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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Aktuelle Rechtsprechung zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

    von Dr. Alois Th. Nacke, Richter am Bundesfinanzhof

    | In den letzten 12 Monaten sind einige Entscheidungen des BFH zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergangen, die neue Maßstäbe für die Beurteilung von Vermietungsfällen setzen. |

     

    Besonders heben sich dabei die drei Entscheidungen des BFH zu den anschaffungsnahen Aufwendungen hervor. Sie sind unabdinglich für die Bewertung von Fällen mit anschaffungsnahen Aufwendungen. Zwar werden mit diesen drei Urteilen (BFH 14.6.16, IX R 25/14, BStBl II 16, 992; 14.6.16, IX R 22/15, BStBl II 16, 999; 14.6.16, IX R 15/15, BStBl II 16, 996) nicht alle Fragen beantwortet; jedoch sind sie für die Praxis besonders wichtig, damit man sicher die Grenze zu den anschaffungsnahen Aufwendungen i. S. d. § 6 EStG bestimmen kann.

     

    Überdies hat der BFH die Aufwendungen für eine Einbauküche neu bewertet (BFH 3.8.16, IX R 14/15, BStBl II 17, 437) und das BMF hat einen entsprechenden Anwendungserlass veröffentlicht, der für VZ 2016 von Bedeutung ist.

     

    Eine weitere Entscheidung des BFH betrifft die Beteiligung von Mandanten an Einkaufszentren (BFH 14.7.16, IV R 34/13, BStBl II 17, 175), die häufig in Form einer KG geführt werden. Hier stellte sich die Frage, ob es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt mit der Folge der steuerlichen Erfassung stiller Reserven oder um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

     

    Schließlich ist die Entscheidung des BFH zur fehlenden Feststellung einer ortsüblichen Vermietungszeit praxisrelevant. Hier hat der Berater auf die Risiken hinzuweisen, die sich aus einer Ferienwohnungsvermietung ergeben können, wenn es keine ortsüblichen Vermietungszeiten gibt.

     

    Neuorientierung bei anschaffungsnahen Aufwendungen

    Der BFH hat in drei Entscheidungen grundlegend den Begriff der anschaffungsnahen Aufwendungen, der in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG geregelt ist, neu bestimmt und dabei eine „verwaltungsfreundliche Auslegung“ (Ratschow, BFH/PR 2016, 361) vorgenommen. Dies kann in der Praxis zu erheblichen Nachteilen für die Mandanten führen, wie die einzelnen Entscheidungen zeigen.

     

    Ursächlich für die Neuauslegung ist eine am Regelungszweck der Norm orientierte Auslegung. Entscheidend war für den BFH die Loslösung von dem handelsrechtlichen Begriff, wie er in § 255 HGB zum Ausdruck kommt. Die Formulierung „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ in Satz 1 des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist im Verständnis des BFH lex specialis zu § 255 HGB. Der Begriff ist nunmehr allein nach steuerlichen Gesichtspunkten zu definieren. Der BFH hat damit der Ansicht eine Absage erteilt, wonach sich aus der Erwähnung von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG der Umkehrschluss ergebe, dass es für die Begrifflichkeit der anschaffungsnahen Aufwendungen auf das handelsrechtliche Begriffsverständnis ankomme. Dies hätte zur Folge gehabt, dass originäre Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anfang an nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen würden.

     

    Dass Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes bereits nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu Herstellungskosten führen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Zwar werden die in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verwendeten Begriffe „Anschaffungskosten“ und „Herstellungskosten“ i. d. R. auch im Bereich der Überschusseinkünfte i. S. von § 255 HGB ausgelegt. Im Hinblick auf den Wortlaut und den systematischen Zusammenhang von Satz 1 und Satz 2 der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch in Abweichung zu § 255 HGB als einkommensteuerrechtliche Sonderregelung zur Behandlung von Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb eines Gebäudes zu verstehen (BFH 14.6.16, IX R 25/14, BStBl II 16, 992). Im Folgenden werden zwei der drei Entscheidungen dargestellt, die die Bedeutung dieser neuen Sichtweise kennzeichnen.

     

    Die dritte Entscheidung (BFH 14.6.16, IX R 22/15, BStBl II 16, 999) behandelt einen Ausnahmefall des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG.

     

    Aufwendungen für die jährliche Heizungswartung sind nach dieser Vorschrift sofort abziehbar. Sie gehören zu den im Gesetz genannten „Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise anfallen“. Erhaltungsaufwendungen, die üblicherweise jährlich anfallen und daher nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich nicht zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehören, zählen nicht zu den anschaffungsnahen Aufwendungen. Zu den üblicherweise jährlich anfallenden Erhaltungsaufwendungen in diesem Sinne gehören insbesondere Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Wartung der Fotovoltaikanlage, Wartung des Garagentors, Beseitigung von Rohrverstopfungen und -verkalkungen oder Ablesekosten (Vgl. Trossen, DStR 2012 S. 447, 449; ähnlich Spindler, DB 2004 S. 507, 509; Pezzer, DStR 2004 S. 525, 528; Schießl StuB 2016, 727).

     

    Erfassung aller Aufwendungen

    A erwirbt im Jahr 2013 eine Doppelhaushälfte für 92.000 EUR. Er hat in den zwei Jahren nach dem Erwerb Renovierungsaufwendungen in Höhe von 68.000 EUR. Die Renovierungsaufwendungen setzen sich zusammen aus Aufwendungen zur Verbesserung des Gebäudes (Herstellungsaufwendungen i. S. d. § 255 Abs. 2 HGB), Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsaufwendungen. A erhielt Aufwendungen für Material und Fertigungsleistungen vonseiten einer Versicherung erstattet. A schlug ansonsten die Herstellungsaufwendungen zu den Anschaffungskosten. Die restlichen Schönheitsreparaturen und Instandsetzungskosten machte er als sofort abziehbare Werbungskosten geltend.

     

    Lösung des BFH: Der BFH erfasste sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen als anschaffungsnahe Aufwendungen, sodass die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG überschritten war. Dazu zählte er auch die Schönheitsreparaturen. Nur die Ausnahmen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG seien nicht zu erfassen, also Aufwendungen für echte Erweiterungen und Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, im Streitfall jedoch nicht entstanden waren. Außerdem entschied er, dass hinsichtlich der Erstattungen nur in Höhe des Saldobetrags der Aufwand in die Ermittlung der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen sei.

     

    B erwirbt ein Einfamilienhaus zum Preis von 127.000 EUR. Es entstanden in der Folgezeit folgende Renovierungskosten: Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand versetzen (hier Austausch nicht funktionstüchtiger Fenster; Kosten 17.800 EUR) und sonstige Sanierungsarbeiten (Kosten 16.600 EUR).

     

    Lösung des BFH: § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst sämtliche Aufwendungen unabhängig von der handelsrechtlichen Behandlung. Die Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand versetzen (hier Austausch nicht funktionstüchtiger Fenster) wären nach § 255 Abs. 1 HGB den Anschaffungskosten zuzuordnen. Nach BFH gehen sie aber in die Aufwendungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ein. Somit sind diese Aufwendungen zwar zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu zählen; jedoch in der Bezugsgröße (Anschaffungskosten) nicht aufzunehmen.

     

    Vom BFH gezogene Konsequenzen

    Die Erfassung grds. aller Aufwendungen beruht auf der Ansicht des BFH, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Spezialvorschrift zu § 255 HGB ist. Zu diesen Aufwendungen gehören einerseits daher z. B. Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster, der Türen, der Wasserrohre und der Dacheindeckung, die ansonsten vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären.

     

    Andererseits gehören hierzu aber auch Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, wenn sie im Rahmen einer umfassenden Renovierung und Modernisierung im zeitlichen Zusammenhang (Drei-Jahres-Zeitraum) mit dem Erwerb des Gebäudes anfallen.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Mandant sollte darauf achten, dass er grds. mit seinen sämtlichen Aufwendungen zur Instandsetzung und Modernisierung nicht die 15 %-Grenze überschreitet. Es gehören auch ansonsten als Herstellungskosten i. S. von § 255 HGB behandelte Aufwendungen zu den anschaffungsnahen Aufwendungen.

     

    Mit dieser Sichtweise gibt der BFH auch seine bisherige Ansicht (BFH 25.8.09, IX R 20/08, BStBl II 2010, 125) auf, wonach ein bautechnischer Zusammenhang zwischen den Maßnahmen bestehen muss. Es ist nicht mehr erforderlich, dass es sich um eine einheitliche Instandsetzungsmaßnahme und Modernisierung des erworbenen Gebäudes handeln muss (Schießl, StuB 16, 723; Ratschow, BFH/PR 16, 362).

     

    Diese vorrangige Berücksichtigung als anschaffungsnahe Aufwendungen führt dazu, dass erst im zweiten Schritt, wenn eine Berücksichtigung als Aufwendungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht möglich ist, geprüft wird, ob die Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S. des § 255 HGB zählen. Diese Prüfungsreihenfolge gilt gem. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG für die Überschusseinkünfte. Sie gilt aber auch für die Gewinneinkunftsarten. Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Bewertungsvorschrift i. S. des § 5 Abs. 6 EStG anzuwenden und führt zu einem Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz (Schießl, StuB 2016, 723; Wendt in FS Spindler 2011, 894).

     

    Der Begriff Schönheitsreparaturen wird vom BFH neu in diesem Zusammenhang verstanden. Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH (25.8.09, IX R 20/08, BStBl II 10, 125) galt, dass alle Schönheitsreparaturen, die in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer im Anschluss an den Erwerb des Gebäudes durchgeführten Instandsetzung und Modernisierung anfallen (Bsp.: Ursache für die Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit der Anschaffung, z. B. nach Kauf eines leer stehenden Gebäudes), als sofort abziehbar anzusehen waren. Schönheitsreparaturen sind Maßnahmen, die Mängel beseitigen, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind. Hierzu gehören z. B. Tapezieren, Anstreichen, Streichen der Böden, Heizkörper etc.

     

    Nunmehr ist ein zeitlicher Zusammenhang (innerhalb der Drei-Jahres-Frist) und objektbezogener Zusammenhang ausreichend (Bsp.: Nach zwei Jahren erfolgen die Maßnahmen nach einem Mieterwechsel).

     

    Weitere Konsequenz ist, dass auch unvorhersehbare Aufwendungen miterfasst werden dürften (so auch Schießl, StuB 2016, 724; Ratschow BFH/PR 16, 362).

     

    PRAXISHINWEIS | Außerplanmäßige Aufwendungen sollten mitbedacht werden. Auch sollte die 15 %-Grenze nicht ausgereizt werden bzw. es sollten evtl. notwendige Maßnahmen in den Zeitraum nach Ablauf der drei Jahre verschoben werden.

     

    Die Berechnung der anschaffungsnahen Aufwendungen ist auf das jeweilige Wirtschaftsgut zu beziehen. Es kommt auf den Nutzungs- und Funktionszusammenhang an, sodass zwei von dem Steuerpflichtigen in einem Objekt vermietete Wohnungen ein Wirtschaftsgut bilden und damit die potenziellen anschaffungsnahen Aufwendungen beider Wohnungen den Gesamtkosten der Anschaffung oder Herstellung beider Wohnungen gegenüberzustellen sind (Ratschow, BFH/PR 16, 363; Schießl, StuB 16, 727).

     

    Offengebliebene Fragen

    Ungeklärt ist, ob auch Aufwendungen zu den anschaffungsnahen Aufwendungen gehören, die in keinem Zusammenhang mit der Anschaffung stehen. So stellen sich folgende Fragen: Werden Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden aufgrund von Naturereignissen auch von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst?

     

    M. E. gehören sie wohl nicht zu den anschaffungsnahen Aufwendungen, da es sich um untypische Aufwendungen handelt (zweifelnd ebenso Schießl, StuB 2016, 724).

     

    Werden Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die nach dem Erwerb entstanden sind, auch von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG erfasst? Der BFH (9.5.17, IX R 6/16) hat aktuell dazu entschieden, dass Aufwendungen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch das schuldhafte Handeln des Mieters verursacht worden ist, als Werbungskosten sofort abziehbar sind. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG). Zu den nachträglich entstandenen Schäden gehören auch solche, die durch den Mieter verursacht wurden (ebenso Günther, EStB 16, 232; Dürr DB 16, 2380; Kulosa in Schmidt a.a.O. ). Fallen nach §§ 7h, 7i, 11a bzw. 11b EStG begünstigte Aufwendungen auch in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG? § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehört zu den Bewertungsvorschriften für bestimmte Gebäude, während §§ 7h, 7i, 11a bzw. 11b EStG erhöhte Absetzungen bzw. die zeitliche Verteilung von Erhaltungsaufwendungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen und bei Baudenkmälern normieren und damit einen zu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG wesensverschiedenen Regelungsgehalt aufweisen (vgl. Erlass der Senatsverwaltung für Finanzen Berlin vom 20.11.12, III B - S 2211 - 2/2005 ‒ 2, DB 2013 S. 372). Damit dürften diese Aufwendungen auch in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen.

     

    Aufwendungen für eine Einbauküche

    Aufwendungen für die vollständige Erneuerung einer Einbauküche (Spüle, Herd, Einbaumöbel und Elektrogeräte) in einem vermieteten Immobilienobjekt sind nicht ‒ als sog. Erhaltungsaufwand ‒ sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Bei einer Einbauküche mit ihren einzelnen Elementen handelt es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut, das auf zehn Jahre abzuschreiben ist. Dies ist kurz gefasst die neue Sichtweise des BFH (3.8.16, IX R 14/15, BStBl II 17, 437).

     

    Der BFH hat zu einer Erneuerung einer Einbauküche entschieden. Sie gilt auch für die erstmalige Anschaffung einer Einbauküche (s. OFD Frankfurt/M. 21.12.16, juris). Die Einbauküche ist aber dann kein eigenständiges Wirtschaftsgut, wenn sie durch umschließende Gebäudeteile (Seitenwände und Rückwand) eingepasst wird. Dann handelt es sich um wesentliche Bestandteile des Gebäudes, sodass Aufwendungen für eine Erneuerung der Einbauküche im vollen Umfang als Werbungskosten abzugsfähig wären. „Eingepasst“ i. S. d. BFH heißt aber, dass die Schränke keine Rückwand und in den Ecken keine Seitenwände haben (BFH 4.5.62, III 348/60, BStBl III 62, 333; 1.2.70, VI R 358/69, BStBl II 70, 162).

     

    Zu den Gegenständen, die nicht zu der Einbauküche gehören aber in der Küche aufgestellt sein können, gehören m. E. die Waschmaschine, die lediglich untergeschoben wird (Ratschow, BFH/PR 17, 70; Beck, Grundeigentum 17, 38), der freistehende Herd (ebenso Beck Grundeigentum 17, 38) und der freistehende Kühlschrank.

     

    Das BMF folgt den Grundsätzen des BFH in dieser Entscheidung in allen offenen Fällen (BMF 16.5.17, BStBl I 17, 775 ). Um Nachteile für den Steuerpflichtigen durch die neue Rechtsprechung abzuwenden, wendet die Finanzverwaltung die alte Rechtsprechung des BFH (BFH 13.3.90, IX R 104/85, BStBl II 1990, 514) für VZ bis 2016 noch an, soweit danach Aufwendungen für einen Herd und für die Spüle als Erhaltungsaufwand abgezogen werden können. Das BMF vom 16.5.17 (a. a. O.) macht die Anwendung aber von folgenden Voraussetzungen abhängig: Es muss sich um eine Erstveranlagung handeln und die Anwendung erfolgt nur auf Antrag.

     

    Beteiligung an einem Einkaufszentrum

    Unschädliche Sonderleistungen

    Die im Folgenden vorgestellte Entscheidung des BFH betrifft viele Investoren, die sich an einem Einkaufszentrum zumeist in Form einer GmbH & Co. KG beteiligt haben. Hier hat der BFH zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden und eine gewisse Großzügigkeit an den Tag gelegt. Er hat nämlich die Einkünfteerzielung der Investoren den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet.

     

    • Fall 3

    Die GmbH & Co. KG X errichtete auf einem selbst erworbenen Grundstück ein „Fachmarktzentrum“ und vermietete die Flächen an etwa 40 Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen. Zu den Leistungen des X gehörten u. a. die Zurverfügungstellung von Abstellräumen, Zugangssicherung, Reinigung der in dem Einkaufszentrum vorhandenen Sanitär- und Sozialräume, Angebot ausreichender Parkplätze, Bewachung der Parkplätze, werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen bezogen auf das Einkaufszentrum selbst. Liegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor oder handelt es sich um gewerbliche Einkünfte?

     

    Lösung des BFH: Die Vermietung eines Einkaufszentrums ist nicht deshalb als Gewerbebetrieb anzusehen, weil der Vermieter die für ein Einkaufszentrum üblichen Infrastruktureinrichtungen bereitstellt oder werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen für das Gesamtobjekt durchführt (BFH 14.7.16, IV R 34/13, BStBl II 17, 175). Deshalb sind die hier streitigen Maßnahmen dem Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen.

     

    Worauf stellt der BFH maßgeblich ab? Zunächst sind alle Maßnahmen, die Teil der Hauptleistung sind, unschädlich. Sie führen nicht zur Gewerblichkeit der Tätigkeit. Hierzu gehören z. B. das Bereitstellen von Parkplätzen, Abstellräumen, Zugangssicherung und Sanitäreinrichtungen. Werbemaßnahmen sind dagegen Sonderleistungen. Sie zählen aber zu den üblichen Sonderleistungen.

     

    Konsequenzen für die Praxis

    Nach der neuen Rechtsprechung ist es nicht mehr erforderlich, dass Objektschutz- und Werbemaßnahmen auf Dritte ausgegliedert werden (ebenso Frase, BeSt 17, 7). Es gilt aber zu beachten, dass die Unschädlichkeit solcher Maßnahmen nur dann greift, wenn sie nicht die vermieteten Räumlichkeiten betreffen. Auch bei Werbemaßnahmen muss darauf geachtet werden, dass es sich um einheitliche Maßnahmen für das gesamte Zentrum handelt und nicht um individuelle Werbemaßnahmen, die der Vermieter seinem einzelnen Mieter anbietet (ebenso Wendt BFH/PR 17, 47).

     

    PRAXISHINWEIS | Soweit schädliche Werbemaßnahmen durch „Outsourcing“ erfolgen (z. B. durch einen Center-Manager), sollte darauf geachtet werden, dass dieser Dienstleister nicht im Auftrag des Vermieters tätig wird (ebenso Wendt, BFH/PR 17, 47; Frase BeSt 17, 8; Loose, BB 17, 550).

     

    Fehlende Feststellung der ortsüblichen Vermietungszeit

    Eine weitere Entscheidung (BFH 31.1.17, IX R 23/16, BFH/NV 17, 897) ist für einen Mandanten, der eine Ferienwohnung in einem Gebiet erstellen oder anschaffen will, für das es keine Unterlagen über ortsübliche Vermietungszeiten gibt, äußerst problematisch. Denn hier könnte eine Totalüberschussprognose über 30 Jahre dazu führen, dass ein negativer Gesamtbetrag verbleibt, der die Annahme einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht zulässt. Dies hätte zur Folge, dass keine Werbungskostenüberschüsse berücksichtigt werden können.

     

    Hintergrund ist, dass bei Dauervermietungen wie auch bei Ferienwohnungen die Einkünfteerzielungsabsicht typisierend angenommen werden kann, mit der Folge, dass es keiner Totalüberschussprognose bedarf. Bei Ferienwohnungen ist aber diese Typisierung grundsätzlich nur dann anzuwenden, wenn die Wohnung „ausschließlich an Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird und das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen ‒ abgesehen von Vermietungshindernissen ‒ nicht erheblich (d. h. um mindestens 25 %) unterschreitet (BFH 9.3.17, IX B 122/16, BFH/NV 17, 728).

     

    Fehlt es an der Voraussetzung einer „ortsüblichen Vermietungszeit“, dann kann auch keine Einkünfteerzielungsabsicht typisierend angenommen werden. Der Vermieter (Steuerpflichtiger) ist dann gezwungen, eine Totalüberschussprognose über 30 Jahre anhand der vorliegenden Daten vorzunehmen. Dies muss er jedenfalls dann machen, wenn es zu Werbungskostenüberschüssen kommt.

     

    A hat eine Ferienwohnung im Fichtelgebirge geerbt, die er anschließend sanierte und als Ferienwohnung angeboten hat. Eine Vermietung erfolgte in den folgenden Jahren nur in einem geringen Umfang. Eine ortsübliche Vermietungszeit konnte nicht festgestellt werden, da es keine Vergleichsobjekte gab. A macht Werbungskostenüberschüsse geltend.

     

    Lösung des BFH: Für die Beurteilung der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige den Werbungskostenüberschuss hinnimmt. Ist bei objektiver Betrachtung ein Totalüberschuss nicht zu erwarten, kann die Einkünfteerzielungsabsicht nicht deshalb bejaht werden, weil private Motive oder persönliche Neigungen für die Renovierung und den Ausbau der Ferienwohnung nicht feststellbar sind. Können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist die Vermietung an Feriengäste mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar. Das bedeutet, es fehlt in Ermangelung einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit die Basis, aufgrund derer das Gesetz die Einkünfteerzielungsabsicht typisiert. Die Einkünfteerzielungsabsicht muss dann durch eine Prognose überprüft werden, die den Anforderungen des BFH-Urteils vom 6.11.2001 ( IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 02, 726) entspricht. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen der Typisierung obliegt dem Steuerpflichtigen.

     

    PRAXISHINWEIS | Man sollte, bevor eine Ferienwohnung errichtet oder angeschafft wird, in Zweifelsfällen Erkundigungen vornehmen, ob ortsübliche Vermietungszeiten ermittelt werden können. Ist dies nicht der Fall, führt die Totalüberschussprognose bei geringer Vermietung zu einem negativen Ergebnis, sodass vom FA keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anerkannt werden können.

     

    Schlussfolgerung

    Die Entscheidungen des BFH aus jüngerer Zeit zeigen, dass der BFH grundlegend neue Ansichten in einigen Bereichen vertritt, die die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffen. Vor allem die anschaffungsnahen Aufwendungen werden völlig neu beurteilt. Da die Überschreitung der 15 %-Grenze zu einem Wegfall des Sofortabzugs führt, ist besonders diese Neuorientierung sehr praxisrelevant. Zwar erhöht sich dann die Gebäude-AfA, aber bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren ist dies kein Trost für den betroffenen Steuerpflichtigen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 873 | ID 44878840