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  • · Fachbeitrag · Steuern im Blickpunkt ‒ Gewerbesteuermessbetrag

    Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags, wenn keine Arbeitslöhne gezahlt wurden?

    | Die OFD Magdeburg hat sich zu der Fragestellung geäußert, wie eine Zerlegung vorzunehmen ist, wenn keine Arbeitslöhne gezahlt werden. Dies betrifft überwiegend die von Unternehmen in unterschiedlichen Rechtsformen betriebenen Windkraft-, Solarkraft- bzw. Fotovoltaikanlagen (WEA/SKA). Die nachfolgenden Ausführungen sind jedoch auch für jede andere Branche anzuwenden. Voraussetzung ist, dass keine Arbeitslöhne i.S.d. §§ 29 und 31 GewStG gezahlt werden. |

     

    1. Grundsatz

    Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der Gewerbesteuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen. Für die nachfolgende Rechtsausführung ist es Voraussetzung, dass die gewerblichen Unternehmen jeweils eine Betriebsstätte in mehreren Gemeinden unterhalten.

     

    § 29 Abs. 1 GewStG a. F. oder § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG i. d. F. des JStG 2009 regeln, dass als Zerlegungsmaßstab grundsätzlich das Verhältnis der Arbeitslöhne der bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer zugrunde zu legen ist.

     

    Bei Unternehmen, die nicht von juristischen Personen betrieben werden, sind für die im Betrieb tätigen (Einzel-)Unternehmer bzw. Mitunternehmer insgesamt 25.000 EUR jährlich anzusetzen (§ 31 Abs. 5 GewStG). Die Unternehmervergütungen sind insgesamt also nur einmal für alle (Mit-)Unternehmer anzusetzen.

     

    Führt die Zerlegung nach § 28 GewStG bis § 31 GewStG jedoch zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so regelt § 33 GewStG, dass nach einem Maßstab zu zerlegen ist, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt.

     

    Einigen sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegung, ist nach § 33 Abs. 2 GewStG der Steuermessbetrag nach Maßgabe der Einigung zu zerlegen.

     

    WEA/SKA von Betreibergesellschaften sind als Betriebsstätte i.S.d. § 28 GewStG anzusehen, sodass grundsätzlich eine Zerlegung des Steuermessbetrags nach Arbeitslöhnen zu erfolgen hat. Da Betreibergesellschaften aber zum Teil keine Arbeitnehmer beschäftigen, sondern Betriebsführungsverträge hinsichtlich der technischen Durchführung abschließen, würde es bei einer Zerlegung des Messbetrags nach Arbeitslöhnen zu einem unbilligen Ergebnis kommen.

     

    Der BFH hat mit Urteil vom 4.4.2007 (I R 23/06, BStBl II,836) entschieden, dass § 33 GewStG eng auszulegen ist. Die Voraussetzungen des § 33 GewStG sind nicht schon dann gegeben, wenn bei der Anwendung des Zerlegungsmaßstabes des § 29 GewStG eine Gemeinde unberücksichtigt bleibt (R 33.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009). Sachverhalte, wie in dem o. a. BFH-Urteil vom 4.4.2007 (BStBl II, 836) führen zu keinem unbilligen Ergebnis i.S.d. H 33.1 (offenbare Unbilligkeit) GewStH 2009. In derartigen Fällen würden die Standortgemeinden der WEA/SKA keinen Anteil am GewSt-Messbetrag erhalten.

     

    Lediglich bei der Gemeinde des Geschäftsleitungssitzes nach § 31 Abs. 5 GewStG sind pauschal 2.000 EUR Arbeitslohn für die im Betrieb tätigen Einzelunternehmer bzw. Mitunternehmer anzusetzen und damit ist ihr der gesamte Gewerbeertrag zuzuweisen.

     

    Haben die Betreibergesellschaften ohne Arbeitnehmer die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, findet § 31 Abs. 5 GewStG keine Anwendung mit dem Ergebnis, dass mangels Arbeitslöhne keine Zerlegung nach Arbeitslöhnen möglich ist und daher eine besondere Zerlegung nach § 33 GewStG durchzuführen wäre.

     

    2. Anwendung des § 33 Abs. 1 GewStG, wenn keine Arbeitslöhne gezahlt werden

    Nach Sarrazin in Lenski/Steinberg in § 33 GewStG Anm. 12 ist der Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 GewStG offenbar unbillig, wenn das Unternehmen, dessen GewSt-Messbetrag zu zerlegen ist, zwar mehrere Betriebsstätten unterhält, aber überhaupt keine Arbeitslöhne zahlt, weil z.B. die Arbeitslöhne von einem anderen Unternehmen des Konzerns übernommen werden.

     

    Die in § 29 Abs. 1 GewStG vorgeschriebene Zerlegung nach den Arbeitslöhnen ist dann undurchführbar. Es muss folglich gem. § 33 Abs. 1 GewStG ein Ersatzmaßstab für die Zerlegung gefunden werden. Dies wird durch BFH-Urteil vom 7.12.1994 (I K 1/93, BStBl II 95, 175) und nachfolgend durch Beschluss des BVerfG vom 12.3.1998 (1 BvR 409/95) bestätigt.

     

    Das BFH-Urteil vom 7.12.1994 (BStBl II 95, 175) erging zwar zur Körperschaftsteuerzerlegung, verweist aber über § 2 Abs. 1 Satz 2 ZerlG wegen des Zerlegungsmaßstabes auf § 29 GewStG bis § 31 GewStG und 33 GewStG. Zwar ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG die Zerlegung nach der Summe der Arbeitslöhne durchzuführen, die an die bei den verschiedenen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Im Streitfall zahlte die Kapitalgesellschaft jedoch keinerlei Arbeitslöhne an Arbeitnehmer, weshalb der an sich vorgeschriebene Zerlegungsmaßstab undurchführbar ist. Rechtsfolgemäßig führt dies nicht zu einem Absehen von der Zerlegung. Letzteres wäre nur möglich, wenn Arbeitslöhne nur in einer Betriebsstätte gezahlt worden wären. Tatsächlich wurden sie aber in keiner Betriebsstätte gezahlt. Die Undurchführbarkeit des an sich vorgeschriebenen Maßstabes zwingt zur Anwendung des § 33 GewStG. Die Anwendung des § 29 GewStG ist unbillig i.S.d. § 33 GewStG, weil die an sich zwingend vorgeschriebene Zerlegung nur wegen des Fehlens jeglicher Arbeitslöhne nicht vorgenommen werden kann. Die Unbilligkeit betrifft damit die Anwendung des an sich vorgesehenen Zerlegungsmaßstabes und nicht irgendein Zerlegungsergebnis (vgl. Blümich/Hofmeister, § 33 GewStG, Rn. 3 ff., m. w. N.).

     

    Im Ergebnis kann in den Fällen, in denen keine Arbeitslöhne gezahlt werden, kein Zerlegungsmaßstab unter Verwendung von Arbeitslöhnen zur Anwendung gelangen.

     

    3. Ansatz eines praktisch sinnvollen Zerlegungsmaßstabes

    Führt die Zerlegung, wie in Tz. 2 dargestellt, zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so ist gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG nach einem Maßstab zu suchen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt.

     

    Welcher Ersatzmaßstab im Einzelfall zu wählen ist, wird jedoch im § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG nicht eindeutig bestimmt. Diese Frage entscheidet sich nach den jeweiligen Umständen. Der von dem Regelmaßstab abweichende andere Zerlegungsmaßstab muss auf die tatsächlichen Gegebenheiten angemessen Rücksicht nehmen. Er muss der tatsächlichen Lage besser entsprechen als der Regelmaßstab der Zerlegung nach den Arbeitslöhnen.

     

    Mögliche Ersatzmaßstäbe können z.B. das Verhältnis der Umsätze bzw. der Betriebseinnahmen aus den Betriebsstätten sein (vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg in § 33 GewStG Anm. 14). Auch das Verhältnis der übrigen Aufwendungen kann als Zerlegungsmaßstab herangezogen werden.

     

    Weitere Zerlegungsmaßstäbe wie z.B. Stromeinnahmen, Abgabemenge Strom, Anlagenwerte, Grundstücksflächen, Arbeitsstunden, Miete für Anlagegüter usw. sind auch möglich.

     

    Da die Begebenheiten vor Ort und die Art des Unternehmens durch den Steuerpflichtigen besser beurteilt werden können, hat der Steuerpflichtige die Art des Zerlegungsmaßstabes im o.g. Sinne selbst zu bestimmen.

     

    4. Anwendung des § 33 Abs. 2 GewStG

    Die Zerlegung nach § 33 Abs. 2 GewStG erfordert nicht, dass nach einer entsprechenden Einigung von Steuerschuldner und -gläubiger zusätzlich der Tatbestand des § 33 Abs. 1 GewStG („Führt die Zerlegung nach den §§ 28 bis 31 zu einem offenbar unrichtigen Ergebnis …“) oder des § 30 GewStG („Erstreckt sich die Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden, e…“) erfüllt ist. Die Regelung des § 33 Abs. 2 GewStG hat eine Befriedungsfunktion und ist allein nach Maßgabe einer entsprechenden Einigung von Steuerschuldner und -gläubiger durchzuführen (vgl. GewSt-Kartei ST § 33 GewStG Karte 1[1] ).

     

    Es bleibt also unabhängig von § 33 Abs. 1 GewStG immer noch die Möglichkeit der Einigung i.S.d. § 33 Abs. 2 GewStG.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 798 | ID 42936229