilige Beteiligung gilt gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den er gestellt worden ist. Er ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG).
Der Antrag für die Beteiligung an der K-GmbH wurde vom Steuerpflichtigen im Streitfall gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Halbs. 1 EStG fristgerecht mit Abgabe der Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2010 gestellt. Er hatte für den Veranlagungszeitraum 2010 auch die Antragsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG erfüllt. Denn im Veranlagungszeitraum 2010 war er bis zur Veräußerung zu einem Drittel zivilrechtlicher Inhaber der Beteiligung, die ihm als Eigentümer gemäß § 39 Abs. 1 AO auch steuerlich zuzurechnen war. Er war gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG i. H. v. einem Drittel in ausreichendem Umfang an der K-GmbH beteiligt. Der BFH stellte heraus, dass die unterjährige Veräußerung der Beteiligung der Antragstellung nicht entgegensteht.
Ein Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Halbs. 1 i. V. m. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG kann für den Veranlagungszeitraum, in dem die Beteiligung veräußert wird, als erstes Antragsjahr gestellt werden, wenn der Antragsteller in diesem Veranlagungszeitraum bis zur Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt in ausreichendem Umfang an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Das Erzielen von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG in diesem Veranlagungszeitraum ist nicht erforderlich. Es genügt die abstrakte Möglichkeit aus der Beteiligung in diesem Veranlagungszeitraum Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erzielen zu können. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Für die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ist es unerheblich, dass der Steuerpflichtige nach der wirksamen Antragstellung für den Veranlagungszeitraum 2010 als Erstjahr in den Streitjahren als auch in den Folgejahren innerhalb des gesetzlichen Antragszeitraums nicht mehr an der K-GmbH beteiligt war.
Fundstelle
- BFH 17.7.24, VIII R 37/23, iww.de/astw, Abruf-Nr. 243853