· Fachbeitrag · § 62 EStG
Kein Kindergeldanspruch einer arbeitssuchenden tunesischen Staatsangehörigen nach Abschluss des Promotionsstudiums
Eine tunesische Staatsangehörige, die seit mehreren Jahren eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zum Zwecke eines Promotionsstudiums und zur Suche eines Arbeitsplatzes innehat, zu dessen Ausübung ihre Qualifikation befähigt, hat keinen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie weder erwerbstätig noch in Elternzeit ist und auch keine laufenden Geldleistungen nach dem SGB III bezieht. |
Hintergrund
Nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG erhält die Antragstellerin als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 20 Abs. 3 AufenthG 2020 erteilt wurde, nur dann Kindergeld, wenn sie erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 BEEG bzw. laufende Geldleistungen nach dem SGB III in Anspruch nimmt.
Sachverhalt
Im Streitfall lagen diese Voraussetzungen nicht vor, da die Antragstellerin in den streitigen Monaten November 2021 bis Juni 2022 keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, sich nicht in Elternzeit nach § 15 BEEG befand und auch keine Leistungen nach dem SGB III erhielt.
Entscheidung
Das FG hat auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifel an der Regelung in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b. EStG. Dass nach der Neuregelung in den Fällen des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG ausnahmsweise eine Anspruchsberechtigung angenommen wird, soweit der Anspruchssteller bereits in den Arbeitsmarkt integriert ist, wird von dem Gesetzgeber gerade nicht mit einer voraussichtlich längeren Aufenthaltsdauer, sondern damit begründet, die Fachkräftegewinnung zu erleichtern und einen Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu setzen.
Daran, dass die insoweit in der Norm angelegte Ungleichbehandlung durch die Zielsetzung der Fachkräftegewinnung und somit aus wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen gerechtfertigt sein kann, hat das FG zwar gerade im Hinblick auf den Sachverhalt im Streitfall gewisse Bedenken. Denn der Aufenthaltstitel nach § 20 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG 2020 wurde der Antragstellerin gerade zur Suche eines Arbeitsplatzes, zu dessen Ausübung ihre Qualifikation befähigt, erteilt. Durchgreifende verfassungsrechtliche Zweifel ergeben sich daraus aber nach Einschätzung des FG aufgrund der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers nicht.
Im Streitfall bestand auch kein Anspruch auf Kindergeld nach dem deutsch-tunesischen Kindergeld-Abkommen. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens hat ein Arbeitnehmer, der nach Art. 5 Abs. 1 während seiner Beschäftigung den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats unterliegt, auch Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die sich gewöhnlich im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten, sofern er für diese unterhaltspflichtig ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift stehen einer Beschäftigung Zeiten gleich, in denen der Arbeitnehmer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses Geldleistungen der Krankenversicherung wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit oder Leistungen der Arbeitslosenversicherung erhält und sich gewöhnlich im Hoheitsgebiet des ersten Vertragsstaats aufhält. Die Antragstellerin war im Streitzeitraum nicht erwerbstätig und hatte auch keine Leistungen der Krankenversicherung wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit oder solche der Arbeitslosenversicherung erhalten.
Fundstelle
- FG Münster 13.12.24, 12 K 2819/22 Kg, Rev. zugelassen, iww.de/astw, Abruf-Nr. 246951