· Fachbeitrag · § 34 EStG
Ermäßigter Steuersatz: Steuerliche Behandlung einer Teil-Kapitalisierung
Eine Teil-Kapitalisierung steht der Anwendung der Steuerermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht entgegen. Eine Begünstigung scheidet jedoch aus, wenn es an der Atypik der Zusammenballung von Einkünften fehlt. |
Hintergrund
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in den Fällen des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG bei Einkünften, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind, zusätzlich voraussetzt, dass eine Zusammenballung von Einkünften eintritt, die nicht dem vertragsgemäßen oder dem typischen Ablauf entspricht (R 34.4 Abs. 1 Satz 3 EStR 2012).
Werden Versorgungsleistungen nicht fortlaufend, sondern in einer Summe gezahlt, handelt es sich um Vergütungen (Arbeitslohn) für mehrjährige Tätigkeiten i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern sind. Die Gründe für eine Kapitalisierung von Versorgungsbezügen sind dabei unerheblich. Im Falle von Teilkapitalauszahlungen ist dagegen nach Auffassung der Finanzverwaltung der Tatbestand der Zusammenballung nicht erfüllt. Eine Anwendung des § 34 EStG kommt daher für diese Zahlungen nicht in Betracht.
Entscheidung
Das FG Rheinland-Pfalz urteilt nun, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sowohl nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 EStG als auch nach dem Einleitungssatz des § 34 Abs. 2 EStG zusätzlich die „Außerordentlichkeit“ dieser Einkünfte erfordert. Dies dient der Einschränkung des eher weit geratenen Wortlauts des § 24 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
Für den Bereich der Altersbezüge hat der BFH bereits entschieden, dass Kapitalauszahlungen der Basisversorgung, die ein inländisches Versorgungswerk übergangsweise gewährt und die auf Beiträgen beruhen, die in der Zeit vor dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) am 1.1.2005 geleistet worden waren, schon dann nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG begünstigt sind, wenn die Geltendmachung einer solchen Abfindung zwar vertrags- bzw. satzungsgemäß, im Hinblick auf die Charakteristik der Basisversorgung (erste Schicht des sog. Drei-Schichten-Modells) aber gleichwohl atypisch ist.
Damit hat der BFH in den genannten Entscheidungen letztlich das Kriterium der Atypik in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellt. Ob darüber hinaus in dem konkreten Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen war oder nicht, stellt sich danach als ein Indiz dar, das allenfalls gewisse Rückschlüsse darauf zulassen mag, ob eine Kapitalabfindung im betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich typisch oder atypisch ist, aber nicht von allein entscheidender Bedeutung ist.
Das FG sah im entschiedenen Streitfall keinen Grund, zwischen der ursprünglichen Vereinbarung eines Kapitalwahlrechts und der nachträglichen Vereinbarung zu unterscheiden. In beiden Fällen fehlt es an der Atypik.
Wenn jedoch die atypische Zusammenballung zu verneinen ist, ist die Anwendung der Steuerermäßigung zu versagen, da die Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen.
Fundstelle
- FG Rheinland-Pfalz 16.6.20, 6 K 1449/18, Rev. BFH VI R 5/21, iww.de/astw, Abruf-Nr. 223154